Diedrich, Julius - Der siebente Psalm.
Sehr wahrscheinlich hat David diesen Psalm in der Zeit gedichtet, als Sauls Verfolgungen aufs neue wider ihn angingen, nachdem sie wegen der Verschonung, welche David seinem Feinde in jener Höhle bewiesen, eine Weile geruht hatten. Er lehrt hier alle, welche der Welt Feindschaft tragen, wie sie getrost zu Gott als ihrem Helfer eilen, und, da sie gerechte Sache haben, auch sicher der Errettung harren können.
„Irrung“ hat David dies Lied benannt: es behandelt nämlich die große Irrung, welche der Teufel in den Gottlosen anrichtet, dass sie ihre besten Freunde für ihre größten Feinde halten müssen. Er sang dem HErrn dieses Lied wegen der Worte des Mohren aus Benjamin, nämlich des undankbaren Saul, da er David seinen Verräter und schlimmsten Feind gescholten. HErr mein Gott, auf Dich traue ich, hilf mir von allen meinen Verfolgern und errette mich. So fährt die Seele auf, wie ein gejagtes Reh von seiner Ruhestätte, wenn sie so viele Feinde gegen sich losgelassen sieht; doch einer ist gewöhnlich der Anführer, hier war es Saul: zu Gott flieht die Seele vor dem Mörder, dass er nicht wie ein Löwe ein Schaf, also meine Seele zerreiße, sie zermalmend, und sei kein Erretter da. Es wird gewiss kein Retter sein, wenn es Gott selbst nicht ist, und nach irdischem Maße sind die Gottseligen gegen ihre Feinde wirklich immer wie Schafe mitten unter reißenden Tieren: so hat auch Christus noch Seine Apostel ausgesandt, und so muss wohl Gott allein ihre Zuflucht und gewisser Hinterhalt sein.
Wer aber Gott also zur Zuflucht haben will, muss freilich auch gegen seine Feinde gerechte Sache haben, darum sagt David: HErr mein Gott (welche Anrede in der Wiederholung die große Erregtheit bekundet) wenn ich dieses, was mir vorgeworfen wird, getan, wenn Unrecht in meinen Händen, wenn ich meinen Freunden Böses vergalt, oder beraubte den, welcher mir ohne Ursache feind war, ja wenn davon etwas der Fall, dass ich ein Empörer, Verräter, Undankbarer oder auch nur Rachsüchtiger gewesen, nun dann verfolge der Feind meine Seele und ergreife wie ein schwaches Wild, zertrete mein Leben zu Boden und lege meine Ehre (Seele) in den Staub: dann hätte ich es alles verdient, wie er es nun mit mir vorhat. Da musst Du mein Gott als der heilige und gerechte dazwischen treten. Sela.
So übernimm Du Gott nun das Gericht in diesem Streithandel, dass in meiner Person nicht die Gerechtigkeit beschädigt werde. Stehe auf, HErr, in Deinem Zorne, erhebe Dich wider das Wüten meiner Feinde, wach auf für mich, Du hast ja Gericht und Gerechtigkeit verordnet, darum ist es deine Sache mich hier nicht zu verlassen. Und die Versammlung der Völker umgebe Dich, und über sie kehre dann zur Höhe zurück, wenn Du vor aller Welt hier Gericht gehalten und der gerechten Sache, der geschmähten und verfolgten Unschuld, geholfen hast. Der HErr richtet die Völker, so richte mich HErr nach meiner Gerechtigkeit und Unsträflichkeit bei mir, Dein Amt ist ja, der Gerechten Sache als der Deinen zu helfen. Es ende doch die Bosheit der Gottlosen, und stelle sicher den Gerechten, und Herzen und Nieren prüfest Du gerechter Gott! so weißt Du auch Alles in meinem Kampfe; tue aber nun auch eilend danach. Der kämpfenden Seele scheint Gottes Wirken immer zu langsam zu gehen, darin ist doch wieder Kleinglaube, denn Gott bleibt in Seiner Gerechtigkeit noch jeden Augenblick der Allmächtige.
Dessen wird der Sänger auch sogleich inne: er gibt sich schon zufrieden und spricht: Mein Schild ist bei Gott, Er hält ihn mir sicher vor, so will ich getrost sein, Gott ist der Hilfe genug für mich, welcher denen, die frommen Herzens, hilft: es ist so Seine Natur und kann nicht anders, und Er hat jetzt schon wieder geholfen. 12. Gott der Gerechte, und der Allmächtige zürnet immerfort wider alles gottlose Wesen, so sind meine Feinde schon genug geschlagen, sie bleiben gewiss nicht meine Richter und Exekutoren, sondern Gott selbst ist es, und den 18f. kenne ich als meinen Freund. Will er sich nicht bekehren, der Gottlose, so wetzt Er Sein Schwert, spannt Seinen Bogen und bereitet ihn, das Gericht auf den Verstockten abzuschießen. Und auf ihn richtet Er tödliche Geschosse, Seine Pfeile macht Er brennend, dass sie schnell zünden, wo sie treffen, plötzlich seine irdische Festung und all sein scheinbares Glück in Rauch aufgehen lassen: und bis dahin hat den HErrn nur die Langmut zurückgehalten, welche auch den Bösen Zeit zur Bekehrung verleiht. Damit müssen wir aber, wenn wir auch darüber einen Augenblick leiden, gar wohl zufrieden sein.
Wie stellt sich aber nach solcher Betrachtung die ganze Sache? Umgekehrt als zu Anfang! Siehe er geht unter Wehe mit Bosheit um, da er seinen bösen Werken nachsinnt; aber er ist schwanger mit Unglück und gebärt Täuschung, denn sein eigenes Verderben ruht in ihm, und das wird er sich schon zu Wege bringen müssen. Eine Grube hat er gegraben und ausgehöhlt, 16. aber er fällt in den Abgrund, den er gemacht: so regiert Gott die Dinge. Darum steht doch derjenige sicher, welcher gerechte Sache hat. Sein Unheil kehrt auf 17. seinen Kopf zurück und auf seinen Scheitel selbst stürzt sein Frevel, in welchem er mich Armen verfolgte. So kann ich denn wahrhaftig ganz zufrieden in Gott sein, wenn ich als ein Unschuldiger die Verfolgung der Bösen erleiden muss. Ja, ich will den HErrn nach Seiner 18. Gerechtigkeit loben, wenn sie uns auch zuerst eine ferne Gerechtigkeit schiene: diese ist doch die allerhöchste, und will fingen dem Namen des HErrn, des Allerhöchsten: ja das will ich mit herrlichen Liedern besingen, wie sich mein Gott in Seinem Gnadenwirken auf Erden einen Namen gemacht hat als des Gottes, welcher die Liebe und Treue und Heiligkeit und Gerechtigkeit in Einer Person ist, zur Beseligung aller derer, welche nach Gerechtigkeit und Wahrheit dürften.
Gebet. Herr gib uns, dass wir nur gerechte Sache haben mögen, wenn wir von Menschen leiden müssen, und sie dann auch nimmer fürchten; sondern Deines Gerichtes auf Grund Deiner Gnade uns in guter Zuversicht und täglicher, Geduld von Herzen getrösten und Dich mitten im Leide mit Danken loben: durch Jesum Christum. Amen.