Collenbusch, Samuel - Widerlegung des Sauerteigs, vom Verdienst.

Collenbusch, Samuel - Widerlegung des Sauerteigs, vom Verdienst.

Paulus schreibt Röm. 11,35. „Wer hat ihm, wer hat Gott etwas zuvor gegeben, das ihm müsse vergolten werden.“ Und Röm. 11,6. „Ists aus Gnaden, so ists nicht aus Verdienst der Werke, sonst würde Gnade nicht Gnade sein. Ists aber aus Verdienst der Werke, so ist die Gnade nichts, sonst wäre Verdienst nicht Verdienst.“ Ferner Röm. 4,4. „Dem aber, der mit Werken umgehet, wird der Lohn nicht aus Gnaden zugerechnet, sondern aus Pflicht.“

Alle Gnade ist zuvorkommende Gnade. Gott kommt uns zuvor durch die Schöpfung, wir sind also als Geschöpfe schon Gottes Schuldner, dieses heißt aber nach der Sprache der Schrift noch nicht die zuvorkommende Gnade.

Alle Menschen haben Kräfte des Leibes und der Seelen, und sind also Gottes Schuldner, wenn die Menschen diese Kräfte des Leibes und der Seele, diese Naturkräfte dazu anwenden, dass sie nach Röm. 1, 19-20. zum Glauben kommen, dass ein Gott sei; so haben sie die Naturkräfte dazu angewendet, wozu sie gegeben sind, alsdann gilt der Spruch: Marc. 4,24. „Wer da hat, dem wird gegeben“ - ein Gnadenlohn, wie zu sehen aus 2 Chron. 16,9. da es heißt: „Des Herrn Augen schauen alle Lande, dass er stärke die, so von ganzem Herzen an ihm sind.“ Ein verdienter Lohn kann es nicht sein, weil der Mensch dadurch Gotte nichts gibt, folglich findet in Bezug auf Gott schlechterdings ganz und gar kein Verdienst statt. Daher spricht Paulus Röm. 4,1. „Ist Abraham durch die Werke gerecht, so hat er wohl Ruhm, aber nicht vor Gott.“ In Bezug auf Gott sind wir unnütze Knechte, aber in Bezug auf den Nächsten sind wir keine unnütze Knechte, wenn wir alles getan haben, was wir zu tun schuldig sind, das ist: wenn wir Gottes Wort gehalten, wenn wir Liebe geübt, und Demut bewiesen haben vor Gott, Mich. 6,8. so können wir durch alles dies Gottes Seligkeit nicht vergrößern, wir sind unnütze Knechte in Bezug auf Gott! aber wir sind alsdenn keine unnütze Knechte in Bezug auf uns selbst, und auch in Bezug auf den Nächsten. Es heißt 1 Timoth. 3,12.13. „Welche aber wohl dienen, die erwerben ihnen selbst eine gute Stufe und eine große Freudigkeit im Glauben.“ Paulus sagt 1 Corinth. 3,8. „Wer das Wohl des Nächsten befördert, bekommt dafür Lohn nach seiner Arbeit.“ Nach der Vielheit oder Wenigkeit der Arbeit, nach der Leichtigkeit oder Schwere der Arbeit, nach der Größe oder Kleinheit der Wohlfahrt des Nächsten, die dadurch befördert wird.

Ein Werk kann auf mehr als einerlei Art, als schwer betrachtet werden; ein Werk, wozu viel und große Weisheit, viel und große Liebe, eine große Heiligkeit und große Geduld erfordert wird, das sind schwere und große gute Werke, wozu sehr wenig Menschen geschickt sind, wenn Gott dieselbe belohnet, dann ist es doch an des Menschen Seite eine Schuldigkeit, und von Gottes Seite ein Gnadenlohn, weil Gottes Seligkeit dadurch nicht vergrößert wird. Z. B. durch die erste Predigt, die Petrus am ersten Pfingsttage gehalten hat, wurde Gottes Seligkeit nicht vermehrt, aber die Seligkeit von drei tausend Seelen wurde dadurch befördert. Gott wird ihm diese nützliche Arbeit wohl belohnt haben, es war aber dieser Lohn ein Gnadenlohn. Die Arbeit des Apostels war in Bezug auf Gott, eine Schuldigkeit, Gott war berechtigt dieselbe von ihm als eine Schuldigkeit zu fordern, es ist gewiss, wem viel gegeben ist, von dem wird man viel fordern.

Die erste zuvorkommende Gnade, das ist: die Berufung zur königlichen Hochzeit. Nach der Berufung folgt die zuvorkommende Gnade der Gerechtmachung. Nach der Gerechtmachung folgt die zuvorkommende Gnade der Herrlichmachung nach dem Maß, womit wir messen. Alles dieses ist zuvorkommende Gnadenbelohnung, das ist: Tüchtigkeit zur nachherigen Schuldigkeit, und kein Verdienst. Kein Mensch hat die Schöpfung von Gott verdient. Kein Mensch hat die Berufung von Gott verdiene. Kein Mensch hat die Gerechtmachung und Herrlichmachung von Gott verdient. Kein Mensch hat Gott etwas zuvor gegeben, das ihm müsse vergolten werden, sondern Gott hat uns etwas zuvor gegeben, und wir sind schuldig, das, was uns Gott zuvor gegeben hat, seiner Liebesabsicht gemäß so zu gebrauchen, so anzuwenden, dass wir durch die Anwendung aller zuvorkommender Gnade, eine über alle Maßen wichtige Seligkeit und Herrlichkeit erlangen.

Weil es nun unmöglich ist, dass in Bezug auf Gott, das allergeringste Verdienst statt finden kann, sondern alles Schuldigkeit ist, weil wir Gott nichts zuvor geben können, und folglich alles Gnade ist, wenn Gott uns berufet, gerecht und herrlich macht: so entsteht daraus die Frage: ob Gott nach Gunst die Menschen beruft? ob Gott nach Gunst die Menschen gerecht, nach Gunst dieselbe herrlich machet, wieder alles Recht? wer leichtsinnig urteilt: Gott könne bisweilen ungerecht sein, in seinen Wegen, und unheilig sein, in seinen Werken, der entheiligt den Namen Gottes, oder ob David wohl die Wahrheit gesagt habe? der da spricht: Psalm 18,20-23. „Der Herr tut wohl an mir nach meiner Gerechtigkeit, er vergilt mir nach der Reinigkeit meiner Hände vor seinen Augen, denn ich halte die Wege des Herrn, und bin nicht gottlos wieder meinen Gott, denn alle seine Rechte habe ich vor Augen, und seine Gebote werfe ich nicht von mir, sondern ich bin ohne Wandel vor ihm, und hüte mich vor Sünden, darum vergilt mir der Herr nach meiner Gerechtigkeit, nach der Reinigkeit meiner Hände, vor seinen Augen; bei den Heiligen bist du heilig, und bei den Frommen bist du fromm, und bei den Reinen bist du rein, und bei den Verkehrten bist du verkehrt, denn du hilfest dem elenden Volke, und die hohen Augen niedrigest du, denn du erleuchtest meine Leuchte, der Herr! mein Gott, machet meine Finsternis Licht;“ oder mit andern Worten urteilt: ob die Gnade ausgeteilt werde, nach der Regel der Gerechtigkeit, die wir lesen Marci 4,24. da es heißt: „Wer da hat, dem wird gegeben, und zwar nach dem Maß, womit ein jeder misset, wird einem jeden wieder gemessen;“ oder: ob dieses nicht nach dem Maß, womit ein jeder misst, sondern ohne alles Maß, und folglich ohne alles Recht, grade gegen Davids und Christi Behauptung gegeben werde?

Es gibt wenig Menschen, die es fassen können, dass die Gnade Gnade sei, und kein Verdienst, und gleichwohl nach Recht ausgeteilt werde. Der Glaube ist ein gerechtes Verhalten gegen Gott. Die Werke der Liebe sind ein gerechtes Verhalten gegen den Nächsten, beides ist unsere Schuldigkeit, und kein Verdienst.

Die Erlassung der Sündenschulden. Röm. 3. der heilige Geist, Gal. 3,14. und das Erbe, Röm. 4,13.14. Gal. 3,17. wird erlangt durch den Glauben, oder durch ein gerechtes Wohlverhalten gegen Gott, und können nicht erlangt werden durch ein Wohlverhalten, durch ein gerechtes Verhalten gegen den Nächsten, oder Werke der Liebe. Galat. 3,2. Titum 3,6. Ephes. 2.8.

Die Tüchtigmachung zu guten Werken, 2 Kor. 3,5. ist eine zuvorkommende Gnade; die neue Schöpfung, wovon Paulus redet Ephes. 2,10. „Wir sind sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, zu welchen uns Gott zuvor bereitet hat, dass wir darinnen wandeln sollen.“ „Die Schenkung allerlei göttlicher Kräfte zum göttlichen Leben und göttlichen, Wandel,“ 2. Petri 1,3. Alles dieses ist zuvorkommende Gnade, und kein Verdienst der Werke, sondern eine gnädige Belohnung des Glaubens gegen Gott; und zwar nach dem Maß, womit wir messen; oder nach dem Maß des Glaubens. Es kommt demnach alles darauf an, wie jemand, jedesmal die zuvorkommende Gnade anwendet; weil niemand ein neues Maß der zuvorkommenden Gnade bekommt, bis er die vorherige Gnade dazu angewendet hat, wozu dieselbe gegeben war, daher heißet es Lucä 6,38 - „Gebet, so wird euch gegeben,“ das ist: wenn eine Gnade, die zum Geben gegeben worden ist, gegeben wird, so wird uns nachdem Geben, eine neue Gnade zum Geben gegeben, und umgekehrt. Wenn eine Gnade, die zum Geben gegeben worden ist, nicht gegeben wird, so wird uns die zum Geben gegebene Gnade genommen von Rechtswegen, weil es Ungerechtigkeit ist, wenn eine zum Geben gegebene Gnadengabe, nicht gegeben wird, 1 Kor. 12,7. Röm. 1,11.

Klagen möchte man: Gerechter Vater! die Weltweisen kennen deine gebende und nehmende Gerechtigkeit nicht!

Gott ist unendlich reich, Gott will sehr viel verschenken, erstaunlich viel verschenken; woher mag dieses denn kommen, dass Gottes reiche Gnade so vielen Gläubigen so ärmlich wird gegeben?

Antwort; weil die zuvorkommende Gnade, nachher nicht dazu angewendet worden ist, wozu dieselbe gegeben war, so bekommt man nicht allein keine neue Gnade, sondern die zuvor empfangene wird uns nachher so gar wieder genommen, es wäre demnach von großem Nutzen, ja von der äußersten Wichtigkeit, dass die Christen mehr, als bisher geschehen ist, von der gebenden und nehmenden Gerechtigkeit Gottes unterrichtet würden. Dieses in der heiligen Schrift geoffenbarte Geheimnis, ist in keines Weltweisen Herz gekommen, und ist ihnen unbekannt. Auf diese gebende und nehmende Gerechtigkeit Gottes, gründet sich der Ausspruch Matth. 21,43. „Das Reich Gottes wird von euch genommen und den Heiden gegeben werden, die seine Frucht bringen.“

Aus diesem geoffenbarten Geheimnis, von der gebenden und nehmenden Gerechtigkeit Gottes, hat Paulus die Wehklage hergenommen, 1 Korinth. 9, 16. 17. „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündige“ - dahingegen heißt es: „Gebet so wird euch gegeben, wer gibt, dem wird ein voll gedruckt, gerütteltes und überflüssiges Maß in den Schoß geschüttet.“ Im Christentum ist es wahr, durch geben wird man reich.

Es ist gar nicht zu zweifeln, dass die gebende und nehmende Gerechtigkeit Gottes, auf alle christliche Schuldigkeit ihren Bezug hat, und auch auf eine jede Art derselben, so wohl auf die, die wir uns selber und dem Nächsten, als auch auf die, die wir Gott schuldig sind. 1 Thess. 1,3. Mich. 6,8. denn es ist nicht zu zweifeln, uns wird gegeben Gnade und Gabe, nach dem Maß des Werks des Glaubens, nach dem Maß der Arbeit, der Liebe, und nach dem Maß der Geduld, der Hoffnung.

Ein Rebe am Weinstock, welcher in allen diesen Schuldigkeiten unfruchtbar ist, wird abgeschnitten und verdorret, Joh. 15. und wird endlich ins Feuer geworfen.

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