Claudius, Matthias - Eine Korrespondenz zwischen mit und meinem Vetter, das Studium der schönen Wissenschaften betreffend.
Hoch gelehrter, Hochzuehrender Herr Vetter, Hätte wohl Lust, mich auf die schönen Wissenschaften zu legen; damit, wenn sich bei der oder jener Gelegenheit 'n Vers oder eine Prosa in meinem Herzen rührt und h'raus will, ich doch dem Dinge ein fein gedeihlich Ansehn und Grazias, wie sie sagen, geben könnte. Ersuche den Herrn Vetter um seinen Rat, und wie ich das anzufangen habe, samt welche Bücher ich mir dazu anschaffen und lesen muss. Vom Batteur hat mir Herr Ahrens schon in prima gesagt; aber das ist so lange her, und ich denke, 's sind seitdem wohl and're Moden aufkommen. Das Neueste, weiß der Herr Vetter wohl, ist doch immer das Beste, und man kommt doch nicht gern mit einer Zippelperücke angestochen, wenn in allen Nacken Haarbeutel hängen.
Den Meerrettig erhält der Herr Vetter künftige Woche mit dem Fuhrmann Grumpenhagen, womit ich die Ehre habe zu verbleiben
Meines Hochgelehrten, Hochzuverehrenden Herrn Vetters gehorsamer Diener und Vetter
Asmus.
A n t w o r t.
Seid kein Narre, Vetter, und lasst die schönen Wissenschaften ungeschoren. Ich will Euch aber meinen Rat nicht verhalten.
1) Wenn's Dir mit dem und jenem wirklich Ernst ist, und es Dir so recht durch Mark und Bein geht, so lasse Du's durchgehen, und danke Gott dafür, und sage Niemanden davon; und
2) Wenn es frommet, davon zu verlautbaren, und zu schreiben; so schreibe hin, was und wie Du's fühlst.
3) Fühlst Du aber nichts, und möchtest doch gerne vor dem gelehrten Publico das Gesicht machen; so lies den Batteur und seine Collegen, vom Longin bis an den, der an die Wand und in die Zeitungen und Bibliotheken pisst.
Magst sie auch ungelesen lassen, denn Du machest doch nur närrisch Zeug in Versen und in Prosa. Lebt wohl, Vetter.
Sein Diener rc.
N. S. Du kannst auch statt des Batteur den Meerrettig reiben, kommt Alles auf Eins hinaus, Vale.