Chrysologus, Petrus - Auf das Fest der Erscheinung.

Chrysologus, Petrus - Auf das Fest der Erscheinung.

Matth. 2, 1-12.
Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande, zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen die Weisen vom Morgenlande gen Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben einen Stern gesehen im Morgenlande und sind gekommen, ihn anzubeten.

Christus wird geboren: Der Ursprung aller Dinge macht sich auf aus der Höhe; der Spender des Geschlechts wird unseres Geschlechts; der Schöpfer der Natur tritt ein in die Zeit, auf daß er die Natur wieder herstelle, das Geschlecht wieder aufrichte, den Ursprung wieder neu mache. Der erste Mensch, Adam, der Stammvater des Geschlechts, das Haupt der Menschheit, hat durch seinen Fall die anerschaffene Güte der Natur, die Freiheit des Geschlechts und das Leben. Aller so ganz verderbet, daß seine beklagenswerthen Nachkommen das natürliche Böse, die Knechtschaft und den Tod in sich tragen. Durch seine Geburt hat Christus. Alles, was geboren ist, erneuert, durch seinen Tod den Tod aufgehoben, durch seine Auferstehung das Leben zurückgerufen. „Der erste Mensch ist von der Erde und irdisch: der andere Mensch ist der Herr vom Himmel. Welcherlei der irdische ist, solcherlei sind auch die irdischen; und welcherlei der himmlische ist, so sind auch die himmlischen.“ (1. Kor. 15, 47 f.) „Wer aus Gott geboren ist, der thut nicht Sünde, denn seine Sonne bleibet bei ihm.“ (1. Joh. 3, 9) Christus wird geboren, um die, so im Staube liegen, in‘s himmlische Wesen zu versetzen. „Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande.“ Bethlehem heißt auf hebräisch Haus des Brotes. Mit diesem Worte wird das Haus Juda bezeichnet und der Stamm genannt; damit erfüllt werde, was die Propheten verheißen, wie Jakob spricht: „Juda, du bist es, dich werden deine Brüder loben, deine Hand wird deinen Feinden auf dem Halse sein. Vor dir werden eines Vaters Kinder sich neigen. Es wird das Scepter von Juda nicht entwendet werden, noch ein Meister von seinen Füßen, bis daß der Held komme, und demselbigen werden die Völker anhangen.“ (1. Mos. 49, 8 u. 10) Daher heißt auch David König von Juda. „Da Jesus geboren war - - zur Zeit des Königs Herodes.“ Warum steigt Gott hernieder auf die Erde in den Tagen des schändlichen Königs? Warum nimmt er gerade zu der Zeit unser armes Fleisch und Blut an sich? Wie? kommt nicht der wahrhaftige König herbei, der den Tyrannen vertreiben, das Vaterland befreien, den Erdkreis erneuern, die Freiheit wiederbringen soll? Herodes, der Abtrünnige vom Volke Israel, hat das Reich an sich gerissen, die Freiheit vernichtet, das Heiligthum entweiht, alle Ordnung zerstört, alle Zucht und allen Gottesdienst abgeschafft. So ist es denn billig, daß dem heiligen Volke Hilfe geschehe, da es an menschlicher Hilfe gebricht, und Gott selbst ist denen gegenwärtig, für die kein Mensch sich erhebet. So wird Christus dereinst wiederkommen, um den Widerchrist zu stürzen, den Erdkreis zu befreien, das Vaterland des Paradieses wieder aufzuschließen und aller Knechtschaft dieser Welt ein Ende zu machen. „Siehe, da kamen die Weisen vom Morgenlande.“ Vom Aufgang der Sonne kamen die Weisen zu dem Aufgang aus der Höhe, daß der sie aufnehme, auf dessen Befehl sie kamen. Denn wann würde ein Weiser Gott den Herrn suchen ohne Gottes Geheiß? wann hätte ein Sternkundiger den König des Himmels gefunden ohne Gottes Offenbarung? wann hätte. Einer aus Chaldäa Gott auf Erden angebetet ohne Gottes Beistand, da er doch je vielen Göttern, so vielen Gestirnen diente? Die Weisen sind ein größeres Wunder als der Stern. Sie wissen von dem König, von dem Gesetzgeber, und Israel weiß von ihm nicht. Chaldäa begehrt seiner, Judäa aber nicht. Jerusalem wendet sich ab und flieht, Syrien kommt her zu und betet an. „Siehe, da kamen die Weisen vom Morgenlande gen Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen.“ Und was sehen sie denn? Der Apostel spricht: Ob er wohl reich ist, ward er doch arm um euretwillen.„ (2. Kor. 8, 9) Er war reich in seiner Gottesherrlichkeit, er wird arm in der Niedrigkeit unseres Fleisches. Er hat nur einen Stern, er, der alle Dinge geschaffen, besitzt und trägt. Er gibt dem Sterne am Himmel Wege, Lauf und Bahn, daß die Weisen ihm folgen können. Wenn sie wandern, wandert der Stern, wenn sie ruhen, steht er still, wenn sie schlafen, wachet er. Sie halten den Stern nicht mehr für einen Gott, sondern für einen Boten, der Gottes Befehlen gehorsam ist. „Wo ist der neugeborene König der Juden?“ Sie spotten mit dieser Frage gleichsam derer, die von dem Herrn wissen, aber seiner nicht achten; sie beschuldigen damit die Säumigen, schelten die Trägen, ziehen an‘s Licht die Bösen, züchtigen die Halsstarrigen und verklagen den Knecht, dieweil er seinem Herrn nicht entgegengeeilet ist. Denn was sollen die nach Menschen fragen, denen Gott offenbaret hatte, was sie frugen? Wozu bedurften sie noch menschlicher Dienste und Weisung, denen die Sterne des Himmels dienten? Wozu ihnen die Leuchte des Tempels, denen das wunderbare Gestirn des Himmels vorleuchtete? „Wo ist der neugeborene König der Juden?“ Das will sagen: Warum liegt der König der Juden in einer Krippe und ruhet nicht im Tempel? Warum ist er nicht in Purpur gekleidet, sondern in elende Windeln gewickelt? Warum ist er in einer Höhle verborgen und nicht im Heiligthum offenbar allem Volke? Den ihr in seinem Hause aufzunehmen verschmähet, ihn haben die Thiere in die Krippe aufgenommen. Ein Ochse kennt seinen Herrn, wie geschrieben steht, und ein Esel die Krippe seines Herrn, du aber, Israel, hast deinen Herrn nicht gesucht.

Wir haben seinen Stern gesehen.

Der Stern erschien nicht aus freien Stücken, sondern auf Geheiß; nicht nach einem Gesetz der Natur, sondern durch ein Wunder ohne Gleichen; nicht durch eine Bewegung des Himmels, sondern durch die Kraft des Neugebornen. Aber du sagst: Gesetzt, daß der Stern nicht durch seine Bewegung, sondern auf den Befehl Gottes den suchenden Weisen den Weg zeigte, woher kam diesen Männern so ein hohes Wissen auf die verborgenen heiligen Dinge? Nicht von ihrer Kunst, sondern von dem altüberlieferten Worte der heiligen Väter; sie waren vom Geschlechte Noahs, von den Söhnen Abrahams, die von Gott, nicht durch menschliche Kunst gelernet, daß Christus sollte geboren werden, die auf wunderbare Weise erkannt hatten, daß er Mensch, Gott und König sein, ja sogar des Todes sterben werde. „Da das der König Herodes hörte, erschrack er, und mit ihm das ganze Jerusalem. Und ließ versammeln alle Hohenpriester und Schriftgelehrten unter dem Volke, und erforschte von ihnen, wo Christus sollte geboren werden.“ Wenn Jerusalem und der König, wenn die Schriftgelehrten und Hohenpriester also erschracken über das heilige Kind, was würden sie gethan haben, wenn er sogleich als vollkommener Mann erschienen wäre, von Reichthum unterstützt, von einer Menge fremden Volkes umgeben? Warum denken sie nicht an die Zeit und an das Alter, nicht an die Armuth und an die Mutter des Kindes? Warum bereiten sie auf die Kunde seiner Geburt dem neugeborenen Christus den Tod, sinnen auf Verbrechen wider den Frommen, ergreifen das Schwert wider den Schwachen und senden Kriegsknechte aus nach dem Wehrlosen. Woher kommt's, daß Gewalt und Mord. Eins werden, daß die Grausamkeit den Säuglingen den Krieg ankündigt, sie durchbohrt und vom Mutterschoße reißt. - Weil sie den Gottes- und Menschen ihn ins Grab bringen will, ehe er in die Welt eintritt. Gesetzt aber, daß Herodes aus Liebe zum Herrschen, aus Furcht vor einem Nachfolger solch ein Bubenstück beschließt, warum erschrickt denn das ganze Jerusalem? - Der Weltmensch will nicht, daß Gott geboren werde, der Knecht fragt nicht nach dem Herrn, der Schuldige fürchtet den Richter, der Empörer den König, der Abtrünnige den Herzenskündiger. Jerusalem hatte sich mit Sünden befleckt, die Priester hatten das Heiligthum entweihet und die Vergebung der Sünden in schnöden Geldgewinn verkehret. Die Schriftgelehrten hatten die Offenbarung Gottes, die heilsame Lehre, das Wort des Lebens nach ihrem Sinne ausgelegt, zum Stricke des Verderbens gemacht und des Inhaltes entleeret. Daher kommt's, daß sie nichts wissen mögen von Christi Geburt und sich fürchten vor Christi Leben. Sie merken, daß sie nun bald der Schmach und Schande preisgegeben, aus dem Tempel vertrieben, des Priesterthums entkleidet, der reichen Opfergaben verlustig gehen werden. Denn von den Lüften des Fleisches beherrscht, von Hoffart aufgeblähet, von Lastern befleckt, von Eitelkeit trunken, in Schwelgerei verkommen, dachten sie nicht an die Bekehrung des Herzens und hofften nicht auf die Vergebung der Sünden. Einen guten Haushalter, der im Schweiße seines Angesichts reiche Frucht zusammengebracht, verlangt darnach, daß sein Herr komme, den Gewinn zu besehen und sich desselbigen zu freuen. Einem fleißigen Tagelöhner, der die aufgelegte Arbeit vollendet hat, ist es gar lieb, wenn der Hausvater hinzukommt und ihm den verdienten Lohn reicht. Ein wackerer Kriegsmann wünschet nach der Schlacht, nach dem Sieg, die Gegenwart des Königs, um aus seinen Händen die Belohnung für die Anstrengungen, die Vergeltung für die Wunden des Tages zu empfangen. So begehret ein. Jeglicher, der einen guten Kampf kämpfet, daß Christus kommen möge mit der Siegespalme; so will der nicht, daß Christus komme, der von der Lust dieser Welt gefangen, vor der Strafe zittert und an die Vergebung der Sünden nicht glaubet. Meine Brüder! Lasset uns Gutes thun und vom Bösen uns wenden, die Sünde fliehen, der Gerechtigkeit aber nachjagen, das Gegenwärtige verleugnen, das Zukünftige aber bedenken; lasset uns trachten nach dem Reiche Gottes, laufen nach dem Kleinod, verlangen nach der Herrlichkeit und mit allen Kräften kämpfen um die Krone. „Da berief Herodes die Weisen heimlich und erlernte mit Fleiß von ihnen, wenn der Stern erschienen wäre. Und wies sie gen Bethlehem und sprach: Ziehet hin und forschet fleißig nach dem Kindlein, und wenn ihr es findet, so saget mir es wieder, daß ich auch komme und es anbete.“ Heimlich beruft er die Weisen, denn das heuchlerische, arglistige Herz haftet das Licht. Der Dieb liebt die Nacht, und der Räuber lauert im Verborgenen. Mit Fleiß erlernt Herodes die Zeit, wenn der Stern erschienen wäre. Während er für sein Königreich fürchtet, fürchtet er sich nicht vor dem Zeichen am Himmel, noch vor dem Urheber der Zeit. Warum bist du so unruhig, Herodes, und hat so viel Sorge und Mühe um den Nachfolger? Dem Sonne, Mond und Sterne dienen, sein Reich ist nicht von dieser Welt.

Ziehet hin und forschet fleißig nach dem Kindlein - - so saget mir es wieder.

Die Weisen sollen anbeten, nicht angeben; sie sind gekommen, zu zeugen, nicht zu verrathen; ihnen ist's gegeben, zu sehen; dir, Herodes, ist's nicht gegeben, zu finden. „Ziehet hin und forschet.“ Es ist gleichsam nicht genug, daß die Weisen einmal forschen: es wird den gottseligen Forschern eine Antwort gegeben aus frevelhaftem Munde. Die Botschaft des Heils wird denen zum Verderben, die sie mit boshaftem Herzen vernehmen. Der widerspenstige Knecht weiß, daß der Herr geboren sei, er bereitet aber dem neugeborenen Kinde Fallstricke, nicht ehrenden Empfang; er streckt die Mörderhände nach ihm aus, um frei zu bleiben von dem Dienste Christi. Weil aber Gott nicht sterben, und das Heil nicht umkommen, und das Leben nicht untergehen konnte, so bleibet der Herr in Ehren, der Knecht in Schmach, und wird zur Strafe gezogen, weil er verschmähet, dem Herrn zu gehorchen, und empfängt sein Urtheil, weil er die Gnade von sich gestoßen. Sobald aber die drohenden Wolken des Unglaubens in Judäa vergangen sind, sehen die Weisen den Stern wieder, den sie gesehen hatten: er geht vor ihnen hin und ist ihr Führer, und sie kommen zu dem hochheiligen Geburtsort des Herrn. „Und fielen nieder und beteten das Kindlein an, und thaten ihre Schätze auf, und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen.“ Gold dem Könige, Weihrauch dem Gotte, Myrrhen dem Menschensohn, der sein Leben wollte in den Tod geben. Und diese drei Gaben bringen wir Christo dar, wenn wir ihn als den König, Gottes- und Menschensohn bekennen. Lasset uns ihn anbeten im Geiste und in der Wahrheit und wie jene Weisen, die unsere Führer sind zum Glauben, gewarnt im Traum, d. h. in diesem Leben, das einem Traume gleicht, durch einen anderen Weg, den Weg des Lebens, nach unserm Vaterlande wieder hinziehen, aus dem wir unseliger Weise durch Adam vertrieben, zu dem wir aber durch Christum gnädiglich zurückgeführt worden sein! Amen.

Quellen: Kessler, Hermann/ Senf, Friedrich - Fromme Betrachtungen aus alten Tagen. Nach der Ordnung des Kirchenjahres

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