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Calvin, Jean - Psalm 7.

Calvin, Jean - Psalm 7.

Inhaltsangabe:David war unbillig verleumdet worden. Er ruft Gott als seinen Beschützer und Rächer an und überträgt ihm die Beschützung seiner Unschuld. Zunächst bezeugt er, dass er sich keines Bösen bewusst ist; dann hebt er hervor, dass Gott sich verherrliche, wenn er sein Gericht über die Gottlosen ausübt; drittens überdenkt er Gottes Güte und hält sich neue Verheißungen vor, um sich zum Vertrauen zu ermuntern; zuletzt verlacht er die Torheit und vergeblichen Versuche seiner Feinde so, als ob sein Wunsch schon erfüllt wäre, und im Vertrauen auf Gottes Hilfe gibt er sich der Hoffnung hin, dass alles, was auch die Feinde gegen ihn unternehmen, zu ihrem Verderben ausschlagen werde.

V. 1. Irrsalslied bezeichnet eine besondere Melodie oder eine besondere Liedergattung.

Von wegen der Worte usw. Gemeint sind Verleumdungen, die Kusch gegen David ausgestreut oder verbreitet hatte. Kusch war als Benjaminit ein Verwandter Sauls. Denn die Behauptung, die einige aufstellen, dass Saul selbst gemeint sei, ist nicht genügend begründet. Nach jener Ansicht hätte David Sauls Namen deswegen nicht genannt, weil er die königliche Würde verschonen wollte. Ich gebe gerne zu, dass die heilige Salbung bei David in hohen Ehren stand. Da er jedoch an anderen Stellen Sauls Namen ausdrücklich nennt, wo er nicht weniger heftig gegen ihn losfährt und ihn mit nicht weniger schwarzen Farben malt, so weiß ich nicht, weshalb er ihn hier verschweigen sollte. Wie schon gesagt, ist Kusch nach meiner Ansicht der Eigenname desjenigen Menschen, der David durch eine falsche Beschuldigung verdächtigt hatte, sei es nun, dass der König ihn hierzu heimlich veranlasst, oder dass er es aus eigenem Antriebe getan hatte, um dadurch Gunst zu erlangen. Wir wissen ja, dass David allgemein beschuldigt wurde, als handle er treulos gegen seine König und Schwiegervater (z. B. 1. Sam. 24, 10).

V. 2. Anfangs sagt David, dass er viele Feinde habe, im folgenden Verse dagegen redet er nur von einem einzigen. Da aller Gemüter gegen ihn entbrannt waren, so bittet er mit Recht um Erlösung von allen seinen Feinden; weil aber die Wut des Königs, wie eine Fackel, den Zorn des ganzen Volkes entzündet hatte, so hebt er ihn ebenfalls mit Recht besonders hervor. In V. 2 beschreibt er die Sache, wie sie war; in dem folgenden Verse zeigt er die Quelle oder die Ursache dieses Übels. Wenn er sagt: Auf dich traue ich, so liegt auf diesen Worten ein besonderer Nachdruck, denn sie bezeichnen einen dauernden Zustand. Er rühmt sich hier eines Vertrauens, das er in allen seinen Ängsten bewahrt hat. Und das ist die rechte Bewährung unseres Glaubens, wenn wir, von Unglück betroffen, nicht aufhören, auf Gott zu hoffen. Hieraus lernen wir auch, dass unserem Glauben die Tür verschlossen ist, wenn der Schlüssel des Glaubens sie nicht öffnet. Weiter ist es nicht überflüssig, dass David den Herrn seinen Gott nennt; denn hierdurch hält er wie durch einen aufgeworfenen Damm die Fluten der Versuchung ab, damit sie seinen Glauben nicht ertränken.

V. 3. Wie ein Löwe. David vergleicht Saul mit einem Löwen, um die Wildheit seiner Wut zu schildern. Er will damit den Herrn umso geneigter machen, ihm Hilfe zu bringen, da ja Gott das Amt für sich in Anspruch nimmt, die unglücklichen Schafe aus dem Rachen der Wölfe zu erretten.

V. 4 u. 5. Herr, mein Gott. Hier sucht David Gottes Gunst dadurch zu gewinnen, dass er bezeugt, er werde ungerecht gequält, ohne ein Unrecht begangen zu haben. Um diesem seinem Zeugnis mehr Nachdruck zu geben, setzt er eine Verwünschung hinzu. Er sagt nämlich, dass er, falls er sich vergangen habe, bereit sei, dafür Schaden zu erleiden, ja die schwerste Strafe zu erdulden, wenn er nicht ganz rein von dem Verbrechen sei, dessen ihn fast alle beschuldigten. Da er nur in dem Falle Hilfe wünscht, dass er unschuldig ist, so lehrt er uns durch sein Beispiel, dass wir jedes Mal, wenn wir bei Gott Hilfe suchen, vor allem darauf sehen müssen, ob wir auch fest von der Gerechtigkeit unserer Sache überzeugt sind. Denn wir würden ein schweres Unrecht begehen, wollten wir ihn zum Beschützer einer schlechten Sache machen. – Das Wort „solches“ weist darauf hin, dass es sich um eine Sache handelt, die allgemein bekannt war. Wir können daraus schließen, dass die Verleumdung, die von Kusch ausgegangen war, nach allen Seiten hin herumgetragen wurde. Weil nun David, durch die ungerechten Vorurteile der Menschen verdammt, auf Erden keine Hilfe sieht, so wendet er sich an Gottes Richterstuhl und begnügt sich damit, vor dem himmlischen Richter seine Unschuld zu bezeugen. Hierin müssen alle Frommen ihn nachahmen. Auch sie müssen sich gegenüber verkehrten Gerüchten an Gottes Urteil allein genügen lassen.

Dann erklärt David noch bestimmt, dass er kein Verbrechen begangen habe und führt hierfür (V. 5) zwei Beweise an. Erstens dass er niemand Unrecht getan habe, und zweitens, dass er vielmehr bestrebt gewesen sei, seinen Feinden zu helfen, obwohl er von ihnen ohne Grund beleidigt wurde. Da man David allgemein beschuldigte, dass die Begierde nach der Herrschaft ihn verleitet habe, treulos von Saul abzufallen und ihm Nachstellungen zu bereiten, während er ihm doch zur Treue verpflichtet war, so reinigt er sich zuerst von dieser Beschuldigung: ich habe nicht Böses vergolten denen, so friedlich mit mir lebten. Dieser Ausdruck kann insbesondere auf Saul deuten, der durch seine königliche Stellung gegen eine feindselige Auflehnung geschützt sein sollte. Er kann aber auch allgemein sagen wollen: Keiner, der bescheiden sich von Ungerechtigkeit fern gehalten und sich anständig gegen mich benommen hat, kann sich mit Recht beklagen, durch eine Übeltat von mir beleidigt worden zu sein. Und doch war man allgemein überzeugt, dass David große Verirrungen angerichtet und den Krieg verursacht habe. Daraus geht hervor, dass er sich mit dem Trost zufrieden geben musste, dass seine Sache von Gott gebilligt werde. Im zweiten Teil des Verses geht er dann weiter, indem er sagt, dass er nicht allein den Guten, sondern auch den Schlechten gegenüber sich als Freund gezeigt habe, da er nicht nur auf jede Rache verzichtet, sondern auch seinen Feinden, von denen er schweres Unrecht erfahren habe, Hilfe gebracht habe. Gewiss wäre es noch keine große Tugend gewesen, wenn er nur die Guten geliebt und nicht die Mäßigung und Billigkeit besessen hätte, auch die Schlechten zu tragen. Wenn aber jemand nicht nur die erlittenen Ungerechtigkeiten nicht wieder vergilt, sondern auch das Böse mit Gutem zu überwinden versucht, so gibt er einen wahren Beweis göttlicher Tugend und zeigt dadurch, dass er eines von den Kindern Gottes ist, da eine solche Sanftmut nur eine Wirkung des Geistes der Kindschaft sein kann.

V. 6. So verfolge mein Feind usw. Das ist ein starker Beweis für ein gutes Gewissen, dass David sich nicht weigert, jede Strafe, mag sie auch noch so hart sein, auf sich zu nehmen, wenn ihm ein Unrecht nachgewiesen werden könne. Könnten wir mit einem solchen Gewissen vor Gott hintreten, so würde seine Hand auch bereit sein, uns augenblicklich Hilfe zu bringen. Da es aber oft der Fall ist, dass wir die Leute, die uns feind sind, selbst gereizt haben, oder dass wir, wenn man uns beleidigt hat, vor Rachbegier brennen, so sind wir es nicht wert, dass Gott uns helfe; ja dieser Mangel an Selbstbeherrschung hindert unsere Gebete. Zuerst erklärt David sich bereit, der Willkür seiner Feinde überlassen zu werden, damit sein Leben ergriffen und zu Boden geworfen werde, darauf auch ihrem Gespötte preisgegeben zu werden, um auch nach seinem Tode für alle Zeiten verachtet zu sein. Einige meinen zwar, dass Ehre hier so viel bedeute wie Leben, so dass er damit nur den ersten Gedanken wiederholen würde. Besser wird doch daran zu denken sein, dass David Ehre und Ruf für alle Zukunft daran gibt, falls er im Unrecht sein sollte. Er will etwa sagen: Mein Feind möge mich nicht nur verderben, sondern mich auch, wenn ich gestorben bin, mit jeglicher Schuld überschütten, damit mein Name in Schmutz und Kot liege.

V. 7. Stehe auf, Herr usw. Dem Grimm seiner Feinde setzt David den Zorn Gottes entgegen. Dasselbe müssen auch wir tun, wenn wir uns in ähnlicher Lage befinden. Wenn die Gottlosen brennen und die Flammen ihrer Wut gegen uns losbrechen lassen, um uns zu verderben, so müssen wir Gott bitten, dass er selbst auch erglühen möge, d. h. dass er es durch die Tat zeige, dass er nicht geringere Macht habe und nicht geringeren Eifer, um uns zu beschützen. Dass der Herr „aufstehen“ soll, ist bildlich zu nehmen und bedeutet hier, dass er den Richterstuhl besteigen und sich zum Widerstande rüsten soll, - da Gott zu schlafen scheint, wenn er mit seiner Hilfe wartet. Darum heißt es auch: wache auf zu mir. Scheint doch Gott den Unglücklichen und Bedrängten, den er ohne Hilfe lässt, vergessen zu haben. Am Schluss des Verses zeigt David, dass er nichts erbittet, als was der Gott, der sein Gericht verordnet hat, ihm erlaubt und vorschreibt. Und die Regel müssen auch wir bei unseren Gebeten beobachten, dass wir unsere Bitten nach Gottes Willen gestalten. Hierzu ermahnt uns auch Johannes (1. Joh. 5, 14). Und fürwahr, nur ein solches Gebet ist ein Glaubensgebet, bei dem wir allein auf das sehen, was Gott uns vorgeschrieben hat, damit unsere Gedanken nicht herumschwärmen und zufällig oder leichtsinnig mehr erstreben, als uns zusteht. Aus diesem Grunde stützt David sich, um recht zu beten, auf Gottes Wort und Verheißung, als wenn er sagen würde: Herr, nicht der Ehrgeiz oder ein törichter Einfall oder ein schlechter Wunsch treibt mich an, unbedacht das zu erstreben, was meinem Fleische gefällt, sondern dein Wort leuchtet mir voran, und darauf stütze ich mich. Denn da Gott ihn aus freien Stücken zur Hoffnung der Herrschaft berufen hatte, so war es auch Gottes Sache, seinen Diener, den er erwählt hatte, zu beschützen und zu befreien. Es ist, als hielte David dem Herrn vor: Während ich mit meinem Lose als Privatmann zufrieden war, hat es dir gefallen, mich zum Könige zu erwählen. Daher ist es jetzt auch deine Aufgabe, meine Sache gegen Saul und seine Begleiter zu führen, die deinen Beschluss umzustoßen suchen, indem sie mich bekämpfen. Alles in allem: David wünscht im Vertrauen auf seine göttliche Berufung, dass der Herr ihm seine Hand entgegenstrecke. Darum müssen die Gläubigen sich hüten, nicht über diese Schranken hinauszugehen, wenn sie wünschen, dass Gott mit seinem Schutze ihnen beistehe.

V. 8. Dass sich die Völker um dich sammeln. Einige beschränken dieses auf die Stämme Israels, als wenn David hier verspräche, dass er, sobald er den Thron erlangt hätte, sich Mühe geben werde, um das Volk, das vorher zerstreut war, wiederum zum wahren Gottesdienste zu vereinigen. Denn unter Sauls Regierung war der Gottesdienst vernachlässigt, und alle Laster walteten frei, sodass nur wenige nach Gott fragten. Nach diesen Erklärern ist der Sinn dann folgender: Herr, wenn du mich zum Könige gemacht haben wirst, so wird das ganze Volk aus der Zerstreuung, der Verwirrung und Entfremdung auf den rechten Weg zurückkehren und alle werden es anerkennen, dass du in ihrer Mitte herrschst, und werden dich als den einzigen König anbeten.

Doch bin ich mehr der Ansicht, dass hier wirklich von vielen Völkern die Rede ist. David preist als Frucht seiner Befreiung, dass das Gerücht davon weit und breit erschallen werde. Er will sagen: Herr, wenn du meine Herrschaft sicherst, so wirst du nicht allein mir eine Wohltat erweisen, sondern dieses wird dann auch für alle Völker ein Beweis deines gerechten Gerichts sein und wird zur Folge haben, dass sie ihre Augen zu deinem Richterstuhl aufheben. David spielt hier nämlich auf die Menge des Volks an, die den König bei feierlichen Versammlungen umgibt. Zu demselben Zweck fügt er hinzu, dass Gott, der jetzt stille liegt, sich zur Höhe erheben möge, damit seine Herrlichkeit nicht nur dem einen und andern, sondern ganzen Völkern offenbar werde. Wir haben hier eine Steigerung. Er will sagen, dass, wenn etwa auf einen einzelnen Menschen keine Rücksicht genommen werden könne, es doch nicht mehr als billig sei, dass Gott die Welt in Furcht und Scheu vor seinem Gericht erhalte.

V. 9. Der Herr ist Richter über die Völker. Dieser Satz hängt von dem vorhergehenden ab. David hatte gebeten, Gott möge sich den Völkern als Richter zeigen. Jetzt nimmt er dieses für sicher und gewiss an, dass es Gottes eigentliches Amt sei, die Völker zu richten. Er redet hier nicht nur von einem Volke, sondern meint alle Nationen. Da er nun erkannt hat, dass Gott der Richter der ganzen Welt ist, so zieht er daraus nachher den Schluss, dass er auch für seine Sache und für sein Recht eintreten werde. Und auch uns muss dieses, wenn wir meinen, verlassen und bedrückt zu sein, ins Gedächtnis kommen, dass Gott so wenig auf sein Richteramt verzichten, als sich selbst verleugnen kann. Aus dieser Quelle wird uns, wenn auch viele Leiden auf uns lasten, fortwährend Trost fließen, da wir als sicher annehmen dürfen, dass der Herr für die Beschützung unserer Unschuld sorgen wird. Denn ihm geht es ja nicht wie vielen weltlichen Richtern, die so sehr von den öffentlichen Sachen in Anspruch genommen sind, dass sie Privatsachen darüber vernachlässigen. – Dann kommt David aufs Neue auf seine Unschuld zurück, damit es nicht den Anschein habe, als ob er sich nach Art der Heuchler mit Unrecht auf Gottes Namen beriefe. Denn da vor Gott kein Ansehen der Person gilt, so können wir nur auf Grund der Güte unserer Sache hoffen, dass Gott sich auf unsere Seite stellen und uns günstig sein werde. Aber es fragt sich doch, wie es kommt, dass David hier vor Gott seine Gerechtigkeit und Unschuld rühmt, während er sonst den Herrn bittet, nicht mit ihm ins Gericht zu gehen. Die Lösung ist leicht. Es handelt sich hier nämlich nicht darum, was er zu antworten hat, wenn Gott ihn wegen seines ganzen Lebens zur Rechenschaft fordert, sondern er vergleicht sich hier nur mit seinen Feinden, und mit Rücksicht auf sie versichert er, dass er gerecht sei. Wenn die Heiligen dagegen persönlich von Gott ins Gericht genommen werden, so liegt die Sache für sie ganz anders. Dann ist Gottes Erbarmen ihre einzige Zuflucht.

V. 10. Lass der Gottlosen Bosheit ein Ende werden. Zunächst bittet David den Herrn, der Bosheit der Gottlosen Maß und Ziel zu setzen. Daraus geht hervor, dass er für lange Zeit das Kreuz zu tragen hatte, und dass es ihm nicht nur für eine kurze Zeit auferlegt war. David wünscht also, dass seine Belästigungen aufhören möchten. Die zweite Bitte gibt darauf den Zweck der ersten Bitte an: fördere die Gerechten. Wörtlich heißt es, dass Gott den Gerechten festigen möge. Gott soll die Gerechten, die man ungerecht bedrückt, aufrichten und stärken, damit es deutlich werde, dass Gott sie in ihrem Stand erhält.

Denn du prüfst Herzen und Nieren. Dieses ist der Grund für die vorhergehenden Bitten. Schon zum dritten Mal versichert David, dass er sich im Vertrauen auf das Zeugnis seines guten Gewissens so kühn zu Gott nahe. Er sagt diesmal jedoch mehr als früher, nämlich dass er nicht nur in Bezug auf die äußeren Werke unbescholten sei, sondern dass er auch die Reinheit innerlich in seinem Herzen pflege. Es scheint, dass er dieses sein Vertrauen der Frechheit seiner Feinde entgegensetzt; denn wahrscheinlich werden diese so viele Verleumdungen gegen ihn unter dem Volke verbreitet haben, dass er in seiner unglücklichen Lage genötigt war, Gott zur Prüfung seines Herzens und seiner Nieren aufzufordern. Doch ist es auch möglich, dass er ihnen damit ihre scheinheiligen Vorwände nehmen will, an denen sie keinen Mangel hatten, und die sie gebrauchten, um das Volk zu täuschen. Er gibt hiermit zu erkennen, dass es von keiner Bedeutung ist, wenn die Menge ihnen Beifall klatscht; denn bald müssen sie vor Gottes Richterstuhl erscheinen, wo nicht nach Titeln und äußerem Glanz der Werke, sondern nach der Reinheit des Herzens gefragt wird.

V. 11. Mein Schild ist bei Gott. Es ist nicht zu verwundern, dass David dann und wann unter die Bitten Betrachtungen mischt, durch die er sich zum Vertrauen ermuntert. Mag unsere Freudigkeit, mit der wir uns zu Gott nahen, auch noch so groß sein, unser Eifer wird doch bald nachlassen und matt werden, wenn er nicht neue Kraft empfängt. Deshalb hält David sich, damit sein Gebet nicht matt werde, solche allgemeinen Grundsätze der Frömmigkeit vor, um seinen Glauben dadurch zu nähren und zu ermuntern. Er sagt sich nämlich, dass er, da Gott den frommen Herzen hilft, unter seinem Schutze genügend sicher sei. Daraus folgt, dass er ein gutes Gewissen hatte; und da er nicht einfach „Gerechte“, sondern „fromme Herzen“ sagt, so scheint er an die innerliche Prüfung der Herzen und der Nieren zu denken.

V. 12. Gott ist ein rechter Richter. Da Saul und seinesgleichen durch ihre Schmähungen erreicht hatten, dass fast das ganze Volk David verdammte, so hält er sich allein durch die Hoffnung aufrecht, dass, wenn auch alles in Verwirrung gerät, Gott doch noch einen Unterschied zwischen den Gerechten und Gottlosen machen werde. Bei den verkehrten Urteilen der Menschen wendet er sich an den, der nie getäuscht werden kann. Nun fragt es sich aber, wie David von Gott sagen könne, dass er täglich richtet, da wir ja sehen, dass er die Bestrafung oft lange Zeit aufschiebt. Und die Schrift sagt gewiss nicht ohne Grund, dass er langmütig ist. Doch wenn Gott sein Gericht auch nicht sofort ausführt, so vergeht doch keine Zeit, ja kein Tag, an dem er es nicht durch sichere Beweise bezeugt, dass er alles, was auf Erden in Verwirrung geraten ist, wieder in die rechte Ordnung bringt. Daher bleibt das bestehen, dass er nie seine Pflicht vernachlässigt. Denn ein jeder, der seine Augen auftut und die Weltregierung betrachtet, wird deutlich erkennen, dass Gott trotz aller Geduld doch weit davon entfernt ist, krumm gerade sein zu lassen. Und sicherlich werden die Gläubigen von Tag zu Tag ohne Furcht ihre Zuflucht zu ihm nehmen.

V. 13 u. 14. Wenn er sich nicht ändert usw. Für diese drei Verse gibt es zwei verschiedene Erklärungen. Einige meinen nämlich, dass David hier seinen Feinden, wenn sie in ihrer Bosheit verharren, die Strafe ankündigt, die sie durch ihre Hartnäckigkeit verdient haben. Sie beziehen nämlich V. 13 und 14 auf Gott. Dann wäre der Sinn: Wenn mein Feind sich nicht ändert, so wird er es endlich merken, dass Gott mit Waffen ausgerüstet ist, um die Gerechten zu schützen. Erst V. 15 würde dann wieder von den Frevlern reden und den Grund für ihre Bestrafung angeben: Gott wird sie strafen, weil sie nur mit Ungemacht schwanger gehen, nur Unheil gebären und Betrug hervorbringen und ihn damit direkt angreifen und zum Kampfe herausfordern. Andere dagegen beziehen alle drei Verse auf die Feinde Davids. Diese Erklärung ist nach meiner Ansicht besser als die vorhergehende. Aber auch sie genügt mir noch nicht, weil sie Davids Absicht nicht deutlich genug zum Ausdruck bringt. Denn ich zweifle nicht, dass er durch die Beschreibung der furchtbaren Unternehmungen seiner Feinde Gottes Gnade mehr ins Licht stellen will. Davids Gegner hatten eine große Truppenmacht, sie waren gut gerüstet und stürmten wütend auf ihn los, und hofften ihn zu verderben; wer sollte da nicht sagen, dass es um ihn geschehen sei? Der Sinn dieser Stelle ist also nach meiner Ansicht dieser: Wenn mein Feind seine Absicht nicht ändert und seine Angriffe und Kräfte anderswohin richtet, wer soll es dann verhindern, dass ich unter seiner Hand zu Grunde gehe? Denn da er mit allen möglichen Waffen ausgerüstet ist, so sucht er auf alle Weise meinen Tod. David denkt besonders an Saul; von ihm sagt er, dass er Pfeile an die Verfolger ausgeteilt habe, da er ja viele Begleiter zur Hand hatte, die mit Freuden bereit waren, ihm zu helfen, und David zu verderben. Die Absicht des Propheten war also, wie schon gesagt, durch die Größe der Gefahr die gewaltige Gnade Gottes ins rechte Licht zu stellen. „Sich ändern“ bedeutet hier nicht Buße tun und sich bekehren, sondern nur den Beschluss ändern. David stellt uns vor Augen, wie der Feind gewillt war, alles auszuführen, wozu seine Begierde ihn trieb. Dadurch wird es uns recht deutlich, wie wunderbar die Veränderung war, die plötzlich wider Erwarten eintrat. Wenn er sagt, dass Saul todbringende Pfeile auf seinen Bogen gelegt habe, so will er damit ausdrücken, dass er nicht die Absicht gehabt habe, ihn milde zu behandeln, sondern fest entschlossen gewesen sei, ihn tödlich zu verwunden, wenn er ihn treffen würde. Einige übersetzen, statt: Er hat den Verfolgern Pfeile übergeben, „er hat seine Pfeile zu brennenden gemacht“. Diese Übersetzung ist auch zulässig, aber die meinige passt besser in den Zusammenhang. David beklagt sich nämlich, dass er sich nicht nur vor einem Feinde zu fürchten habe, sondern vor einem großen Haufen, da Saul viele Verfolger gegen ihn, den unglücklichen Flüchtling, bewaffnet hatte.

V. 15. Siehe, er kreißt Unheil. Bisher hatte David klargelegt, welch schreckliche Gefahr ihm drohte; jetzt verlacht er die stolzen Unternehmungen Sauls und seine großartigen Zurüstungen. Das Wort: „Siehe“ hebt die Größe des Wunders hervor, denn es zeigt an, dass die Erlösung unerwartet gekommen ist. Es will sagen: Siehe, da er mit Unheil kreißte, weil er mit Ungemach schwanger war, so ging doch zuletzt nur leerer Wind und Eitelkeit hervor, weil Gott seine schlechten Ratschläge vereitelt hat. Unheil und Ungemach stehen hier für Ungerechtigkeiten jeder Art, die Saul David zuzufügen gedachte. Viele Ausleger meinen, dass die Wörter nicht in der rechten Ordnung stehen, da das Kreißen vor dem Schwangersein genannt wird. Ich glaube jedoch, dass die Stufen richtig unterschieden sind, wenn man diesen Vers so auflöst: Siehe, er wird Unheil gebären, weil er mit Ungemach schwanger ist. D. h. weil er meinen Untergang bei sich beschlossen hat, so wird er auch versuchen, ihn herbeizuführen. Dass der Feind endlich Täuschung gebiert, will besagen, dass er sich in seine Hoffnung getäuscht sehen wird. So sagt auch Jesaja (59, 4; vgl. 33, 11), dass die Ungläubigen Wind gebären, weil der Ausgang ihren frechen Anschlägen nicht entspricht. Wenn wir daher sehen, dass die Gottlosen Ränke schmieden, um uns zu verderben, so muss es uns ins Gedächtnis kommen, dass sie sich selbst belügen. Im Übrigen müssen wir es mit Geduld tragen, wenn die Nutzlosigkeit vor der Geburt nicht offenbar wird.

V. 16 u. 17. David sagt hier nicht nur, dass die Veranstaltungen der Gottlosen keinen Erfolg haben werden, sondern dass Gottes wunderbare Vorsehung sie gerade in die entgegengesetzte Richtung lenkt. Dies wird uns zunächst durch ein Gleichnis vor Augen gestellt, dann aber (V. 17) mit dürren Worten ausgesprochen: die Bosheit wird auf das Haupt ihres Urhebers zurückkehren. Offenbar war es schon bei den Hebräern ein Sprichwort, dass, wer andern eine Grube gräbt, selbst hineinfällt; sie wollten damit sagen, dass listige Menschen selbst in ihren Nachstellungen und Listen gefangen werden, und die Leute, die andere durch Ränke zu töten suchen, selbst durch ihre Kunst zugrunde gehen. Diese Lehre hat einen doppelten Nutzen. Einmal diesen, dass, wenn die Feinde auch viele Künste kennen, um uns zu schaden, wir doch auf den hier von Gott verheißenen Ausgang hoffen dürfen, nämlich dass sie sich mit ihrem eigenen Schwerte durchbohren werden. Denn das ist kein Zufall, sondern Gott lenkt mit verborgener Hand das Böse, das sie den Unschuldigen antun wollen, auf ihren Kopf zurück. Zweitens: sollte einmal die Begierde des Fleisches uns antreiben, unseren Nächsten zu schädigen oder sonst eine Übeltat zu begehen, so müssen wir an diese göttliche Rache denken, dass er Leute, die andern eine Grube graben, selbst hineinfallen lässt. Das wird zur Folge haben, dass ein jeder, sofern er auf sein eigenes wahres Wohl bedacht ist, sich von jeder Ungerechtigkeit fern hält.

V. 18. Da Gott die Seinen zu dem Zwecke erlöst, damit sie ihm wiederum Opfer des Dankes darbringen, so verspricht David hier, dass er für die erfahrene Erlösung dankbar sein werde, und zugleich versichert er, dass es ein ganz offenbares Werk Gottes sei, dass er dem Tode entging. Denn er würde dem Herrn nicht in Wahrheit und von ganzem Herzen das Lob für seine Errettung zuschreiben, wenn er nicht fest überzeugt wäre, dass er anders als auf menschliche Weise erhalten geblieben sei. Deshalb verspricht er seinem Erretter nicht nur den gebührenden Dank, sondern fasst noch einmal kurz zusammen, was den Inhalt des ganzen Psalms ausmacht, dass er sein Leben der Gnade Gottes verdanke, der ihn nicht in Sauls Hände fallen ließ. Die „Gerechtigkeit“ Gottes ist hier seine Treue, die er seinen Dienern erweist, indem er ihr Leben beschützt. Denn Gott hält seine Gerechtigkeit nicht bei sich verborgen, sondern offenbart sie zu unserem Nutzen, indem er uns gegen alle ungerechte Gewalt verteidigt, von Bedrückung befreit, und uns, wenn auch schlechte Menschen uns angreifen, doch unversehrt erhält.

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