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Calvin, Jean - Psalm 5.

Calvin, Jean - Psalm 5.

Inhaltsangabe:David bittet Gott um Hilfe, weil er durch ungerechte wütende Angriffe seiner Feinde hart bedrängt wird und noch größeres Unglück befürchtet. Um nun desto gewissere Erhörung zu finden, offenbart er in der Glut seines Betens die ganze Heftigkeit seines Schmerzes; dann stellt er dem Herrn die unerträgliche Bosheit seiner Feinde vor Augen, die Gott unmöglich ungestraft lassen könne. Weiter bekennt er seinen Glauben und seine Geduld, und daran tröstet er sich so, dass er nicht mehr an einem glücklichen Ausgange zweifelt. Endlich zieht er den Schluss, dass seine Errettung eine gemeinsame Frucht der Gnade für alle Frommen bringen werde.

V. 1. Zu Flöten. Andere übersetzen: „für das Erbe“ und nehmen an, dass der Psalm eine Fürbitte für Jehovahs Erbe, d. h. für die zwölf Stämme sei. Wahrscheinlicher ist doch ein Musikinstrument angegeben oder auch die Melodie. Genaueres zu erfahren wird nicht viel austragen.

V. 2 u. 3. Ich wage es nicht bestimmt zu entscheiden, ob David sich in diesem Psalm über Ungerechtigkeiten beklagt, die er zu einer bestimmten Zeit von seinen Feinden erfahren hat, - oder ob seine Klage sich über die verschiedenartigen Verfolgungen, die er lange Zeit hindurch von Saul zu erleiden hatte, erstreckt. Einige jüdische Ausleger meinen, dass auch die Leiden der Absalomischen Zeit hierin mit einbegriffen seien, und dass mit den ränkevollen und blutgierigen Männern Doeg und Ahitophel gemeint seien (1. Sam. 22, 18; 2. Sam. 17, 1 f.). Ich halte es jedoch für das Wahrscheinlichste, dass David, als er nach Sauls Tode zu einem ruhigen Besitze des Königtums gelangte, seine Gebete, die unter den Gefahren und Sorgen entstanden waren, hier niedergeschrieben hat.

Beachten wir jetzt die einzelnen Wörter genauer. Die dreifache Bezeichnung ein und derselben Sache – Worte … Seufzen … Schreien … - zeigt uns, dass Davids Gemüt heftig bewegt war, und dass er lange und andauernd gebetet hat. Er liebt nicht unnützen Wortschwall, sondern stellt uns anschaulich vor, wie mannigfach er seufzen und beten musste: er betete nicht obenhin und flüchtig, sondern im quälenden Schmerz schüttete er immer wieder seine Klagen vor Gott aus; da er nicht gleich Erhörung fand, wiederholte er stetig sein Gebet. Dass er aber seinen Gebetswunsch nicht mit deutlichen Worten ausspricht, diese Zurückhaltung wirkt besonders nachdrucksvoll. Wenn er sein Begehren im Herzen verschließen muss, so erkennen wir, dass er seine tiefste Empfindung nur wortlos vor Gott bringen kann, weil die Sprache nicht ausreicht, sie auszudrücken. Das „Schreien“ (V. 3) ist ein lautes und vernehmliches Rufen: der Ausdruck deutet auf die Inbrunst des Gebets. David ruft freilich nicht so laut, weil er den Herrn etwa für schwerhörig hält, sondern die Heftigkeit seines Schmerzes und die innere Angst brechen in ein lautes Geschrei aus. Das mittlere Wort, das ich durch „Seufzen“ wiedergebe, übersetzen andere „Rede“, was sprachlich nicht ganz ausgeschlossen wäre. Doch scheint David seine „Worte“ (V. 2) einzuteilen: sie sind einesteils nur unterdrückte Seufzer, zum anderen Teil aber deutliche Rufe. Zudem gebraucht Hiskia (im Hebräischen) denselben Ausdruck, um seine Seufzer zu beschreiben, die ihm aufsteigen, da der Schmerz ein klares Reden hindert (Jes. 38, 14): „Ich winselte wie ein Kranich und eine Schwalbe, und girrte wie eine Taube.“ – Wenn wir einmal träge zum Beten sind oder der heilige Gebetstrieb zu schnell nachlässt, so finden wir hier ein Mittel, den Eifer auf ´s Neue bei uns anzufachen. Auch durch die Anrede: „mein König und mein Gott“, will David sich selbst erwecken, vom Herrn Gutes zu erwarten. Darum wollen wir von ihm lernen, solche Anreden in gleicher Weise auszunützen: so wird der Herr uns recht vertraut. Am Schluss bezeugt David, dass er nicht widerspenstig in die Kette beißen will, wie die Ungläubigen tun, sondern dass er sein Seufzen auf Gott richtet: ich will vor dir beten. Denn Leute, die den Herrn bei Seite setzen und entweder innerlich murren oder nur vor Menschen klagen, sind es auch nicht wert, dass der Herr sich um sie kümmere. Mit „denn“ gibt David den Grund an, weshalb er seine Zuversicht auf Gott setzen kann: er hält sich an den allgemeinen Grundsatz, dass, wer in seinen Leiden den Herrn anruft, niemals eine Zurückweisung erfährt.

V. 4. Nachdem David Gott gebeten hat, dass er seine Bitten erhören möge, fordert er ihn jetzt zur Eile auf. Denn wenn ich das, was einige meinen, auch nicht verwerfe, dass hier eine Anspielung auf die Morgengebete vorliege, die im Tempel täglich in Verbindung mit den Opfern gesprochen wurden, so zweifele ich doch anderseits nicht daran, dass er hier, weil er des langen Wartens überdrüssig ist, den Wunsch ausspricht, dass ihm bald möge geholfen werden. Er will etwa sagen: Sobald ich erwache, ist dieses mein erster Gedanke; darum warte auch du, o Gott, nicht länger mit deiner Hilfe, deren ich bedarf, sondern antworte bald auf mein Gebet. Sich zu Gott „schicken“ bedeutet so viel als sich geradeswegs an ihn wenden. David will damit bezeugen, dass er nicht bald hierhin bald dorthin gehe, sondern dass es bei ihm als Regel gelte, stracks zu Gott die Zuflucht zu nehmen. Er deutet damit auf einen Gegensatz: auf der einen Seite die viel verschlungenen Irrwege der Menschen, die nach irdischer Hilfe ausschauen oder sie von ihren eigenen Plänen erwarten, - auf der anderen Seite der ruhige Weg des Glaubens, auf dem die Frommen sich nur an Gott wenden, ohne durch eitle Lockungen sich ablenken zu lassen. – Und aufmerken (wörtlich: ausschauen). Hiermit will David sagen, dass er, nachdem er seine Sorgen Gott ans Herz gelegt hat, mit Spannung warte, bis es sich tatsächlich zeigt, dass Gott ihn erhört hat. Gewöhnlich ist mit dem Wünschen eine gewisse Unruhe verbunden, aber diejenigen, die nach der Gnade Gottes, die sie sich wünschen, ausschauen, erwarten sie auch geduldig. Diese Stelle lehrt uns also, dass ein Gebet so lange wertlos ist, als sich nicht die Hoffnung damit verbindet, welche unseren Sinn auf eine hohe Warte erhebt.

V. 5 bis 7. Hier schließt David aus der schlechten Gesinnung und dem schlechten Betragen seiner Feinde, dass Gott ihm gnädig sein werde. Es ist dieses eine abgebrochene Redeweise, wie die Heiligen oft stammeln, wenn sie beten. Dieses Stammeln ist Gott aber angenehmer als alles glänzende Reden. David kommt zu dem Schlusse, dass Gott seinen Feinden bald Halt gebieten müsse, da ihre Grausamkeit und Treulosigkeit aufs Höchste gestiegen sei. Er folgert dies aus der Natur Gottes. Da Gott Gefallen hat an Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit, so lässt sich schließen, dass er an den Unredlichen und Übeltätern Rache nehmen werde. Wie könnten sie seiner Hand ungestraft entfliehen, da er ja der Richter der Welt ist? Diese Stelle ist sehr beachtenswert. Wir wissen ja, wie sehr der zügellose Mutwille der Gottlosen uns verwirrt. Wenn Gott diesen nicht sofort hemmt, so sind wir fassungslos und verzweifelt. David entnimmt daraus vielmehr eine Stärkung seiner Zuversicht. Je frecher seine Feinde wüten, umso freudiger fleht er den Gott um Rache an, dessen Amt es ist, alle Frevler zu verderben, weil er jedes Verbrechen hasst. Alle Frommen können hiervon lernen, dass sie immer, wenn sie mit Gewalt, List oder Ungerechtigkeit zu kämpfen haben, sich zu Gott erheben müssen, um sich in der festen Zuversicht auf ihre Befreiung zu stärken. Dazu ermahnt sie auch Paulus (2. Thess. 1, 5 ff.), indem er es als eine Hindeutung auf Gottes Gericht bezeichnet, wenn die Gläubigen jetzt ihr Kreuz zu tragen haben: „denn es ist recht bei Gott, zu vergelten Trübsal denen, die euch Trübsal bereiten, euch aber, die ihr Trübsal leidet, Ruhe mit uns.“ Und gewiss wäre Gott nicht der Richter der Welt, wenn er nicht allen Gottlosen ihren verdienten Lohn geben würde. Bedenken wir jetzt den Nutzen dieser Lehre! Wenn angesichts der Ausgelassenheit der Gottlosen bei uns Zweifel aufsteigen, ob Gott auch für uns sorge, so lernen wir hiergegen dieses als Schild zu gebrauchen: Gott, der jede Unbilligkeit hasst und verabscheut, wird sie nicht ungestraft lassen; und wenn er sie auch eine Zeitlang trägt, so wird er sich doch einmal auf den Richterstuhl setzen, um sich als Rächer zu zeigen. Hieraus entnehmen wir auch die allgemeine Lehre, dass Gott, wenn er auch durch den Satan und durch die Gottlosen wirkt und ihre Bosheit gebraucht, um sein Gericht zu vollziehen, doch nicht der Urheber der Sünde ist und kein Gefallen an der Sünde hat. Denn unverrückbar behält er das Ziel im Auge, dieselben Leute, die er durch seine verborgene Vorsehung zu seinen besonderen Zwecken hinlenkte, doch zu verderben und nach Verdienst zu bestrafen. Zuerst (V. 5) verkündigt David einfach, dass Gott keine Gemeinschaft mit der Gottlosigkeit habe; denn auch in der zweiten Hälfte des Verses wird zu übersetzen sein: das Böse, nicht „der Böse“. Dann erst (V. 6) wendet sich die Rede zu den Personen selbst: die Ruhmredigen bestehen nicht vor deinen Augen. Das ist ein bündiger Schluss: dem Herrn ist gottloses Wesen verhasst, - also wird er an allen Gottlosen gerechte Rache nehmen. „Ruhmredig“ heißen hier Leute, die in blinder Begier und prahlender Sicherheit sich der Sünde in die Arme stürzen, die jede letzte Regung der Gottesfurcht abwerfen und sich von ihrer Zerstörungswut treiben lassen. Das ist die schlimmste Verblendung, in welcher ein Mensch sich selbst über Gott erhebt und alles Recht mit Füßen tritt. David hält sich dieses zum Troste vor, aber es enthält zugleich eine nützliche Unterweisung zur Gottesfurcht. Denn da der Geist hier verkündigt, dass Gott der Rächer der Übeltäter sein wird, so legt er uns damit einen Zügel an, auf dass wir nicht in der Hoffnung, ungestraft zu bleiben, sündigen.

V. 8. Und ich werde in dein Haus gehen. Das „und“ verstehen viele Ausleger wie ein „aber“. Dann würde David sagen, dass er im Gegensatz zu den Frevlern Gottes Gnade erfahren werde. Vielleicht ist es aber passender, eine Folgerung anzunehmen: Da du, o Herr, die Gottlosen nicht ausstehen kannst, so werde ich durch deine Hand bewahrt bleiben und dir feierlich in deinem Tempel für die erfahrene Befreiung Dank darbringen. Wenn man der ersten Erklärung den Vorzug gibt, so preist David hier einfach seine Frömmigkeit gegen Gott und scheidet sich von der Gesellschaft derer, von denen er gesprochen hat. Aber der Sachverhalt scheint zu fordern, dass er hier eine Danksagung verspricht. Nachdem er vorher gesagt hat, dass seine Feinde Gott verhasst seien, verpflichtet er sich jetzt, nachdem er Zuversicht auf Rettung gewonnen hat, zur Danksagung. Er sagt: Ich werde kommen auf deine große Güte hin. Das will etwa besagen: Wenn es jetzt auch noch scheinen könnte, dass ich verloren sei, so werde ich doch durch Gottes Gnade gerettet werden und unversehrt bleiben. Diese Stelle lehrt uns also, dass wir, wenn die schwersten Versuchungen auf uns einstürmen, uns Gottes Gnade vorhalten müssen, um auch in der größten Gefahr guter Hoffnung zu sein. Weil zudem ein fleischlicher Sinn die Gnade Gottes nur zu leicht geringschätzt oder für etwas Alltägliches hält, wollen wir lernen, ihre unvergleichliche Größe zu erheben, die imstande ist, alle unsere Angst zu besiegen. Wenngleich es Davids Absicht war, sich gewisse Rettung von der Barmherzigkeit Gottes zu versprechen, so zeigt er doch auch zugleich, dass er dafür dankbar sein und sie nicht vergessen werde. Dabei betont er: Ich will kommen in deiner Furcht, d. h. ich will den Herrn mit aufrichtigem und reinem Herzen anbeten. Im Gegensatz dazu würde selbst die Danksagung eines unreinen und befleckten Heuchlers Gottes Namen nur beflecken. Hieraus lässt sich auch die allgemeine Lehre ziehen, dass uns der Zugang zu Gott verschlossen ist, so lange er uns seine Güte nicht hat schmecken lassen, und dass keiner recht beten kann, der seine Gnade noch nicht erfahren hat und fest überzeugt ist, dass Gott ihm geneigt sein werde. Damit muss aber die Furcht Gottes verbunden sein, durch welche sich fromme Zuversicht von fleischlicher Sicherheit unterscheidet.

V. 9. Herr, leite mich. Einige erklären diese Stelle in folgender Weise: Zeige mir, was recht ist, und gib, dass ich mich ganz deiner Gerechtigkeit ergebe. Tue dies um meiner Widersacher willen, denn es ist zu fürchten, dass die Heiligen sich durch die schlechten und trügerischen Künste der Gottlosen bestimmen lassen, vom rechten Wege abzuweichen. Das ist allerdings ein frommer und nützlicher Gedanke. Doch ist eine andere Erklärung zutreffender, nämlich dass Gott seinen Diener sicher durch die Nachstellungen seiner Feinde hindurchführen und ihm, da er von allen Seiten eingeschlossen scheint, einen Ausgang eröffnen möge. Gottes Gerechtigkeit steht also hier wie an vielen anderen Stellen für seine Treue und Güte, die er durch die Beschützung seiner Freunde beweist. „In“ deiner Gerechtigkeit heißt: wegen derselben. David will etwa sagen: Herr, weil du gerecht d. h. treu und gütig bist, so beschütze mich mit deiner Hilfe, dass ich den verderblichen Nachstellungen meiner Feinde entgehe. Der folgende Satz hat dieselbe Bedeutung: Richte deinen Weg vor mir her.David bittet, Gott möge ihn aus der Bedrängung, die nach menschlichem Ermessen jeden Ausweg verschloss, befreien. Hierbei gesteht er ein, dass er nicht imstande ist, den Nachstellungen seiner Feinde zu entgehen, wenn Gott ihm nicht die nötige Klugheit verleiht und ihm durch das Unwegsame einen Weg bahnt. So müssen auch wir es machen und seinem Beispiele folgen. Wenn wir keinen Rat mehr wissen, oder wenn die Bosheit der Feinde uns zu stark wird, so müssen wir das Vertrauen auf uns selbst fahren lassen und zu Gott fliehen, in dessen Hand die Ausgänge aus dem Tode sind.

V. 10. Denn in ihrem Munde ist nichts Gewisses usw. David wiederholt aufs Neue dieselben Klagen, um dadurch seine Gegner dem Herrn noch mehr verhasst zu machen; für sich selbst dagegen fleht er die Barmherzigkeit Gottes an, der versprochen hat, dass er denen, die ungerecht bedrängt werden, Hilfe bringen will. Dieses ist wohl zu beachten. Je grausamer die Feinde gegen uns wüten und je niederträchtiger sie uns quälen, mit umso größerer Zuversicht müssen wir unsere Klagen zum Himmel empor senden: wird doch Gott den wütenden Angriffen endlich ein Ziel setzen und auch heimliche Bosheit und verschlagene List ans Licht ziehen. Zunächst wirft David seinen Feinden Treulosigkeit vor, weil sie nichts Rechtes und Lauteres reden, und gibt als Ursache hierfür an, dass sie innerlich darauf gerichtet sind, dem Nächsten Herzeleid anzutun. Dass er sie dann als ein offenes Grab bezeichnet, will besagen, dass sie wie ein gieriger Schlund sind. Damit zeichnet er ihre unersättliche Begierde, Blut zu vergießen. Schließlich spricht er noch einmal von ihrer Unlauterkeit. Hieraus schließen wir, dass die Ungerechtigkeiten, durch die man ihn quälte, nicht gewöhnlicher Art waren, sondern dass er mit abscheulichen Feinden zu kämpfen hatte, die weder menschliches Gefühl noch Billigkeit besaßen. Obwohl aber David elend und bedrängt war, fährt er doch nicht nur fort zu beten, sondern er gewinnt aus seiner verworrenen und verzweifelten Lage auch Grund zur Hoffnung. Paulus hat einmal diese Stelle so verallgemeinert, dass sie überhaupt als eine Beschreibung des Menschengeschlechts erscheint (Röm. 3, 13). Damit trifft er ganz richtig den Sinn des heiligen Geistes. Es setzt als feststehend voraus, dass in der Gestalt Davids uns die Gemeinde in ihrem Haupte Christus und in ihren Gliedern vorgestellt werde. Dann erscheinen unter dem Bilde seiner Feinde alle, die noch nicht durch den heiligen Geist wiedergeboren wurden, mögen sie nun sich innerhalb oder außerhalb der Gemeinde befinden. Denn auch David fordert an dieser Stelle nicht Assyrer oder Ägypter vor Gottes Richterstuhl, sondern entartete Juden, die an ihrem Fleische beschnitten waren und sich rühmten, der heilige Same Abrahams zu sein. Paulus legt mithin dieser Stelle keinen anderen Sinn unter, indem er sie auf alle Sterblichen anwendet, sondern er weist nur besonders darauf hin, dass David sie so gezeichnet hat, wie sie von Natur sind.

V. 11. Schuldige sie, Gott. David wünscht, dass der Herr seine Feinde alles Verstandes beraube und in immer tiefere Sünde fallen lasse, damit sie fallen von ihrem Vornehmen, d. h. ihre Absicht nicht verwirklichen können. So knüpft sich Grund und Folge zusammen: wenn Gott die Frevler in ihrer Weisheit zunichtemacht, müssen sie wohl vergeblich ratschlagen und schmählich zu Schanden werden. Er tritt ihrer verschlagenen Bosheit also dadurch entgegen, dass er sie mit einem Geist des Schlafs und Taumels trunken macht, so dass sie schon in den geringsten Kleinigkeiten zu Narren werden. Ängstigen wir uns also vor Nachstellungen und Betrug der Menschen und müssen sehen, dass Leute, die uns schaden wollen, sehr schlau und klug sind, so wollen wir an diesen Spruch denken: es wird für alle Zukunft Gottes Amt bleiben, Menschen, die klug zu sündigen wissen, mit Torheit und Stumpfsinn zu schlagen. So können wir ruhig schlafen: inzwischen wird der Herr die klügsten Anschläge mit einem Hauch hinwegblasen und zum Gespött machen. Alles in allem: David wünscht, dass Gott seine Hand wider seine Feinde erhebe und sie in ihrem schlechten Vornehmen hindere. Und gewiss ist es nötig, dass das, was die Gottlosen schlau erdacht haben, von Gott vereitelt werde, da Satan, der ein Meister in allen Trügereien ist, ihnen alle Künste, durch die sie schaden können, zeigt. Dann bittet er, dass sie die Strafe erhalten, die sie verdient haben; denn indem sie einen unschuldigen Menschen in unbilliger und niederträchtiger Weise befehden, zeigen sie sich auch widerspenstig gegen Gott. Daran denken die Stolzen nicht, dass elende und geringe Menschen vor Gott so wert geachtet sind, dass man ihn selbst in ihrer Person beleidigt; sie meinen, dass sie, wenn sie die Frommen bedrücken, ebenso wenig ihre Schläge gegen den Himmel richten, als wenn sie die Erde oder den Kot mit ihren Füßen treten. Aber Gott gibt seinen Verehrern den unschätzbaren Lohn, dass er ihre Sache auf sich nimmt. Wer hat daher ein gutes Gewissen hat und vom rechten Wege nicht abgewichen ist, der braucht auch kein Bedenken zu tragen, seinen Feinden Gott als einen Schild entgegen zu halten.

V. 12. Lass sich freuen usw. Der Prophet verkündigt hier, dass wenn er durch Gottes Hand erlöst wird, alle Frommen diese Frucht der Gnade mit genießen werden. Es ist, als wenn er sagte: Herr, wenn du mir Hilfe bringst, so wird deine Wohltat nicht allein mir, sondern allen deinen Verehrern zugutekommen. Denn die Folge davon wird sein, dass sie in ihrem Glauben gestärkt werden und dass sie deinen Namen verherrlichen. David will den Herrn auch durch den Hinweis auf den größeren Zweck und Nutzen, der damit erreicht werden würde, zur Erhörung seiner Bitte bewegen: seine Errettung würde allen Frommen eine Glaubensstärkung bringen und sie ermuntern, dem Herrn Lob und Dank zu sagen. Diese Stelle lehrt uns, dass wir undankbar gegen Gott sind, wenn wir die Wohltaten, die er unserm Nächsten erweist, und durch die er bezeugt, dass seine Güte sich immer über alle Frommen erstreckt, nicht für uns nutzbar machen. Darum gibt David auch den Grund an, weshalb die Gläubigen sich freuen können: denn du beschirmst sie. Immer, wenn der Herr sich einem aus der Zahl der Gläubigen wohltätig erweist, müssen sie daraus, wie gesagt, den Schluss ziehen, dass er ebenso gegen sie sein werde. Ferner lehrt diese Stelle uns, dass die wahre Freude allein aus dem Schutze Gottes geboren wird. Wenn uns auch von tausend Seiten der Tod droht, so muss uns dieses vollständig genügen, dass wir durch Gottes Hand beschützt werden. Und das wird der Fall sein, wenn wir uns nicht durch die leeren Schatten der Welt täuschen lassen, etwa unter ihnen Schutz zu suchen. Auch dieses ist zu beachten, dass David von denen, die auf Gott hoffen, sagt, dass sie seinen Namen lieben. Denn, wenn er uns einmal seine Güte hat schmecken lassen, so muss das Gedächtnis daran uns überaus lieblich sein, uns immer erfreuen, ja zur Liebe gegen ihn fortreißen. Wohingegen alle Ungläubigen wünschen, dass Gottes Name begraben werde, und mit Schaudern sein Gedächtnis fliehen.

V. 13. Denn du, Herr, segnest die Gerechten. Damit bekräftigt David den vorhergehenden Gedanken, nämlich dass seine Person ein Denkmal des Glaubens für alle Diener Gottes sein werde, da dieses eine Beispiel als ein Zeugnis der fortdauernden Gnade Gottes für alle Frommen gelten muss. Und wiederum erinnert er daran, dass es keine rechtmäßige Freude gibt, außer der, die man aus dem väterlichen Wohlwollen Gottes schöpft. Wenn nun ein Mensch jemanden „segnet“, erbittet er Gutes für ihn. Wenn es aber von Gott heißt, dass er „segnet“, so überschüttet er uns eben damit mit allem Glück und Gut. Denn da Gottes Gunst voller Wirkungskraft ist, so erzeugt sein Segnen unmittelbar einen Zufluss aller Güter. – Die Gerechten sind nach der Redeweise der heiligen Schrift nicht Leute, die schon vollkommene Werke aufzuweisen haben, sondern die der Gerechtigkeit nachjagen: Gott hat ihnen die Sünden vergeben und seine Gunst zugewandt und nimmt nun ihr Streben so an, als wäre es schon völlige Gerechtigkeit. Darauf deuten auch die folgenden Worte: Du krönest sie mit Gnade, d. h. Wohlgefallen wie mit einem Schilde. Das will sagen, dass die Gläubigen von allen Seiten gut geschützt sein werden, weil die Gnade ihnen von keiner Seite fehlen wird. Diese ist aber nicht nur eine unüberwindliche Schutzwehr, sondern sie bringt auch sichere Rettung. Dass jemand gekrönt wird, bedeutet sonst eine Zier und einen Schmuck. Da aber in unserem Zusammenhang die Gnade mit einem Schild verglichen wird, haben wir wohl besser an eine schützende Mauerkrone zu denken. Der Sinn ist also, dass die Gerechten, wenn auch noch so große und verschiedenartige Gefahren sie umgeben, doch unversehrt bleiben werden, weil Gott ihnen günstig ist.

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