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Calvin, Jean - Psalm 146.

Calvin, Jean - Psalm 146.

Inhaltsangabe: Nachdem David sich – und mit seinem Beispiel auch andere – zum Lobe Gottes ermahnt hat, tritt er einer Krankheit entgegen, die fast allen angeboren ist, nämlich dass sie ihre Hoffnung bald auf dies, bald auf jenes setzen und dadurch sich selbst betrügen. Zugleich zeigt er das Heilmittel, nämlich dass all ihre Hoffnung auf Gott gerichtet bleibe. Damit man aber desto freudiger sich zu Gott wende, führt er in Kürze einige Zeugnisse für Gottes Macht und Gnade an.

V. 1 u. 2.Halleluja. Die fünf letzten Psalmen schließen mit demselben Wort, mit dem sie beginnen. Nachdem David mit diesem Worte Halleluja allen insgemein anbefohlen hat, Gott zu loben, richtet er seine Rede an sich selbst oder, was dasselbe ist, an seine Seele, - wenn er nicht etwa mit dem Ausdruck „Seele“ seine Sinne meint, die er dann mit verstärktem Nachdruck zu ihrer Pflicht antreibt.

Im zweiten Vers treibt er als ein Mann, der bereit ist, dem Herrn seinen Dienst darzubringen, jedermann an, seinem Beispiel zu folgen. Das zeigt uns, dass es sich bei ihm nicht bloß um eine leichte, flüchtige Gemütsregung handelte, (wie so viele in diesem Stück ihre Trägheit anklagen und doch alsbald wieder in dieselbe zurückverfallen), sondern um einen festen und beständigen Willensdrang, der von eifrigem Tun begleitet war und durch den Erfolg bewies, dass er nicht eingebildet war. David fühlt offenbar, dass durch Satans List die frommen Vorsätze hintertrieben oder aufgehalten werden, und stachelt deshalb zuerst seinen eigenen Eifer an, ehe er sich anderen als einen Führer und Lehrmeister hinstellt. Denn ob er gleich von aufrichtigem Ernst beseelt war, wollte er doch dies nicht vor anderen zeigen, er hätte denn zuvor noch ein größeres Maß von Eifer erlangt. Wenn es nun gilt, dem himmlischen Leben auf dem Weg der Selbstverleugnung nach zu trachten, wie ernstlich müssen wir dann zu solch schwieriger Aufgabe uns anstacheln lassen, da selbst ein David nötig hatte, sich zum Lobe Gottes eindringlich zu ermuntern! Indessen sollen wir wissen, dass wir in dieser Übung der Gottseligkeit, von der hier die Rede ist, nur dann unverdrossen genug sein werden, wenn wir den Herrn auch mit der Tat loben. Weil nun Gott die Seinen in der Welt zu dem Ende ernährt und erhält, damit sie ihr ganzes Leben lang sich in seinem Lobe üben, so nimmt sich David mit Recht vor, dies bis zu seinem Lebensende zu treiben.

V. 3 u. 4. Verlasst euch nicht auf Fürsten. Dieser Ausspruch passt ganz gut zum Vorhergehenden. Denn die Blindheit der Menschen kommt oft daher, dass sie so schnell eingenommen sind für vieles, was sie selbst ersinnen, und infolge dessen umso weniger frei und ungehindert sind zum Lobe Gottes. Damit also Gott das Lob, das ihm gebührt, ungemindert erhält, spricht sich David berichtigend und abweisend aus über alle verkehrten Hoffnungen, zu denen wir sonst allzu geneigt sind. Obschon aber seine Absicht dahin geht, unser Vertrauen von allen Menschen überhaupt abzuziehen, so bezieht er sich doch namentlich auf die Fürsten, von denen mehr zu fürchten ist als von gewöhnlichen Leuten. Denn was für Versprechungen wollen geringe, fremder Hilfe bedürftige Leute uns machen? Die Großen aber und Reichen verführen uns mit ihrem Glanz zu der trügerischen Meinung, als ob es nichts Besseres gäbe, als sich in ihrem Schatten zu bergen. Weil aber ihr Glück von einfältigen Leuten angestaunt wird, fügt David bei, dass auch der mächtigste unter den Fürsten der Welt doch nur ein Menschenkind ist. Das zeigt uns deutlich genug, wie es töricht es ist, wenn wir jene sozusagen als Halbgötter verehren. Wie auch Jesaja (31, 3) sagt: „Ägypten ist Mensch und nicht Gott, und ihre Rosse sind Fleisch und nicht Geist.“ Mögen also die Fürsten ausgestattet sein mit Macht, Geld, Kriegsscharen und anderen Hilfsmitteln, dennoch, so mahnt David, ist es verkehrt, unser Vertrauen auf solch einen sterblichen, hinfälligen Menschen zu setzen, und es ist eine Torheit, unser Heil da zu suchen, wo es nicht zu finden ist.

Eben dies erklärt er noch näher im folgenden Vers, wo er daran erinnert, wie kurz und flüchtig das Menschenleben ist. Wenn nämlich Gott den Fürsten auch etwa die Zügel lockert, so dass sie sich in Plänen ergehen, die selbst vor dem Himmel nicht Halt machen, so werden doch, wenn ihre Seele gleich einem vorübergehenden Hauch von hinnen fährt, ihre Beschlüsse und Unternehmungen plötzlich zunichte. Da der Leib die Behausung der Seele ist, so kann ganz gut unter „des Menschen Geist“ die Seele verstanden werden. Sie ist es ja, die Gott durch den Tod zu sich zurückruft. Einfacher aber lässt sich der Ausdruck auf den Lebensodem beziehen. Er fügt sich so auch besser in den Zusammenhang: sobald der Mensch zu atmen aufhört, fällt der Leichnam der Verwesung anheim. Folglich sind Leute, die sich auf Menschen verlassen, von einem flüchtigen Hauch abhängig. Mit den Worten: alsdann sind verloren alle seine Anschläge, geißelt David aufs trefflichste den Wahnwitz der Fürsten, die in ihrem Hoffen und Begehren weder Maß noch Ziel kennen und selbst über den Himmel hinwegschreiten, als wenn es ein Haufen Berge wäre. Ihnen geht es wie jenen hirnwütigen Alexander von Mazedonien. Als er hörte, es gebe mehrere Welten, beklagte er, dass er noch nicht eine davon in seine Gewalt gebracht hätte. Kurz darauf genügte ihm ein Sarg. Auch die Erfahrung zeigt, dass die Ratschläge der Fürsten gewaltige Irrgärten sind. Damit wir also nicht die Dummheit begehen, unsere Hoffnungen an jene zu knüpfen, verkündigt David, dass auch bei den Fürsten das Leben einen schnellen, plötzlichen Ausgang nehmen wird, womit dann zugleich alle ihre Anschläge verloren sein werden.

V. 5. Wohl dem, des Hilfe der Gott Jakobs ist. Da es nicht genügt, den Fehler zu widerlegen, so fügt David das Heilmittel an, von dem die wahre Besserung abhängt, nämlich: des Menschen Hoffnung ist erst dann eine feste und wohl begründete, wenn sie sich auf Gott allein stützt. Soweit gelangen ja mitunter auch weltlich gesinnte Leute, dass sie einsehen, es sei Wahnsinn, seine Hoffnung auf Fleisch zu setzen. Darum machen sie oft sich selbst die heftigsten Vorwürfe, dass sie so unüberlegt ihr Heil von Menschen erwartet hätten. Dabei aber machen sie sich vom Irrtum doch nicht los, da sie das Heilmittel nicht anwenden. Nachdem also der Prophet die, wie wir sagten, allen Menschen angeborene Eitelkeit verurteilt hat, fügt er weislich bei, dass es denen wohlgeht, die auf Gott vertrauen. In derselben Gedankenfolge sagt Jeremia (17, 5. 7): „Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und hält Fleisch für seinen Arm“ usw., und dann: „Gesegnet aber ist der Mann, der sich auf den Herrn verlässt.“ Wenn David nun sagt: „Wohl dem, des Hilfe … Gott ist“, wo will er vom Wohlergehen der Gläubigen nicht bloß das aussagen, was unmittelbar in den Worten liegt, - als ob sie nämlich nur dann glücklich wären, wenn Gott vor aller Augen und mit Tatbeweisen ihnen als Helfer erscheint; er meint er vielmehr, ihre Glückseligkeit bestehe in der wahrhaftigen Überzeugung, dass sie nur durch Gottes Gnade aufrecht stehen. Indem er sodann den „Gott Jakobs“ nennt, unterscheidet er ihn von der Schar falscher Götter, deren sich die Ungläubigen damals rühmten. Er tut es mit gutem Grund; denn wenn auch jedermann die Absicht hat, Gott zu suchen, so hält doch unter Hunderten kaum einer die rechte Bahn ein. Wie nun der Dichter dem wahren Gott sein auszeichnendes Beiwort gibt, so zeigt er auch, dass ein jeder von uns nur durch den gewissen Glauben an seine Annahme zur Kindschaft sich auf Gott stützen kann: denn Gott muss uns gnädig sein, wenn uns seine Hilfe bereit stehen soll.

V. 6. Der Himmel, Erde usw. Mit allen diesen Beifügungen bestätigt David die vorhin gegebene Lehre. Die Erwähnung der Schöpfung der Welt möchte auf den ersten Blick etwas weit hergeholt erscheinen; es ist ihr aber ein sehr passender Hinweis darauf zu entnehmen, dass Gottes Macht uns zu Hilfe kommt, so oft irgendeine Gefahr uns droht. Wissen wir doch, durch was für unbedeutende Gründe Satan uns zum Misstrauen treibt; wir aber lassen uns durch jeden noch so geringen Anstoß ängstlich machen und bald dahin, bald dorthin treiben. Erwägen wir dagegen, dass Gott der Schöpfer Himmels und der Erde ist, so werden wir ihm auch nach Schuldigkeit die Ehre erweisen, zu bekennen, dass die Regierung über die von ihm erschaffene Welt in seiner Macht und seinem Willen liegt. Die Worte des Lobpreises in unserem Vers enthalten also im ersten Satz eine freundliche Darlegung von Gottes Macht, vor der alle unsere Befürchtungen schwinden müssen. Nun ist es aber nicht genug, dass Gott uns helfen kann, wenn nicht die Verheißung dazu kommt, dass er es auch tun will und wird. Und deshalb verkündigt David, dass Gott Glauben oder Treue hält, so dass für Zweifel kein Raum mehr bleibt, nachdem uns einmal Gottes Wille bekannt ist.

V. 7 u. 8. Der Recht schaffet. Noch andere Beispiele führt der Psalm an sowohl für die Macht als für die Güte Gottes, - lauter Dinge, auf die wir unsere gute Hoffnung stützen können. Alles zielt darauf hin, dass die Hilfe Gottes auch den Verachtetsten dargeboten und bereit gehalten wird, so dass also unser Elend ihn nicht hindert, uns beizustehen. Vielmehr ist es eben seine Art, gegen jedermann hilfsbereit zu sein, je nachdem es die Not erfordert. Zuerst sagt David: Der Recht schaffet denen, so Gewalt leiden. Wir sollen daran denken: auch wenn der Herr etwa, wie es unserm fleischlichen Sinne scheint, vor den Unterdrückungen, die wir leiden, die Augen schließt, so wird er doch nicht unterlassen, zu tun, was seines Amtes ist, nämlich dass er die Gottlosen wegen ihrer Gewalttätigkeit zur Rechenschaft zieht. Kurz, weil Gott die Geduld der Seinen durchs Kreuz prüfen will, so redet der Dichter hier ausdrücklich die hart Geplagten an, damit sie unter ihrem Kummer nicht erliegen, sondern ruhig auf ihren Retter warten, der seine Hilfe deshalb verzieht, um sich als gerechter Richter der Welt zu erzeigen.

Weiter heißt es: der die Hungrigen speist. Daraus ersehen wir, dass der Herr gegen die Seinen nicht immer so freigebig verfährt, dass sie im Vollen sitzen und sich sättigen können, sondern er entzieht ihnen bisweilen seinen Segen, um erst dann zu helfen, wenn es bei ihnen bis zum Hungern gekommen ist. Hätte der Prophet gesagt, die Gläubigen würden von Gott reichlich gespeist, gleichsam vollgestopft, wer würde dann bei Hunger oder Entbehrung nicht alsbald den Mut verlieren? Nicht ohne Grund wird also Gottes Gnade weiter dahin ausgedehnt, dass er die Hungernden speist.

Dasselbe wollen die folgenden Worte besagen: Der Herr löst die Gefangenen, und: Der Herr macht die Blinden sehend. Weil es öfters geschieht, dass Gläubige von Furcht gefesselt oder von herrschsüchtigen Menschen bedrückt werden oder sonst in äußerste Not geraten, wie wenn sie in härtester Sklaverei gefangen gehalten würden, so war es notwendig, uns dies zum Troste vorzuhalten, dass es dem Herrn ein Leichtes ist, Auswege zu schaffen, so oft wir in solch angstvolle Lagen kommen. Die Blinden sehend machen, heißt so viel wie Licht in der Finsternis. So oft es uns also an Rat mangelt und wir in peinlicher Verlegenheit schweben, oder wenn wir bestürzt und verwirrt am Boden liegen, als hätten Schatten des Todes sich über uns gelagert, wollen wir lernen, Gott mit diesem Lobpreis zu ehren, damit er die Finsternis zerstreue und uns die Augen hell mache.

So auch, wenn es heißt: Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind, - wollen wir lernen, wieder Mut zu fassen, wenn wir etwa unter einer Last seufzen und ermatten. Denn Gott hat nicht nur gewollt, dass sein Lob besungen werde, sondern er streckt den Blinden, den Gefangenen und Niedergeschlagenen deshalb gewissermaßen seine Hand entgegen, damit sie ihre Sorgen und Schmerzen auf ihn werfen sollen. Es ist auch nicht überflüssig, dass die Bezeichnung der Herr dreimal wiederholt wird. Dadurch will er die Menschen anreizen, ihn zu suchen, während sie sonst oft lieber in den Zügel beißen und in ihrem Unglück versumpfen, statt dass sie zu diesem sicheren Zufluchtsort sich herbeifänden.

Der letzte Satz: Der Herr liebt die Gerechten, hat offenbar die Bedeutung einer Einschränkung. Es ist ja bekannt, dass die meisten, auch wenn sie hart bedrängt werden, angstvoll seufzen und im Finstern darniederliegen, doch von göttlichem Trost nichts verspüren. Weil sie eben auch in solcher Lage den Herrn nur noch mehr durch ihren Trotz herausfordern und kaum der hundertste Gottes Gnade anfleht, so tragen sie den verdienten Lohn ihres Undanks davon. Darum beschränkt der Prophet mit gutem Grund das, was er vorher allgemein ausgesprochen hat, nunmehr auf die Gerechten, damit die, welche Gott als Retter zu erfahren wünschen, sich mit aufrichtig frommem Liebestrieb ihm hingeben.

V. 9. Der Herr behütet die Fremdlinge. Mit den Fremdlingen, Waisen und Witwen meint der Prophet zusammenfassend alle diejenigen, denen es an menschlichen Hilfsmitteln mangelt. Da jedermann seine Gunst den Verwandten und Bekannten zuwendet, so sind die Fremdlinge, wie wir wissen, gewöhnlich Bedrückungen ausgesetzt. Leute, die sich den Witwen und Waisen als Anwalt und Beschützer anbieten, findet man nicht häufig; die Mühe scheint eben verloren, wo keinerlei Hoffnung auf Entschädigung winkt. Mit diesen Beispielen weist also der Prophet nach, dass es in jeder Bedrängnis, die auf uns lastet, nur an uns liegt, wenn Gott mit ausgerecktem Arm uns herausreißt, er, der so liebreich alle Elenden zu sich einlädt. Den ruchlosen Gottesverächtern dagegen kündigt er an, dass ihnen alles zum Unglück ausschlagen wird. Beim ersten Psalm sagten wir, dass mit dem „Weg“ der ganze Lebenslauf bezeichnet ist. Der Herr also kehrt zurück den Weg der Gottlosen, indem er alle ihre Ratschläge, all ihr Tun, was sie irgend versuchen oder in Angriff nehmen, verflucht, so dass ihnen nichts glücklich vonstattengeht. Mögen sie also im Plänemachen stark, ja listig und verschlagen und mit allerlei Gütern hinlänglich versehen sein, so wird doch Gott alle ihre Hoffnungen vernichten. Denn wie er die Hand über die Seinen ausstreckt und sie durch alle Hindernisse und selbst durch unwegsame Örter hindurchgeleitet, so wird er anderseits den Gottlosen ihre freie, ebene Straße abschneiden.

V. 10. Der Herr ist König. Der Prophet wendet sich in seiner Rede an die Gemeinde, um alle Frommen desto kräftiger zu überzeugen, dass sie tatsächlich Gott als den erfahren werden, als den er ihn vorher geschildert hat. Wenn er ihn nun weiter einen ewigen König nennt, so haben wir zugleich im Sinn zu behalten, zu welchem Zweck der Herr sein Regiment führt. Die Erklärung darüber ist dem Lobpreis, der weiter vorn steht, zu entnehmen. Aus demselben geht hervor, dass wir im Leben wie im Tode unter der Hut dieses Königs wohl bewahrt bleiben, da er seine Königsgewalt nur zu unserem Heil ausübt. Hätte David einfach gesagt, dass Jehova ewig herrscht, so hätte man leicht einwenden können, es trenne uns eine weite Kluft von Gottes unfassbarer Herrlichkeit. Deshalb sagt er ausdrücklich, dass Gott durch einen heiligen Vertrag mit dem auserwählten Volke verbunden ist.

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