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Calvin, Jean - Psalm 136.

Calvin, Jean - Psalm 136.

Inhaltsangabe: Der Prophet erinnert daran, dass Gott nur dann die gebührende Frucht seiner Wohltaten erntet, wenn die Gläubigen fleißig sein Lob besingen. Sodann preist er Gottes Barmherzigkeit durch Aufzählung einzelner von seinen Wohltaten und lehrt zugleich, dass wir Gott nur dann richtig loben, wenn wir erkennen, dass alles, was er uns zuteilwerden lässt, aus seiner Güte stammt.

V. 1 bis 3. Denn seine Güte währet ewiglich. Man könnte diesen zwischen die kurz abgebrochenen Sprüche wiederholt eingeschobenen, kleinen Satz für leeren Wortschwall halten; aber wenn solche Einschaltverse bei weltlichen Dichtern geduldet werden, ja ihnen sogar Lob und Beifall eintragen, so brauchen wir auch hier die Wiederholung nicht für abgeschmackt zu halten. Hat sie doch sehr vernünftigen Grund. Wenn nämlich auch ein jeder zur Not bekennt, dass Gottes Wohlwollen der Quell aller Güter ist, so erkennt man doch seine grundlose Güte nicht ganz und rückhaltlos an, während doch die Schrift sie immer in erster Linie hervorhebt. Von ihr redet Paulus Röm. 3, 23 und nennt sie schlechthin den Ruhm Gottes, als wollte er sagen: Gott, der in allen seinen Werken höchstes Lob verdient, will doch vor allem wegen seiner Barmherzigkeit gepriesen sein. Und aus der heiligen Geschichte lässt sich leicht entnehmen, dass auf Davids Vorschrift hin beim Gesang diese Sitte aufkam, dass wechselweise die Leviten mit dem Gesang einfielen: denn seine Güte währet ewiglich. Auch Salomo hat bei der Übergabe des Tempels diesen Brauch beobachtet (2. Chron. 7, 3. 6), ebenso Josaphat bei jenem berühmten Siegesgesang (2. Chron. 20, 21). –

Bevor nun aber der Prophet daran geht, Gottes Werke aufzuzählen, preist er ihn als den höchsten Gott und Herrn. Nicht als ob außer ihm auch nur das Geringste von göttlichem Wesen wirklich vorhanden wäre: aber wo nur irgend die Menschen ein Stück seiner Herrlichkeit wahrnehmen, stellen sie sich ein gesondertes göttliches Wesen vor und reißen also in ihrem verkehrten Sinne Gott auseinander. Und damit nicht genug, machen sie sich noch hölzerne und steinerne Götter. Es ist aber allen diese verkehrte Art angeboren, dass sie an einem Haufen verschiedener Götter Vergnügen finden.

V. 4 bis 6. Der große Wunder tut. Damit bezeichnet der Dichter alle Werke Gottes vom kleinsten bis zum größten. Er will uns zu deren Bewunderung anregen, da sie sonst infolge unseres stumpfen Sinnes ihren Reiz allmählich verlieren, während doch ihnen allen deutliche Spuren von Gottes unglaublicher Weisheit und Kraft aufgeprägt sind. Er betont aber auch, dass Gott alles Bewundernswerte allein macht, damit wir lernen sollen, dass es eine arge Versündigung am heiligen Gott ist, wenn man auch nur den geringsten Teil des ihm gebührenden Lobes einem andern zuwendet. Denn wir mögen Himmel und Erde durchforschen: nirgends werden wir einen Hinweis auf eine andere Gottheit finden, der uns das Recht gäbe, ihm einen Genossen oder Nebenbuhler zur Seite zu stellen.

Insbesondere weist nun der Prophet zum Lob der göttlichen Weisheit darauf hin, wie die Himmel weislich gemacht sind, was durch ihren unvergleichlichen Glanz so gewaltig bezeugt wird. –

Darauf steigt er zur Erde herab. Auch diese soll für uns als ausgezeichnetes und denkwürdiges Werk Gottes hohe Bedeutung haben, indem wir sehen, wie Gott das trockene Land ausbreitet an den Wassern, ohne dass dieselben es überfluten dürfen, weil sie von ihren Ufern eingeschlossen werden. Gott wollte eben dem Menschengeschlecht einen Wohnplatz einräumen. Diese Ausbreitung des freien, trockenen Landes zwischen den Gewässern zählen wir mit Recht zu den hervorragenden Wundern Gottes. Aber auch zu den Beweisen seiner Gnade; denn er hatte keinen anderen Grund, die Wasser aus ihrer ursprünglichen Lage zu verdrängen, als dass er nach seiner unermesslichen Güte für die Menschen sorgen wollte.

V. 7 bis 9. Der große Lichter gemacht hat. Nach Moses Vorbild redet unser Prophet von Sonne und Mond als den großen Lichtern und nur wie anhangsweise von den Sternen. Der Mond wird nun freilich von anderen Planeten (z. B. Saturn) an Größe übertroffen: und doch wird er wegen seiner starken Leuchtkraft mit Recht als das zweite Licht verzeichnet. Denn die Absicht des heiligen Geistes war ja nicht, wissenschaftliche Himmelskunde zu treiben, sondern mit Rücksicht auf die Unwissenden und Einfältigen gemeinverständlich zu reden wie Mose und die Propheten, damit niemand die Ausrede gebrauche, dass die Rede zu schwer verständlich sei. Die Menschen verstecken sich nämlich gar zu gern hinter ihre Unwissenheit, wenn ihnen etwas zu Hohes und Geheimnisvolles vorgetragen wird. So redet denn der heilige Geist in der Sprache der Einfältigen, um auch den Ungelehrten das Verständnis zu ermöglichen, indem er die Gestirne nach dem Augenschein statt nach ihren wirklichen Größenverhältnissen aufzählt. Ebenso ist es auch aufzufassen, wenn der Prophet hinzufügt, Gott habe der Sonne und dem Mond ihre beiderseitigen Rollen zugeteilt, der Sonne dem Tage vorzustehen, während der Mond die Nacht regiert. Nicht dass sie irgendeine Herrschaft innehätten, aber es offenbart sich in dieser Verteilung Gottes wohl geordnetes Haushalten.

V. 10 bis 12. Der Ägypten schlug. Mit anderen Plagen waren die Ägypter zu wiederholten Malen erschreckt worden, hatten aber von ihrem wütenden Trotz nicht gelassen, bis sie, durch diese letzte Plage bezwungen und mürbe gemacht, dem Herrn nachgaben. Anstatt die einzelnen Wunder der Reihe nach aufzuzählen, sagt der Prophet mit einem zusammenfassenden Wort, das Volk sei mitten aus Ägypten durch mächtige Hand und ausgereckten Arm ausgeführt worden. Da es auf allen Seiten von Feinden umlagert war, stand ihm nirgends ein Ausweg offen, wenn ihm nicht die Wundermacht Gottes zur Seite trat. Das Bild vom ausgereckten Arm ist sehr zutreffend, indem wir den Arm dann auszustrecken pflegen, wenn wir etwas Schweres unternehmen. Die Worte wollen also sagen, dass Gott das Volk nicht mit leichter Hand befreit hat, sondern unter außergewöhnlicher Erweisung seiner Macht.

V. 13 bis 16. Der das Schilfmeer teilte. Die Gasse zwischen den zerteilten Wassern war so geräumig, dass das Volk nicht einer hinter dem andern, sondern in hellen Haufen hinüberging und Männer und Weiber samt ihren Familien und Lasttieren ungehindert einhergehen konnten; und der Anblick des weithin trocken gelegten Wasserschlundes musste nicht wenig dazu beitragen, die Gnade Gottes hervortreten zu lassen. Diese wird auch dadurch bestätigt, dass gleich darauf Pharao im Wasser unterging. Denn dass die einen umkamen und die anderen gesund und wohlbehalten hinübergelangten, das geschah offenbar nicht durch irgendeine geheime Bewegung der Naturkräfte. Vielmehr waltete darin ganz augenscheinlich Gottes Barmherzigkeit zur Bewahrung des Volkes. Was der Prophet in den Worten „der sein Volk führte durch die Wüste“ kurz berührt, erstreckt sich auf eine lange Reihe von Ereignissen. Waren doch viele und mannigfaltige Wunder nötig, um vierzig Jahre in einer dürfen Gegend zuzubringen, die keinerlei Lebensmittel bot. Dahin müssen wir also alles rechnen, was Mose an Zeugnissen der Güte und Macht Gottes aufzählt, wie er das hungernde Volk mit Himmelsspeise ernährte, wie er Wasser aus dem Felsen hervorströmen ließ und die Israeliten unter der Wolke vor dem Sonnenbrand schützte, wie er in der Feuersäule ein Zeichen seiner Gegenwart gab, wie er die Kleider unversehrt erhielt, wie er den heimatlosen Wanderern mit ihren Kleinen in Laubhütten Schutz angedeihen ließ – und die ungezählten, anderen Dinge, die den Lesern selbst zu Sinn kommen werden.

V. 17 bis 26. Denn er dachte an uns. Die sechs Verse (17 bis 22), die aus dem vorhergehenden Psalm herübergenommen sind, übergehe ich.

Auch die anderen bedürfen keiner langen Erklärung. Ich durchgehe sie also ganz kurz. Der Prophet gibt uns zu verstehen, dass Gott seinem Volke ununterbrochen und unermüdlich beistand, dass also kein Zeitalter solche Güte erfahren durfte, wie sie den Vätern zuteilwurde. Und dass Gott den Nöten eines beinahe untergegangenen Volkes abhalf, ist ein noch bemerkenswerterer Beweis seiner Gnade, als wenn er das Volk im Wohlstand angetroffen und ihm dann eine immer gleichbleibende Gunst erzeigt hätte. Öffnet uns doch gerade unsere Bedürftigkeit die Augen und weckt unsere Sinne. Sodann: wenn Gott die Seinen errettet, so folgt daraus, dass er ihrer Sünden nicht gedenkt. Endlich spricht der Prophet aus, dass Gottes väterliche Vorsehung sich nicht nur auf das ganze Menschengeschlecht, sondern überhaupt auf alles Fleisch erstreckt, so dass es nicht zu verwundern ist, wenn er, der sich um Ochsen und Esel, um Raben und Sperlinge kümmert, ein so versorgender und wohltätiger Vater gegen seine Auserwählten ist. Und da die Menschen weit besser sind als die unvernünftigen Tiere und doch auch unter ihnen selbst die einen bedeutende Vorzüge vor den anderen genießen (nicht wegen eigener Würdigkeit, sondern infolge ihrer Annahme bei Gott), so zieht der Prophet den Schluss vom Kleineren auf das Größere und sagt, man könne nicht genug die unvergleichliche Gnade Gottes gegen die Seinen preisen.

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