Calvin, Jean - Der Prophet Jesaja - Kapitel 27.

Calvin, Jean - Der Prophet Jesaja - Kapitel 27.

V. 1. Zu der Zeit wird der Herr heimsuchen usw. Hier redet der Prophet ganz allgemein von dem Gericht Gottes über das gesamte Reich des Satans. Während er vorher von der Rache Gottes gegen die Tyrannen und Gottlosen redete, die unschuldig Blut vergossen haben, greift er nun in der Ankündigung dieser Rache noch weiter.

Beide, den Leviathan, der eine flüchtige Schlange, und den Leviathan, der eine gewundene Schlange ist. Die Bezeichnung „Leviathan“ wird verschieden ausgelegt. Im Allgemeinen bezeichnet dies Wort einfach eine große Schlange oder einen Walfisch oder sonst ein derartiges Meeresungeheuer von gewaltiger Größe. Diese bildliche Bezeichnung passt nun auf den König von Ägypten; mit derselben will der Prophet aber auch die andern Feinde der Kirche umfassen. Ohne Zweifel versteht er aber hier unter diesem Bilde vor allem den Satan und sein ganzes Reich; unter der Gestalt eines Ungeheuers stellt er ihn dar und weist damit auf die krummen Schliche und Künste hin, vermittelst derer er Schaden anzurichten trachtet. Der Prophet will mit diesen Worten manchem Zweifel begegnen, der uns je und dann in Unruhe stürzt, wenn Gott uns seine Nähe verheißt – und wir müssen dann im Gegenteil des Satans Macht, List und Betrug erfahren. Dieser verstehe ja mit allerlei wunderbaren Künsten Schaden anzurichten und verübt gegen die Kinder Gottes schreckliche Grausamkeit. Da zeigt nun der Prophet, dass das alles den Herrn nicht hindern kann, dies Reich zu stürzen und zu zerstören. Allerdings ist hier nicht so sehr vom Satan selber die Rede, als vielmehr von seinen Werkzeugen, durch die er seine Herrschaft ausübt und die Kirche Gottes belästigt. Dies Reich wird also trotz seiner unendlich feinen List und seiner wunderbaren, überreichen Macht doch vernichtet werden. Um das überzeugend zu machen, stellt der Prophet ihm das harte, große und starke Schwert des Herrn entgegen, mit dem er mit Leichtigkeit einen Feind, er mag noch so mächtig und listig sein, niederschlägt. Wir wollen uns also merken, dass wir immer mit dem Satan zu kämpfen haben, wie mit einem großen Meerungeheuer. Die Welt ist dabei das Meer, auf dem wir dahinfahren. Allerlei Tiere fallen uns an, die unser Schifflein zu verderben und uns in den Abgrund zu ziehen versuchen. Dabei könnten wir keinen Widerstand leisten, wenn der Herr uns nicht Hilfe brächte. Der Prophet will durch dieses Bild vom Leviathan ferner zum Ausdruck bringen, was für eine Gefahr uns von diesen ebenso mächtigen, wie wütenden und listigen Feinden droht. Es würde mit uns bald zum Äußersten kommen und um uns gänzlich geschehen sein, wenn Gott sich ihnen nicht entgegen stellte und mit seiner unbesiegbaren Macht herzueilte. Nur durch sein Schwert kann dies unheilvolle Reich des Satans zerstört werden. – Zu beachten ist auch, was der Prophet am Anfang des Verses sagt: „Zu der Zeit“. Eine Zeitlang wird nämlich dem Satan freie Hand gelassen, sein Reich zu festigen und zu schützen. Zuletzt wird dasselbe aber doch untergehen. So sagt auch der Apostel Paulus (Röm. 16, 20): „Der Gott des Friedens zertrete den Satan unter eure Füße in kurzem“. Mit dieser Verheißung deutet also der Prophet an, dass die Kriegszeit noch nicht vorbei ist, dass noch tapfer gekämpft werden muss, bis jener Feind zertreten ist, der hundertmal besiegt doch nicht aufhört, von neuem den Krieg zu beginnen. Mit solchem Feinde müssen wir also streiten und seine heftigen Angriffe aushalten. Um dabei nicht matt und müde zu werden, sollen wir auf jene Zeit schauen, da seine ganze Kraft gebrochen wird. Wir dürfen darum die Hoffnung nie gänzlich aufgeben. Lässt Gott uns eine Zeitlang gequält und ausgeplündert werden, er wird es doch zuletzt zeigen, dass er die Sorge um uns keineswegs abgelegt hat.

V. 2. Zu der Zeit wird man singen von dem Weinberge des besten Weins. Alles wird zum Heile der Kirche ausschlagen. Der Herr sorgt für die Seinen, die er in seinen treuen Schutz genommen hat. Damit die Kirche wieder hergestellt werde, muss Satan und sein ganzes Reich zunichtewerden. Das bezwecken alle Rachezüge, welche Gott gegen seine Feinde unternimmt: er will sich als Fürsorger seiner Kirche offenbaren. Der Prophet nennt hier die Kirche nicht ausdrücklich. Er zeigt aber deutlich genug, dass er sie im Sinne hat. Seine bildliche Redeweise ist ausdrucksvoller, als wenn er in noch so beredten Worten geradezu von dem Volk Israel geredet hätte. Da die Güte eines Weinberges teils von seiner Lage, teils von der unausgesetzten Pflege desselben abhängig ist, so dürfen wir daraus, dass die Kirche ein Weinberg ist, den Schluss ziehen, dass dieselbe nur durch Gottes Gunst und Gnade und durch seine fortdauernde Güte gedeihen kann. Durch dasselbe Bild wird ja auch im 5. Kapitel die einzigartige Liebe Gottes gegen sie zum Ausdruck gebracht, worüber wir dort ausführlicher geredet haben. Ist aber vom Weinberg „des besten Weins“ die Rede, so soll damit seine ausgezeichnete Güte hervorgehoben werden. Die Zeit wird also kommen, in der dies Lied in der Gemeinde Gottes gesungen werden kann. Inzwischen sollte sie aber noch jämmerlich zerstreut werden und schreckensvoll und öde darniederliegen. Nachher aber wird sie wieder hergestellt werden und voll üppiger Früchte sein. Das wird dann reichen Stoff zum Singen geben.

V. 3. Ich, der Herr, behüte ihn. Hier redet der Herr von seinem Eifer und seiner Sorge um die Pflege und Bewachung seines Weinbergs. Er will nichts unterlassen, was zu dem Amt eines vorsorglichen und rührigen Hausvaters gehört. Er zeugt davon, was er tun wird, wenn die Zeit der Freude und des Jauchzens gekommen. In einem Gegensatz dazu steht freilich die dazwischen liegende Zeit, in der Gott alle Sorge für seine Kirche so sehr abgelegt zu haben schien, dass diese in nichts sich von einer Wüste unterschied. Das ist nun die Ursache, weshalb der Weinberg Gottes zerstört und verwüstet ist: Gott hat ihn verlassen und den Feinden zur Beute gegeben. Sobald der Herr von uns gewichen ist, ist es nichts mit uns. Ist er uns nahe, dann haben wir´s in allem gut.

Und feuchte ihn bald usw. Gottes Fürsorge erstreckt sich nach zwei Seiten hin. Erstlich feuchtet er den Weinberg „bald“ oder genauer „in jedem Augenblick“; sodann behütet er ihn gegen den Einfall von Räubern und Tieren und gegen andere Schäden. Das sind die beiden Stücke, die bei der Besorgung des Weinbergs besonders zu beachten sind, seine Pflege und seine Bewachung. Das Wort „feuchten“ umfasst alles, was zur Pflege nötig ist. Der Herr verheißt damit, dass er nichts zu solcher Pflege Nötige unterlassen wolle. Die Bewachung muss aber noch hinzukommen. Denn einen Weinberg mit vieler Mühe zu pflegen, nutzt nichts, wenn Räuber oder Tiere in denselben einbrechen. Der Herr verheißt darum, er werde die Bewachung übernehmen, damit sein Weinberg keinen Schaden leide; trefflich sollen seine Früchte reifen und zu ihrer Zeit eingesammelt werden. Wenn auch viel Schädliches hereinbricht und Feinde und wilde Tiere mit großer Gewalt hereinstürmen, Gott will sich ins Mittel legen, ihn schützen und vor allem Schaden unverletzt und unversehrt erhalten.

V. 4. Zorn hege ich nicht. Dieser Vers bietet wieder herrlichen Trost. Er bringt die unbegreifliche Glut der Liebe zum Ausdruck, mit der Gott sein Volk umfasst, auch wenn es gottlosen und verkehrten Sinnes ist. Gott tritt uns hier entgegen als ein schwer beleidigter Vater, der seinem Sohn wohl zürnt, der aber doch noch mehr ihn bedauert und zum Erbarmen geneigt ist. Die Glut seiner Liebe ist stärker, als sein Zorn. Weiter zeigt der Prophet, dass Gott seine Auserwählten nicht so hassen kann, dass er ihnen nicht mit väterlicher Liebe nachginge, auch wenn er sie aufs Schärfste straft. Die Schrift beschreibt uns den Herrn auf mannigfache Art. Bald stellt sie ihn dar zornglühend, furchtbar anzusehen, bald nichts als Güte und Milde offenbarend. Letzteres tut sie wieder in der mannigfaltigsten Weise, weil wir alle seine Güte nicht zu fassen vermögen. Gott ist gezwungen, mit den Verkehrten verkehrt, mit den Heiligen heilig umzugehen, wie es David im 18. Psalm (V. 26 f.) darlegt. Er zeigt sich uns gegenüber so, wie wir es verdienen; durch unsere eigne Verkehrtheit bringen wir ihn zur Strenge. Der Prophet redet hier aber nicht von irgendwelchen Leuten, sondern nur von der Gemeinde Gottes. Wenn Gott sie auch züchtigt und ihre Fehler zu bessern sucht, er entäußert sich ihr gegenüber doch nicht seiner väterlichen Liebe. Wenn er auch zürnt, er will sie doch unverletzt erhalten. Auf die Kirche also beziehen sich diese Worte. Zwischen Gott und seinen Auserwählten besteht ein enges Verhältnis. Ihnen kann er sich nicht anders denn als Vater offenbaren, während er gegen die Gottlosen in Feindschaft ergrimmt. Was für ein großer Trost wird uns hier dargeboten! Wissen wir, dass wir von Gott berufen sind, dann dürfen wir daran festhalten, dass er uns eigentlich nicht zürnt, ja nicht einmal zürnen kann, da er uns mit einer beständigen, starken Liebe umfasst, die er niemals abzulegen vermag. Gewiss sind bei jenem Volk damals die meisten dem Herrn verhasst gewesen, und doch verkündigt er, dass es ihm ein Gegenstand der Liebe wäre, weil er ja sein Vater sei. Je milder und zarter nun Gottes Liebe gegenüber seinem Volk war, umso weniger waren die zu entschuldigen, die immer wieder durch ihre Verkehrtheit seinen Zorn herausforderten. Dass er sich durch ihre Bosheit gezwungen sieht, seinen Sinn gleichsam zu ändern, das wird ohne Zweifel ihre Schuld vergrößern. Denn nachdem er eben von seiner Milde gesprochen, bricht er plötzlich in den Ruf aus:

Ach, dass ich möchte mit den Hecken und Dornen kriegen! Gott möchte es lieber mit Hecken und Dornen zu tun haben und solche am liebsten mit seinen Zornesflammen verzehren. Es beklagt es schmerzlich, dass er nicht mit Dornen kriegen muss, sondern mit seinem Weinberg. Diesen möchte er schonen, weil er ja sein Erbteil ist.

So wollte ich unter sie fallen und sie auf einen Haufen anstecken. Das „Unter sie fallen“ und das Anstecken bezieht sich auf die Hecken und Dornen. Hätte Gott es mit solchen zu tun, dann würde er sie alle verbrennen. So aber muss er milder vorgehen, da es sich um seinen Weinberg handelt. Wenn also der Herr nicht im Zorn gegen uns entbrennt, so ist das nicht irgendeinem menschlichen Verdienst zuzuschreiben, sondern allein seiner Gnadenwahl. Jene Worte: Ach, dass ich möchte mit den Hecken und Dornen kriegen – offenbaren es deutlich, dass Gott gerechte Ursache hätte, mit uns zu kämpfen, unter uns zu fallen und uns auf einem Haufen zu verbrennen. Aber das Erbarmen mit seiner Kirche hält ihn zurück. Wie wären wie Hecken und Dornen und Gottlosen ähnlich, wenn der Herr uns nicht von ihnen schiede, damit wir nicht zugleich mit ihnen untergingen.

V. 5. Oder will man meine Kraft erfahren, dass man Frieden mit mir mache? Das ist eine Drohung. Denn Gott will alle Mittel und Wege versuchen, die Juden auf die rechte Bahn zurückzuleiten. Gott muss eben auf mancherlei Weise uns locken, da wir seine Nachsicht und Güte zu missbrauchen pflegen. Daher kündet er uns auch Strafe für unsere Undankbarkeit an. Wenn sie nicht, das ist des Herrn Meinung, meine Güte annehmen und Buße tun wollen und so zu meiner Gnade wieder zurückkehren, dann werden sie meine Kraft erfahren, die ich bisher zurückgehalten habe. Vielleicht können diese Worte auch noch in einem andern, ebenso passenden Sinn aufgefasst werden. Möglicherweise ermahnt Gott sein Volk, seine Kraft und Macht zu begreifen und anzuerkennen; diese Erkenntnis werde dann dasselbe bestimmen, den Frieden mit ihm zu suchen: „Oder wird man meine Macht verstehen, dass man Frieden mit mir mache?“ Weshalb sind wir nämlich so sicher und erschrecken nicht vor Gottes Zorn? Deshalb doch, weil wir von seiner Kraft nicht die rechte Vorstellung haben. Jedenfalls aber möchte ich den Satz als Frage fassen. Es ist, wie wenn ein um seinen Sohne besorgter und bekümmerter Vater seufzend klagt: „Verträgt denn dieser Taugenichts meine Güte nicht? Ich weiß nicht, wie ich ihn behandeln soll. Strenge verträgt er nicht, meine Güte missbraucht er. Was soll ich tun? Ich will ihn verstoßen, wenn er sich nicht bessert; dann wird er wohl erfahren, wie groß meine väterliche Gewalt ist, mit der ich ihn bisher erhalten habe. Wenn er keine Nachsicht verträgt, muss er nach Recht und Gerechtigkeit behandelt werden. Ob er dann nicht endlich begreift, wie groß meine Kraft ist, und wieder zu meiner Gnade zurückkehrt?“ Darin liegt die Quelle alles Bösen, dass wir uns von der Erfahrung göttlicher Gnade nicht bestimmen lassen. Bedächten wir immer, was für Gnadengaben wir von Gott empfangen haben, dann würden wir eher von Sünde und Frevel zurückgehalten und würden den Wunsch haben, bei Gott in Gnaden zu sein. Hier sehen wir, wie besorgt der himmlische Vater um unser Heil ist; er will, dass wir seine Macht und seine Güte begreifen, damit seine Kraft erfahren und seiner mehr und mehr teilhaftig werden können. Er möchte so vertraut mit uns umgehen wie mit Kindern, vorausgesetzt, dass wir ihn mit unserer Bosheit nicht daran hindern. Wenn wir demnach für seine väterliche Nachsicht nicht reif sind, dann muss er uns seine Kraft und Majestät offenbaren. Diese soll uns schrecken, und die Angst vor dem Gericht soll uns treiben, hilfeflehend dem Herrn zu nahen und um Frieden und Vergebung zu bitten. Frieden und Vergebung erhalten wir, wenn wir aufrichtig zu ihm uns wenden. Solange wir uns selbst gefallen und unsern Lüsten nachgeben, müssen wir ihm missfallen. Wollen wir Frieden mit ihm haben, dann müssen wir mit dem Satan und der Sünden den Kampf aufnehmen. Wie sehr Gott aber darauf aus ist, sich mit uns zu versöhnen, geht aus der Wiederholung hervor: ja Frieden mache mit mir. Er hätte auch mit einem einzigen Wort erklären können, dass er zur Verzeihung willig und geneigt sei. Die eindrückliche Wiederholung aber zeigt, dass er aus freien Stücken, mit heißem Verlangen, eifrigst bemüht ist, alle Ärgernisse fortzuräumen.

V. 6. Es wird dennoch dazu kommen usw. In diesem Verse bestätigt der Herr jene Liebe, von der er geredet hat. Um das besser zu verstehen, müssen wir die Stellung jenes alttestamentlichen Volkes ins Auge fassen. Es war Gottes Erbe, nicht durch eignes Verdienst, sondern aus Gnaden. Mit Recht hätte der Herr ihm zürnen, ja es gänzlich verderben und vernichten können. Von solch strengem Verfahren stand er aber ab, da er es mit seinem Weinberg und Erbe zu tun hatte. Nur das beabsichtigte er, dass sein Volk seine Schuld erkennen und zu seiner Gnade zurückkehren sollte. Darum wird diese Verheißung hinzugefügt, damit das Volk nicht durch Gottes Gerichte, Heimsuchungen und Strafen allzu sehr erschüttert werde und den Mut verliere. Die Erfahrung des göttlichen Gerichtes könnte uns in Verzweiflung hineinstürzen, wenn wir nicht die gewisse Hoffnung hätten, dass es wieder besser werde.

Dass Jakob wurzeln wird usw. Obwohl ich, will der Herr sagen, meine Kirche schwächen und ganz klein machen werde, so wird sie doch wieder in ihren früheren blühenden Zustand versetzt werden und den ganzen Erdkreis erfüllen. Mehr und mehr wird sie wachsen, sobald sie wieder zu meiner Gnade zurückgekehrt ist. Das Bild von der Wurzel ist ein sehr feines. Durch des Herrn Zorn werden wir gleichsam abgeschnitten, sodass wir völlig hin und tot zu sein scheinen. Aber wie sehr der Herr auch seine Kirche heimsucht, ihre Wurzeln lässt er niemals fortnehmen. Freilich sind dieselben verborgen, aber zuletzt schießen sie doch wieder empor und bringen Frucht. Diese Verheißung aber, dass von der Frucht dieser Wurzeln der Erdkreis erfüllt werden soll, ist in Christo zur Erfüllung gekommen. Durch ihn und sein Evangelium ist das Volk Gottes gesammelt und gemehret worden. Er hat Israel mit den Heiden verbunden zu einem Leib und die frühere Trennung aufgehoben.

V. 7. Oder hat er es geschlagen, wie seine Feinde geschlagen werden? Der Prophet bekräftigt das vorher Gesagte und zeigt, dass selbst Israels Heimsuchungen bestimmte, offenbare Zeugnisse göttlicher Güte und Barmherzigkeit in sich schließen. Der Herr züchtigt sein Volk so, dass er dabei seine Strenge mildert und seiner Barmherzigkeit immer Raum lässt. So tritt hier der Unterschied zwischen den Gläubigen und den Verworfenen deutlich zu Tage. Beide straft der Herr, die einen, wie die andern, aber auf verschiedene Weise. Wenn er die Verworfenen straft, lässt er seinem Zorn die Zügel schießen; er hat dabei nur das eine Ziel im Auge, sie zu verderben. Denn sie sind Gefäße des Zorns, die da zugerichtet sind zur Verdammnis (Röm. 9, 22); von Gottes Güte schmecken sie nichts. Wenn er dagegen die Frommen züchtigt, mäßigt er seinen Zorn und hat dabei ein ganz anderes Ziel im Auge. Er will sie auf den rechten Weg führen und sie mit sich verbinden, damit für die Zukunft umso besser für sie gesorgt sei.

V. 8. Sondern mit Maßen richtest du. Ein zweiter Beweis der göttlichen Barmherzigkeit gegen alle Auserwählten. Gott will sie nicht vernichten; darum züchtigt er sie. Er mildert die ihnen auferlegten Strafen und nimmt Rücksicht auf ihre Schwachheit; niemals lässt er sie über die Maßen bedrückt werden. Gottes Hand würde uns sonst unerträglich, und wir würden durch sie völlig zunichte. Aber erhält seine Hand zurück. Gott ist getreu, sagt Paulus (1. Kor. 10, 13), der euch nicht lässet versuchen über euer Vermögen. So betet auch Jeremia zum Herrn (10, 24): „Züchtige mich, Herr, doch mit Maßen.“ Dass Gott „mit Maßen“ richtet, schließt sich erläuternd an das soeben gebrauchte Bild an: der Herr will Israels Wurzel nicht vertilgen. Wohl schneidet er die äußern Zweige und Blätter ab, die Wurzel aber lässt er unversehrt. Im Gegensatz dazu reißt er die Gottlosen mit der Wurzel heraus, sodass sie sich gar nicht wieder erheben können.

Und lässest sie los, wenn du sie betrübet hast mit deinem rauen Sturm. Der Sinn wird noch klarer, wenn wir statt „wenn“ du sie betrübest hast – übersetzen: „obwohl“ du sie betrübet hast. Wenn ein rauer, kalter Wind weht, schwinden Blumen und Pflanzen dahin, aber nur an der Oberfläche; die Wurzel bleibt gesund. So fährt der Herr wohl mit großer Wucht gegen die Gläubigen los und nimmt ihnen alles Aussehen, sodass sie gänzlich verloren scheinen; aber die innere Lebenskraft pflegt er ihnen doch zu erhalten.

Am Tage des Ostwinds. Der Prophet hat bei diesen Worten die Lage Judäas im Auge. Dass diesem Lande der Ostwind verderblich war, kann man aus andern Stellen schließen. Jede Gegend hat ihren gefährlichen Wind, der großen Schaden anrichtet, sei es der Nordwind oder Südwind, der Westwind oder Ostwind. Er wirft die Saaten nieder oder dörrt sie aus oder verdirbt alle Früchte, stürzt die Bäume nieder und lässt auf den Äckern fast nichts unversehrt.

V. 9. Darum wird dadurch die Sünde Jakobs versöhnet werden. Der Prophet hat von der Züchtigung des Volkes geredet. Hier spricht er nun noch deutlicher davon, wie in solchen Heimsuchungen Gottes Fürsorge für sein Volk zu Tage tritt. Frucht soll aus ihnen hervorgehen. Welche Züchtigung Gott auch auferlegt, alles geschieht, um sein Volk von seinen Sünden zu reinigen und mit sich zu versöhnen. Da taucht nun die Frage auf: Werden denn unsere Sünden gesühnt durch die Heimsuchungen, mit denen wir von Gott gezüchtigt werden? Diese Frage ist leicht zu beantworten. Wir brauchen nur zu bedenken, dass der Prophet hier nicht davon redet, ob wir mit unsern Werken Vergebung der Sünden verdienen oder ob durch die Strafen, die Gott uns auferlegt, unsere Sünden gleichsam ausgeglichen werden. Er lehrt einfach, dass die Züchtigungen Heilmittel sind, durch die Gott unsere Krankheit heilt. Wir pflegen seine Güte und Geduld zu missbrauchen. Da muss er uns zur Erkenntnis unserer Sünden bringen. Die Strafen, die er um unserer Sünden willen uns auferlegt, sind also Heilmittel, durch welche unsere Begierden, wie durch Feuer, ausgebrannt werden. Die heilige Schrift vergleicht sie oft mit dem Feuer. Irgendwelche Genugtuung können dieselben aber nicht bieten. Die Menschen werden durch sie nur zur Buße bestimmt. Die Frommen haben also keinen Grund, gegen Gottes Heimsuchungen zu murren, vielmehr sollen sie erkennen, dass sie auf diesem Wege zum Heil gebracht werden, da sie anders nicht zur Erkenntnis der Gnade Gottes gelangen. Wenn jemand kurz den Unterschied formulieren will, können wir mit einem Wort sagen: Mittelbar werden allerdings durch Strafen unsere Sünden gesühnt, aber nicht unmittelbar. Sie leiten uns zur Buße; durch Buße aber erlangen wir Vergebung der Sünden. Kurz, wir sollen Gottes Heimsuchungen beurteilen im Blick auf die Früchte, die sie bringen. Die Frommen sollen sie mit stiller Ergebung ertragen in der Erkenntnis, dass sie durch dieselben gereinigt und zum Heile zubereitet werden. Zur Erläuterung dient es, wenn der Prophet im Folgenden die Austilgung des Götzendienstes ankündigt. Solange es Israel gut ging, dachte es nicht an Buße. So sind die Menschen von Natur. Wenn es ihnen gut geht, lehnen sie sich wider Gott auf und verhärten sich. Der Prophet will also zeigen, wie Gott dadurch, dass er sein Volk züchtigt, dessen Sünde hinwegtut. Während sie vorher, als Gott ihnen seine Güte zuwandte, böse Dinge trieben und immer ungezügelter der Sünden sich hingaben, werden sie nun erkennen, dass sie mit Recht gezüchtigt wurden, und werden ihr böses Leben ändern. Jesaja hebt hier nun aus ihrer Gesamtsünde eine besondere Sünde hervor. Er redet vom heidnischen Götzendienst. Gott will aber die Altarsteine machen wie zerstoßene Kalksteine. Die Altäre, von denen der Prophet redet, sind nicht Gott geweiht, sondern den Götzen errichtet. Wurden nun die Altarsteine zerbrochen und die Götzenbilder gestürzt und vernichtet, sodass von ihnen nichts mehr zu sehen war, dann wurden zugleich auch die Sündenfrevel, die mit solchen Altären verbunden waren, abgetan. Hier ist nun erstlich zu beachten, dass wir vom Herrn nur dann Vergebung erhoffen dürfen, wenn wir für unsere Sünden Buße tun. Denn wer seiner Lust lebt, muss den Zorn Gottes, den er unaufhörlich hervorruft, über sich fühlen. Dann erst wird unsere Missetat hinweggetan, wenn wir von einem lebendigen Gefühl der Buße durchdrungen sind. Zweitens ist zu beachten, dass die Buße, ob sie schon eine innere Herzenssache ist, doch äußerlich vor den Menschen sich offenbaren muss. Alles Reden von unserer Gottesfurcht ist eitel, wenn wir dieselbe nicht durch unser Tun bezeugen. Die Wurzel kann nicht von ihren Früchten losgelöst werden. Drittens ist zu beachten, dass der Götzendienst hauptsächlich deshalb erwähnt wird, weil er die Quelle alles Bösen ist. Solange eine reine Gottesverehrung und ein lauterer Gottesdienst in Kraft ist, so lange zeigen sich auch Werke der Liebe, die mit innerer Notwendigkeit daraus hervorgehen. Verlassen wir aber Gott, dann lässt er es auch zu, dass wir in allerlei Sünde fallen. Unter dem Götzendienst befasst so der Prophet auch alle übrigen Sünden und Missetaten. Also nicht nur Götzenaltäre und Götzenbilder werden hier verdammt, sondern alles, was die Juden dem Gesetz zuwider sich ausgedacht hatten. Alle erdichteten Arten der Gottesverehrung werden zurückgewiesen.

Dass Ascherabilder und Sonnensäulen sich nicht mehr erheben. Dieser letzte Ausdruck zeigt, wie verhasst dem Herrn der Götzendienst ist: er will das Gedächtnis daran gänzlich ausgetilgt wissen, sodass sich kein Anzeichen davon wieder erhebt. Darin liegt zugleich ein Hinweis, dass wir in unserer Buße beständig beharren sollen. Von einer wahren Buße können wir nicht reden, wenn jemand in einer plötzlichen Gemütsbewegung alles abgöttische, abergläubische Wesen abtut, aber dann dasselbe sich allmählich wieder erheben und hervortreten lässt. Geschieht es doch oft, dass Leute, die anfänglich in einem gewissen Eifer brennen, bald wieder erkalten. Wer aber einmal vom Schmutz und Unrat der Sünden sich losgesagt hat, soll bis ans Ende in Reinheit Gott ehren.

V. 10. Denn die feste Stadt muss einsam werden. Bei dieser Übersetzung würde der Prophet den Grund für die zuvor stehende Aussage angeben. Doch scheint dies nicht in den Zusammenhang zu passen. So möchte ich lieber übersetzen: „Dennoch.“ Die Meinung ist, dass Jerusalem und die andern Städte Judäas trotz allem zerstört werden sollen. Zwar will der Herr sein Volk schonen, aber Jerusalem wird untergehen. Solcher Hinweis war sehr nötig. Denn die Frommen hätten das Vertrauen völlig verlieren müssen, wenn sie sahen, wie jene heilige Stadt vernichtet und der Tempel zerstört war. Nach dieser Weissagung aber konnten sie erkennen und sich daran halten, dass es dem Herrn nicht an Mitteln fehlen werde, seine Kirche zu erhalten. An solchem Troste richteten sie sich dann wieder auf. Wir sollen daher niemals in Verzweiflung geraten, wenn wir auch das Schlimmste erleiden müssen und der Herr mit uns strenge nach Recht und Gerechtigkeit handelt. Die Drohung, die dieser Vers enthält, erstreckt sich auf ganz Judäa. Dass Jerusalem besonders genannt wird, geschieht wahrscheinlich nur deshalb, weil es die Hauptstadt des Landes war.

Dass Kälber daselbst weiden und ruhen. Derartige Ausdrücke gebrauchen die Propheten häufig, wenn sie von der Zerstörung einer Stadt reden, dass nämlich solch eine zerstörte Stadt zu einem Weideplatz werden soll. An Stelle der Juden, welche das Land mit ihren Freveltaten entweiht hatten, lässt Gott Kälber und unvernünftige Tiere treten. Die Juden waren von ihm zu Kindern angenommen worden und hätten einem so liebevollen Vater sich hingeben müssen. Aber sie schüttelten sein Joch ab und gaben sich ihren Lüsten hin. Darum verdiente ihre Undankbarkeit solchen Lohn, dass nun bessere Bewohner das Land einnahmen und zwar solche, die nicht dem menschlichen Geschlechte, sondern den Tieren entnommen waren.

Und daselbst Reiser abfressen. Das sagt der Prophet, um den Eindruck der Verwüstung noch zu verstärken. Seine Meinung ist: Gras und Bäume werden so üppig gedeihen, dass die Kälber nur die ganz zarten Teile abfressen werden. Der Prophet spielt dabei auch auf das Aussehen der zerstörten Stadt an. Vorher ragten dort glänzende Paläste empor. Diese werden in Trümmer sinken, und dann werden dort nur Pflanzen und Bäume emporragen. Von diesen werden die Kälber, vom Überfluss gesättigt, nur die zarten Blätter und Reiser abfressen.

V. 11. Ihre Zweige werden vor Dürre brechen. Einige Ausleger finden hier eine Anspielung auf das Bild vom Weinberg, dem wir im Anfang des Kapitels begegneten. Anstatt „Zweige“ übersetzen sie darum „Reben“. Ich möchte aber lieber bei der ersten Übersetzung bleiben. Der Prophet will sagen: der Herr wird vor Dürre die Zweige brechen lassen und dabei die Frucht fortnehmen, die nach deiner Meinung schon reif in deinen Händen ist.

Dass die Weiber kommen und Feuer damit machen werden. Gott wird keineswegs starke Männer gebrauchen, um sein Gericht auszuführen; er wird sich nur der Hände schwacher Weiber bedienen. Damit bringt er das Entehrende der Strafe recht zum Ausdruck. Zum Unglück soll auch noch die Schande kommen. Denn es ist doch schmachvoller, von schwachen Weibern, als von Männern beraubt zu werden.

Denn es ist ein unverständig Volk. Jetzt wird der Grund dieser Heimsuchung angegeben. Es könnte ja auf den ersten Blick zu hart erscheinen, dass der Herr sein auserwähltes Volk so quälen und zerstreuen lässt und ihm keine Hilfe bringt. Denn von seiner Milde und seiner väterlichen Liebe, mit der er die Seinen umfasst, ist da nichts zu spüren. Der Prophet zeigt aber, dass Gott gerechte Ursache gehabt hat, mit solcher Strenge sich gegen die Juden zu wenden. Sie waren ohne Einsicht und ohne gesunden Verstand. Dieser Hinweis auf den Unverstand des Volkes als auf die Quelle alles Bösen hat seinen guten Grund. Denn wenn die wahre Weisheit die Furcht Gottes ist, dann werden diejenigen vom heiligen Geist mit Recht eines blinden Unverstandes beschuldigt, welche Gott vernachlässigen und den Trieben ihres Fleisches leben. Unwissenheit entschuldigt uns nicht und befreit uns nicht von der Schuld der Sünde. Denn die da sündigen, sind sich wohl des Bösen bewusst, obschon sie von ihrer Begierde verblendet sind. Unwissenheit ist also mit Sünde verbunden, ja sie hat in einem sündhaften Trieb unseres Geistes ihre Quelle. Darum sagt auch Mose (5. Mos. 32, 29): „O dass sie weise wären und vernähmen solches!“ Ohne das Licht des Wortes Gottes und ohne dessen Erkenntnis werden wir vom Teufel in eine wilde Lust hineingetrieben, dass wir Gottes Hand nicht fürchten und sein heiliges Wort für nichts achten.

Darum wird sich auch ihrer nicht erbarmen, der sie gemacht hat. Um ihre Angst noch zu vergrößern, nimmt der Prophet den Juden die Hoffnung auf Gnade und Erbarmen. Das bezieht sich auf das Volk in seiner Gesamtheit. Wenn auch ein Rest desselben bewahrt wurde, so hat Gottes Zorn doch nicht aufgehört, gegen die Masse des Volkes zu wüten. Der Prophet nennt hier Gott den Bildner und Schöpfer Israels, den, der sie gemacht, der sie geschaffen hat. Nicht insofern wird er so genannt, weil er der Schöpfer Himmels und der Erde ist, sondern in dem Sinne, dass er durch den Geist der Wiedergeburt seine Gemeinde geschaffen hat. In diesem Sinne nennt auch Paulus (Eph. 2, 10) uns sein „Werk“. Das Wort des Propheten will die Undankbarkeit des Volkes noch mehr ins Licht stellen und zeigen, wie gerecht die Strafen sind, die sie erdulden. Denn obwohl Gott sie geschaffen und erhalten hat, überhäufen sie ihn dennoch mit Schmach und Schande.

V. 12. Zu der Zeit wird der Herr worfeln. Der Prophet mildert den Ernst der vorhergehenden Ausführung. Es war ein schreckliches Gottesgericht, dass das Volk aller Hoffnung auf Gnade und Erbarmen sollte beraubt werden. Das mildert nun der Prophet durch das Bild vom Worfeln. Er vergleicht die Sammlung der Kirche mit dem Worfeln des Weizens, durch welches die Körner von der Spreu geschieden werden. Er will damit sagen, das Volk werde in jener Verbannung derart niedergeworfen werden, dass es genauso aussieht wie Körner, die unter der Spreu verdeckt und hier und dort zerstreut sind. Der Herr musste es also wie in einem Sieb schwingen. Mit Recht wird also diese Sammlung der Kirche mit dem Worfeln verglichen.

Von dem Ufer des Stromes bis an den Bach Ägyptens. Der Prophet meint damit den Euphrat und Nil. Das Volk wurde ja teils nach Assyrien, teils nach Ägypten vertrieben. Viele waren nach Ägypten geflohen, während andere gefangen nach Babylon weggeführt wurden. Daher weissagt der Prophet, dass der Herr von hier und dort die Seinen sammeln wird, nicht nur aus Chaldäa und ganz Mesopotamien, sondern auch aus Ägypten.

Und ihr, Kinder Israel, werdet versammelt werden, einer nach dem andern. Die Worte können einen doppelten Sinn haben. Entweder: Ich will sie zu einem Ganzen sammeln – oder: Ich will sie sammeln, nicht in großer Zahl und in Massen, sondern einzeln, indem ich einen nach dem andern herzuführe. So geschieht es gewöhnlich, wenn umherstreifende, zerstreut wohnende Leute sich zusammenfinden. Die kommen nicht auf einmal alle zusammen, sondern allmählich einer nach dem andern. Die Juden waren so zerstreut und auseinander gerissen, dass es schwer hielt, sie zu einem Ganzen zu sammeln und zu vereinigen. Deshalb zeigt der Prophet, dass sie trotz dieses Zerstreutseins doch wieder zur Blüte kommen sollen. Das erfüllte sich nachher. Denn die Juden wurden wieder gesammelt und zurückgeführt, nicht durch viele Rosse und Streitwagen, auch nicht durch Menschenkraft, auch nicht durch Schwerter und Waffen, wie Hosea sagt (1, 7), sondern einzig durch die Hand es Herrn.

V. 13. Zu der Zeit wird man mit einer großen Posaune blasen. Im Bilde redet der Prophet davon, wie es der starken Macht des Herrn ein Leichtes sein wird, sein Volk zurückzuführen. Wie Könige mit dem Klang der Posaune große Heere sammeln, so wird es dem Herrn eine Kleinigkeit sein, sein Volk zu sammeln.

So werden kommen die Verlorenen im Lande Assur. Die „Verlorenen“ nennt sie der Prophet, weil sie in jammervoller Zerstreuung vom Untergang nicht fern zu sein scheinen, ohne jede Hoffnung auf Rettung. Ihre Feinde würden, so lange ihr Reich bestand, niemals die Rückkehr ihrer Gefangenen geduldet haben. Sie hatten das Volk in die ferne Verbannung ja nur in der Absicht geführt, den Namen Israels allmählich aus der Welt zu schaffen.

Und die Verstoßenen im Lande Ägypten. Die Erwähnung Ägyptens schließt einen besonders heftigen Beweis göttlicher Gnade in sich. Auch die, welche nach Ägypten geflohen waren, sollen wieder vereinigt werden. Diese hatten Gott zwiefach beleidigt, wie dies der Prophet Jeremia (43, 1 ff.) deutlich hervorhebt. Erstens dadurch, dass sie hartnäckige Empörer gewesen waren, sodann dadurch, dass sie der Offenbarung Gottes, die sie vor Ägypten warnte, nicht hatten gehorchen wollen. Sie hätten sich lieber in das Joch der Babylonier spannen lassen sollen, als gegen Gottes Befehl nach Ägypten fliehen.

Und werden den Herrn anbeten auf dem heiligen Berge zu Jerusalem. Damit wird auf das Ziel der Erlösung hingewiesen. Aus der Verbannung in die Heimat zurückgekehrt verehren sie wieder Gott als ihren Erretter in rechter, lauterer Weise. Mit dem heiligen Berge meint der Prophet den Tempel mit seinen Opfern. Das ging unter dem Perserkönig Darius in Erfüllung. Der Prophet wollte aber dieser Weissagung ohne Zweifel eine weitergehende Bedeutung geben. Jene Befreiung unter Darius war gleichsam nur ein schwaches Schattenbild der Erlösung, die sie durch Christus erlangt haben. Als er kam, wurde der Klang der geistlichen Posaune, d. h. des Evangeliums, nicht nur in Assyrien oder Ägypten, sondern an den äußersten Enden der Erde vernommen. Damals wurde das Volk Gottes gesammelt, und es strömte zusammen zum Berge Zion, d. h. zu seiner Kirche.

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