Calvin, Jean - Der Prophet Jesaja - Kapitel 19.

Calvin, Jean - Der Prophet Jesaja - Kapitel 19.

V. 1. Dies ist die Last über Ägypten. Der Prophet wendet sich hier mit seiner Weissagung gegen Ägypten, weil dies Land für die Juden, sobald ihnen irgendein Unheil drohte, einen Zufluchtsort bildete. Gott verließen sie, zu dem sie ihre Zuflucht hätten nehmen sollen, und meinten, nur noch bei den Ägyptern Hilfe finden zu können. Demnach musste jenes Reich aufgerieben werden, damit keine Macht und keine Mittel übrig blieben, durch welche die Juden verführt werden könnten. Denn solange Ägypten, dies überaus volkreiche, starke Land, in Blüte stand, vertrauten sie darauf, von aller Gefahr fern zu sein, und verachteten dann Gott. Oder sie achteten dessen Verheißungen wenigstens für nichts. Ein doppelter Übelstand lag also vor. Erstlich: während sie auf Gott allein sich hätten stützen müssen, strotzten sie von jenem eitlen Vertrauen auf Ägypten. Zweitens: so oft der Herr sich strafend gegen sie wandte, verhärteten sie sich im Vertrauen auf die Macht der Ägypter gegen seine Züchtigungen, als wenn sie mit menschlicher Macht seine Gerichte hätten vereiteln können, während sie sich doch ganz dem Herrn hätten zuwenden müssen. Im 30. Kapitel lässt sich Jesaja darüber weiter aus.

Siehe, der Herr wird aus einer schnellen Wolke fahren. Diese Redensart findet sich auch an andern Stellen der Schrift, aber mehr in allgemeinerem Sinne. Der Prophet passt sie hier seiner Weissagung an. Die Ägypter glaubten sich von allen Seiten so gesichert, dass selbst dem Herrn nach ihrer Meinung kein Zugang zu ihnen offen stünde. Dies Vertrauen verlacht der Prophet als eitel und zeigt die alles überragende Macht Gottes. Auf einer schnellen Wolke fährt er daher, sodass er sich mit Leichtigkeit einen Zugang erschließen wird. Weder feste Städte, noch Burgen werden ihm Widerstand leisten.

Da werden die Götzen in Ägypten vor ihm beben. Weil nicht nur die äußere Macht, sondern auch die falsche Religion der Ägypter die Juden betört hatte, verlacht der Prophet auch die letztere. Denn Gott wird alle Hoffnung zunichte machen, die sie auf die Götzen setzen zu können meinten. Der Prophet redet von dem Verderben, welches von den Assyrern über die Ägypter gebracht wurde. Er zeigt, dass dasselbe Gott zugeschrieben werden muss, nicht dem Schicksal, wie ungläubige Leute es zu tun pflegen. Es ist das Gericht Gottes, von dessen Hand alles regiert wird. Jene Götzen werden zu Boden stürzen und den Ägyptern nichts nützen, - mögen sie noch so sehr auf ihre Hilfe trauen und in ihrem Schutz sich geborgen glauben. Kein Heidenvolk war dem heidnischen Aberglauben so zugetan, wie die Ägypter; sie hielten Katzen, Stiere, Krokodile, ja sogar die Zwiebel und jede andere Art Pflanzen heilig und verehrten sie. Es gab kaum ein Ding, den sie nicht eine gewisse göttliche Art zuschrieben. Die Macht dieser erdichteten Götter, welche die Ägypter zu ihren Beschützern gewählt hatten, wird also zu Grunde gerichtet werden. Umsonst werden die Ägypter auf ihren Aberglauben sich stützen.

Den Ägyptern wird das Herz feige werden. Jetzt wirft der Prophet den Stolz danieder, von dem die Ägypter im Blick auf ihre irdische Macht erfüllt waren. Mit dem Wort „Herz“ bezeichnet er den hohen Mut, der auch die Stärksten zuweilen verlässt, sodass sie nichts wagen, auch wenn ihnen Kraft und Macht noch hinlänglich zu Gebote steht. Jene werden mit Gott Krieg führen, und dieser wird ihre Herzen verzagt machen, bevor es überhaupt zu einem feindlichen Zusammenstoß kommt.

In ihrem Leibe. Das heißt hier soviel, wie in ihrem Innern, im Innern, in der Mitte des ganzen Reiches. Dort wohnten sie am sichersten und ruhigsten und waren jedem Einfall weit entrückt. Auch dort werden die Herzen der Ägypter erschreckt werden. Das sollten die Frommen bedenken, als Ägypten bekriegt wurde. Das Gleiche müssen auch wir im Auge behalten bei allem Wechsel irdischer Reiche, welcher von Gottes Hand allein ausgeht. Wenn die Herzen kriegerischer Männer, die sonst große Tapferkeit gezeigt hatten, wankend werden, wenn ihre Kräfte schwinden, so müssen wir das der Rache Gottes zuschreiben.

V. 2. Und ich will die Ägypter aneinander hetzen. Hier bezeichnet der Prophet genauer die Art der Heimsuchung, welche Gott den Ägyptern beizubringen beschlossen hat. Dass sie an einander gehetzt werden, deutet auf innere Zwistigkeiten, durch die sie sich gegenseitig niederwarfen, während sie sich doch untereinander hätten schützen sollen. Das ist die schlimmste Gefahr, die ein Volk oder einen Staat treffen kann. Es war aber der Mühe wert, den Juden die Überzeugung beizubringen, dass die Ägypter durch Gottes geheimen Antrieb – denn in Gottes Hand sind die Herzen der Menschen – zur Zwietracht könnten entflammt werden, durch welche sie sich dann selbst aufrieben, wenn sie auch ihren äußern Feinden noch so überlegen wären. Daraus lernen wir, dass die Völker niemals zum Aufruhr schreiten, wenn der Herr sie nicht an einander hetzt, wie wenn jemand Gladiatoren auf den Kampfplatz führt. Er entflammt ihre Herzen zum Kampf und treibt sie an, dass sie sich gegenseitig aufreiben. Wie man es also auf Gottes Rechnung setzen muss, wenn die Bürger eines Landes unter sich Freundschaft halten, so muss man es seiner Rache zuschreiben, wenn sie gegen einander wüten und gegenseitig sich niederschlagen und zerfleischen. Zur Verstärkung fügt der Prophet hinzu, was allerdings noch mehr zu verwundern ist, dass ein Bruder gegen den andern, dass also die, die durch Bande des Blutes mit einander verbunden sind, zu ihrem eigenen Verderben mit den Waffen sich gegenüberstehen sollen. Menschen sind schlimmer als Tiere, wenn sie ihrer gemeinsamen menschlichen Natur vergessen und sich untereinander bekämpfen. Ist es aber nicht noch viel unnatürlicher, wenn Brüder oder sonst durch Bande des Blutes Verbundene unter sich kämpfen? Je ungeheuerlicher dieses ist, umso mehr soll darin Gottes Gericht und seine furchtbare Rache erkennbar werden. Jesaja scheint in diesem Verse stufenweise fortzuschreiten. Zuerst sagt er: ein Bruder wider den andern; dann: ein Freund wider den andern; dann: eine Stadt wider die andere; und zuletzt: ein Reich wider das andere. Unter den Reichen versteht er die Provinzen, in die Ägypten eingeteilt war.

V. 3. Und der Geist soll den Ägyptern in ihrem Innern vergehen. Vorher hat Jesaja den Ägyptern den Mut abgesprochen, jetzt spricht er ihnen auch den Geist ab. Mut und Geist sind zwei Dinge, die zur Verteidigung eines Reiches unbedingt nötig sind. Sind diese weggenommen, dann ist‚ s mit der Führung eines solchen vorbei. Jenes Volk aber stellte sich in stolzem Bewusstsein seines eigenen Geistes und seiner eigenen Klugheit den andern Völkern voran. Schnöde verachtete es alle übrigen als Barbaren, als wenn es in Ägypten allein Kultur, Menschlichkeit, Gelehrsamkeit und Klugheit gäbe. Das ist genügend bekannt. Sie brüsteten sich, die Entdecker der Wissenschaften zu sein. Philosophie und Astrologie seien von ihnen ausgegangen, und überhaupt sei Ägypten ein Herd aller Kunst. Darum hätten sie sich nie denken können, dass ihnen jemals kluge Ratschläge mangeln würden. Hätten sie von dieser Weissagung Kenntnis erlangt, sie hätten dieselbe ohne Zweifel verlacht. Eher würden sie geglaubt haben, dem Meere ginge das Wasser aus und alles würde zusammenbrechen, als dass solches ihnen widerführe, denen, wie sie meinten, die Klugheit angeboren war. Jesaja verkündigt dies aber unerschrocken. Er redet eben nicht aus sich. Dass sie ihres Mutes und ihrer großen Kühnheit beraubt werden sollten, hatte er vorher gesagt. Nun richtet er sein Augenmerk darauf, - so erfordert es der Zusammenhang – dass sie mit Blindheit des Geistes geschlagen werden. Denn beide Äußerungen der Seele, Mut und Geist, hängen von Gottes Gnade allein ab. Dass es hier besser heißt: der „Geist“ soll den Ägyptern vergehen, anstatt der „Mut“, wie man vielfach übersetzt, geht aus dem Folgenden hervor, dass ihre Anschläge sollen zunichte gemacht werden.

Da werden sie dann fragen usw. Die Ägypter hätten entgegenhalten können: Haben wir denn keine Götter, die wir fragen, keine Priester, Pfaffen, Wahrsager und Zeichendeuter? Hältst du das denn für nichts? Dem tritt der Prophet entgegen. Er zeigt ihnen, dass das alles ihnen nichts nützen wird, sie mögen noch so sehr auf dieselben ihr Vertrauen setzen und von eitler Weisheit strotzen. Ich will mich nicht lange bei diesen Namen aufhalten, bei denen Jesaja wahrscheinlich eine gewisse Reihenfolge innehält. Zuerst nennt er ja die Götzen, dann die Priester und Pfaffen; hinter diese stellt er die Wahrsager und Zeichendeuter. Sie hatten ihre Götzen, zu denen sie besonderes Vertrauen hatten. Geringer waren die Priester und Pfaffen, obwohl auch diese in großem Ansehen standen. Bei unbedeutenderen Angelegenheiten aber befragten sie die Wahrsager und Zeichendeuter. So unstet sind die abergläubischen Menschen, dass nichts ihnen genügt. Unsicher und unbeständig greifen sie bald zu diesem, bald zu jenem Heilmittel. Sicherlich betrügt sie der Satan auf diese Weise, dass er ihnen zuerst scheinbar die größte Ruhe bietet, die sie sicher erlangt zu haben glauben. Hinterher zeigt er ihnen, wie arm und leer sie sind. Immer mehr erregt und quält er sie und zwingt sie dann, eine neue Gewissheit und Beruhigung zu suchen. Niemals kann unser Geist ruhig und stille sein, als allein in Gott. Ohne Zweifel verurteilt der Prophet jene abergläubischen Künste als vernunftlos. Gott allein macht wahrhaft weise. Wenn aber einer noch auf andere Arte weise sein will, der muss den Satan zum Lehrer haben.

V. 4. Aber ich will die Ägypter übergeben. Nun zeigt der Prophet, was den Ägyptern in Zukunft begegnen wird, nachdem ihr Mut gebrochen und ihr Geist ihnen geraubt ist. Nichts als Knechtschaft wird ihnen dann übrig bleiben. Denn ein Volk, welchem der Mut genommen ist, muss von selbst hinfallen, auch wenn es von keinem Feinde besonders heftig angegriffen wurde. Darum beraubt Gott Völker, die er strafen will, dieses ihres Schutzmittels, und nimmt ihnen jeden Gedanken an die Freiheit, die sie verteidigen sollten.

Ein harter König soll über sie herrschen. Der Prophet verkündigt ihnen noch Schrecklicheres. Nicht nur wird jene Herrschaft zusammenstürzen, auf welche die Ägypter mit stolzem Wohlgefallen blickten, sondern auch sie selbst werden unter ein knechtisches Joch kommen. Obwohl nur ein harter König genannt, von ihm also nur in der Einzahl geredet wird, so nannte der Prophet doch vorher grausame Herren in der Mehrzahl, denen sie unterworfen werden sollen. Das ist noch unwürdiger, als wenn sie nur einem einzigen gehorchten. Der Tyrann, dem Gott sie unterwerfen wird, wird nun eine solche Macht haben, dass sie so leicht nicht wieder zur Freiheit gelangen können. Wie die Geschichte zeigt, haben viele Länder mancherlei Veränderungen getroffen, Länder, welche von ihren Unterdrückern nicht gehalten werden konnten. Denn die Erhaltung des Erworbenen ist oft schwieriger, als der Erwerb selber. Der Prophet aber weist darauf hin, dass hier der Stand der Dinge nicht so leicht verändert wird, dass vielmehr die Knechtschaft der Ägypter eine lang dauernde sein werde. Denn niemand wird wagen, einem so überaus starken Sieger als Rächer sich entgegenzustellen. Auch das lässt sich hieraus erkennen, dass die Herrscher kleinerer Völker gegen ihr Volk menschlicher sind, als die mächtigeren Fürsten, die sich im Vertrauen auf ihre Größe alles erlauben. Sie meinen, weder für ihre Macht, noch für ihre Ungebundenheit gebe es eine Grenze, und so stürmen sie zügellos dahin, wohin die Begierde sie treibt. Hier tritt wieder, wenn man so will, der Hauptpunkt hervor: Weil die Ägypter sich für das hervorragendste und hochstehendste Volk hielten, darum werden sie unter fremde Gewalt kommen, darum soll ihnen ein hartes Joch auferlegt werden, das Joch eines mächtigen Königs nämlich, dem entgegenzutreten niemand wagen wird. Hier sehen wir, wie überaus töricht die Menschen sind, die einen mächtigen, mit großen Gewaltmitteln regierenden König sich wünschen, und wie sie ihren Ehrgeiz verdientermaßen büßen.

V. 5. Und das Wasser in den Seen wird vertrocknen usw. Der Prophet redet weiter davon, dass den Ägyptern ihre Befestigungen nichts nützen werden, durch die sie in ausgezeichneter Weise geschützt zu sein glaubten. Sie schienen unangreifbar, da sie vom Meer, vom Nil und von starken Befestigungswerken umschlossen waren. Wie die Geschichte berichtet, waren die Zugänge nach Ägypten schwierig, weil an jeder Nilmündung Schiffe mit Leichtigkeit zurückgehalten werden konnten. Darum prahlten sie mit der günstigen Lage und der natürlichen Stärke ihres Landes. Aber solcher Schutz ist eitel, wenn der Herr beschlossen hat, sich gegen uns zu wenden. Der Prophet denkt hier, wo er von Befestigungswerken redet, an die Dämme, die nicht nur die Überschwemmungen des Nil abhielten, sondern auch dem ganzen Lande Schutz boten. Die haben keinen Wert, will er sagen, da der Nil ja austrocknen wird. Sicher ist aber, dass der Nil nicht ausgetrocknet ist. Und doch ist vom Propheten nichts vorhergesagt worden, was nicht in Erfüllung gegangen ist. Wir müssen uns also ins Gedächtnis zurückrufen, was wir anderswo sagten, dass jene Heimsuchungen wegen unserer Stumpfheit uns so lebendig vor Augen geführt werden, als wenn wir sie gegenwärtig sähen. Es muss uns ein Schauspiel vorgeführt werden, das unsere Sinne packt und zur Beobachtung der göttlichen Gerichte anregt, die wir sonst nicht achten. Die Anmaßung der Ägypter müssen wir also im Auge behalten, die an mannigfachen Hilfsmitteln Überfluss hatten und nimmermehr glaubten, sie könnten von solch einem Schlage getroffen werden.

V. 6. Beide, Rohr und Schilf verwelken. Rohr und Schilf erwähnt der Prophet, weil die Ägypter davon sehr viel hatten und gebrauchten. Vielleicht meint er auch damit, dass sogar die Sümpfe austrocknen würden.

V. 7. Und das Gras an den Wassern verstieben. Der Nil, durch dessen Überschwemmung die Fruchtbarkeit fast des ganzen Landes zustande kam, wird gänzlich trocken werden. Regengüsse sind in jenem Lande selten. An ihre Stelle treten die jährlichen Überschwemmungen des Nil. Wenn dieser freilich spärlicher austritt, droht Armut und Hunger. Wenn der Prophet also die Austrocknung desselben ankündigt, dann will er damit sagen, dass das ganze Land unfruchtbar sein wird. Das hat er im Sinn, wenn er sagt: das Gras an den Wassern wird verstieben.

V. 8. Und die Fischer werden trauern. Immer hat Jesaja die Lage Ägyptens im Auge. Wir erinnerten oben daran, dass die Propheten, wenn sie irgendein Land erwähnen, hauptsächlich das hervorheben, woran dasselbe Überfluss hat und wodurch es berühmt ist. Wenn von einer Weingegend die Rede ist, erwähnen sie die Weinstöcke. Ist ein Land an Gold reich, erwähnen sie das Gold, wenn an Silber, das Silber. So redet der Prophet hier im Blick auf Ägypten, welches wasserreich ist und viele Flüsse aufweist, vom Fischfang. Einige Ausleger übersetzen: „die Fischer werden ausgerottet werden.“ Doch die Übersetzung, dass sie trauern, ist wahrscheinlicher: sie entspricht dem trauervollen Zustande, den der Prophet vorher geschildert hatte. Wie wir wissen, war dort eine Menge von Fischern und dieser Erwerbszweig war in Ägypten sehr bedeutend. War es mit den Fischern zu Ende, deren Zahl bei den Ägyptern groß war, auf denen zum großen Teil ihre Macht beruhte, dann musste das Volk notwendigerweise geschwächt werden. Der Prophet weist also auf eine ganz gewaltige Veränderung des ganzen Landes hin.

V. 9. Es werden mit Schanden bestehen. Wie der Prophet von der Trauer geredet hat, so nun von der Schande. Die, welche vorher aus ihrem Handwerk reichlichen Lebensunterhalt gewannen, werden keinen Verdienst mehr haben. Diese Handwerke, Netze stricken und Fischen, sind verwandt, doch ist es zweifelhaft, ob Jesaja hier nur von den Netzefertigern redet. Wenn er solche erwähnt, die da gute Garne wirken, so ist dies wahrscheinlich auch auf andere Gewebe zu beziehen, die mehr aus zarten, ausgesuchten Fäden gewonnen wurden. Wir wissen ja, dass in Ägypten die wertvollsten Gewebe angefertigt wurden. Man kann dabei an linnene Gewänder denken, die, je seltener das Gewebe war, umso größeren Wert hatten. Der Prophet tadelt damit in versteckter, beißender Weise den ungeziemenden Luxus, dass die Ägypter mit leinenen Gewändern nur dann sich bekleideten, wenn sie von seinem Garn gewirkt waren. Wenn wir übrigens den ganzen Vers nur von den Fischern und Netzestrickern verstehen wollen, dann ist der Sinn der: von Trauer werden diejenigen niedergedrückt werden, welche bisher ein einträgliches Handwerk ausübten und fleißig dem Fischfang oblagen.

V. 10. Und des Landes Pfeiler usw. In Ägypten bildete der Fischfang eines der Hauptgewerbe. Dies wird völlig daniederliegen. Fische können weder gehalten noch gefangen werden.

V. 11. Die weisen Räte Pharaos sind im Rat zu Narren geworden. Hier stellt der Prophet Weisheit und Torheit nebeneinander, und zwar nicht mit Unrecht. Denn die Überzeugung, weise zu sein, lassen sich die Menschen nicht rauben; ja, oft glauben sie gegen Gottes Willen klug sein zu können. Der Prophet geht also gewissermaßen auf ihren eingebildeten Wahn ein, wenn er die weise nennt, deren Torheit er zugleich ans Licht zieht. Er schmäht die Räte des Pharao, welche die törichtsten Menschen sind, aber in ihrem Dünkel die weisesten sein und dafür gehalten werden wollen. Es ist, als riefe er spöttisch aus: Wo ist jene Weisheit Ägyptens? Wo sind die Räte, die jedermann mit Verachtung straften? Warum schützen sie nicht ihr Reich? Nun tritt zu Tage, welcher Art ihre Klugheit gewesen ist! Es soll seine Weissagung gewisser machen und versiegeln, dass der Prophet nicht über ungewisse, unbekannte Dinge redet, sondern den Ruin Ägyptens gleichsam klar vor Augen hat. Von Gott beauftragt, kann er sagen, wage ich alle jene Fürsten, so weise sie zu sein scheinen, für Toren erklären. Mit alledem lehrt der Prophet, dass der Ruhm derjenigen Menschen eitel ist, welche ohne Gott sich nur ein Krümchen Weisheit anmaßen. Ihre Torheit wird zuletzt doch erkannt, und wenn man der Sache auf den Grund kommt, zeigen sie, dass sie Kinder sind. Freilich duldet der Herr, dass die Menschen durch mancherlei Beweise sich einen gewissen Schein von Weisheit erwerben. Zuletzt jedoch betört er sie selbst, sodass sie mit ihrer Schlauheit und ihrer großen Gewandtheit sich lächerlicher als Kinder machen. Wir sollen also lernen, vom Herrn den Geist der Weisheit und des Rates zu erbitten. Wenn er uns denselben gewährt, sollen wir ihn recht gebrauchen und bescheiden dabei bleiben. Denn Gott tritt der Weisheit der Menschen entgegen, sobald sie sich mehr anmaßen, als billig ist. Die Torheit derer, welche in ihrem Ehrgeiz sich überheben, muss gestraft werden. Der Herr lässt sie oft zu Schanden werden, sodass es erkannt wird, dass ihre Weisheit nichts ist, als eitel Dunst. Denn das ist keine Weisheit, die nicht auf Gottesfurcht gegründet ist. Wie auch Salomo lehrt (Spr. 9, 10): „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang.“

Was sagt ihr doch zu Pharao: Ich bin usw. Der Prophet greift die Räte Pharaos an, welche diesem schmeichelten, wie auch sonst Höflinge den Fürsten gegenüber zu tun pflegen. Diese sagen ihnen nur das, was ihren Ohren genehm ist und ihre Gunst gewinnt. Das ist ja der Zweck solches Treibens, fürstliche Gnade zu erhaschen. So findet bei Fürsten mancherlei Heuchelei und Lüge, aber nicht die Wahrheit eine Stätte. Wie das aber an den Höfen mächtiger Fürsten allgemein üblich ist, so war diese Unsitte bei den Ägyptern besonders stark. Sie prahlten ja damit, das älteste aller Völker und die Erfinder aller Künste und Wissenschaften zu sein. Wenn schon bei dem gewöhnlichen Volk diese Einbildung vorhanden war, wie viel mehr bei seinen Königen! Die Veranlassung ihrer Prahlerei war also eine doppelte, erstlich ihr Alter, dann ihre Wissenschaft. Beides greift Jesaja an. Er sagt, beides habe auch nicht die geringste Bedeutung. Pharao rühmte ebenso sehr das Alter, wie die Weisheit seines Geschlechtes. Das war zwar beim ganzen Volk üblich; aber der Prophet redet vor allem hier vom König, als dem Haupt des Volkes, bei dem dieser Stolz noch mehr in die Erscheinung trat. Man soll sich nicht der Weisheit der Väter rühmen, als wenn diese für uns erblich wäre, sondern Weisheit muss vom Himmel, von ihrem Urheber erbeten werden. Was aber das Alter eines Volkes oder Geschlechtes betrifft, so ist da das Rühmen töricht und abgeschmackt. Und doch mühen sich Fürsten mit solcher Torheit derart ab, dass sie gar außerhalb der Welt den Ursprung ihres Geschlechtes suchen wollen. Nur schwer können sie von solch eitlem Tun abgebracht werden. Dies unsinnige Treiben verstärken dann noch die Schmeichler, von welchen, wie wir wissen, vieles über die Stammbäume gewisser Fürsten erfunden worden ist. Das hören diese am liebsten, wenn sie als Halbgötter oder Heroen vom gemeinen Volk geschieden werden. Da passiert es ihnen aber oft, dass, wenn sie allzu neugierig ihren Ahnen und Urahnen nachforschen, sie sich lächerlich machen, weil sich herausstellt, dass sie von irgendeinem ganz gewöhnlichen Menschen abstammen. Solch eitles Streben ist eine große Torheit. Diese Schwäche haftet aber fast allen Menschen an. Um sie zu meiden, sollen wir lernen, von Gott allein abhängig zu sein, und sollen die Gnade seiner Kindschaft allem Reichtum und allem Adel der Abstammung vorziehen. Was die Könige Ägyptens betrifft, so waren dieselben, da sie einem sehr alten Geschlecht entstammten, das viele Menschenalter hindurch die Herrschaft innegehabt hatte, in einer Weise aufgeblasen, als wenn in ihrem Hause die Klugheit geboren wäre.

V. 12. Wo sind denn nun deine Weisen? Da die Ägypter ihre Weisen und Wahrsager hatten, so meinten sie, nichts sei so verborgen, dass es ihnen nicht offenbar würde. Sie fragten dieselben in geringen und wichtigen Dingen um Rat, und deren Antworten galten ihnen für Offenbarungen. Diesen Wahn verlacht der Prophet. Wie sollen sie, sagt er, etwas verkündigen, da sie doch nichts wissen? Sind sie denn in Gottes Ratschluss eingeweiht? Wahrscheinlich will er auch die Gaukelkünste damit verdammen, welche sie beim Weissagen anwandten, die doch unerlaubt waren und nichts als Blendwerk und Täuschung enthielten. Solche Wahrsagerkünste verspottet der Herr. Ihr Ende kann nur Unglück und Unheil sein. Und wenn sie einst bei den Ägyptern verdammt worden sind, wie viel mehr sind sie bei denen verdammenswert, welche den Namen Gottes dazu missbrauchen! Wunderbar ist aber, dass durch solche Betrügereien sonst scharfsinnige und klar blickende Leute in so kindlicher Weise sich täuschen lassen, sodass sie aller Vernunft und alles Urteils bar zu sein scheinen. Aber das ist des Herrn gerechte Strafe, der für die Undankbarkeit der Menschenkinder sich rächt. Wir können wohl aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen und nach alter Erfahrung urteilen, wie etwas sich in Zukunft weiter entwickeln mag; an sich kann das nicht verworfen werden. Aber aus alledem kann man nicht mit Gewissheit bestimmen, was in Zukunft geschieht, da es sich doch immer nur um Vermutungen handelt. Absichtlich jedoch wendet sich Jesaja gegen jenen Scharfsinn, welcher allenthalben als höchste Fähigkeit gepriesen wird, nicht weil er an sich verwerflich ist, sondern weil kaum ein scharfsinniger, rühriger Mann gefunden wird, der nicht von dem Vertrauen beseelt ist, gemäß seiner Erfahrung besitze er etwas, was zu wissen wert oder nötig sei. Sie verachten, als ob ihnen nichts entgehe, die verborgene Vorsehung Gottes. Dazu kommt noch der andere Fehler, dass sie Verschmitztheit und allerlei durchtriebene Künste mehr begehren, als wahre Klugheit. Insbesondere geißelt Jesaja jenen Hochmut mit viel Geist begabter Leute, die nach ihrem eigenen Sinn den Gang der Dinge ermessen wollen, als wenn nicht Gott die Regierung der Welt in der Hand hätte. So stellt er denn ihren Weissagungen den himmlischen Ratschluss entgegen, das, was der Herr Zebaoth, über Ägypten beschlossen hat.

V. 13. Aber die Fürsten zu Zoan sind zu Narren worden usw. Zoan war eine der ersten Städte Ägyptens, Noph war ebenfalls sehr berühmt. Aber welches eigentlich jene Städte waren, vermögen wir mit Bestimmtheit nicht zu entscheiden. Einige wollen unter Zoan Alexandrien verstehen, dessen Alter und Macht allerdings aus mehreren Stellen der Schrift sich ergibt, durch welche auch der Bericht derer hinfällig wird, die meinen, es sei von Alexander dem Großen gegründet worden. Wenn die Stadt auch vorher öfters zerstört worden war, so hat er sie doch nicht von neuem von Grund auf erbaut, sondern hat sie nur verschönert. Dass aber die Stadt einst unter einer besonderen Herrschaft stand, die allerdings mit den Ägyptern im Bunde war, und dann als die blühendste unter den Städten der Welt dastand, geht aus Nahum 3 hervor. Als ein Vorspiel ihres Ruins sieht der Prophet mit Recht die geistige Stumpfheit und Narrheit ihrer Fürsten an. Denn die Macht eines Staates oder Königreiches beruht vor allem auf Einsicht und Klugheit. Ohne diese können weder reiche Hilfsmittel, noch Heere etwas nützen.

Die Ecksteine seiner Geschlechter. Die Ecksteine bilden den wichtigsten Teil eines Gebäudes. Dessen ganze Last wird von ihnen getragen. Man muss, wie ich glaube, diesen Ausdruck auf jene Weisen beziehen, durch welche die Ägypter sich so gesichert glaubten, dass sie keine Widerwärtigkeit treffen könnte. Von diesen Weisen sagt Jesaja, dass sie eine gar zu schwache Stütze bilden; denn von ihren eigenen Plänen betrogen, haben sie Ägypten ins Verderben gestürzt. Darum verhöhnt er jene Weisheit und bezeichnet sie als trügerisch. Weil sie der Furcht Gottes bar ist, muss sie eher Wahn und Dummheit, als Weisheit genannt werden. Außerdem: wenn Menschen eine so herrliche Gabe Gottes missbrauchen und sich in eitlem Ehrgeiz erheben, dann gefällt ihnen Verschmitztheit mehr, als wahre Klugheit. Dazu kommt auch ein teuflischer Eifer, Gottes Vorsehung hinten an zu setzen und alle Ereignisse nach dem natürlichen Fassungsvermögen zu beurteilen. Daher wendet sich die Schrift so oft gegen derartige Weise und nennt sie Toren. Denn sie maßen sich an, was Gottes ist, und schreiben es sich selbst zu. Das ist ein schändlicher, unerträglicher Frevel. Es ist nicht zu verwundern, wenn der Herr an solchen Weisen schreckliche Beispiele statuiert, sodass sie, ob sie schon geistig sehr hervorragende und sehr scharfsinnige Leute sind, doch an den geringsten Dingen sich stoßen und über sie zu Fall kommen. Sie stürzen dann kopfüber in schlimme Gefahren hinein, die jeder ungebildete, einfache Mann vorhergesehen hätte. Das soll uns zur Mahnung dienen, dass wir uns nicht überheben und uns nicht den Ruhm der Weisheit zuschreiben. Wenn wir von Geist und Klugheit etwas besitzen, dann ziemt es sich, dasselbe ganz als von Gott empfangen hinzunehmen und es uns zur Besonnenheit und Bescheidenheit dienen zu lassen. Denn wenn unsere Weisheit auf Gott sich stützt, wird sie in der Tat zum festesten Eckstein, den niemand erschüttern noch umstürzen wird.

V. 14. Denn der Herr hat einen Schwindelgeist unter sie ausgegossen. Weil das nicht zu vermuten und unglaublich war, dass die Führer eines scharfsinnigen, vorsichtigen Volkes durch ihre Einfältigkeit das Land ins Verderben stürzen würden, darum schreibt der Prophet die Ursache dem Gerichte Gottes zu. Die Juden sollen bei einem so wunderbaren, merkwürdigen Vorgang nicht blind sein, wie ungläubige Menschen, die Gottes Gerichte dem Schicksal zuzuschreiben pflegen, wenn etwas Neues und Unverhofftes sich ereignet hat. Der Prophet gebraucht ein Bild. Wie wenn jemand Wein in einen Becher mischt, so macht der Herr die Weisen dieser Welt trunken durch einen Schwindelgeist, dass sie verwirrten Sinnes, wie angedonnert, das Recht weder empfinden noch tun können. Weil sie zuvor von einem Schwindelgeist betört sind, betören sie Ägyptenland. Dass aber die Ägypter diese Betörung und diesen Betrug zulassen und sich vor demselben nicht hüten können, ist Gottes Gericht. Doch mach Jesaja Gott nicht in der Weise zum Urheber dieses Schwindelgeistes, dass die Ägypter eine Schuld auf ihn werfen könnten, sondern die Sache verhält sich folgendermaßen: die Menschen haben an sich weder Geist, noch Urteilsvermögen. Denn woher stammt die Weisheit, wenn nicht vom Geiste Gottes, der die einzige Quelle des Lichtes, der Erkenntnis und Wahrheit ist? Wenn nun der Herr uns mit seinem Geist im Stiche lässt, dürfen wir dann mit ihm rechten? Er ist doch mit keiner Verpflichtung an uns gebunden; vielmehr ist' s freie Gnade, was immer er uns darbietet. Wenn er aber die Herzen mit einem Schwindelgeist erfüllt, so tut er das immer aus gerechten Gründen, wenn uns dieselben auch oft verborgen sind. Am meisten aber straft er die Gottlosen, die wider ihn sich erhoben haben, mit Verblendung. So geschah es jenen Ägyptern, welche, durch ihre eingebildete Weisheit aufgebläht, von Hochmut strotzten und alle übrigen Völker verachteten. Überflüssig ist also an dieser Stelle der Streit über die Prädestinationslehre, weil der Herr die Ägypter wegen einer offenbaren Sünde straft. Wenn also Gott die Menschen verblendet oder verwirft, kann er deshalb nicht der Grausamkeit angeklagt werden. Es ist ja die gerechte Strafe für ihre Gottlosigkeit und Nichtswürdigkeit. Der kann nicht Urheber des Bösen genannt werden, der wider Freveltaten in rechter Weise vorgeht und sie straft. Was nun die Art der Bestrafung angeht, so überlässt der Herr die Gottlosen dem Satan zur Strafe. Denn dieser selbst ist es, der eigentlich den verkehrten Schwindelgeist ausgießt. Weil er aber nichts tut, ohne Gottes Auftrag, deshalb kann von Gott gesagt werden, er selbst tue das, was eigentlich der Satan tut. Was man allgemein sagt, es geschehe unter Gottes Zulassung, ist eine zu armselige Ausflucht. Denn der Prophet hat weit mehr zum Ausdruck gebracht, nämlich dass von Gott diese Strafe verhängt wurde, weil er ein gerechter Richter ist. Gott handelt also durch den Satan, wie ein Richter durch den Scharfrichter. Er legt denen gerechte Strafen auf, die ihn beleidigt haben. So lesen wir (1. Kön. 22, 22), der Satan habe sich Gott angeboten und ihn gebeten, er möchte ihm erlauben, die Propheten Ahabs zu betrügen. Als ihm das zugestanden wurde, da gehorchte er Gott. Denn aus sich hätte er nichts erreichen können. Es ist hier nicht meine Aufgabe, eine Reihe von Schriftstellen zu sammeln in einer genügend klaren Frage.

Dass sie Ägypten verführen. Auch das war Gottes Gericht. Denn die Fürsten könnten von Sinnen und wie Trunkene sein, wobei doch das Volk noch etwas Urteilsfähigkeit behalten mochte. Hier aber hören wir, dass den Betrügern auch Wirkungskraft für ihren Irrtum eingeräumt wurde, das Volk zu verführen. Es ist also eine zwiefache Strafe Gottes, einmal über die Verführer und zweitens über die Verführten. Der Hinweis auf den Trunkenbold, der speiet, beschreibt steigernd den schmachvollsten Taumel. Hier ist nicht mehr eine gewöhnliche Trunkenheit, bei der noch etwas von Vernunft übrig bleibt, - sondern sie sind den Säuen gleich geworden.

V. 15. Und Ägypten wird kein Werk haben. Dieser Vers bildet den Schluss der vorhergehenden Ausführung. So groß wird bei allen Ägyptern die Stumpfheit des Geistes sein, dass, was sie auch anpreisen, vergeblich ist. Das muss da eintreten, wo gar kein Verstand mehr ist, und ist eine gerechte Strafe für unsere Anmaßung und Verwegenheit. Auf den Erfolg und die Wirkung all ihres Tuns will der Prophet hinweisen; unheilvoll und unglücklich soll diese Wirkung sein.

Das Haupt oder Schwanz, Ast oder Stumpf ausrichte. Bei diesen Worten denkt der Prophet an alle Stände des Volkes, vom höchsten bis zum niedrigsten. Diese alle werden einer besonnenen Überlegung derart beraubt werden, dass ihnen nichts mehr glückt. Hieraus sollen wir lernen, dass Anfang und Ende aller Dinge von Gott abhängen. Verstand, Klugheit und Erfolg müssen von ihm erbeten werden, wenn es uns nicht gerade so ergehen soll, wie den Ägyptern.

V. 16. Zu der Zeit wird Ägypten sein wie die Weiber. Der Prophet wiederholt, was er schon vorher gesagt hatte. Die Ägypter werden alle Kraft und Männlichkeit verlieren. Einige Ausleger meinen, der Prophet spiele auf die verweichlichten, weibischen Sitten an, die alte Geschichtsschreiber an den Ägyptern tadelten. Die Verhältnisse waren dort auf den Kopf gestellt; die Weiber gaben sich mit dem öffentlichen Leben ab und führten die Geschäfte, die Männer aber trieben weibische Hantierung. Allerdings ist es möglich, dass der Prophet daran denkt. Wenn ich aber alles näher erwäge, so kann diese Vermutung doch nicht bestehen bleiben. Denn der Prophet kündigt hier ein Gericht Gottes an, das die Menschen in Erstaunen setzt. Wenn er über gebräuchliche Sitten redete, so würde das in den ganzen Zusammenhang nicht passen. Denn er tadelt nicht die weibischen Herzen der Ägypter, sondern weist vielmehr darauf hin, sie würden so entsetzt sein, dass sie in nichts sich von Weibern unterschieden. Die Ägypter schienen nicht nur für sich Manns genug zu sein, um einen Krieg auszuhalten, sondern darüber hinaus überzogen sie andere Völker mit Krieg und stellten noch anderen Nationen Hilfstruppen. Die Geschichtsschreiber berichten mancherlei über die Taten der Ägypter und verkünden ausführlich ihr Lob. Wenn sie also auch mehr als die übrigen Völker verweichlicht und verzärtelt waren, so wollten sie doch ihren kriegerischen Ruhm bewahren. Ihre plötzliche Veränderung ist nun aber ein glänzendes Beispiel göttlichen Gerichts. Der Prophet fügt darum hinzu, die Ursache ihres Schreckens werde durch Gottes Hand hervorgerufen.

Wenn der Herr Zebaoth die Hand über sie schwingen wird. Mit diesen Worten zeigt er, dass der ganze Krieg vom Herrn geführt werden soll. Deshalb können die Ägypter nicht widerstehen, weil sie eben nicht mit Menschen zu tun haben. Was Jesaja aber von Ägypten verkündigt, gilt auch von anderen Völkern. Wenn Kriege entbrennen und Erschütterungen hervorgerufen werden, wenn die Herzen mutlos werden und vor Angst wie zerschlagen sind, dann muss man darin Gottes Gericht erkennen. Die im Krieg geübtesten Nationen weichen zurück, sie zeigen sich schwächer als Weiber und werden ohne jeden kriegerischen Aufwand besiegt, so oft der Herr ihre Herzen mit Furcht erfüllt.

V. 17. Und es wird das Land Juda für Ägypten zum Schrecken werden. Einige Ausleger übersetzen: das Land Juda wird ein Gegenstand staunender Bewunderung werden für die Ägypter, wie für andere Völker. Ich glaube jedoch, dass der Sinn des Propheten ein anderer ist. Er will den Grund angeben, weshalb der Herr solch Exempel an den Ägyptern statuieren wird. Sie waren für die Juden die Ursache des Untergangs gewesen. Denn sie hatten dieselben von dem Vertrauen auf Gott abspenstig gemacht. Der Herr war den Juden zwar entgegengetreten, damit sie nicht Hilfe suchend zu den Ägyptern ihre Zuflucht nähmen. Aber das elende Volk gehorchte lieber der Verführung der Ungläubigen als Gott. Darum empfingen sie die verdiente Strafe. Aber auch die Ägypter selbst blieben nicht ungestraft, weil sie den Anlass zum Unglauben und Misstrauen gegeben hatten. So empfindlich wurden sie gezüchtigt, dass ihr ganzes Herz erschrak, so oft ihnen die Juden in den Sinn kamen. Hier ist eine nützliche Lehre zu beachten. Strafe und zwar schwere Strafe werden diejenigen empfangen, welche die Kirche abwenden vom Gehorsam gegen Gott und vom Vertrauen auf ihn, und ihr durch Erregung von Furcht, durch List oder Verführung irgendwelchen Grund zum Anstoß gegeben haben.

V. 18. In der Zeit werden fünf Städte usw. Nachdem der Prophet gegen die Ägypter jene Drohung ausgesprochen und ihnen zugleich die Ursache des göttlichen Gerichts auseinandergesetzt hat, tröstet er sie und verheißt ihnen Gottes Barmherzigkeit. Sie sollen nämlich zum guten Teil wieder aufgerichtet werden und ihren glücklichen, blühenden Zustand wiedererlangen. Von sechs Städten sollen fünf gerettet werden; eine nur soll untergehen. Vorher hatte er dem ganzen Reiche einen schrecklichen Untergang angedroht, sodass die, welche dieser Weissagung glaubten, nur die bejammernswerteste Lage vor Augen hatten. Jetzt also verheißt er durch Gottes besondere Güte eine Wiederaufrichtung. Der Sinn der Worte ist etwas dunkel. Die Schwierigkeit liegt in dem Schlusswort des Verses: „Ir Heres“. Anstatt: Eine wird heißen Ir-Heres, - übersetze ich: Eine wird heißen „Stadt der Verödung“ . Nun ist der Sinn nicht schwer verständlich. Der Prophet verheißt also nicht, dass einzig und allein nur fünf Städte wieder hergestellt werden sollen. Denn was wäre das für eine Wiederherstellung? Sondern im Allgemeinen sollen von je sechs Städten fünf gerettet werden; eine soll eine Stadt der Verödung bleiben. In Ägypten gab es sehr viele Städte. Ich will von den Fabeln der Alten und anderer schweigen, welche von 20 000 Städten reden. Aber immerhin muss in einem so berühmten, stark bewohnten Lande, in einem so blühenden, bevölkerten Reiche, bei einem so milden, gesegneten Klima die Zahl derselben groß gewesen sein. Nehmen wir an, es seien 1 000 Städte oder auch einige mehr gewesen; von diesen wird also nur der sechste Teil untergehen, die übrigen sollen erhalten bleiben.

Reden nach der Sprache Kanaans. Auf der gemeinsamen Gottesverehrung wird jene Wiederherstellung beruhen. Der Prophet bringt mit diesen Worten die Übereinstimmung der Ägypter mit dem Volke Gottes zum Ausdruck, den gemeinsamen Glauben, mit dem sie den Namen Gottes bekennen werden. Denn mit der Sprache bezeichnet er hier bildlich das Bekenntnis. Da es nämlich nur eine einzige Sprache gab, in der man den wahren Gott erkannte und bekannte – es war eben die Sprache Kanaans, - so muss unter dieser Sprache offenbar die gemeinsame Religion verstanden werden. Dabei ist aber festzuhalten, dass nicht irgendeine beliebige Übereinstimmung genügt, wie wenn Leute gegen die Religion, die sie als wahr erkannt haben, sich verbinden, sondern es muss eine Übereinstimmung sein in der Wahrheit, die den Vätern offenbart worden ist. Denn der Prophet sagt nicht etwa nur, die Ägypter werden dieselbe Sprache reden, sondern sie werden die Sprache Kanaans reden. Sie mussten die Sprache wechseln und diejenige anwenden, welche dem Herrn geheiligt war. Nicht als wenn diese Sprache an sich besonders heilig wäre, sondern aus dem Grunde wird sie ausgezeichnet, weil sie das Wort der Wahrheit in sich schließt. Das ist sorgsam zu beachten, damit wir erkennen, worin die wahre Übereinstimmung besteht. Erstreben soll man die Eintracht mit andern auf alle Weise, aber man soll dabei Acht geben, unter welchen Bedingungen wir dieselbe erlangen und erhalten. Da darf man keine verkehrte Mittelstraße gehen, wie die Zerstörer der Religion tun, die dennoch als Friedensstifter erscheinen wollen. Fort mit aller leichtsinnigen, zweideutigen Sprache! Die Wahrheit muss vor allem festgehalten werden, welche nur im Worte Gottes enthalten sein kann. Mit uns mag reden, wer immer dieser Wahrheit nahen möchte. Fort aber mit dem, der sie schändet! Er mag sich eine Sprache wählen, welche er will. In der Wahrheit lasst uns standhaft bleiben. Die Ägypter konnten also die Sprache Kanaans nur sprechen, wenn sie zuvor ihre eigene, d. h. ihren ganzen Wahnglauben ablegten. Dass der Prophet hier nicht die äußere Übereinstimmung der Sprache im Sinne hat, sondern von der Frömmigkeit und der reinen Gottesverehrung redet, kann man aus dem Folgenden schließen. Und zwar zeigt er zunächst, wie ihre Gespräche geheiligt werden und einerlei Wesen tragen sollen. Eidlich werden sie bezeugen, dass sie Gott ehren:

Und schwören bei dem Herrn Zebaoth. Man kann lesen: dem Herrn zuschwören, oder: beim Herrn schwören. Lesen wir: dem Herrn zuschwören, dann ist der Sinn der, dass sie Gott Gehorsam versprechen werden, und zwar mit einem feierlichen Eide, wie wenn ein Volk seinem Fürsten den Treueid leistet. Dann würde der Prophet sagen: Sie werden unter die Macht Gottes kommen, dessen Herrschaft sie sich unterwerfen werden. Da aber die andere Lesart häufiger ist, nehme ich dieselbe lieber auf. Da der Eid ein Bestandteil der Gottesverehrung ist, so ist, da hier wohl ein Teil für das Ganze gesetzt ist, unter dem Schwören passend die Gottesverehrung im ganzen zu verstehen. Bei dem Herrn schwören heißt also soviel als bezeugen, dass er der wahre Gott ist. In Summa: der Prophet bezeichnet die vollkommene Übereinstimmung der Ägypter mit der Kirche Gottes. Hier ist zu bemerken, dass bei der wahren Gottesverehrung ein äußeres Bekenntnis sich finden muss. Denn wenn jemand seinen Glauben in seinem Herzen verschließen will, wird er stattdessen schließlich nichts haben als einen hohlen Wahn. Der wahre Glaube aber bricht im Bekenntnis hervor und entzündet uns derart, dass wir das, was uns innerlich bewegt, äußerlich bekennen. Mir sollen sich, sagt der Herr (Kap. 45, 23), alle Kniee beugen und alle Zungen schwören. Wo also Glaube ist, da muss derselbe auch in äußerem Gottesdienst und Bekenntnis zum Ausdruck kommen. Auch ist zu bemerken, dass das, was zur Verehrung Gottes gehört, auf niemand anders übertragen werden darf. Es ist also eine Schändung des Eides, wenn bei einem andern geschworen wird. Denn es steht geschrieben (5. Mos. 6, 13): „Bei meinem Namen sollst du schwören.“ Gott wird darum in seiner Ehre verletzt und derselben beraubt, wenn man den Namen von Götzen oder irgendeiner Kreatur beim Schwur gebraucht. Zugleich ist dabei zu beachten, dass wir eine heilige Scheu beim Schwören haben sollen. Denn wenn wir unter einem Schwur versprechen, Gott zu ehren, so dürfen wir das nur mit Furcht und Ehrerbietung tun.

V. 19. Zur selbigen Zeit wird des Herrn Altar usw. Der Prophet bringt das, was er schon im vorhergehenden Verse gesagt hat, noch deutlicher zum Ausdruck. Ägypten wird ein ganz neues Aussehen erhalten. Die wahre Religion wird dort in Blüte stehen, die reine Gottesverehrung wird hoch kommen und aller Aberglaube zusammenstürzen. Der Altar wird als ein Sinnbild genannt, um die Anbetung Gottes zu bezeichnen. Denn in Opfern und Spenden äußerte sich die Frömmigkeit. Soll der Altar mitten in Ägyptenlande sein, so deutet dies auf den wichtigsten Teil des ganzen Reiches. Es heißt etwa: in der königlichen Residenz oder mitten im Herzen Ägyptens.

Und ein Malstein des Herrn an den Grenzen. Darunter darf man nicht etwas Bildsäulen verstehen, die Menschen oder Götter darstellen, sondern es sind einfache Denksteine der Frömmigkeit. Diese Malsteine bezeichnet der Prophet als den Steinen ähnlich, welche an den Grenzen der Königreiche stehen. In dieser Weise also sollen Merkzeichen errichtet werden, durch die es allen Menschen kund wird, dass Gott über jenes Volk herrscht. Mit jener Sitte hängt es gewiss zusammen, dass ein Volk, wenn es wahrhaftig zum Herrn sich bekehrt und alle Götzenbilder und Gegenstände des Aberglaubens von sich geworfen hat, öffentlich Abzeichen und Stätten der wahren Gottesverehrung errichtet, damit allen bekannt werde, dass hier die wahre Anbetung Gottes ausgeübt wird. Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus berichtet, diese Stelle habe der Priester Onias missbräuchlich angewandt, als er zum König Ptolemäus Philometor1) nach Ägypten geflohen war. Er suchte denselben nämlich von dem Nutzen der Errichtung eines Altars zu überzeugen, auf dem die Juden in Ägypten opfern könnten. Er schützte dabei diese Stelle vor. Das müsse nämlich geschehen, weil es vom Propheten vorhergesagt wäre. Der gottlose, ehrgeizige Priester überredete auch endlich den König dazu, während die Juden offen dagegen protestierten. Der König hatte dabei seinen Vorteil im Auge; jener Schurke aber, der aus seiner Stellung vertrieben war, gelangte von neuem zu Ehren und Würden. Durch nichts konnte so jener verbrecherische Plan verhindert werden. Aber Jesaja versteht hier unter dem Sinnbild der Malsteine oder Denksäulen, die damals gebräuchlich waren, doch einfach die reine Gottesverehrung. Er nimmt Rücksicht auf die Zeit und die Menschen, mit denen er zu tun hatte. In schlechter böswilliger Absicht verdreht also Onias diese Stelle. – Diese bildliche Redeform, welche die Propheten häufig gebrauchen, muss also wohl beachtet werden. Darum ist es eine Frechheit, wenn die Papisten sich für das Messopfer auf eine Stelle bei Maleachi berufen (1, 11): „Es soll ein rein Speisopfer geopfert werden.“ Sicherlich deutet der Prophet, wie hier Jesaja, unter einem dem alttestamentlichen Gesetz entnommenen Bilde auf die künftige reine Verehrung Gottes. Dies wird eine Stelle aus dem Propheten Joel (3, 1) deutlich machen: „Eure Söhne und Töchter sollen weissagen; eure Ältesten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen.“ Petrus (Apg. 2, 14 ff.) zeigt, dass jene Weissagung des Joel erfüllt wurde, als die Apostel unter dem Wehen des heiligen Geistes mit mancherlei Zungen redeten. Denn zuvor waren sie ungelehrte Leute, nun aber fingen sie an, tüchtig zu werden in der Verkündigung der Geheimnisse Gottes. Wir sehen aber dabei doch gar nichts von Träumen und Gesichten, sodass es den Anschein haben könnte, Petrus habe diese Stelle fälschlicherweise zitiert. Es steht aber fest, dass Joel an jener Stelle nur im Allgemeinen vom Weissagen redet. Um seine Rede auszuschmücken, spricht er von Träumen und Gesichten, durch welche der Herr sich einst den Propheten offenbarte. Diese zu seiner Zeit gebräuchliche Art der Offenbarung hat er im Auge gehabt. Die Juden hätten es ja sonst kaum verstehen können, wenn er zu ihnen von bisher unbekannten Gaben des heiligen Geistes geredet hätte. Denn in der Schule des alten Bundes erzogen, konnten sie sich in ihrem Verständnis nicht höher hinauf schwingen, als zu Opfern, Zeremonien, religiösen Gebräuchen und Zeichen. Die Propheten reden also mit ihnen, wie mit Kindern, denen man nur das vorstellen darf, was ihrem Verständnis entspricht. Diese Auseinandersetzung wird uns verschiedene Stellen der heiligen Schrift klar machen, die sonst in ihrer Dunkelheit uns schwer verständlich sein würden. Es ist klar, dass Jesaja hier von dem Reich Christi redet und dass diese Weissagung vor dem Kommen desselben nicht erfüllt worden ist. Das Bildliche desselben muss also abgezogen und der wahre Sinn der Worte ins Auge gefasst werden, sodass wir hier unter dem Altar und Malstein die wahre, reine Anrufung Gottes zu verstehen haben. Mit diesen Bildern des Altars und Malsteines will aber der Prophet auch das andeuten, dass die Verehrung Gottes ohne eine äußerliche Übung und Betätigung derselben nicht möglich ist. Letztere aber vorzuschreiben kommt uns nicht zu. Da heißt es: Fort mit menschlichen Einfällen! In dieser Sache darf man nur auf Gott hören.

V. 20. Sie werden zum Herrn schreien usw. Wir können Gott nur dienen, wenn er uns mit seiner Gnade zuvorkommt. Niemand wird sich ihm von selbst weihen; erst von der Erfahrung seiner Güte gelockt wird er ihn von Herzen umfassen. Gott muss uns zuvor rufen, bevor wir ihn anrufen. Der Zugang zu ihm ist uns verschlossen, solange bis er selbst uns zuerst einladet. Schon vorher hat der Prophet gezeigt, dass die Menschen durch mancherlei Heimsuchungen gezwungen werden müssen, sich Gott zu unterwerfen; hier wiederholt er dasselbe. Denn die Menschen kommen niemals von sich und ihrem eitlen Irrtum los, bis sie durch Strafruten gezüchtigt sind. Damit zugleich verbunden ist die andere Art göttlicher Berufung, dass Menschen, weil sie Gottes Wohlwollen erfahren haben, zutraulich zu ihm ihre Zuflucht nehmen.

Einen Heiland und Meister. Darunter kann nur Christus verstanden werden. Denn Ägypten ist erst von seinem Elend befreit worden, als Christi Lehre dorthin gelangte. 400 Jahre hindurch hat jenes Land manchen Wechsel erlebt, äußere und innere Kriege, durch die es zerrissen, ja fast völlig vernichtet wurde. Aber als es mit ihm aus zu sein scheint, siehe, da wendet es sich zum Herrn und wird den Händen der Feinde und Tyrannen entrissen. Christus, den es kennen lernte, hat es befreit. So müssen auch wir zur Erkenntnis und zur Verehrung Gottes zubereitet werden. Wir sollen in mancherlei Heimsuchungen lernen, dass auf ihm allein unser Heil beruht. Wenn das doch heute die Welt lernen wollte, die des Jammers so voll ist, dass sie dem Untergang nahe zu sein scheint!

Der sie errette. Daraus sollen wir die nützliche Lehre ziehen, dass Gott uns hilft durch Christum, durch dessen Hand er den Seinen von Anbeginn an Hilfe gebracht hat. Er war der ewige Mittler, durch dessen Fürsprache alles Gute von Gott dem Vater erlangt worden ist. Nachdem er nun selber geoffenbart ist, sollen wir erkennen, dass einzig nur durch ihn etwas von Gott erlangt werden kann.

V. 21. Denn der Herr wird den Ägyptern bekannt werden. Hier fügt Jesaja etwas hinzu, was sehr wichtig war. Gott kann von uns nicht eher verehrt werden, bevor er nicht von uns als Vater erkannt worden ist. Wie sollen sie aber anrufen, sagt Paulus (Röm. 10, 14), an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wir können der Gaben Gottes zu unserm Heil nicht teilhaftig werden, wenn nicht die rechte Erkenntnis Gottes, die aus dem Glauben kommt, vorhergegangen ist. Mit Recht wird also hinzugefügt: Der Herr wird den Ägyptern bekannt werden. Diese Erkenntnis Gottes ist das Fundament der ganzen Religion oder der Schlüssel, mit dem uns die Tür des himmlischen Reiches aufgetan wird. Erkenntnisaber kann es nicht geben ohne Lehre und Unterweisung. Alle selbst ersonnenen Arten der Gottesverehrung werden also von Gott verworfen; denn ihm kann nur das gefallen, aus dem die rechte Erkenntnis herausleuchtet, welche durch das Hören der wahren und reinen Lehre entsteht. Die Menschen mögen also ersinnen, was sie wollen, sie werden aus sich niemals zur wahren Gottesverehrung kommen. Diese Stellen der Schrift, durch welche Gottes Geist uns die wahre Anbetung und Verehrung lehrt, müssen wohl beachtet werden. Allem erdichteten Wesen, dem die Menschen nur zu hartnäckig anhangen, sollen wir den Abschied geben und sollen nicht ablassen, uns aus dem reinen Gotteswort unterrichten zu lassen. Im Vertrauen auf dessen Autorität sollen wir frei und offen verdammen, was immer die Welt mit großem Beifall hoch erhebt.

Und die Ägypter werden den Herrn kennen zu der Zeit. Nicht umsonst fügt der Prophet diese Wiederholung hinzu. Eine Sache von solcher Wichtigkeit durfte nicht leichthin übergangen werden. Denn ohne sie gibt es keine rechte Gottesverehrung.

Und werden ihm dienen mit Opfer und Speisopfer. Diese Stelle ist nicht anders auszulegen, als die frühere, wo der Prophet den Altar erwähnte. Denn was sollen die Opfer, nachdem Christus geoffenbaret ist? Der Prophet bezeichnet hier also bildlich das Bekenntnis des Glaubens und der Anbetung, welche der Predigt des Evangeliums folgten.

Und werden dem Herrn geloben und halten. Die Gelübde, welche der Prophet hier erwähnt, bilden auch einen Teil der Gottesverehrung. Die Juden pflegten durch Gelübde ihre Dankbarkeit gegen Gott zu bezeugen. Zumal, wenn sie irgendeine besondere Wohltat von Gott empfangen hatten, brachten sie mit einem feierlichen Gelübde ihren Dank dar. Freiwillig wurden jedoch Gelübde aufgenommen aus mannigfachen Gründen, je nachdem es einen gut dünkte. Doch ging dabei die Freiheit nicht so weit, dass jeder völlig nach Willkür dies oder jenes gelobte. Es war auch da eine gewisse Ordnung vorgeschrieben. Wie es aber auch immer war, das steht fest, dass der Prophet hier unter Gelübden nichts anders versteht als die Verehrung Gottes, welcher die Ägypter sich anschlossen, nachdem sie dieselbe aus dem Worte Gottes kennen gelernt hatten.

Diese Stelle führen nun die Papisten als Beweis für die Behauptung an, dass man alles, was man Gott gelobe, auch leisten müsse. Wenn sie aber ohne Grund und ohne Wahl Gelübde ablegen, dann hilft ihnen diese Stelle zur Verteidigung ihres Irrtums nichts. Denn Jesaja weissagt hier, was die Ägypter tun werden, wenn sie Gottes Wort angenommen und befolgt haben. Wenn David mahnt (Ps. 76, 12): „Gelobet und haltet dem Herrn,“ – so glauben sie dasselbe ebenso bei sich zu tun. Aber er mahnt doch nicht zu unerlaubten, sinnlosen Gelübden. Denn es bleibt für Gelübde immer eine bestimmte Richtschnur, über die man nicht hinausgehen darf. Diese Richtschnur ist Gottes Wort, aus dem wir erkennen, was Gott von uns fordert und was er gelobt und geleistet wissen will. Denn eine ganz beliebige Gelübdefreiheit ist niemals gegeben worden, weil wir leicht nur allzu frei uns gebärden und uns Gott gegenüber alles erlauben. Wir handeln wider ihn rücksichtsloser, als wenn wir es mit Menschen zu tun hätten. Die Menschen mussten darum bis zu einem gewissen Grade im Zaume gehalten und eingeschränkt werden, damit sie sich bei ihrer Gottesverehrung nicht zuviel erlaubten. Es ist also klar, dass Gott nur das zulässt, was mit seinem Gesetz und Wort übereinstimmt, dass er aber alles andere als ungehörig und abergläubisch zurückweist. Was also jemand aus sich ohne Gottes Wort gelobt, kann keine Gültigkeit haben. Wenn er doch solches Gelübde hält, beleidigt er Gott in zwiefacher Weise: erstlich damit, dass er ohne Überlegung ein Gelübde auf sich nimmt und so mit Gott gleichsam sein Spiel treibt; zweitens damit, dass er das fälschlich und grundlos übernommene Gelübde durchführt, während er doch vielmehr sich darüber hinwegsetzen und zur Besinnung kommen sollte. Weit entfernt also, dass jemand an solche Gelübde gebunden wäre, muss vielmehr die Erkenntnis ihrer sündhaften Unbesonnenheit ihn wieder von denselben abbringen. Wenn nun jemand die Gelübde der Papisten näher erwägt, ist es leicht zu zeigen, dass dieselben mit Gottes Wort nichts gemein haben. Denn die sie besonders empfehlen und für recht halten, sind gottlos und frevelhaft, wie z. B. die Mönchsgelübde. Was wird von den übrigen zu halten sein? Sie nehmen das Gelübde dauernder Ehelosigkeit auf sich, als wenn das allen ohne Unterschied zustünde. Wir wissen doch, dass die Gabe der Enthaltsamkeit nicht allgemein und nicht jedem einzelnen verheißen ist, auch wenn einer sonst mit großen Gaben ausgestattet ist. Abraham war reich an einzigartigem Glauben, an Festigkeit, an Milde, an Heiligkeit. Diese Gabe aber hatte er nicht. Christus selbst bezeugt, als die Apostel den ehelichen Stand sehr lobten, dass jene Gabe nicht allen gegeben ward (Mt. 19, 11). Das Gleiche lehrt Paulus (1. Kor. 7, 7). Wem also die Gabe der Enthaltsamkeit versagt ist, tut unrecht, wenn er Enthaltsamkeit gelobt. Er büßt dann auch mit Recht seine Unbesonnenheit. Daher auch die schrecklichen Beispiele von Unzucht, durch welche Gott mit Recht unter dem Papsttum diese Anmaßung bestraft hat. Sie geloben auch Armut, als wenn sie nichts besitzen wollten, während sie doch mehr als alle anderen im Überfluss schwelgen. Ist das nicht eine offenbare Verspottung Gottes? Auch das Gelübde des Gehorsams geht über die Pflichten hinaus, die Gottes Wort auferlegt. Christi Joch schütteln sie ab, um sich in die Knechtschaft der Menschen zu begeben. Andere geloben Wallfahrten, die Enthaltsamkeit von Fleischgenuss, die Innehaltung bestimmter Tage und anderes mehr, das voll von Aberglauben ist. Andere versprechen Gott die nichtigsten und törichtsten Dinge, als wenn sie es mit einem Kinde zu tun hätten. Wir würden uns schämen, so mit Menschen zu handeln oder ein Abkommen zu treffen. Und unter ihnen ist nicht eher etwas gültig, als bis es gegenseitige Zustimmung gefunden hat, noch viel weniger darf bei der Verehrung Gottes etwas aufgenommen werden, was nicht durch Gottes Wort bezeugt ist. Denn was ist das für eine Gottesverehrung, bei der das Urteil Gottes nichts gilt, sondern menschliche Willkür allein eine Stätte hat?! Kann eine solche Gott wohl gefallen? Ist das nicht selbst erwählte Geistlichkeit (Kol. 2, 23), die Paulus so sehr verabscheut? Umsonst also rühmen sich, Gott zu dienen, die solche Gelübde übernehmen. Umsonst auch suchen sie hier ein Zeugnis für ihr Tun, da doch der Herr eine derartige Verehrung von sich weist.

V. 22. Und der Herr wird die Ägypter plagen und heilen. Aus dem bisher Gesagten folgert der Prophet, dass die erwähnte Züchtigung den Ägyptern heilsam sein wird. Ihre Bekehrung wird durch sie vorbereitet. Dass Gott Ägypten plagt, wird ihm zum Heile ausschlagen. Darum dürfen wir uns gegen die Züchtigung Gottes nicht wehren, weil dieselbe zu unserm Besten dienen soll. Denn wenn einer von derselben frei bleibt, wird die Freiheit zur Sünde für ihn größer. Dieser Gefahr muss der Herr also begegnen. Das tut er durch Züchtigungen und Schläge, durch die er uns zur Buße mahnt und treibt. Dafür haben wir ein ausgezeichnetes Beispiel an Ägypten.

Denn sie werden sich bekehren zum Herrn. Das gibt zu dem Vorhergehenden den Grund an. Gott wird die Ägypter heilen, weil sie sich zu ihm bekehren. Die Bekehrung, das sollen wir hieraus folgern, ist gleichsam eine Auferstehung vom ewigen Tode. Denn es ist um uns geschehen, so lange wir von Gott uns abgewandt haben. Wenden wir uns ihm wieder zu, dann kommen wir wieder bei ihm in Gnaden und werden vom Tode frei. Das aber nicht, weil wir die Gnade Gottes mit unserer Buße verdienten, sondern weil der Herr uns auf diese Weise gleichsam vom Tode zum Leben erweckt.

Und er wird sich erbitten lassen. Der Buße wird eine Verheißung gegeben. Wir sollen nicht vergeblich inständigst um Gnade bitten, sobald wir nur von Herzen sie begehren. Die Ägypter werden Gnade erflehen, wenn sie bekehrt sein werden. Wahrhaftig ist also die Bekehrung, wenn aus ihr das Flehen zu Gott hervorgeht. Dies Flehen kann aber nicht ohne Glauben sein. Denn Erkenntnis der Sünde ist auch wohl bei den Gottlosen zu finden, aber niemand wird zur Barmherzigkeit Gottes seine Zuflucht nehmen oder um die Versöhnung mit Gott Sorge tragen, der nicht mit dem lebendigen Bußgefühl, das ihn durchdringt, zugleich den Glauben verbindet.

Und sie heilen. Das ist keineswegs nur eine Wiederholung dessen, was der Prophet am Anfang dieses Verses gesagt hat: der Herr wird die Ägypter plagen und sie heilen. Er verheißt hier Heilung, insofern Gott aufhören wird, sie mit Strafen zu züchtigen. Jene Heilung aber, von der er im Anfang des Verses spricht, war mehr innerer Art. Diese aber bezieht sich auf jene Plagen und Heimsuchungen. Er weist hier zuletzt darauf hin, dass für all ihr Unglück ein Heilmittel bereit sein wird. Denn nachdem wir mit Gott versöhnt sind, hat er an uns nichts mehr zu strafen. Strafen werden nur durch unsere Schuld verursacht. Ist diese aber weggenommen, folgt der Erlass der Strafe auf dem Fuße. So lange wir eben gezüchtigt werden, ist dies ein Beweis dafür, dass wir noch nicht hinreichend zur Buße bereitet sind. Alles in allem, lasst uns diese Reihenfolge festhalten, die uns vom Propheten gezeigt wird. Erstens: durch Züchtigungen werden die Menschen zur Buße zubereitet; zweitens: sie werden geheilt und vom ewigen Verderben frei; drittens: sind sie zur Erkenntnis ihrer Schuld gekommen, dann flehen sie um Vergebung; viertens: Gott lässt sich von ihnen erbitten und ist ihnen gnädig; fünftens: die Plagen hören auf, nachdem sie von Gott Vergebung erlangt haben. Jedermann soll das, was Jesaja hier von den Ägyptern verkündigt, an sich kennen lernen. Sie werden der ganzen Welt als Exempel vom Herrn vorgehalten.

V. 23. Zu der Zeit wird eine Bahn sein usw. Hier verkündigt der Prophet, dass der Herr seine Güte über den ganzen Erdkreis ausgießen wird; sie wird durchaus nicht in irgendeinem Winkel der Erde eingeschlossen oder, wie zuvor, nur einem Volk bekannt sein. Von zwei Völkern redet hier der Prophet, welche dem Gottesvolk ganz besonders feindlich gesinnt und, wie es schien, von allen Völkern dem Reiche Gottes am fernsten waren. Bei andern Nationen hätte man mehr Hoffnung haben können. Diese aber führten ausgesprochenermaßen mit Gott Krieg und verfolgten seine Gemeinde. Wenn nun der Herr den Hauptfeinden seiner Kirche so gnädig ist, dass er ihnen Gnade gewährt und sie zu seinen Kindern macht, - was wird er dann erst andern Nationen tun? So war in dieser Weissagung die Berufung aller Völker eingeschlossen. Wenn der Prophet sagt, es wird eine Bahn sein und ein gegenseitiger Zugang, sodass die einen zu den andern kommen, so wird damit ein brüderlicher Verkehr bezeichnet. Wie wir wissen, haben die Ägypter fast ununterbrochen mit den Assyrern Krieg geführt, und diese Völker haben sich gegenseitig mit unversöhnlichem Hass verfolgt. Nun verkündigt der Prophet, dass der Herr ihre Herzen ändern und sie miteinander versöhnen wird. Dann, nachdem die Wege wieder gebahnt worden sind, die vorher verschlossen zu sein pflegten, werden sie miteinander Handel treiben und untereinander Verkehr haben. Was wir schon oben im zweiten Kapitel sagten, ist hier wiederum zu beachten. Sobald Menschen mit Gott versöhnt sind, ist es billig, dass sie Brüderlichkeit und Wohlwollen untereinander pflegen. Denn Streit, Zank, Zwietracht, Neid und Missgunst müssen weichen, wenn sie mit Gott in Frieden sind. Wunderbar ist es also nicht, wenn der Prophet sagt: zu der Zeit wird eine Bahn sein von Ägypten nach Assyrien. Ohne Zweifel ist dies aber auf die Zeit des Reiches Christi zu beziehen. Denn erst, nachdem sie Christum kennen gelernt, haben die Ägypter mit den Assyrern in Eintracht gelebt.

Und die Ägypter samt den Assyrern Gott dienen. Da hier im Grundtext Gott nicht ausdrücklich genannt wird, so kann man das Dienen auch auf die Assyrer beziehen und übersetzen: die Ägypter werden den Assyrern dienen. Die zuvor in glühendem Eifer sich zu schaden trachteten, werden nun, nachdem ihre Herzen anders geworden, bemüht sein, sich wohl zu tun. Damit wird zuletzt auch auf die Frucht wahrer Buße hingewiesen. Diejenigen nämlich, welche sich vorher in Kriegen gegenseitig schädigten, werden nun gegenseitig sich unterstützen. Dieser Sinn wird vielleicht dem ganzen Zusammenhang am besten entsprechen. Doch verwerfe ich keineswegs die andere Auslegung, der fast alle folgen, nämlich, die zuvor verschiedene Götter verehrten, werden hernach den einen Gott erkennen und ein und dasselbe Bekenntnis des Glaubens haben. Jedem steht es frei, die Auslegung anzunehmen, die ihm am meisten gefällt. Wenn die letztere Auslegung mehr Anklang finden sollte, dann leitet der Prophet jene brüderliche Liebe aus der Frömmigkeit als ihrer Quelle ab.

V. 24. Zu der Zeit wird Israel der dritte sein mit den Ägyptern und Assyrern. Jesaja schließt seine Weissagung gegen Ägypten ab. Die Ägypter nämlich und die Assyrer werden gesegnet werden, wie auch Israel. Vorher war Gottes Gnade gleichsam in Israel eingeschlossen, da der Herr nur mit ihm einen Bund geschlossen hatte. Denn des Herrn Teil ist sein Volk, sagt Mose (5. Mos. 32, 9), Jakob ist die Schur seines Erbes. Und David spricht (Ps. 147, 20): „So tut er keinen Heiden, noch lässt er sie wissen seine Rechte.“ Gottes Segen wohnte allein in Israel. Hier aber sagt der Prophet, dieser Segen werde auch den Ägyptern und Assyrern zuteil werden. In diese schließt er alle anderen Völker mit ein; denn er nennt diese beiden Völker nicht, um sie zu ehren, sondern sie fortwährend Gottes Feinde gewesen waren und aller Hoffnung auf Gnade am meisten fremd und fern zu sein schienen. Während der Herr also früher nur Abrahams Söhne zu Kindern angenommen hatte, wollte er nun ohne Wahl der Vater aller Völker sein.

V. 25. Denn der Herr Zebaoth wird sie segnen. Der Prophet weist auf die Quelle jenes Segens hin. Er zeigt nämlich, dass durch Gottes freie Gnade die Assyrer und Ägypter mit dem auserwählten Volk in Verbindung treten werden. Obwohl die hier genannten Titel nur Israel zukommen, sollen sie doch auch auf die andern Völker übertragen werden, die der Herr zu den seinigen gemacht hat. Zwischen Gott und seinem Volk besteht eine Wechselbeziehung. Mit Recht nennen diejenigen Gott ihren Gott, die durch seinen Mund ein heiliges Volk genannt werden. Diese Benennung wird nun auch weiter auf die Ägypter und Assyrer ausgedehnt. Wenn diese aber auch der Prophet mit den Juden, die Gottes Hausgenossen gewesen waren, als Bundesgenossen zusammenstellen wollte, so hat er doch die Unterschiede mit überaus treffenden Bezeichnungen hervorgehoben. Dadurch, dass er die Ägypter „mein Volk“ nennt, weist er darauf hin, dass sie der Ehre sollen teilhaftig werden, welcher Gott die Juden allein in ganz besonderer Weise gewürdigt hatte. Wenn er die Assyrer „meiner Hände Werk“ nennt, bezeichnet er sie mit einem Ausdruck, der seiner Kirche eigentümlich ist. Schon anderswo sagten wir, dass sie das Werk oder das Gebilde Gottes genannt wird. Denn durch den Geist der Wiedergeburt werden die Gläubigen neu gebildet, sodass sie nun Gottes Bild an sich tragen. So will auch der Ausdruck verstanden sein: „das Werk meiner Hände.“ Das sind wir nicht, sofern wir als Menschen geschaffen sind, sondern sofern diejenigen, welche von der Welt sich scheiden und neue Kreaturen werden, in ein neues Leben hinein gebildet werden. Daher dürfen wir, was das neue Leben betrifft, nichts uns zuschreiben, da wir ganz und gar Gottes Werk sind. Israel erhält ein seinem Vorrecht entsprechendes Beiwort. „Mein Erbe“ wird es genannt, sodass es unter den neuen Brüdern doch das Recht und die Ehre der Erstgeburt behält. Denn ich weiß nicht, was das Wort „Erbe“ Größeres ausdrücken soll. Und in der Tat gewährt jener Bund des Herrn, welcher zuerst mit den Israeliten geschlossen worden war, diesen ein Vorrecht, das auch durch ihre Undankbarkeit nicht hinfällig werden kann. Gottes Gaben und Berufung mögen ihn nicht gereuen, wie Paulus (Röm. 11, 29) lehrt, der damit zeigt, dass sie im Hause Gottes die Erstgeborenen sind. Wie sehr also jetzt auch Gottes Gnade und Reich sich ausbreitet, Israel behält dennoch den ersten Platz, nicht nach seinem Verdienst, sondern in Kraft göttlicher Verheißungen.

1)
Regierte 180 – 145 vor Christi Geburt.
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