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+ | ======Calvin, | ||
+ | **19) Er hat mich auf die Erde geworfen, und ich bin wie Staub und Asche. 20) Schreie ich zu dir, so erhörst du mich nicht; harre ich auf dich, so kümmerst du dich nicht um mich. 21) Du hast dich mir in einen Grausamen verwandelt und bist mir zuwider mit der Stärke deiner Hand.** | ||
+ | Hiob ist völlig darnieder geworfen, so dass kein Tröpflein Lebenshoffnung mehr in ihm ist. Man konnte wohl sagen: Mit dem ist´s zu Ende, über den herrscht nur noch der Tod! Seine Kraft ist hin, er ist wie ein Leichnam, ja ein halb verwester Leichnam. In seiner äußersten Not sah er kein Zeichen des Lebens mehr, man konnte nur noch den Stab über ihn brechen, ja, das war schon geschehen. Unser Vertrauen soll also nicht an irdischen Dingen haften, sondern mitten im Tode müssen wir auf Gott hoffen, und wenn es scheinbar mit uns vorbei ist, so müssen wir nichtsdestoweniger das von Gott verheißene Leben ergreifen und festhalten. | ||
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+ | Die Kraft Gottes aber ist nicht abhängig von menschlichen Mitteln, überhaupt nicht von dieser Welt, sondern er wirkt auf eine uns unbegreifliche und verborgene Weise. Unser Glaube darf nicht eingeschlossen sein in unsere Wahrnehmungen, | ||
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+ | So ist die Kraft, mit der Gott für unsere Seligkeit wirkt, nicht eingeschlossen in irdischen Grenzen, so dass wir sagen müssten: Gott wird´s so und so machen, weil die Naturordnung so und so ist, weil wir etwas davon zu sehen meinen und weil dies Mittel und diese Hilfe da ist. Das hieße, ihm schweres Unrecht tun; denn alles, was in Gott ist, ist unendlich. Man darf also Gottes Macht nicht in unsere Einbildungen und Gedanken einspannen. Wie Gottes Güte unendlich und abgrundtief ist, so ist es auch seine Weisheit, ebenso seine Gerechtigkeit, | ||
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+ | Nun aber wendet sich Hiob an Gott: Schreie ich zu dir, so erhörst du mich nicht. Das ist die schwerste Anfechtung, die es gibt. Denn wenn uns Unglück begegnet, so merken wir: Eben mit der Bestimmung hat Gott uns in die Welt gesetzt, dass wir mannigfach versucht und von mancherlei Trübsalen heimgesucht würden; er wollte uns zeigen, dass es nichts ist mit diesem gebrechlichen Leben. Das alles schreiben wir der Schwachheit unserer Natur zu. Nehmen wir aber unsere Zuflucht zu Gott und spüren gleichwohl keine Erleichterung von ihm, und er verbirgt sich uns, und es will uns bedünken, alles Beten bedeute nur verlorene Zeit – ja, dann sind wir in äußerster Not. Die vornehmste Arznei, die Gott uns gibt, ist die Erlaubnis: Wenn ihr in Verzweiflung geratet und seid wie tot, so kommt zu mir, und ihr sollt merken: Ich habe Kraft, euch lebendig zu machen; ich richte wieder auf die Gefallenen, ich wecke die Toten wieder auf, ich führe aus dem Grabe heraus, die darin verscharrt, ja so tief versenkt waren, dass es aussah, als sollten sie es niemals wieder verlassen. Ja, so freundlich ist Gott gegen uns, dass er uns verspricht, er wolle unsere Bitten niemals ablehnen. Nun kommen wir und suchen ihn – und er entzieht sich uns und hat scheinbar taube Ohren! Ja, das ist eine Anfechtung, die uns tödlich werden kann. | ||
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+ | Diese Anfechtung hat auch Hiob an den Rand der Hölle gebracht; denn seine Not bestand nicht in einer gewöhnlichen Züchtigung, | ||
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+ | Wie kann er wohl so reden? Hat Gott etwa seine Verheißung nicht erfüllt, die er allen Gläubigen gibt, er wolle ihnen nahe sein, wenn sie ihn suchten? Wohl waren damals diese Sprüche noch nicht geschrieben; | ||
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+ | Nun hat Hiob zwar damals nichts davon gemerkt, dass Gott ihm helfen wollte; aber am Ende hat er´s doch empfunden, und Gott hat es ihn erfahren und spüren lassen. Wir müssen Gottes Hilfe nicht nach ihrem augenblicklichen Eintreffen beurteilen – das hieße, sie in einen zu engen Rahmen spannen -, sondern den Ausgang abwarten. Hat unser Gott die Ohren nicht offen gehabt, als wir zu ihm schrieen, so wird doch der Ausgang unserer Trübsal allezeit glücklich sein, wofern wir nur ihn anrufen ohne Unterlass. Es komme, was da wolle, wir dürfen nur nicht meinen, Gott wolle uns nicht hören, wenn wir ihn anrufen. Wir sehen doch, wie es dem Hiob ergangen ist. Wenn es 1. Sam 8, 18 heißt: „Wenn ihr dann schreien werdet, so wird euch der Herr zu derselben Zeit nicht erhören“, | ||
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+ | Aber auch wenn Gott scheinbar unsere Gebete nicht hört, so zeigt er uns dennoch, dass er sie wohl vernommen hat. Hiob beklagt sich, Gott habe sein Schreien nicht gehört; aber er wäre ja längst im Abgrund versunken, wenn Gott seine Klagen wirklich nicht gehört hätte – Hiob hat es nur nicht gemerkt. Unser Herr arbeitet oft an uns, ohne dass wir mit unserer Vernunft etwas davon merken, dass er uns hilft. Wir sind zu stumpf und verständnislos; | ||
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+ | Noch schlimmer ist es, wenn Hiob nun spricht: Du hast dich mir in einen Grausamen verwandelt und bist mir zuwider mit der Stärke deiner Hand. Es ist ihm also nicht allein keine Erlösung oder Erleichterung von seiner Not zuteil geworden, sondern das Feuer facht sich scheinbar nur noch heller an, und die Abgründe sperren ihren Rachen nur noch weiter auf, kurz, über der Anrufung Gottes verschlimmert sich seine Lage noch, gerade als ob er Gott bäte, ihn noch weiter zu strafen. Das ist die schwerste Anfechtung, wenn es den Anschein hat, als wenn wir Gott durch unser Gebet nur noch mehr reizten, als wollte er jetzt das Schwert ziehen und uns völlig den Garaus machen. Was ist da zu tun? Da müssen wir von Hiob lernen. Es soll uns nicht befremden, wenn Gott auf diese Weise unsern Glauben erproben will; nein, in dem Maße, wie sich das Unglück mehrt, wird er uns auch zu Hilfe kommen und nicht zulassen, dass wir erliegen. Seine Hand wird uns allezeit stützen, und das in einer uns unbekannten Art. Aber Geduld muss beim Glauben sein, wie der Apostel sagt: „Wir begehren aber, dass ein jeglicher denselben Fleiß beweise, die Hoffnung festzuhalten bis ans Ende, dass ihr nicht träge werdet, sondern Nachfolger derer, die durch Glauben und Geduld ererben die Verheißungen“ (Hebr 6, 11.12), und: „Geduld ist euch Not, auf dass ihr den Willen Gottes tut und die Verheißung empfanget; werfet euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat“ (Hebr 10, 36.35). Wir müssen in mancherlei Kämpfen geübt werden, ehe wir zum Triumph gelangen; denn dieses Leben ist uns zum Kampf verordnet. | ||
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+ | Wenn aber Hiob klagt: Du hast dich mir verwandelt in einen Grausamen, so will er damit Gott nicht etwa der Ungerechtigkeit zeihen, sondern er will nur seiner großen Not Ausdruck geben. Wenn wir etwa unsere Trübsal eine Grausamkeit oder übermäßige Strenge nennen, so ist damit nicht gemeint, dass wir Gott verdammen wollten. Die Gläubigen fühlen unter dem Druck der Hand Gottes eine so schreckliche Angst, dass sie sie gar nicht aussprechen können. Nicht ohne Grund bedient sich David bei der Klage über seine Trübsale einer Fülle von Gleichnissen: | ||
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+ | Wenn Gott sich als unser Widersacher erzeigt und uns, anstatt uns in seine Huld und unverdiente Liebe aufzunehmen, | ||
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