Calvin, Jean - An den Fürsten Radziwil in Krakau.

Nr. 563 (C. R. – 2876)

Calvin, Jean - An den Fürsten Radziwil in Krakau.

Lelio Sozzinis Vater war 1556 zu Bologna gestorben; um sein Vermögen, das die Inquisition beschlagnahmt, wieder zu bekommen, suchte Sozzini den Schutz Maximilians II. von Österreich und Sigismund Augusts von Polen; an den Kanzler des Polenkönigs gab ihm deshalb Calvin folgendes Schreiben mit.

Empfehlung des Lelio Sozzini und seiner Sache.

Der Überbringer dieses Briefes, Hoheit, hätte von mir, obwohl ich seinen Geist, frommen Eifer und andere Tugenden an ihm wohl zu schätzen weiß, doch die erbetene Empfehlung kaum erhalten, wenn nicht mit seiner persönlichen Angelegenheit die Sache des Evangeliums verbunden wäre, die zu schützen ich mich ebenso wenig verdrießen lassen darf, als Ew. Hoheit abgeneigt sein wird, ihr bereitwillig Schutz angedeihen zu lassen. Der ist aus Siena und entstammt einer wohlhabenden Familie. Sein Vater, ein berühmter Rechtsgelehrter, liebte ihn zwar als seinen Sohn, hat ihn aber doch wegen seines offenen Abfalls vom Papsttum und seines Übertritts zu uns enterbt. Aber indem er dadurch allzu sehr für sich sorgen und sich schützen wollte, schädigte er alle seine Angehörigen, und es ist wahrscheinlich, dass nur seine Ängstlichkeit den Feinden Mut machte, das ganze hinterlassene Vermögen mit Beschlag zu belegen. Denn obwohl die übrigen Brüder, die der Vater als Erben eingesetzt hatte, zu Hause blieben, so erschienen sie doch dem Volke durch allerlei Anzeichen verdächtig, als ob auch sie von der reinen Lehre erfasst wären. Da also der Haupterbe ausgeschlossen war, fiel man über das Vermögen wie über herrenloses Gut her, und es besteht Gefahr, dass alle miteinander hinausgeworfen, aller ihrer Güter beraubt und in klägliche Not gebracht werden, wenn ihnen nicht anderswoher Hilfe kommt. So hofft nun der gute Mann, wenn Seine königliche Majestät geruhen, beim Herzog von Florenz, unter dessen Herrschaft Siena jetzt steht, für ihn einzutreten, so würde das das beste und leichteste Mittel sein, dem Übel abzuhelfen. Ich habe die ganze Sache in Kürze dargelegt, damit Ew. Hoheit nach eigenem Ermessen beurteile, ob meine Empfehlung billig und recht sei, weil ich nichts von Ew. Hoheit erbitten möchte, von dessen Berechtigung ich nicht ganz überzeugt wäre. Auch weiß ich, dass weder die außerordentliche Begabung des Empfohlenen, noch seine gute Sache vieler Worte bedarf, und ebenso dass Ew. Hoheit so gesinnt ist, dass es auch nicht viele Mahnungen braucht, damit Ew. Hoheit sich einer Sache annehme, die sich schon von selbst genug und übergenug empfiehlt. Wenn mich meine Fürsorge für einen Freund doch weiter treibt, als nötig wäre, so wird eine Mahnung des heiligen Geistes zweifellos bei Ew. Hoheit mehr bewirken, als noch so viele von mir in Worte gefasste Bitten. Da wir nun in der Schrift lesen, dass, wer den um des Evangeliums willen Unterdrückten und Verfolgten hilfreiche Hand bietet, dem Gott der Wahrheit selber hilft [Matth. 25, 40], so möge dieser eine Spruch statt eines langen, eingehenden Bittgesuches dienen, weil Ew. Hoheit bei Seiner königlichen Majestät dies ohne Mühe erwirken kann und sich gerne einer Aufgabe, die gar nicht lästig ist, widmen wird. Ich schließe, um nicht durch Ausführlichkeit lästig zu fallen. Durchlauchtigster Fürst, der Herr erhalte Ew. Hoheit gesund; er leite Sie mit seinem Geiste und mache Sie reich an Segen aller Art.

Genf, 24. Mai 1558.
Ew. Hoheit ergebenster
Johannes Calvin.

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