Calvin, Jean - An du Tailly in Genf.

Nr. 52 (C. R. – 228)

Calvin, Jean - An du Tailly in Genf.

Du Tailly, ein französischer Refugiant in Genf (vgl. 24). Nausea (Friedr. Grau) Coadjutor von Wien, Joh. Faber, Bischof von Wien, und Joh. Cochläus waren als katholische Theologen am Hagenauer Gespräch.

Vom Hagenauer Religionsgespräch.

Herr du Tailly, da ich Sie in meinem letzten Brief vertröstet habe, ich werde es Ihnen melden, wenn wir bestimmtere Nachrichten von der Hagenauer Versammlung hätten, so wollte ich den Überbringer dieses nicht ohne einen Brief reisen lassen, obwohl wir das Endresultat noch nicht wissen. Ich will also kurz erzählen, was bis heute vorgefallen ist. Sie wissen, dass König Ferdinand die Fürsten seiner Partei einige Zeit vor den Unsern berufen hat, um mit ihnen zu beraten, von welcher Seite aus man uns angreifen müsse. Nachdem sie ihren Rat gehalten, beschlossen sie, vier Schiedsrichter aufzustellen, um die Gegenreden beider Parteien zu hören und dadurch zu einer guten Vereinbarung zu kommen. Die Schiedsrichter waren der Pfalzgraf und der Bischof von Trier als Kurfürsten, der Herzog von Bayern und der Bischof von Straßburg. Von unsern Fürsten erschien keiner, weil man sie mit einer zu kurzen Frist eingeladen hatte, wie sie sich beim Kaiser entschuldigten. Doch schickten sie mit freiem Geleit ihre Gesandten und Räte, sowie Gelehrte, um alles zu tun, was nötig wäre. Diese, obwohl sie mit gutem Recht die vorgeschlagenen Schiedsrichter, wenigstens zum Teil, hätten abweisen können, wollten sie doch anerkennen, um zu zeigen, dass sie durchaus nicht auswichen. Aber es kam, wie wir gleich gedacht hatten. Als es sich darum handelte, die Besprechung zu beginnen, wussten die Herrn Schiedsrichter noch nicht, an welchem Ende anfangen, und fragten darum die Unsern, was sie zu sagen hätten. Darauf antworteten diese, sie wollten eine Reformation der Kirchen nach dem zu Augsburg vorgelegten Bekenntnis und boten sich an, allen Schwierigkeiten abzuhelfen, die man dabei fände, und näher zu erklären, was etwa noch nicht klar genug sei. Darauf flüsterte Nausea Ferdinand zu, er solle uns die Priesterehe und das Abendmahl unter beiderlei Gestalt zugestehen. Über das Übrige aber dürfe man ohne Erlaubnis des heiligen Vaters sich nicht in eine Disputation einlassen. Dazu stimmten auch Faber, Cochläus und ihre Gesellen. Schließlich erteilte Ferdinand die Antwort, es liege nur an unsern Fürsten, dass man kein gutes Mittel zur Einigung suche. Er seinerseits sei gekommen, um zu beraten, wie ein gutes, freundschaftliches Gespräch zustande kommen könne; unsere Fürsten aber hätten nicht geruht zu erscheinen. Nichtsdestoweniger sei der Kaiser noch bereit, eine zweite Zusammenkunft zu veranstalten, auf der die Fragen von beiden Seiten besprochen werden sollten. Aber nur unter der Bedingung, dass nach jeder Disputation das abschließende Urteil seiner Majestät und seiner Heiligkeit, dem Papste, vorbehalten bleibe. Während dessen sollten die Unsern aber weder sich durch neue Bündnisse stärken dürfen, noch irgendjemand zur Annahme ihrer Religion veranlassen; auch sollten alle seit der Nürnberger Friedensverhandlung geschlossenen Bündnisse aufgehoben sein. Was den Vorwurf angeht, unsere Fürsten hätten eine Verhandlung verhindert, so ist er leicht in nichts aufzulösen. Denn es genügte vollständig, dass sie ihre Doktoren und Räte mit Vollmacht gesendet hatten; ja sie hatten sogar versprochen, auch noch zu kommen, wenn sie sähen, dass man in guten Treuen verhandle. Die neue Tagung nehmen sie sehr gerne an; aber alle [daran geknüpften] Bedingungen verwerfen sie als unerträglich, ja lächerlich. Denn es ist das gerade Gegenteil von dem, was der Kaiser zu Frankfurt versprochen hat. Die Absicht unserer Gegner ist, ihr Bündnis zu stärken, unseres zu schwächen; aber man hofft, dass Gott diese Absicht in ihr Gegenteil verkehren wird. Wie es auch sei, die Unsern suchen das Reich Christi zu mehren, so viel es ihnen möglich ist, und haben den Entschluss, in nichts nachzugeben. Wir wissen jetzt nicht, was dem Herrn gefällt, uns zu senden. Ein Teil unserer Gegner verlangt nichts anderes als Krieg. Der Kaiser ist zu sehr in andere Unternehmungen verwickelt, als dass er es wagt, noch mehr auf sich zu laden. Der Papst würde sich nicht weigern, sich seinerseits daran zu beteiligen. Denn er hat durch seinen Gesandten 300 000 Dukaten anbieten lassen zum Anfang. Wollten sie Alle, die unsern Glauben noch nicht angenommen haben, zum Angriff gegen uns verbinden, so machte der Kaiser keine Schwierigkeit, seinen Namen dazu herzugeben, und wäre es nur, um die Kraft Deutschlands zu brechen und es dann leichter bezähmen zu können. Aber es ist ein großes Hindernis, dass alle Kurfürsten einig sind, alle Zwietracht freundschaftlich zu schlichten, ohne zu den Waffen zu greifen. Der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg gehören zu unsrer Partei; so können sie nicht anders, als ihre Sache verfechten. Der Erzbischof von Köln ist keiner der Schlimmsten; denn er begreift sogar, dass die Kirche eine Reformation nötig hat, und sieht wohl, dass wir in der Wahrheit den andern überlegen sind. Der Pfalzgraf wünscht auch eine gewisse Reformation und kann darauf nicht anders als mit friedlichen Mitteln hoffen. Mainz und Trier lieben Frieden und Freiheit ihres Landes, um die es nach ihrer Meinung geschehen ist, wenn der Kaiser uns unterjocht hat. Diese Gründe veranlassen sie zum Widerstand, wenn man anders gegen uns vorgehen will als in friedlicher Verhandlung, wie wir sie verlangen. Der König von Frankreich leistet nur Hilfe, wenn man in christlicher Weise vorgeht. Sein Gesandter ist Bayfe, der zwar von unserer Sache nichts wissen will, aber uns nichtsdestoweniger ziemlich höflich empfängt, wenn wir ihn besuchen. Er hat auch beschlossen, hierher zu kommen, ehe er nach Hause zurückkehrt. Alle Gelehrten, die von unserer Seite gekommen sind, sind ganz einig untereinander. Da man wohl sah, dass die Gegner nur ihr Spiel treiben wollen, fand mans gut, eine besondere Beratung abzuhalten, wie man eine gewisse Zucht in der Kirche einrichten könne. Aber man konnte darin zu keinem Beschluss kommen, ohne sich mit den Abwesenden zu verständigen, wie mit Luther, Melanchthon und andern, und noch weniger etwas ausführen ohne die Bewilligung der Fürsten. So ging man nur soweit, dass jeder versprach, an seinem Ort sich bei den Fürsten und Städten zu verwenden, dass man auch unsererseits ein Konzil halte zur Besprechung dieser Dinge. Das wird das Wichtigste sein, was bis heute vorgefallen ist. Melanchthon ist nicht gekommen infolge einer plötzlichen Erkrankung und auch weil man annahm, es sei nicht nötig, dass er sich beeile, so lange es gefährlich sei. Ich war auch nur auf einen kurzen Besuch dort; auch Capito.

Straßburg, 28. Juli 1540.
Ihr Bruder und guter Freund
Jean Calvin.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/c/calvin/briefe/52.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain