Calvin, Jean - An den Kronprinzen Friedrich von Dänemark.

Nr. 390 (C. R. – 1901)

Calvin, Jean - An den Kronprinzen Friedrich von Dänemark.

Den noch sehr jungen Prinzen hatte seit 1542 sein Vater Christian III., der selbst erst nach schweren Kämpfen den Thron hatte besteigen können, durch die Landstände zum Mitregenten ernennen lassen, weshalb ihn Calvin als König anredet. Vgl. 337.

Lob für die Mitarbeit am Reformationswerk des Vaters.

Durch besondere Gnade Gottes, berühmtester König, ist es geschehen, dass das Königreich Dänemark, nachdem es lang in schweren Stürmen aller Art umher geworfen worden war, nun doch rascher, als menschliches Urteilen zu hoffen wagte, nicht nur festen Frieden gefunden, sondern diesen Zustand, nachdem alles in die beste Ordnung gekommen ist, auch bis heute bewahrt hat. Dieses Glück wird dadurch noch wertvoller, dass Dänemark in fröhlichem Frieden lebt, inmitten all des Kriegslärms und der Zwietracht, die wir ringsum die ganze christliche Welt erschüttern und erhitzen sehen. Soviel kommt darauf an, ob von Gott einem Land edle, tapfere Fürsten gegeben werden, die durch ihre Tapferkeit jede von außen kommende unrechte Gewalttat unterdrücken und in ihrem Lande eine gesetzmäßige Regierungsform durch Klugheit und Gerechtigkeit festigen. Da nun in diesen beiden Eigenschaften der erlauchteste König, deiner Majestät Vater, sich auszeichnet, so konnte Dänemark gar nicht besser und klüger handeln, als dass es den zum Mitregenten erwählte, dem schon die Natur königliche Ehre und königliches Recht übertragen hat, damit nicht beim Erlöschen des einen Lebens, wie es etwa geht, dieser herrliche Segen Gottes dahinfalle, sondern zur Wahrung seines Bestandes die Nachfolge des Sohnes von vornherein gesichert sei und die unter dem Vater so bewundernswert geschaffene Ordnung fortsetze und festige. Es geschieht zwar bisweilen, dass die Söhne den Vätern nicht nur sehr wenig gleichen, sondern auch, in den Besitz der Macht gelangt, seis aus natürlicher Verdorbenheit, seis aus törichter Eifersucht oder infolge höfischer Intrigen und Händel, die Ordnung der Väter mit nicht weniger Impietät verletzen, als griffen sie voll Gier ganz Fremde an. Für das Reich Dänemark hat aber in dieser Beziehung Gott gütig gesorgt, da du, vortrefflichster König, der heldenhaften Natur deines Vaters gleichend und in seiner reinen Zucht erzogen, seine Art, wie man sagt, von seiner Hand abgelernt hast und nichts höher stellst, als in seinen Fußtapfen zu wandeln. Freilich bist du nicht nur zu seinem Nachfolger bestimmt, um nach dem Tode deines Vaters seine Aufgabe zu übernehmen, sondern solange er noch lebt und in Kraft steht, bist du nach seinem Willen zugezogen und durch Gottes Vorsehung ihm gegeben als ein Helfer, auf dessen Schultern ein Teil der Last liegen soll. Und ich zweifle nicht daran, dass dein Vater unter den vorzüglichen Gaben, mit denen der Herr dich so herrlich geschmückt, mit Recht das hervorheben kann, er habe einen Sohn, dessen Treue er nicht allein sein Reich einmal sicher anvertrauen könne, sondern dessen Gehorsam ihm auch neben anderer reicher Frucht viel Erleichterung bringe. Wie für das Gemeinwohl des Volkes sich nichts Schöneres denken lässt als dieses einträchtige Zusammenwirken, so ist es auch deiner Majestät persönlich eine erwünschte Gelegenheit zur Bewährung der Sohnestreue, dass du neidlos neben dem besten König die zweite Rolle spielst, sich ihm gefällig und gehorsam erweisest, wie es sich ziemt, und dir dadurch bei allen Guten durch deine Bescheidenheit ein Lob erwirbst, das ebenso wertvoll ist, wie man gemeinhin die Ehre des Herrschers schätzt.

Weiter aber als nur für das Königreich Dänemark zeitigt dieses Gute seine Frucht, indem das geistige Reich Christi, durch einen zweiten Schutzherrn verstärkt, immer tiefere und stets festere Wurzeln treiben wird. Wie eifrig und herrlich König Christian in der Wahrung des reinen Gottesdienstes seinem Namen Ehre macht, das brauche ich nicht zu erzählen. Eins genügt, scheint mir, als durchaus beweiskräftiges Muster. Andere Fürsten sehen zwar auch die traurige Verderbnis der kirchlichen Zustände, rühren aber deshalb an keine Besserung, weil sie trotz alter, sicherer Besitzverhältnisse die Furcht vor irgendeiner Neuerung in ihrer Pflicht aufhält und hindert. Dein Vater aber, edler König, hat von Anfang an, als die Verhältnisse noch recht stürmisch und unsicher waren, sich ebenso kühn wie fromm völlig dieser Sache gewidmet, so dass der reine, von jedem abergläubischen Sauerteig gesäuberte Glaube bei den Dänen den Sieg davontrug. Nun rühmt man auch von dir, edelster König, du glühest vom selben Eifer, den reinen Glauben zu wahren und zu schützen. Möchte doch Dänemark auf diese fortgesetzte Gnade Gottes wahrhaft achten! Wir sehen, wie Christus sich in unsern Tagen manchem Lande angeboten hat; wo man ihn übel aufnahm, da verlegte er den Sitz seines Evangeliums anderswohin. Wen er also der besonderen Gunst gewürdigt hat, ihm Hoffnung eines festen, dauernden Bleibens bei ihm zu geben, der muss umso eifriger sich mühen, sich Christo ganz hinzugeben.

Um aber auf meine Sache zu kommen: als ich meinen Kommentar, den ich vor zwei Jahren zur Apostelgeschichte zu schreiben begann, in zwei Bücher zerlegte, um eines mit der Widmung an seine Majestät, deinen Vater, das andere unter deinem Namen ans Licht treten zu lassen, da war mein Grund der, dass es mir sinngemäß schien, Euch durch diese Geschichtsdarstellung miteinander zu verknüpfen, die erst die Anfänge der christlichen Kirche von ihrer Geburt an, dann ihren Fortschritt und ihr Wachstum umfasst, damit die Ähnlichkeit mit der wiedergeborenen Kirche, die der Herr Eurem Schutze anvertraute, Euch in der geraden Bahn der Pflicht mehr und mehr ermutige. Denn wenn, um von der längst bekannten und berühmten heldenhaften Gesinnung deines Vaters ganz zu schweigen, auch dein Eifer keines Ansporns bedarf, so hat doch dein Vater durch die Erfahrung wohl gelernt, und du wirst es täglich lernen, so dass ich es Euch gar nicht mehr zu sagen brauche, dass bei einer so schweren Aufgabe, bei der allen gemeinsamen menschlichen Schwachheit, bei den mannigfachen teuflischen Hemmungen Stärkung nicht überflüssig ist. Deine Majestät wird merken, dass es eine vor allem nützliche und passende Art Stärkung ist, den Blick auf den Ursprung der Kirche zu richten, wie ihn Lukas beschreibt, denn es strahlt daraus hervor sowohl die wunderbare Macht Gottes unter der Schmach des Kreuzes, wie der unermüdliche Duldermut der Knechte Gottes unter der gewaltigen Last der Schwierigkeiten, und der nach weltlichem Urteil unglaubliche Erfolg bringt selbst wieder reiche Frucht in beiden.

Im Übrigen will ich beiseite lassen, was du aus der Lektüre des Lukaswerkes selbst besser erfahren kannst, und nur eins hervorheben, was deine königliche Person besonders angeht. Nämlich, wenn damals, als alle Macht der Welt sich widersetzte, als alle Gewalthaber gewappnet waren, das Evangelium zu unterdrücken, ein paar Menschen, unbekannt, waffenlos und verachtet, allein vertrauend auf die Macht der Wahrheit und des Geistes, eifrig arbeiteten an der Ausbreitung des Christenglaubens, keine Mühe noch Gefahr scheuten, in allen Kämpfen ungebrochen feststanden, bis sie schließlich Sieger blieben, so haben christliche Könige, die Gott zum Schutz für seines Sohnes Reich mit dem Schwerte bewehrt hat, keine Entschuldigung, wenn sie nicht in der Erfüllung dieser ehrenvollen Pflicht ebenso mutig und standhaft sind.

Die Treue nun und Richtigkeit meiner Auslegung zu preisen, steht mir nicht zu. Sicher aber wird mein Werk im Allgemeinen, wie ich hoffe, fruchtbringend sein. Wenn deine Majestät davon eine Probe zu machen nicht verschmäht, so habe ich die Zuversicht, mein Geschenk werde ihr nicht unlieb sein. Der Herr erhalte den vortrefflichsten König, deinen Vater, und dich mit ihm, recht lange gesund und fahre fort, Euch zu leiten mit dem Geist der Klugheit und Stärke, mache Euch immer reicher durch seines Segens Fülle und halte Euer Land unter Eurer Regierung stets ruhig.

Genf, 25. Januar 1554.

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