Calvin, Jean - An Viret in Lausanne (323).

Nr. 323 (C. R. – 1519)

Calvin, Jean - An Viret in Lausanne (323).

Viret hatte über Verleumdungen geklagt, denen er ausgesetzt sei. Francois Maurisier, ein früherer Dominikaner, war Pfarrer in dem zu Bern gehörenden Dorf Bernex des Gebiets Gex. Theobald Tucher (Toquerus) war wohl ein Glied der bekannten Nürnberger Familie.

Von Verleumdungen.

Ich hatte vor, jetzt zu dir zu kommen, und war schon fast reisebereit. Ich hoffte, durch mein Kommen werdest du wenigstens ein wenig von den Schwierigkeiten befreit, in die dich die bösen Gesellen gebracht haben. Denn wenn dich auch ihr Gekläff nicht berührt, so muss doch so schmähliche Bosheit dich beißen oder mindestens stechen. Ich hätte auch gern mit Herrn Zurkinden gesprochen, von dem ich hörte, er sei in Lausanne. Ich möchte einstweilen, du redetest mit ihm, ob er etwa der aufdringlichen Frechheit Francois Maurisiers Einhalt tun könne. Mir ist ja sicher nicht so sehr dran gelegen. Warum soll ich nicht den Mistkäfer, der in seiner Pfütze zischt, ruhig verachten? Aber das Beispiel, das damit gegeben wird, ist mein Beweggrund. Ein ungelehrtes Mönchlein schmäht mich in einem geringen Dorf. Lächerlich! Aber dass ein Prediger von der Kanzel herunter deklamiert, wie seien schlimmer als die Papisten, dass er in seinem Gemeinderat einen von seiner Hand geschriebenen Zettel vorlegt, auf dem er mich mit Namen der falschen, Gottes Wort widersprechenden Lehre bezichtigt, mich einen Schwindler nennt und behauptet, meine Anhänger dächten unfromm, das ist mir sehr bitter und quält andere noch mehr. Der Elende merkt nicht, dass er doch nichts erreicht, als dass er bald sich der ihm anvertrauten Gemeinde zum Abscheu macht. Ich gelte dort schon als Papist, und gerade deswegen lieben sie mich und sind mir günstig. Aber indessen wird Christus zerrissen, seine Wahrheit den Schmähungen der Bösen ausgesetzt, schwache Gewissen werden wankend gemacht und endlich weithin das Gerücht verbreitet, es seinen bei uns innere Uneinigkeiten entbrannt. Bisher blieb ich freilich ruhig; aber meine Brüder dringen in mich, länger dürfe man es nicht dulden, dass öffentlich vor unsern Augen und mit unserm Wissen die gemeinsame Lehre unserer Kirche verdammt werde. Auch sehr Hartköpfige und Eigensinnige hat ja unser Consensus mit den Zürchern versöhnt; Theobald Tucher, den du kennst, erzählte, als er neulich hier durchreiste, selbst die Nürnberger stimmten mir zu. Aber dieser windige Mensch in seiner Ecke will sich durch seinen Lärm ein wenig berühmt machen. Ich bin noch nicht dazu entschlossen, einen Prozess anzufangen. Aber was Zurkinden dazu meint, wäre sehr nützlich zu wissen, und du kannst, wenn du kommst, mir auch gleich deinen Rat mitbringen. Lebwohl, liebster, bester Bruder. Grüße deine Frau und deine Töchterlein von mir. Der Herr behüte Euch alle, sei mit Euch und leite Euch. Die Unsern lassen dich vielmals grüßen. Auch den Brüdern in Lausanne sage viele Grüße von mir.

Genf, 9. August 1551.

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