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Calvin, Jean - An den Genfer Rat.

Nr. 297 (C. R. – 1370)

Calvin, Jean - An den Genfer Rat.

Im Hause des 1547 hingerichteten Jacques Gruet (vgl. 205) fand sich ein Manuskript blasphemischen Inhalts. Der Rat ersuchte Calvin um ein Gutachten und verurteilte dann das Buch Gruets zur Verbrennung durch Henkershand; am 25. Mai 1550 wurde das Urteil vollstreckt.

Gutachten über Gruets gotteslästerliche Schrift.

Da die gnädigen Herren geruhen, mich um meine Meinung über das Buch Gruets zu fragen, so scheint mir, vor allem müsse man auf rechtlichem Weg die Identität der Handschrift feststellen lassen, nicht sowohl wegen der Verdammung des Menschen, der schon genug verdammt ist, als vielmehr um der Folgen willen, nämlich, dass man nicht denke, es sei nur eine leichte Aufregung über ein Buch ungewissen Verfassers gewesen, und auch im Blick auf mögliche Anhänger und Helfershelfer. Ist das geschehen, so darf die Vernichtung des Buches nicht wie ein stilles Begräbnis sein, sondern ein öffentliches Zeugnis, dass man es verabscheue, wie sichs gehört, und das schon um des Exempels willen.

Freilich, da es sich ziemt, sich aller unanständigen Worte zu enthalten, und solche nicht aus unserm Munde gehen dürfen, so dürfen so abscheuliche Lästerungen nicht vorgelesen werden, als wir darüber keinen Schauder empfänden. Andrerseits aber ist es nach dem Gebot, das uns der Herr in seinem Gesetz gegeben, richtig, dass eine gute Obrigkeit die Frevel, die sie strafen will, auch genau bezeichnet. Ferner wissen die gnädigen Herren, dass das auch nötig ist aus vielen andern Gründen, die ich Ihrer eignen Erwägung überlasse, wiewohl, was uns von Gott geboten ist, für sich allein uns schon genügen muss.

Die Formulierung schiene mir, Verbesserung vorbehalten, gut, wenn sie folgenden Wortlaut oder Ausdruck hätte: Wie es geschehen ist, dass in dem und dem Jahr, an dem und dem Tag, Jacques Gruet sowohl wegen entsetzlicher Lästerungen gegen Gott und Verspottung der christlichen Religion, als auch wegen böswilliger Verschwörung gegen das gemeine Wohl dieser Stadt, Aufruhr und andere Übeltaten und Verbrechen verurteilt wurde, so ist nun auch die Auffindung einer Schrift erfolgt, geschrieben von seiner Hand, wie zur Genüge erkannt ist. In dieser Schrift sind mehrere so abscheuliche Lästerungen enthalten, dass keine menschliche Kreatur sie hören kann ohne Zittern; wie denn der Spott über das Christentum im allgemeinen so weit geht, dass gesagt wird, unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes und König der Ehren, vor dessen Majestät selbst die Teufel sich beugen müssen, sei gewesen ein Lump, ein Lügner, ein Narr, ein Verführer, ein Bösewicht und Elender, ein unglückseliger Phantast, ein geringer Mensch, der sich die höchste Ehre angemaßt habe, ein Frevler, der mir Recht gekreuzigt worden sei. Seine Wunder seien nichts als Zauberstücklein und Affenpossen gewesen, und der Sohn Gottes zu sein habe er vorgegeben, wie die Hierarchen etwas zu sein vorgaben in ihrer Synagoge; ein Heuchler sei er gewesen und gehängt worden, wie ers verdient habe, elend gestorben in seinem Wahnsinn, ein unvernünftiger Narr, ein großer Säufer, abscheulicher Verräter, gehenkter Bösewicht, dessen Auftreten der Welt nichts gebracht als Bosheit, Unglück und Unsinn, jede Schmach und Schande, die man ersinnen könne. Die Propheten seien nichts als Narren, Träumer und Phantasten; die Apostel Schurken und Spitzbuben, Abtrünnige, Tölpel, Wahnwitzige. Von der Jungfrau Maria sei zu behaupten, dass sie eine Hure gewesen, vom Gesetz Gottes, dass es nichts tauge, noch die, die es gemacht hätten; das Evangelium sei nichts als Lüge; die ganze Schrift sei falsch und böse, enthalte weniger Sinn als die Fabeln Aesops, und sei eine falsche, törichte Lehre.

Und nicht allein schäumt er so hässlich über gegen unsere hochheilige christliche Religion, sondern er leugnet jede Religion und alles Göttliche, indem er sagt, es gebe keinen Gott, und die Menschen den Tieren gleich stellt durch Leugnung des ewigen Lebens, und solche Lästerungen ausstößt, dass einem die Haare zu Berge stehen müssen, Lästerungen, die eine so stinkende Pest sind, dass ein ganzes Land dadurch verflucht sein kann, so dass alle, die ein Gewissen haben, Gott um Verzeihung bitten müssen, dass sein Name so gelästert worden ist unter ihnen.

Darauf sollte das Urteil in dieser oder ähnlicher Form folgen: Es ist nun zwar so geschehen, dass der Verfasser dieses Buches durch gerechtes Urteil bereits verurteilt und hingerichtet ist; damit aber die Rache Gottes nicht über uns bleibe, weil wir eine so entsetzliche Gottlosigkeit ertragen und verschwiegen hätten, und auch damit ein Exempel gegeben wird allen Helfershelfern und Anhängern einer so bösen, mehr als teuflischen Sekte, ja um allen das Maul zu stopfen, die solche Gräuel entschuldigen oder schützen wollen und um ihnen zu zeigen, was sie verdienen, haben die gnädigen Herren angeordnet - - - -

Je bälder, desto besser, denn das unglückselige Buch ist schon zu lang in den Händen der gnädigen Herren.

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