Bullinger, Heinrich - Zwinglis Endschicksal

Bullinger, Heinrich - Zwinglis Endschicksal

1531

Sinen Todt hatte M. Ulrich Zwyngli an der Cantzel offentlich und heymlich sinen Fründen vorgesagt. Dann dises Jars, alls der Krieg ward, hat er an der Canzel gesagt, die Pensiöner müssind in er1) tödten, dann sine Herren werden, Und es sye ein Kittin gemacht, die werde imm den Halß abziehen. Alls ein gemeinsamer Commet im Augsten erschien gägen der Nacht, und Herr Jörg Müller v. Baden, als Apt zu Wettingen, Zwynglin uff dem Kylchhoff zum großen Münster, alß man den Commeten sach, vraget: Lieber M. Ulrych, was meinend ir, daß diser Stern bedüte? - antwort er und runet das dem Apt in's Oor: Herr v. Wettingen, diser Stern zündet mir und manchem Eerenmann und guten redlichen Gesellen und Christen, die es gern recht und gut in der Eydgnoschafft sehed, uß, alls die schweer lyden müßend. So aber die Ruten Gotts am Huß Gotts anhept, so wee und aber wee den Widerwertigen des h. Evangeliums! Es wird Gott sind Sach nüt des minder erhallten; ob's schon dahin kumpt, das man meynen wirt, es werde Alle zu Grund gan. Als die Paner von Zürich ußzog, reyt M. Ulrich ouch mitt, nach dem alten Bruch, noch dem man zur Paner alle Zyt ein fürnemmen Diener der Kylchen genommen hat. Dorum man ouch jetzt siner ernstlich begärt hett; ouch von deßwegen, daß er raten kondt, darzu in großem Ansähen und Gunst by dem Volcke was, was er mit Vermanen und Trösten leyten kondt. Als er dann mitt ußzog, redt er dermößen mitt sinen vertruwten Fründen, das man wol marckt, daß er sich nitt me heym schatzt. Hans Maler, der Statt Winterthur Uberruter, sagt, wie er imm uff der Straaß gen Cappell, durch den Guntenbach, etwan wyt nachgeritten sye, habe Zwyngli insonders ynbrünstig mitt imm selbs Gott angerufft, imm sin Seel und Lyb, insonders aber sin Kylchen bevolhen. Und wie uff der Wallstat zu Schüren by Cappell nitt unlang vor dem Angriff Lienh. Burckhart, Pfister, zu imm sprach: „M. Ulrych, wie ist imm ietz? Wie gefallt sich dise Sach? Sind die Rieben gesalltzen? Wer will's ußessen?“ - antwortt Zwyngli: „Ich und mench Biderman, der hie stadt in Gotts Hand, deß wir läbendig und todt sind.“ -

Uff der Wallstatt nit wyt von dem Angriff lag ouch unter den Todten und Wunden M. Ulrich. Wie man plündert, was er noch läbend, lag an dem Ruggen und hatt sine beide Händ zamen gethan, wie die Bättenden, sach mitt sinen Ougen ob sich in Hymel. Do lüffend ettlich zu und vragtend, diewyl er doch so schwach und dem Todt noch were, ob man imm nitt söllte bringen ein Priester, der inn Bycht hörte. Doruff schüttlet er sin Houpt, redt nüt und sach über sich in Hymel. Wyter sagtend sy zue imm, wöllte er aber und könnte doch nitt me reden, söllte er doch die Muter Gotts imm Herzen han und die lieben Heiligen anruffen. Schüttlet Zwyngli widerum sin Houpt, und verharret mitt siner Gesicht zu stuunen am Hymel. Des wurdent die Fünförtischen ungedultig, fluchtend imm, sagtend, er were ouch der stettigen, kybigen Kätzern einer und wertt, daß man imm den Lon gäbe. Und kam hierzu Houptman Finkinger von Underwalden, ward erzürnt, nam sin Schwert und gab Zwynglin ein Wunden, daz er bald verschied. Also vilgedachter M. Ulr. Zwyngli, der Kylch Zürych Pfarrer und Diener, was under sinen Scheflin (by denen er biß in Todt bliben ist) wund uff der Wallstatt funden; aber von wegen des Bekantnus des waren Glaubens in christum, von einem Houptman und Pensiöner (wider die er alle Zyt zum strengisten geprediget hat( ertödt worden.

Am Morgen des folgenden Donstags ward by den Todten durch die Gefangenen erfraget, wer diser und jäner were. Da ward gespürt die höchst Fröud, do Zwyngli unter den Todten funden ward. Da ward ein wundergroß Zulauffen den ganzen Morgen, jedermann welt den Zwynglin sehen. Und ist nitt zebeschryben, was Gespeys und schmächlicher Worten wider inn von Vilen geprucht ward. M. Bartlime Stocker von Zug, ein Kaplon daselbs, sagt mir nach dem Krieg, das er ouch zu dem Zwyngli hinzu getrungen were. Und M. Hans Schönbrunner, der Chorherr rin und von Zyrich gen Zug gezogen was, und inn ouch besähen, habe sich Weynens nitt entheben mögen und gesprochen: „Wie du joch Gloubens halben rin, so weiß ich, das du ein redlicher Eydnoß rin bis. Gott verzyhe dir din Sünd!“ Sye hiemitt wider hinab gen Zug gangen, doher er allein kummen was, den Zwynglin und die Wallstatt zu besehen.

Hernach besammeltend sich vil der frächen Gesellen, Pensiöner, Kriegslüt und denen der Zwyngli zum Höchsten verhasset war. Die radtschlagetend, ob sy inn hättend in fünf Stuck zerhowen und in jedes der fünf Orten ein Stuck geschickt. Dargägen Andere sagtend, was sy den Kätzer also wöltin herum krätzen; man sölle inn verbrennen, alls ein Kätzer. Darzu kamend nun ettliche der Houptlüten, als der Schuldheyß Golder, der Amman Dooß rc. sagtend, sy söltend den Todten ruwen lassen. Es sye noch nitt da, da sy meynind; sy söllind bescheiden sin. Man bedörfe noch vil Glücks. Die fräch Rott aber antwortet, sy hätte sich redlich gehalten, das wölle sy noch; dorum sölle man sy mitt dem Ungericht fürfaren lassen. Und wie die Houptlüt sahend, daß wenig da ze erhalten was, giengend sy hinwäg. Die Rott aber ließ umschlahen in dem Läger: wer sähen wöllte den Kätzer und Verräter an einer frommen Eydgnoschafft, den Zwyngli, richten, der sölle uff die Walstadt kummen. Da besatztend sy über den Zwyngli ein Ungericht, verurteiltend inn zu vierteilen und darnach die Stuck mit Füwr zu verbrönnen. Welches Alls der Nachrichter von Lutzern mit vil schandlichen Worten volstrackt, und under anderem, wie er im sin Lyb uffschneid, sprach: „Es habend Ettlich den Zwyngli zügen, er sye Feldsiech; ich aber hab nitt gesunderen Lyb gesähen.“ In das Für ward ouch etwas Unrats von Schwynen, die sie gemetziget hattend in der Nacht, geworfen; damit die so die Eschen ufläsen wöltend, Suwäschen mitt Zwynglis Aeschen ufläsind. Und beschach das näben der Landstraß vor an der Büntten gägen dem alten Käller auf aller Hohy zu Schüren.

Quelle: Buxtorf-Falkeisen - Baslerische Stadt- und Landgeschichten aus dem Sechszehnten Jahrhundert

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