Bullinger, Heinrich - Anleitung für die, so wegen unsers Herrn Jesu Christi...

Bullinger, Heinrich - Anleitung für die, so wegen unsers Herrn Jesu Christi...

… und seines heiligen Evangeliums ihres Glaubens halben erforscht und mit allerlei Fragen versucht werden.

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(Bullinger gibt in dieser Schrift Anleitung, wie auf 61 von Inquisitoren in Baiern aufgestellte Fragen von Seiten derjenigen, welche inquirirt werden, würdig, dem Evangelium gemäß geantwortet werden möge. Er verfaßte dieselbe auf Ansuchen seiner Freunde in Augsburg. S. auch oben K. 116. S. 450.

I. Von der heiligen christlichen und römischen Kirche.

Frage 1.

Woran die wahre christliche Kirche erkannt werden möge?

Antwort.

Vornehmlich an dem wahren Glauben und reinen Worte Gottes, an der Liebe und der Unschuld oder Besserung des Lebens und an dem beständigen und geduldigen Anrufen des Namens Gottes. Denn unser Herr Christus spricht es klar aus: Wer aus Gott ist, der höret Gottes Wort. Ferner: Meine Schäflein hören meine Stimme, der Fremden Stimme aber hören sie nicht, sondern fliehen vor ihnen. Und wiederum: Wenn ihr einander liebet, wird man sehen, daß ihr meine Jünger seid. So spricht Paulus: Der feste Grund Gottes besteht und hat dieses Siegel: „Der Herr kennet, die sein sind!“ und: „Es stehe ab von der Ungerechtigkeit ein jeder, der den Namen Christi nennt!“ Ebenso: Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der wird selig werden.

Hieher gehören nun auch wohl die Sakramente, als äußere Zeichen der christgläubigen Kirche, die der Herr befohlen hat anzunehmen und nicht zu unterlassen, wie denn auch die Heiligen sie gehorsam und mit Glauben angenommen haben, wie man ersieht aus Matth. 28. Marc. 16. Luc. 24. und Apost. 2. 8. 10. etc. auch 1. Cor. 10 und 11. Weil aber viel fromme Leute, die wahre lebendige Glieder Christi sind, nothgedrungen und nicht aus Verachtung oft und viel der heiligen Sakramente ermangeln müssen, nichts desto weniger aber in rechtem Glauben und Geist, in Liebe und Besserung ihres Lebens mit Christo und seinen Gliedern vereinigt sind, auch sich in der Gottseligkeit üben, so wollte ich zwar diese heiligen Zeichen nicht übergehen, aber doch jene ersten als die vornehmsten erwähnen, an denen man erkennen mag, welches die rechte christliche Kirche ist.

Die Päbstler aber meinten hier, die ordentliche Succession der Bischöfe in der Kirche und geistlichen Regierung sei das rechte, gültige Zeichen der christlichen Kirche, und weil sie solche sogenannte Succession in ihrer römischen Kirche haben, sei bei ihnen die rechte, wahre alte Kirche und Kirchenregierung, so daß Alle, die außer dieser ihrer Regierung erfunden werden, nicht in, sondern außer der wahren Kirche seien. Die Succession aber nennen sie die Aufeinanderfolge, nach welcher je ein Pabst und Bischof an des andern, d.h. seines Vorgängers Statt getreten und geordnet worden ist und regiert hat, wie sie sagen, von dem heil. Apostel Petrus an bis auf den jetzigen Pabst, Paul den Vierten etc. Dazu sagen wir aber: Es fehlt ihnen darin vornehmlich, worin die Succession am kräftigsten sich bewähren und gelten möchte, nämlich wenn sie, wie sie auf den Stuhl und an die Stätte des seligen Petrus und der heiligen Bischöfe gekommen sind (was wir ihnen ja zugeben wollen), also auch im Geiste Christi, in ihrer Lehre, Treue, Liebe, ihrem Ernst und ihrer Frömmigkeit, Demuth und Geduld Nachfolger und Erben Petri, der Apostel und rechtschaffenen Bischöfe wären.

Weil es aber an dieser Hauptsache ganz und gar fehlt, wie alle Welt sieht, erfährt und weiß, weshalb es auch keines weitern Beweises bedarf, was ist ihr Geschwätz von der Succession anders denn ein leeres Getön und ein Blendwerk vor den Augen der Einfältigen? Der heil. Paulus spricht: Seid meine Nachfolger, wie ich Christi. Daraus sieht jedermann, daß die Nachfolge allein in Christo kräftig ist und wenn es da fehlt, so ist die Succession etwas Kraftloses und kann nichts beweisen. Man liest ja in ihren eigenen Kanones: Distinct. 40. Non est facile stare in loco Petri et Pauli, et tenere cathedram regnantium cum Christo. Quia hine dicitur: Non Sanctorum filii sunt qui tenent loca Sanctorum, sed quiexercent opera corum. Nos, qui praesumus, non ex locorum vel generis dignitate, sed morum nobilitate innotescere debemus, nee urbium claritate, sed fidei puritate. Non cathedra facit sacerdotem, sed sacerdos cathedram: non locus sanctifivat hominem, sed homo locum sanctificat. Non omnis sacerdos sanctus, sed omnis Sanctus est sacerdos. Qui bene sederit super cathedram, honorem accipit cathedrae: qui male sederit, injuriam facit cathedrae. (Bullinger selbst theilt in der deutschen Ausgabe der “Anweisung” diese Stelle lateinisch mit. Daher ist sie auch hier beibehalten worden. Ebenso unten.) Dieß alles hat die Meinung, der Stuhl, der Ort oder das Bisthum, in welchem ein Bischof sitzt, wo ehemals heilige Bischöfe gesessen sind, oder die Nachfolge oder Succession helfe an sich durchaus nichts, wenn nicht auch der, so an den Ort der Heiligen gekommen ist und jetzt dort sitzt, selbst heilig ist, und thut, wie sie gethan haben. Wer das aber nicht thue, erlange nicht nur keine Ehre und Würdigkeit von dem Stuhl, sondern schände denselben. Wir geben ihnen demnach zu ermessen, was für eine Ehre sie mit der Succession gewinnen, die sie uns zu beschämen immerdar vorhalten. Die obersten Priester und das ganze Priesterthum, das zu den Zeiten Christi auf Mose’s Stuhle saß, konnten ihre Succession bis zu Aaron hinauf rechnen; weil aber ihre Lehre und ihr Leben ungleich waren der Lehre und dem Leben Aarons und anderer heiliger Priester, so galt ihre Succession nichts wider Christum und seine Apostel, die darum weder falsche Lehrer waren noch außer der rechten Kirche irre gingen, weil die Pharisäer die Succession zeigen konnten, sie aber außer derselben waren. Denn es waren ihnen das Wort Gottes und die Ordnung Christi genug. Weil wir nun bis auf den heutigen Tag das Wort Gottes und die Ordnung Christi für uns haben, wird uns auch keine ordinaria successio episcoporum (ordnungsmäßige Succession der Bischöfe) zu Antichristen machen und von der heiligen Kirche absondern. Uebrigens bezeugt die Geschichte von Päbsten und Bischöfen, obschon von Anhängern des Pabstes selbst geschrieben, daß eine große Anzahl von Päbsten und Bischöfen, beinahe die Mehrheit mit großer Schande, durch Simonie, Umtriebe, Gewalt, Mord und Verrätherei den Stuhl bestiegen habe, so daß die Päbstler besser thäten, der bischöflichen oder päbstlichen Succession klüglich nirgends sich zu rühmen, damit der Unrath weniger aufgerührt würde. Aber Gott fügt es so, damit die Wahrheit ans Licht gebracht, und fromme Leute gewarnt und unter das Haupt, Christus, in die wahre christliche Kirche wieder gesammelt werden.

In alten Zeiten und vor tausend Jahren sagte man: Sedes Apostolica, Sedes Antiochena, Alexandrina, Romana, der apostolische Stuhl zu Antiochia, Alexandria und Rom, verstand aber unter dem Stuhle nicht bloß die Kanzeln oder den Predigtstuhl jener Orte, sondern vielmehr die Lehre der heil. Apostel oder ihrer Jünger und Gesandten, die sie anfangs an den gedachten Orten gepredigt haben. Deshalb haben die uralten Bischöfe oder Pfarrer, die in jene Stühle ordentlich von der Kirche erwählt getreten sind, die heil. apostolische Lehre aus den Schriften der Apostel gepredigt, geschützt und in der Kirche erhalten und ausgebreitet. Wo sind aber jetzt die apostolischen Stühle, Bücher und Predigten der Apostel sammt ihrem heiligen Wandel und Leben? Oder was lehren und predigen die, was für ein Wesen und Leben führen die, die sich des apostolischen Stuhles rühmen? Oder predigen und regieren sie nicht vielmehr wider der Apostel Predigten? Da bedarf es nicht vieler Worte und vielfacher Beweise; es sieht, weiß und erfährt es alle Welt, daß es dermaßen grob zugeht, daß, wenn die heil. Apostel und uralten Bischöfe wieder kämen und diese Päbste und Bischöfe in ihrer jetzigen Pracht und Herrlichkeit regieren sähen, sie dieselben nicht allein nicht für ihre Nachfolger in wirklicher Succession erkennen, sondern sie als ihre Feinde betrachten und anklagen würden. Paulus redet von dieser Päbste und Bischöfe sogenannter ordentlicher Succession Apost. 20: „Ich weiß das, daß nach meinem Weggange räuberische Wölfe unter euch kommen werden, die der Heerde nicht schonen. Und selbst aus euch werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger loszureißen und nach sich zu ziehen.“ Lieber, wer war heiliger zu den Zeiten, da dieß Paulus redete, als die heilige Schaar der Jünger Pauli? Doch sagt er: Aus euch, ja aus euch selbst werden verkehrte Leute ausgehen, die Heerde Christi zu verderben. Ist es sich denn zu wundern, wenn einst zu Rom und anderwärts heilige gute Pfarrer wohnten, daß jetzt dagegen so ganz andere, in Lehre und Leben verkehrte Leute dort sitzen? Wenn dann Paulus noch beifügt, jenes werde alsbald nach seinem Tod oder Abschied anfangen, so begreift ein jeder, wie ungültig der Päbstler Behauptung ist, es sei unmöglich, daß der Irrthum in der Kirche so alt wäre und daß der Herr gestattet hätte, daß die Verschlimmerung so lange gewährt habe; ferner sei es unmöglich, daß an den Orten, wo die Apostel gepredigt und so viele Bischöfe gewesen, jetzt so gar alle Verderbniß herrschen könne. Denn es sieht doch jedermann, wie die Sachen gestaltet sind, und man weiß auch leider wohl, unter was für einer Regierung und in welch jämmerlichem Verderben die allervornehmsten ältesten Kirchen des Orientes schmachten. Und davor haben uns die heil. Propheten und Apostel treulich gewarnt und das Alles vorher gesagt, damit wir uns daran nicht stießen, sondern uns vor aller Verführung desto mehr hüten möchten.

Frage 2.

Ob die römische Kirche die rechte katholische Kirche sei?

Antwort.

Seht, lieben Freunde, hier liegt der Haken, und alle Fragen von der Kirche gehen allein darauf, daß wir bekennen, die jetzige römische Kirche sammt ihrem Haupt, dem Pabst zu Rom, sei die rechte und einzige Kirche Christi, welcher die Gläubigen in der ganzen Welt ohne allen Widerspruch und Zweifel glauben sollen. Diese Frage aber ist wunderbar und seltsam, wie wenn Einer dich fragte, ob eine Stadt in einem Reiche das allgemeine Reich sei? oder ob ein Mensch in der Gemeinde die allgemeine Gemeinde sei? oder ob die Hand oder der Fuß am Leib der ganze Leib sei; denn wir haben schon vernommen, daß katholisch heiße allgemein, wissen jedoch wohl, daß katholisch auch für rechtgläubig gebraucht wird. Solche Fragen aber bekunden einen thörichten Sinn oder aber einen unleidentlich großen Hochmuth, daß nämlich ein Theil will gehalten und geachtet sein für das Ganze, und mächtig und gewaltig über Alles in dem ganzen Reiche, in der ganzen Gemeinde oder am ganzen Leibe. Darum gebe ich jetzt auf die Frage von der römischen Kirche, ob sie sei die rechte katholische Kirche, an die Der selige Apostel seinen Brief, genannt Epistel an die Römer, geschrieben, und wo er zwei Jahre gefangen lag und das Evangelium predigte, so bekenne ich, daß jene uralte römische Kirche eine rechte, wahrgläubige Kirche Christi ist, aber doch nicht die allgemeine oder das Haupt aller Kirchen, sondern nur ein Glied der allgemeinen Kirche, unter dem einigen Haupte Christo, gleicher Gewalt, gleichen Wesens und Ansehens mit und neben den anderen Kirchen Christi hier auf Erden, deren Diener nicht größer noch mehr werth sei, als die Diener anderer Kirchen sind. Denn also bekannte und sprach auch der heil. Hieronymus von der römischen Kirche und ihren Dienern, den Bischöfen oder Päbsten: Nec altera Romanae urbis ecclesia, altera totius orbis existimanda est. Ubicunque fuerit episcopus, sive Romae, sive Eugubii, sive Contantinopoli, sive Rhegii etc., ejusdem meriti, ejusdem est et sacerdotii. Die Meinung dieser Worte ist, die Kirche zu Rom sei eben eine Kirche wie die anderen Kirchen durch die Welt hin; es habe auch der römische Bischof nicht mehr Würde, noch ein höheres Priesterthum denn andere Bischöfe in kleinen oder großen Städten.

Fragt ihr aber nach der römischen Kirche, wie sie jetzt unter den Päbsten ist und seit etlichen hundert Jahren war, so ist sie der uralten, ersten römischen apostolischen Kirche ganz und gar ungleich, und darum auch nicht für die allgemeine oder katholische Kirche, wofür sie sich ausgibt, zu halten. Denn die Zeichen der wahren Kirche Christi, wie die Apostel sie zu Rom und anderswo aufgebaut, werden in ihr nicht mehr gefunden. Der Geist Christi, der da reine, demüthige und bescheiden Herzen liebt, flieht die Unreinigkeit und alle stolze, hochmüthige Pracht. Das Wort der Wahrheit und die alleinige Stimme des guten Hirten wird nicht nur in der römischen Kirche nicht mehr allein und klar gefunden und gepredigt, sondern auch verboten und mit Schwert und Feuer verfolgt; dagegen werden dem Worte Christi widerwärtige Menschenlehren mit Falschheit und Gewalt frommen Leuten auf den Hals gedrückt. Der einfältige Glaube, der alles Heil dem einigen Mittler Gottes und der Menschen, dem wahren Gott und Menschen, unserm Herrn Jesu Christo zuschreibt, wird verdunkelt, und was man in Christo allein suchen sollte, auch in Kreaturen und allerlei Menschenfündlein gezeigt. Das Anrufen des einigen Gottes durch den einigen Fürsprecher Christum wird auf eine Menge Kreaturen hinüber gelegt und die werden dann noch als Bildnisse in der Kirche den Einfältigen, ja allem Christenvolke zur Verehrung hingestellt. Die Sakramente Christi werden ohne Scham zum Gewinn und Erwerb verwendet und sind dermaßen mit Menschensatzungen und Willkür umfangen, daß der Gläubige schwerlich die erste Einsetzung und Einfachheit darin erkennen mag. Welche Liebe und welcher Friede aber in der römischen Kirche sich finden, von der nun seit Jahrhunderten und noch immerfort die allerschwersten, blutigsten Kriege und Verheerungen von Leuten und Landen angestiftet und dadurch eine Unzahl von Wittwen und Waisen entstanden sind, ist allen denen, die nicht mit Gewalt blind sein wollen, nur zu wohl bekannt, und eher als etwas Beklagenswerthes zu beweinen denn als etwas Zweifelhaftes zu beweisen. Denn jene Unthaten sind nur allzu kundbar in der ganzen Welt. Sie weiß auch wohl, was der Hof und Kirche zu Rom besonders in der Mehrheit ihrer hohen geistlichen Personen oder Glieder für ein Wesen und Leben führt, während doch Paulus spricht, daß Alle, die sich für Christgläubige ausgeben, aber ohne Reue und Buße fortfahren den Götzen zu dienen, Alle, die geizig und räuberisch sind, auch die Unkeuschheit treiben mit Hurerei, Ehebruch und Greueln, ferner die in Völlerei und Schwelgerei leben, lästern, neiden und fluchen, das Reich Gottes nicht erben werden; es sollen auch die Christgläubigen keine Gemeinschaft mit ihnen haben. Es kann demnach jeder Christ bei sich selbst jetzt leicht urtheilen, was er von gedachter römischer Kirche halten und ob er sich in sie verpflichten oder von ihr unter Christum und in sein Reich fliehen solle. Wie denn unser Herr seine Gläubigen lehrt, Offb. Joh. Kap. 17 und 18. Es ist wahrlich ein großer Jammer, daß man fromme, biedere Leute, immer noch mit der römischen Kirche beschweren will und immerdar noch von ihr redet, als wäre es die alte apostolische römische Kirche. Es sieht doch Jedermann wohl, wie sie ist, was in ihr geschieht und was von ihr zu hoffen. Darum entschlage man sich ihrer und halte sich zu dem Herrn Christus und seiner christlichen Kirche, von der wir bekennen, daß sie die heilige Kirche und die Gemeinschaft der Heiligen sei.

Frage 3.

Wo denn die wahre allgemeine christliche Kirche bisher gewesen und noch zu finden sei?

Antwort.

Die Donatisten, wider die der heil. Augustinus geschrieben hat, vermeinten die Kirche Christi an einen gewissen Ort zu binden, daß sie nämlich nirgends als nur in Afrika in ihren donatistischen Winkeln zu finden, aber sonst allenthalben erloschen sei. So meinen auch diese Leute die Kirche Christi in das römische Papstthum zu pferchen, als ob sonst keine christliche Kirche denn allein die römische sei, und welche nicht römisch sei, die sei gar nicht christlich. Darum haben sie auch die griechischen und orientalischen Kirchen in Bann gethan und große Trennungen, Aergernisse und Unruhen angerichtet in der allgemeinen Kirche Christi. Wir behaupten aber, weil die Kirche unsers Herrn Christi katholisch oder allgemein sein soll und ist, mag und soll sie an keinen Ort gebunden oder eingeschlossen werden. Denn sonst könnte sie nicht katholisch oder allgemein heißen. Bleibt sie aber katholisch oder allgemein, wie die Wahrheit uns dessen Zeugniß gibt, so war sie bisher und ist noch an allen den Orten und Enden, da wahre Glieder sind, nämlich solche, die an Christum glauben, ihn als ihren einigen Hirten und Heiland anrufen, anbeten und verehren und hiermit die vornehmsten Kennzeichen an sich tragen, von denen oben geredet wurde. Und damit haben wir den Ort oder die Stätte benannt, wo die wahre allgemeine Kirche bisher war und noch zu finden ist. Wir reden aber hier von der allgemeinen Kirche auf Erden, nicht von derjenigen im Himmel. Denn ihre Stätte ist den Gläubigen auch kund und offenbar.

Was sagen aber diese Leute dazu, daß, ehe Rom zu einer Kirche Christi wurde, bereits eine herrliche und weit verbreitete Kirche auf Erden war, die nicht römisch, sondern die Kirche Christi hieß und an allen den Orten und Enden sich befand, wo die Gläubigen Christen waren. Denn die Päbstler selbst bekennen, daß der heil. Petrus erst im andern Jahre des Kaisers Claudius, wohl zehn Jahre nach Christi Himmelfahrt, gen Rom gekommen sei, die Predigt des Evangeliums zu empfangen. Denn das Evangeliums ist nicht zu Rom entsprungen, sondern von Jerusalem nach Rom und in alle Welt gebracht worden. Darum nannten auch Etliche Jerusalem eine Mutter der Kirche. Rom aber hat schon zeitlich, ja nur viel zu frühe angefangen, nach der Herrschaft über alle andern Kirchen zu trachten und deßhalb viel Trennung und Unfrieden angerichtet, ein großes Gift für die allgemeine christliche Kirche. Es gibt nicht allein in Griechenland, sondern auch in den Ländern des Mittags und Sonnenaufganges eine Menge Gläubiger, die Christum Jesum nicht nur kennen, sondern auch bekennen, anbeten, anrufen und verehren und gewiß auch in das Reich Christi gehören, obgleich sie unter der türkischen Bedrängung und unter der äußeren Herrschaft anderer Tyrannen stehen. Diese alle bekümmern sich um den römischen Pabst und die römische Kirche, um ihre Gebräuche und Sitten, die von ihr in Widerspruch mit Gottes Wort erfunden wurden, so wenig als wir heut zu Tage in diesen unsern Landen. Sollten sie aber darum nicht in das Reich Christi gehören? Darum hat die Kirche Christi auch in jenen Gegenden ihre Stätte. Als einige von diesen Völkern vor Zeiten einmal von einem Pabste dringlich aufgefordert wurden, sich der römischen Kirche zu unterwerfen, gaben sie dem Pabste nach dem Zeugniß der Geschichte das zur Antwort: Von deiner Gewalt und Pracht haben wir wohl vernommen; deinen Geiz mögen wir nicht sättigen; deine Tyrannei und deinen Uebermuth wollen wir nicht leiden, und darum bleiben wir, wie wir sind. Damit haben aber diese frommen Leute sich nicht geweigert, der christlichen Pflicht oder Kirche zu gehorchen, sondern nur des pfäffischen Muthwillens sich erwehrt; sie waren darum nichts desto minder Liebhaber und Diener Christi, ja um so viel mehr, je weniger sie sich dem Pabst unterwarfen.

Frage 4.

Ob außerhalb der römischen Kirche weder Heil noch Vergebung der Sünden sei? und ob Alle, die sich vorsätzlich von ihr absondern, für Ketzer oder Abtrünnige zu halten seien?

Antwort.

Wir unterscheiden zwischen folgenden zwei Fragen: Ob außer der römischen Kirche Heil und Verzeihung der Sünden zu finden sei? Denn wir glauben und behaupten, daß außer der heil. christlichen Kirche so wenig Heil zu sehen und zu hoffen sei, als in der Sündfluth außer der Arche Noahs zu finden war. Denn in der Gemeinschaft der Heiligen findet man den wahren Heiland Christus Jesus, Verzeihung der Sünden und alle heilsamen Gaben und Gnaden Gottes, verkündigt durch das Wort des heil. Evangeliums und in die Herzen geschrieben und eingegossen von dem heiligen Geist zum ewigen Leben. Außerhalb dieser Kirche sind allerlei Irrthümer in der Welt, das Heidenthum, das Judenthum, die mohammedanische Sekte sammt andern Sekten und den päbstlichen Satzungen und Superstitionen (Aberglauben), was Alles der wahren Kirche Christi unbekannt und zuwider ist. Darum kann und mag das Heil und die Verzeihung der Sünden wohl außerhalb der römischen Kirche erlangt werden. Ja die Gläubigen, die dem Worte Christi glauben und die Kraft der Erlösung Christi und des Glaubens empfinden, dabei auch sehen, wie es in der römischen Kirche zugeht, in welcher der Himmel und die Verzeihung der Sünden, auch alle heiligen Dinge feil sind und mit Geld, ja mit ungerechtem Gut gelöst werden, als ob sie verpfändet wären, wie man solcher unverschämten Lasten nur zu viel in jenem schnöden römischen Ablaßkram erfahren hat, sie mögen sich nicht lange in solcher Kirche säumen und sich befleißen sich solcher dinge keineswegs theilhaft zu machen, sondern ohne Geld mit ruhigem, gläubigem Herzen zu der Gnade Gottes zu eilen, da ja die Menschen Jesaias 55. von Gott berufen und dafür bestraft werden, daß sie nicht zu ihm kommen, sondern lieber ihr Geld um das ausgeben, was ihnen kein Heil bringt. Lieber, lies dieses benannte Kapitel im Jesaias selbst genau nach. Wie aber solcher Kram in der Kirche Christo und demselben Petrus, dessen sich die römische Kirche gar sehr aber mit Unrecht rühmt, so höchst widerwärtig sei, hat der Herr selbst damit bewiesen, daß er zwei Male, Joh. 2. und Matth. 21., die Käufer und Verkäufer mit der Geißel zum Tempel hinaus gejagt hat. So lesen wir in den Geschichten der heil. Apostel, als Simon der Zauberer gesehen, daß durch die Handauflegung der Apostel der heilige Geist mitgetheilt wurde, bot er ihnen Geld an und sagte: Gebet auch mir diese Macht, daß, wem ich die Hände auflege, der den heiligen Geist empfange. Petrus aber sprach zu ihm: Dein Geld sei sammt dir verdammt, weil du meinest die Gabe Gottes durch Geld zu erkaufen. Du hast weder Theil noch Gemeinschaft an diesem Worte, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott; Ap. 8. Weil denn diejenigen von Gott durch Petrus verflucht werden als Leute eines nicht aufrichtigen Herzens, und weder Theil noch Gemeinschaft an Gottes Reiche haben, welche die Gnaden und Gaben Gottes, wozu vorab das Heil und die Verzeihung der Sünden gehört, kaufen und verkaufen, worin gerade die jetzige römische Kirche sich schuldig geben muß, so sucht der Rechtgläubige bei ihr weder Heil noch Verzeihung der Sünden, sondern flieht von ihr zu dem Herrn Christo und begehrt von ihm mit wahrem Glauben Verzeihung der Sünden und Seligkeit.

Diesem allem setzen die Schirmer und Prediger der päbstlichen Kirche etwas entgegen, womit sie uns aufs höchste verhaßt zu machen suchen; sie sprechen nämlich: Wenn in der römischen Kirche allein das Heil und die Verzeihung der Sünden nicht gefunden würde, so wären ja alle unsere Vorältern nicht gerettet oder selig worden, da sie von keiner andern als nur von der römischen Kirche wußten. Aber wir haben von der Seligkeit unserer Voreltern eine gute Hoffnung, nicht darum, weil sie unter der römischen Kirche gelebt und ihren Zwang und Drang erlitten haben, sondern weil sie schlecht und recht bei den wahren Hauptpunkten der allgemeinen christlichen Kirche geblieben sind, nämlich bei den 12 Artikeln des wahren christlichen Glaubens, bei den Geboten Gottes und dem heiligen Gebete, von Anfang das Vaterunser genannt, welche Stücke sammt der h. Taufe u.a. nicht von der römischen Kirche erfunden sind, sondern von der heiligen apostolischen Lehre und Kirche noch herrühren. Gott hat es gnädiglich gefügt, daß neben so vielfältigen Satzungen, Ordnungen und Bräuchen der römischen Kirche diese Hauptstücke aufrecht bleiben. Dann gab Gott auch die Gnade, daß, wenn die frommen Leute in die höchste Noth, in Todesnoth kamen, sie meistens des päbstlichen Aberglaubens wenig achteten, sondern Alles auf die Gnade Gottes und auf den Tod Christi setzten und sich im Bekenntniß der Artikel des Glaubens und im Beten des Vaterunser bis an ihr Ende übten, so daß, obgleich sie mit päbstlichen Irrthümern und Aberglauben in ihrem Leben beladen waren, doch Gott sie an ihrem Ende barmherzig wie den Mörder am Kreuz begnadigte und des unseligen Pabstthums nicht entgelten ließ. Ueber dieß Alles fanden sich unzählig viel fromme Leute zu allen Zeiten, die an Rom, an Pabst und an den Pfaffen sammt ihrem Wesen wenig Gefallen hatten, sondern sich vielfältig und immerfort über die mancherlei Beschwerden des Pabstthums beklagten. Es sandte auch Gott zu allen Zeiten und besonders wenn der römischen Kirche Zwang und Pracht groß war, fromme, gelehrte Männer, die biedern Leuten rechten Bericht gaben, die Falschheit der sogenannten Geistlichen ihnen offenbarten und aus Gottes Wort das wahre Heil in Christo predigten. Freilich wurden solche mehrentheils getödtet, wie Christus, die Propheten und Apostel Solches vorausgesagt. Dennoch blieb ihre Lehre auf Erden zum Trost der Auserwählten, so daß also zu allen Zeiten der Herr seine Auserwählten hatte, auch mitten im Pabstthum. Es trug sich da zu und geschieht noch heute, wie zu den Zeiten des Elias. Denn wie dieser meinte, er sei allein übrig geblieben von allen Rechtgläubigen und die Kirche Gottes sei ausgereutet, da antwortete ihm Gott. Ich habe noch 7000 Mann in Israel, die ihre Kniee vor dem Baal nie gebogen haben. Wahrlich, so hat auch zu allen Zeiten Christus die Seinen, die ihre Kniee vor dem Pabstthum nicht gebeugt haben noch künftighin beugen werden. Wie ja auch in der Offenbarung, die Christus dem heil. Johannes ertheilt hat, nachdem die großen Gefahren, die über die Kirche kommen würden, geschildert worden, viele Tausende, ja eine unzählbare Menge genannt werden, denen die bezeichneten Gefahren nichts schaden werden. Und wenn auch viele unserer Väter oder Vorältern dem Pabstthum mehr anhingen, als ihnen heilsam war, wie ja auch die Weissagungen voraus verkündigt, die Verführung und der Jammer des Verderbens werde groß werden, so folgt doch daraus so wenig, daß die römische Kirche die einige katholische Kirche sei, als sich folgern läßt, die Kirche Jerobeams sei darum die wahre einige Kirche Gottes gewesen, weil eine große Anzahl der Israeliten und noch dazu viele Jahre lang ihr anhingen. Es befanden sich damals gleicher Weise Viele im Königreich Israel, die darum nicht verloren waren, weil Jerobeam das Reich an sich gerissen. Denn Gott hatte auch dort allezeit seine Auserwählten, um derentwillen er vornehmlich seine Propheten schickte, die Irrthümer zu offenbaren und die rechte Wahrheit zu lehren.

Weiter bekennen wir, daß alle die mit Recht für Abtrünnige und Ketzer sollen gehalten werden, die sich mit Vorsatz muthwillig, böslich und beharrlich von der heiligen allgemeinen christlichen Kirche absondern. Absondern aber und Ketzerei stiften halten wir für einerlei. Denn das Wörtlein Ketzer ist aus dem Hebräischen genommen, wo kazar heißt abhauen, abschneiden oder absondern. Wir gebrauchen es auch in der deutschen Sprache so. Denn von einem Stücke Tuch oder Fleisch, das zerzaust, zerfetzt und zerrissen ist, sagen wir, es sei wüst zerketzert. Darum bedeutet das Wörtlein Kätzer (Ketzer) einen Zertrenner, Zerreißer oder einen Abtrünnigen, und nicht einen der unnatürliche heidnische Unkeuschheit treibt, daß er des Feuertodes würdig ist. Obwohl auch dieser mit Recht und eigentlich ein Ketzer heißt, weil er die Ordnung und den Bund Gottes zerrissen und zertrennt hat, wovon geschrieben steht, nachdem allerlei Thiere zu Adam, dem Menschen geführt worden und unter allen keines sich gefunden, das ihm gleich war und sein Gefühle oder Gemahl sein konnte und sollte, so habe Gott ein Weib aus der Seite des Menschen gestaltet und verordnet, daß ein Mann und ein Weib einander zur Ehe haben und diese zwei ein Fleisch sein sollten. Die Lateiner nennen die Ketzerei und Ketzer (haeresim et haereticos ab electione) von dem Erwählen her; weil Gott uns in seinem Wort durch seine Propheten und Apostel genau und genugsam vorgeschrieben und gelehrt hat, was wir thun und glauben sollen, indem er sprach: Was ich dir gebiete, das thue, und thue mir nichts dazu noch davon. Denn es soll nicht ein Jeder thun, was ihm gutdünkt, sondern das, was ich euch gebiete. Wer jetzt diesem Gebote zuwider sich selbst Anderes, als ihm Gott in seinem Worte vorgeschrieben hat, erdenkt und erwählt, und sich selbst von dem Worte Gottes und denen, die dem Worte Gottes anhangen, abtrennt und also einen besondern Weg und eine eigene Weise anhebt, Andere auch hineinzieht, und darin stolz, eigennützig, zanksüchtig, halsstarrig trotz allem bessern Unterricht verharret, den hat man vor Zeiten einen Ketzer genannt. Denn die Lateiner haben das Wörtlein Ketzer mit dem Wörtlein Sektirer (haeresim per sectam) ausgelegt. So haben wir Deutsche die Ausdrücke Sekte und Sektirer angenommen und brauchen sie auch als deutsche Wörter. Sie werden aber nicht von jedermann verstanden, weil sie aus dem Lateinischen herkommen. In dieser Sprache heißt secare sägen, zerschneiden, spalten oder theilen, secta und sectio eine Spaltung, Schnitt oder Abtheilung, wie wenn ein ganzes Holz in viele Stücke zersägt wird, oder wie da, wo man anfangs Einer Meinung war, hernach sich trennt oder zertheilt und Einer dieser, der Andere einer andern Meinung wird, auch der dritte und vierte seine besondere Weise hat und führt. Da heißt nun jeder Theil dieser Absonderung eine Sekte.

So gab es unter den alten heidnischen Weisen allerlei Sekten, als der Epikuräer, Stoiker, Peripatetiker u.a., von denen der eine Theil dieser, der andere einer andern Meinung war. Doch haben die Uralten unterschieden zwischen haeresis und schisma. Doch darüber hier nur so viel, daß nicht jede Mißhelligkeit eine Ketzerei ist. Als die Apostel anhoben das Evangelium zu predigen und die Kirche zu erbauen, d.h. Christo ein Volk aus Juden und Heiden zuzuführen, die in ihm allein Alles suchten, da wurde die Lehre der Apostel eine haeresis oder Sekte gescholten, wie man klar aus Apost. 24. ersieht. Die Juden schalten sie aber darum eine Sekte, weil der Apostel Lehre eine andere Weise hatte, als man bisher bei ihnen im Judenthum gewohnt war. Sie hielten sie deßhalb für eine Spaltung oder Trennung und Abweichung von dem Glauben, den sie für den wahren hielten, während sie den Glauben der Christen für falsch hielten.

Darum wo eine Trennung, Spaltung oder Ketzerei entsteht, da muß zuvor eine Einigkeit, ein Ganzes gewesen sein, welches die Ketzer zertheilen. Deßhalb ist darauf zu achten, wie das Ganze und die Einigkeit, die von den Ketzern zertrennt wird, beschaffen war. Denn es gibt Einigkeiten, die nicht gut sind und deren Zerstörung und Zertrennung heilsam ist, wie die Einigkeit böser, schädlicher Leute, die dadurch Verderben stiften und Andere mit sich ins Verderben ziehen. Darum hat unser Herr im Evangelium gesprochen: Ihr sollt nicht meinen, daß ich gekommen sei, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, zu entzweien einen Menschen mit seinem Vater, und die Tochter mit ihrer Mutter und die Sohnsfrau mit ihrer Schwieger; Matth. 10. Und obschon der Herr also redete, folgt doch nicht daraus, daß er ein Sektierer oder Zerreißer gewesen, so wenig als die heiligen Apostel als Ketzer oder Schismatiker oder Zertrenner beschuldiget zu werden verdienten, weil sie Spaltungen im Judenthum und Heidenthum gemacht und die Menschen aus dem Judenthum und Heidenthum in die Einigkeit der christlichen Kirche eingeführt haben. Darum müssen wir jetzt untersuchen, welches die rechte Einigkeit sei, die Niemand trennen soll. Wie ein einziger Gott, Eine Welt, Ein Sohn u.s.w. ist, so ist nur eine einzige göttliche Wahrheit, ein einziger wahrer christlicher Glaube und eine einzige allgemeine christliche Kirche, in welcher alle Gläubigen nur der göttlichen Wahrheit horchen und anhangen, den einigen wahren Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele und aus allen ihren Kräften lieben, ihn allein anbeten, anrufen und verehren. Und weil derselbe seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn Jesum Christum, zum einzigen Heiland der ganzen Welt dahin gegeben hat, in welchem allein alles Heil und Vollkommenheit ist, so suchen die Gläubigen in der Kirche all ihr Heil allein in den Mittler Jesu Christo. Den halten sie für ihr einziges Haupt, für ihren einzigen Hirten, für ihren einzigen Hohenpriester und Fürbitter vor Gott dem Vater, für ihr einziges, ewiges Opfer, einst am Kreuze dargebracht zu vollkommener Verzeihung aller Sünden, für ihre Gerechtigkeit, kurz für Alles, was ihnen zum ewigen Leben, auch zum frommen, unschuldigen Leben hier in Zeit nütze und nothwendig ist. Dabei bedürfen sie keiner andern Mittel, Zusätze und Nothbehelfe; denn sie haben allein in Christo Alles und brauchen und wünschen auch nichts mehr. Und hierin halten sie auch mit einander fest die wahre Einigkeit des heil. christlichen Glaubens, der sich einzig und allein auf Gott den Vater verläßt durch unsern Herrn Jesum Christum, Gottes Sohn, in Kraft des heiligen Geistes. Dazu dienen auch die heil. Sakramente Christi, die Taufe und das Nachtmal des Herrn, womit sie sich Gott und seiner Kirche verpflichten und wobei sie einander in der Liebe dienen. Dieß ist jenes Ganze, jene wahre Einigkeit, deren Zertheilung Ketzer macht. Beispiele dafür haben wir unter dem alten Volke Gottes. Diesem hat Gott geboten, daß es ihn lieben sollte von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von allen Kräften; er hat sie darum alle zu Einer Gemeinde aufgerichtet; er hat ihnen angeordnet Eine Stiftshütte oder Einen Tempel, Eine Bundeslade, Einen Altar, Ein Opfer, Ein Priesterthum. Und auch ihre Sakramente, die Beschneidung und das Osterlamm dienten zu dieser Einigkeit, daß sie ein einziges Volk wären unter Einem Gott und Glauben. Er verbot ihnen deßhalb andere Götter zu verehren, d.i. Alles das oder Alle die, die außer ihm, dem einigen wahren Gott als Götter, Tröster oder Helfer geachtet werden möchten; er verbot ihnen, andere Gottesdienste anzunehmen oder jemals anderswo als allein an Einem Orte, auch nicht anders, als er es angeordnet hatte, zu opfern. Dawider handelte gerade der erste König in Israel, Jerobeam; denn er zertrennte die einzige Gemeinde, zog die zehen Stämme ab von dem einzigen Tempel, Altar, Priesterthum, Opfer und von dem vorgeschriebenen bestimmten Gottesdienst, und heute nach seinem Gutdünken zwei Kirchen oder Tempel, setzte Götzen darein, errichtete Altäre, erwählte Priester nach seinem Gefallen u.s.w., wovon zu lesen 1. Kön. 12 und 13. Dieser war der erste Zertrenner der Kirche Gottes, der auch darum im Worte Gottes gar oft und schwer getadelt wird. Ihm folgte nachher der König Ahab, der erst den unreinen Baalsdienst hinzuthat und das Volk noch weiter von der rechten Bahn und Einigkeit abführte. Deßhalb hat sie auch Gott sammt ihrem Hause ausgerottet.

Nachdem aber die seligen Apostel Christi Christum und alles Heil allein in Christo dem Menschen gepredigt und auf diesen Felsen die einzige heilige Kirche in der Welt gebaut und ihre Schriften sammt den prophetischen Büchern, worin alle vollkommene Lehre begriffen ist, der Kirche hinterlassen hatten, weissagten sie auch in diesen Schriften, daß Zertrenner der Lehre, des Glaubens und der Kirche kommen werden. Solche sind denn zeitlich eingebrochen und haben je länger je mehr zugenommen. Etliche derselben verleugneten die heilige Dreifaltigkeit, etliche die Gottheit, etliche auch die Menschheit Christi, etlicher verringerten die menschliche Verderbniß oder die Erbsünde und maßen der Menschen Kräften und freiem Willen, ferner den Werken des Gesetzes und dem menschlichen Verdienste wider die Gnade Gottes die Gerechtigkeit und Seligkeit zu. Diese Alle zerrissen die göttliche Schrift und die heil. Kirche, indem sie sich selbst einen Anhang machten und thörichte Menschen durch ihre Abwege von der rechten einzigen Straße und der apostolischen Kirche zum Verderben abführten. Ueberdieß erdachten sie meistentheils alle ihre Dinge aus sich selbst oder nahmen es von Andern an, wie es ohne Grund der Schrift ihnen angegeben wurde, und schirmten und breiteten es aus mit Hartnäckigkeit. Deshalb wurden sie Alle von der uralten Kirche mit Recht für Abtrünnige und Ketzer gehalten.

Darum wenn wir jetzt zu unsern Zeiten vorbenannte Irrthümer und Spaltungen erneuerten oder auch etwas aus uns selbst außer und zuwider der heiligen Schrift erdächten oder die Schrift und die einzige christliche Gemeinde oder Kirche zerrissen und die abgerissenen Theile von Christo ab und uns zuführten, und darüber aus der göttlichen Schrift eines Besseren berichtet doch von dem gefaßten Irrthum nicht weichen wollten; ferner wenn wir einen andern Gott, ein anderes Evangelium und einen andern Christum predigten, die Herzen der Gläubigen spalteten, daß sie nicht Gott allein von ganzem Herzen, sondern daneben auch andere Götter lieben möchten, auch nicht Gott allein, sondern noch die Kreaturen dazu anrufen, anbeten und verehren sollten; ferner, wenn wir lehren würden, daß das Heil und alle Vollkommenheit nicht in Christo allein, sondern in vielen andern Dingen mehr beruhe, daß zwar Christus unser Herr in der Schrift wohl heiße der Hirt, das Haupt, der oberste Priester, der Fürbitter und Fürsprecher, das Sühnopfer für die Sünden, die Gerechtigkeit und das Lösegeld für die Gläubigen, aber daß er das Alles nicht so einzig und allein sei, daß nicht auch andere Dinge und Personen mit dazu gehörten; wenn wir dann auch die Sakramente Christi noch anders gebrauchten als zur Förderung der unzertrennlichen Einigkeit der christlichen Kirche: ja, wenn wir dieß Alles oder etliche obgemeldeter Stücke thäten, möchten wir wohl als Ketzer oder Sektirer oder Zerreißer des wahren Glaubens und der Einen Kirche Christi verdächtigt werden. Weil wir aber all unsern Fleiß, Mühe und Arbeit dahin kehren, daß die alte und erste Einfalt und Einigkeit des wahren Glaubens und der rechten christlichen apostolischen Kirche wieder hergestellt werde und daß Christus in den Herzen der Gläubigen allein alles das gelte, was er billig gelten soll, und wir in ihm hier fromm und dort ewig leben, so hoffe ich zu Gott, es werden uns keine ehrbaren, gottesfürchtigen Menschen darum für Ketzer ausschreien und verdammen, daß wir die römische Kirche verlassen haben, zwar nicht die alte in dem, was sie gemein hat mit der allgemeinen apostolischen Kirche, sondern bloß die neue, und zwar darin allein, was sie aus sich selbst dem Worte Gottes ungemäß aufgestellt und wodurch sie viele Mißbräuche und Aergernisse angerichtet hat. Zudem ist sie sonst noch voll Sünden und Schanden, weßhalb der Herr uns gebietet, daß wir von ihr ausgehen; Röm. 16. 2. Cor. 6, 1ff, 18, etc.

II. Von dem freien Willen des Menschen.

Frage 5.

Ob ein Mensch zum Guten und zum Argen einen freien Willen habe?

Antwort.

Die Frage von dem freien Willen des Menschen ist das Fundament oder der Grund der hoffärtigen Lehre von dem Verdienste des Menschen; gerade als ob etwas Gutes in uns als aus uns selbst sei, und als ob wir aus unsern Kräften das Gute frei thun könnten, wofür sodann Gott uns das ewige Leben als einen verdienten Lohn schuldig sei. Aber das Wort der Wahrheit lehrt uns ganz anderes, nämlich, daß der Mensch aus sich selbst nichts Gutes vermögen, auch aus seinen Kräften das Gute nicht thue. Denn der Verstand und Wille des Menschen, der noch nicht von Gott wiedergeboren, ist dermaßen durch die erste Verderbniß und Sünde verdunkelt, entkräftet und mit Gebrechen und Sünden umfangen und gefangen, daß er von Natur zum Bösen und nicht zum Guten geneigt und geschickt ist. Was für Freiheit oder freien Willen kann man aber einem solchen Menschen zuschreiben? Paulus spricht: Der Sinn des Fleisches ist eine Feindschaft wider Gott; denn es unterwirft sich nicht dem Gesetze Gottes; denn es vermag es auch nicht u.s.w. Siehe weiter Röm. 3.

Die aber aus Gnaden durch den Geist Gottes wiedergeboren sind, von denen ist der Spruch Christi zu verstehen: Wer Sünde thut, der ist der Sünde Knecht; wenn euch aber der Sohn frei macht, dann seid ihr wahrhaft frei. Frei nämlich von der Sünde, von Teufel, Tod und Hölle, so daß ihr auch frei und gutwillig aus dem Geiste Gottes ungezwungen und ungedrungen das Gute thut, das ihr thut. Solche erlöste und in christliche Freiheit gesetzte Menschen schreiben daher alles Gute, was sie thun, nicht ihren Kräften oder ihrem freien Willen, sondern der Gnade Christi und dem Wirken des Geistes Gottes zu, welcher sie zur Wirksamkeit treibt. Denn Christus unser Herr spricht: Wer in mir bleibt und ich in ihm, der trägt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts thun. So spricht auch Paulus: Wir sind nicht geschickt, von uns selbst etwas zu denken, als aus eigener Kraft, sondern unsre Geschicklichkeit ist von Gott. Und wiederum: Was hast du aber, das du nicht empfangen hättest? So du es aber empfangen hast, was rühmest du dich, als ob du es nicht empfangen hättest? Ebenso: Euch ward aus Gnaden verliehen, nicht nur an Christum zu glauben, sondern auch um seinetwillen zu leiden: Und abermal: Gott ist es, der Beides in euch wirkt, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen. Obwohl nun die Gläubigen frei im Geiste das thun, was sie thun, so wird dennoch diese ihre Freiheit gar sehr geschwächt und gehemmt durch die Blödigkeit und Gebrechlichkeit des Fleisches, welches Fleisch bleibt bis ins Grab. Deshalb klagt auch Paulus: Das Fleisch streitet wider den Geist und der Geist wider das Fleisch, daß ihr nicht alles das thut, was ihr wollet. Darüber siehe weiter Röm. 7. Demnach schreiben wir dem Menschen die Freiheit nicht weiter zu, als insofern die Gnade Gottes frei wirkt und der Mensch frei vom Geiste Gottes geleitet und erhalten wird. Was aber die anklebende menschliche Blödigkeit anbelangt, so ist und bleibt im Menschen die Beschwerde und Hemmung des Geistes, dergestalt, daß der freie Wille des Menschen zum Guten nichts vermag und also das Wollen und das Thun des Guten im Menschen Sache der Gnade und des Geistes Gottes bleibt. Darum schrieb der heil. Paulus die guten Werke, die er that, der Gnade Gottes und nicht seinem freien Willen zu und sprach: Von Gottes Gnaden bin ich was ich bin. Und seine Gnade gegen mich ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe mehr als sie alle gearbeitet; doch nicht ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist; 1. Cor. 15. Merk hier, daß er sagt: Nicht ich, sondern die Gnade Gottes etc. Das Böse aber thun wir, wie früher gezeigt wurde, nicht gedrungen noch gezwungen, sondern freiwillig aus unserer angebornen bösen Natur. Doch kann und mag Gott, wenn wir mit verhängtem Zügel dem Teufel zurennen, unsern Lauf unterbrechen und uns einen andern Willen eingeben, der uns nöthigt und drängt zu dem, was wir vorhin nicht wollten.

III. Von Glauben, Hoffnung, Liebe und guten Werken.

Frage 6.

Ob die drei Tugenden, Glaube, Hoffnung und Liebe nur Eines und ebendasselbe oder in der heil. Schrift unterschiedene Tugenden seien, und besonders, ob eine ohne die andere sein könne?

Antwort.

Der h. Apostel Paulus redet mit Unterschied von diesen drei großen und herrlichen Gaben Gottes, er schreibt auch jeder ihr Eigenthümliches zu und sagt 1. Thess. 1: Wir danken Gott allezeit für euch alle, und gedenken euer in unserm Gebete, indem wir unablässig eingedenk sind eurer Standhaftigkeit in der Hoffnung auf unsern Herrn Jesum Christum u.s.w. Indem der heilige Apostel Gott dankt und bittet, bezeugt er, daß diese Dinge von Gott den Menschen aus Gnaden gegeben werden und daß die Menschen darum Gott bitten und danken sollen. Dem Glauben aber schreibt er die Wirksamkeit (das Werk) zu. Denn aus dem Glauben entspringen allerlei gute Werke, auch selbst die Liebe und Hoffnung. Der Liebe aber mißt er besonders die Bemühung zu. Denn wo die Liebe im Menschen rechtschaffen ist, da müht und übet sie sich gegen Gott und Menschen, und in ihrer Arbeit hat sie Lust und Freude. Der Hoffnung aber schreibt Paulus darum die Standhaftigkeit zu, weil er Röm. 8. also spricht: In der Hoffnung sind wir selig geworden. Eine Hoffnung aber, die man sieht, ist keine Hoffnung; denn was Einer sieht, wie hoffet er es noch? So wir aber hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf durch und mit Geduld. Also sind Glaube, Liebe und Hoffnung verschieden Tugenden und hat jede ihre eigene Wirkung, weshalb sie auch Paulus 1. Cor. 13. von einander unterscheidet, indem er sie drei Dinge nennt.

Hinwiederum sind diese Tugenden also unter einander verflochten und folgen aus einander, daß sie nicht vereinzelt sein können. Denn wer wahrhaft Gott und seinem Worte glaubt, der hofft auch das zu erlangen, was er glaubt, und wartet darauf, wie Paulus aus dem Propheten Habakuk zeigt Hebr. 10. Wer dann wahrhaft glaubt, der liebt auch Gott, den er für sein einziges, ewiges und oberstes Gut hält, er liebt auch den Menschen, der Gottes Bild und Erlöster ist, wie Johannes in seiner Epistel bezeugt. Daher erläutert der h. Paulus Hebr. 11. den Glauben mit der Hoffnung und spricht: Der Glaube ist eine wesentliche, beständige Zuversicht der Dinge, die man hofft. Und 1. Tim. 1,5. leitet und führt er die Liebe aus dem Glauben her, indem er sagt: Das Ende des Gebotes ist Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben.

Darum wie die Sonne nur Eine, aber nicht allein ist, so ist der Glaube wohl nur Einer, aber nicht allein. Es ist wohl nur eine einzige Sonne, so ist nur ein einziger wahrer Glaube. Die Sonne aber gibt und strömt aus sich zwei unterschiedene Dinge, so daß drei besondere Dinge in der Sonne sich finden, die Kugel oder der Kreis und Körper der Sonne, aus welchem der Schein oder das Licht und die Hitze oder Wärme hervor gehen. Diese drei Dinge sind dergestalt in der Einen Sonne verbunden, daß sie nicht von einander getrennt, doch auch nicht unter einander vermengt (vermischt) werden, sondern daß ein jedes seine Eigenschaft behält. So sind auch jene drei Tugenden, Glaube, Hoffnung und Liebe mit einander unzertrennt verbunden, und doch nicht unter und in einander vermischt. Darum wie aus der Einen Kugel als aus Einem Brunnquell der Glanz und die Hitze fließen, so kommt auch aus dem Glauben Hoffnung und Liebe. Und wie die Kugel der Sonne weder Glanz noch Hitze ist, so ist der Glaube weder Hoffnung noch Liebe. Demnach ist die Kugel der Sonne nicht ohne Hitze und Glanz, und so ist der Glaube nicht ohne Liebe und Hoffnung. Und wie die Sonne mit dem Glanz, nicht mit der Hitze leuchtet oder scheint, also macht der Glaube, insofern er Christum annimmt, den Menschen fromm und gerecht vor Gott, nicht insofern er liebt. Wenn man aber sagt: Die Kugel in der Sonne ist nicht allein, sondern bei und in ihr sind Glanz und Hitze, so kann man daraus nicht folgern: Darum scheint die Sonne nicht allein mit dem Glanz, sondern auch mit der Hitze. Ebenso wenn wir sagen: Der Glaube ist nicht allein, sondern die Liebe bei und in ihm, so folgt daraus nicht, was unser Widerpart behauptet: Darum macht der Glaube nicht allein fromm und gerecht vor Gott, sondern auch die Liebe. Doch wollen wir demnächst von diesem Wesen des gerechtmachenden Glaubens mit Gottes Hülfe ausführlicher handeln.

Frage 7.

Ob der Mensch vor Gott gerecht und fromm werde allein durch den Glauben an Christum oder auch durch die guten Werke?

Antwort.

Zuerst wollen wir darüber Bescheid geben, was das heiße, gerecht oder fromm vor Gott machen oder werden. Das heißt nichts Anderes, als vor dem Richterstuhl Gottes, wo alle Menschen der Sünde und ewigen Verdammniß schuldig, angeklagt und überwiesen werden, von Sünden gereinigt und von aller Schuld und Strafe losgesprochen und als fromme Kinder Gottes und Erben des ewigen Lebens angenommen und geachtet werden. Daß wir aber Alle vor dem Richterstuhl Gottes der Sünden und ewigen Verdammniß angeklagt und schuldig befunden werden, sagt Paulus Röm. 3. Daß die Reinigung und Erlösung der Sünden heiße fromm und gerecht machen, zeigt Paulus Ap. 13. Ebenso, daß das Ledigsprechen von Schuld und Strafe oder von der Verdammniß heiße fromm und gerecht machen, sagt Paulus Röm. 5. Und daß zum Kinde und Erben Gottes an- und aufnehmen heiße fromm machen, kann man daraus schließen, daß Paulus sagt, der Glaube mache uns gerecht, Johannes aber: Die an ihn glauben, denen hat er Macht gegeben, Kinder Gottes zu werden.

Fürs zweite wollen wir weiter untersuchen, was das vornehmlich sei, weßhalb uns Gott unsere Sünde verzeiht, von der Verdammniß losspricht und als fromme Kinder und Erben Gottes uns annimmt und hält. Der Grund ist eigentlich die Gnade und Barmherzigkeit Gottes, durch welche Gott uns seinen einigen Sohn geschenkt hat, der Mensch geworden ist, sich in den Tod für uns hingegeben, sein Blut für uns vergossen hat, auf daß wir von unsern Sünden gereinigt, vom ewigen Tode und von Verdammniß erlöst, aller Anklage vor dem Richterstuhl Gottes entledigt würden, ja daß wir um Christi willen gerecht und fromm (weil uns seine Gerechtigkeit als unsere eigene zugerechnet wird), auch Erben des ewigen Lebens wären. Darum ist die Gnade Gottes, das Blut und der Tod Christi, auch seine Unschuld und Gerechtigkeit das Einzige, weshalb Gott uns nicht verdammt, sondern als seine gerechten Kinder und Erben annimmt und uns das ewige Leben gibt. Zeugnisse für diese Lehre finden wir in den Briefen Pauli an die Römer Kap. 3. 4. 5. 2. Cor. 5. Eph. 1. Vol. 1. u. 2. 2. Tim. 1. etc.

Fürst dritte müssen wir jetzt sehen, was das sei, wodurch uns die Gnade Gottes in Christo sammt der Erlösung, der Gerechtigkeit und dem ewigen Leben mitgetheilt und zugeeignet wird, so daß Christus in uns lebt und wir in ihm. Durch den Geist Gottes werden uns alle Gnaden und Gaben Gottes mitgetheilt, wie überall die Schrift vielfältig bezeugt, besonders wo der Herr selbst spricht: Der Geist ist es, der da lebendig macht u.s.f., und wir Menschen nehmen es an durch den Glauben, und sonst durch nichts anders. Daher sagt man mit Recht: der Mensch wird allein durch den Glauben gerecht vor Gott. Denn unser Herr Christus sagt Joh. 3., daß die Menschen heil werden müssen, wie das Volk Israel hat müssen von den giftigen und tödtlichen Bissen der Schlangen geheilt werden. Denn wie sie durch kein Mittel vor dem Tode konnten bewahrt werden, als durch das Anschauen der aufgehängten ehernen Schlange, so gibt es auch kein Mittel, wodurch wir von dem ewigen Tode befreit und zum ewigen Leben erhalten werden können, als das Anschauen des gekreuzigten Herrn Christus. Das Anschauen aber ist das Glauben und das Glauben allein. Denn was auch ein von den Schlangen Vergifteter gethan hätte mit Beten, Fasten, Almosengeben, Opfern etc., das hätte Alles nichts geholfen; das Anschauen allein half ihm. So hilft allein der Glaube. Darum spricht auch unser Herr Joh. 6: Wahrlich, wahrlich ich sage euch, wenn ihr nicht das Fleisch des Sohnes des Menschen esset und sein Blut trinket, so habet ihr kein Leben in euch. Das Essen aber legt er selbst aus, indem er spricht, es heiße glauben. Wer aber noch mehr Zeugnisse darüber begehrt, daß wir durch den Glauben allein Christum annehmen, daß er in uns lebt und wir in ihm und wir deßhalb allein durch den Glauben gerecht und fromm werden, der lese Paulus an die Römer Kap. 3 und 4, ferner die Epistel an die Galater, wo er Kap. 2. spricht: Ich lebe, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Was ich aber jetzt im Fleische lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes u.s.f. Wenn wir nun aber sagen, der Glaube an Christum mache allein fromm, so schreiben wir die Gerechtmachung dem Glauben nicht darum zu, weil er als solcher unser Werk ist (denn er ist auch selbst eine Gnade und Gabe Gottes), sondern einzig darum, weil der Glaube geradehin und allein auf die Gnade Gottes in Christo schaut und nur darauf und sonst auf nichts anderes sich verläßt. Die Gnade Gottes aber in Christo macht gerecht, wie wir oben gezeigt haben. Wenn wir daher für diesen Lehrsatz streiten: Allein der Glaube an Christum macht fromm, so streiten wir für die Ehre Gottes und Christi, daß sie nicht Andern beigemessen werde, und damit wir Menschen eine wahre, beständige Gerechtigkeit haben.

Viertens müssen wir nun erläutern, warum wir die Gerechtmachung den Werken nicht allein zuschreiben, sondern auch nicht dulden können, daß sie zum Theil dem Glauben, zum Theil aber den Werken beigelegt werde, weßhalb wir klar heraus sagen: Wir werden gerecht durch den Glauben und nicht durch die Werke. Fürs erste will Gott durchaus nicht haben, daß wir uns je des Unsrigen trösten und rühmen, sondern seiner allein, wie das klar gesagt wird Röm. 3. 1. Cor. 1. Jer. 9. Wer nun seinen Werken auch die Gerechtigkeit zueignet, der tröstet sich derselben; wer aber an Christum glaubt, der aus Gnaden den Sünder reinigt und selig macht, der rühmt sich selber nicht, er vertröstet sich allein der Gnade. 2. Alle guten Werke geschehen von Frommen. Wenn nun der Baum gut sein muß, ehe er gute Früchte tragen kann, und deßhalb die Früchte nicht erst den Baum gut machen, sondern vielmehr ein Zeichen sind, daß der Baum gut ist, so folgt, daß die Werke den Menschen nicht gerecht machen, weil sie von dem geschehen, der schon fromm ist, freilich allein aus Gnaden. Daher sieht Jedermann wohl, daß der Gerechte die frommen Werke nicht darum thut, damit er gerecht werde, sondern vielmehr weil er gerecht ist, so daß, wer schon vorhin vor den guten Werken aus Gnaden gerecht ist, fromme Werke thut, und also als ein guter Baum gute Frucht trägt. 3. Die Werke der Menschen, auch der Gläubigen sind wegen der menschlichen Schwachheit, die uns bleibt und anhängt bis ins Grab, nimmermehr so ganz rein und vollkommen, daß die Gläubigen ihnen die Gerechtigkeit zuschreiben dürften. Darum spricht Hiob: Wenn ich gleich gerecht wäre, so wollte ich mich nicht mit Antwort wider ihn setzen, sondern meinen Richter um Gnade bitten. Und David: Herr, geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht; denn vor dir wird kein Lebendiger gerecht sein. Und was Paulus hievon Röm. 7. sagt, ist bekannt und offenbar. 4. Wenn Jemand durch die Werke gerecht geworden wäre, so würden Abraham und die Apostel also durch Werke des Glaubens gerecht gemacht. Sie sind aber nicht dadurch gerecht geworden, wie dies klar erwiesen ist Röm. 4. und Gal. 2. Darum sollen auch wir unsern Werken, wenn sie auch lebendige Werke des Glaubens sind, die Gerechtmachung nicht zuschreiben. 5. Man soll auch nichts in der Kirche Gottes zulassen, wodurch der Tod und das Verdienst Christi oder die Gnade Gottes verdunkelt und vernichtet wird. Die werden aber vernichtet, wenn wir den Werken die Gerechtmachung zuschreiben, wie Paulus zeigt, Gal. 2. und 5. Darum soll sie den Werken nicht beigemessen werden. 6. Man soll demnach einfach bei der Lehre der heil. Apostel bleiben. Diese aber bezeugt, daß wir aus Gnaden durch den Glauben und nicht durch die Werke selig werden; wie man sieht Ap. 15. und in allen Episteln Pauli. Darum soll man bei dieser Lehre einfältig und fest bleiben. Doch um aus vielen Zeugnissen nur eines zu erwähnen, zum Beweise, daß unsere ganze Antwort auf die 7. Frage aus dem genommen ist, was Paulus von Wort zu Wort gelehrt hat, so spricht er zu den Ephesern Kap. 2. also: „Durch die Gnade seid ihr selig geworden vermittelst des Glaubens; und das nicht aus euch, es ist Gottes Gabe, nicht aus den Werken, damit nicht Jemand sich rühme. Denn sein Geschöpf sind wir, erschaffen in Christo Jesu, zu guten Werken, zu welchen uns Gott zuvor bereitet hat, daß wir darin wandeln sollen.“ Ich achte nicht, daß Jemand klarer reden könnte; es ist deshalb billig, daß man der apostolischen Lehre Glauben schenke und die Menschen nicht so elend und ruchlos seien, wie leider viele sind, die da sagen dürfen, der Lehrsatz, daß der Glaube, nicht die Werke, gerecht und fromm mache, sei irrig und ketzerisch. Pfui der Schande!

Frage 8.

Ob der Maria Magdalena ihre Sünde darum verziehen worden sei, weil sie große Liebe zu Christo gehabt?

Antwort.

Wenn der Sünderin Maria ihre Sünde wegen ihrer Liebe, womit sie den Herrn geliebt hat, verziehen worden wäre, so hätte sie ja die Verzeihung bezahlt und sie wäre ihr nicht frei geschenkt und die Sünde aus Gnaden nachgelassen. Das Evangelium aber lehrt klar, daß sie die Verzeihung ohne ihr Verdienst erlangt habe. Denn der Herr sagt, es seien zwei Schuldner einem Gläubiger schuldig gewesen, da sie aber nicht bezahlen konnten, habe er es beiden geschenkt. Ist ihr also ihre Schuld geschenkt, so hat sie dieß nicht mit ihrer Liebe bezahlt oder erworben. Zudem gibt der Zusammenhang des Evangeliums klar und unwidersprechlich zu erkennen, daß die Liebe der Maria aus der Verzeihung erfolgte und nicht die Verzeihung aus der Liebe. Denn der Herr sagt: Welcher von ihnen, denen die Schuld erlassen ist, wird ihn am meisten lieben? Simon antwortete: ich denke der, dem er das Meiste geschenkt hat. Der Herr sprach zu ihm: du hast recht geurtheilt. Darauf erzählt der Herr, welch große Liebe Maria ihm dem Herrn bewiesen, weil er ihr ihre vielen Sünden vergeben habe. Wie wagen es denn diese Leute gerade das Gegentheil zu behaupten, nämlich daß der Herr ihr die Sünden verziehen habe um ihrer Liebe willen? Sie erwiedern darauf: Es steht doch deutlich im Text: Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebt. Ich antworte aber. Mit solcher Rede will der Herr nur sagen: Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, darum liebt sie viel. Diesen Sinn geben die vorgehenden und nachfolgenden Worte. Denn gerade darauf setzt der Herr hinzu: Wem aber wenig gegeben wird, der liebt wenig. Und über dieß Alles schließt der Herr zuletzt mit den Worten: Dir sind deine Sünden vergeben, dein Glaube hat dir geholfen! Gehe hin in Frieden! Hört ihr jetzt, was ihr geholfen hat? Vornehmlich die Gnade des Herrn, durch welche ihre Sünden ihr vergeben sind, demnach der Glaube, durch den sie die Gnade Gottes angenommen und sich gänzlich an die Gnade Gottes ergeben hat. Daraus folgte Frieden und Ruhe für sie und daß sie wahrhaft liebte.

IV. Von dem Meßopfer.

Frage 9.

Ob sie den wahren Leib und das Blut Christi in dem Sakramente des Altars für ein wahres und Gott angenehmes Opfer halten, das in der christlichen Kirche im Amt der heil. Messe für Lebende und Todte unaufhörlich zu opfern sei, bis Christus zum Gerichte kommen wird?

Antwort.

Da wir bereits (im vorhergehenden, hier nicht mitgetheilten Abschnitte) genügend bewiesen haben, daß der wahre Leib und das wahre Blut Christi nicht leiblich im Sakrament sind, so muß auch daraus folgen, daß sie nicht in der Messe vom Priester geopfert werden können. Die römische Kirche aber lehrt, daß in dem Amt der Messe der wahre Leib Christi und sein wahres Blut leiblich oder wesentlich zugegen seien, und von dem Priester Gott für die Sünden der Lebendigen und der Todten geopfert werden, und da auch angebetet werden sollen. Die Form der Messe aber ist nicht gleichförmig der Einsetzung des Nachtmals unsers Herrn Jesu Christi, sondern von Menschen im Laufe der Zeit mit allerlei Zusätzen, Gebräuchen und Ceremonien vermehrt worden, so daß sie auch (wie der Pabst Gregor der erste dieses Namens, selbst bekennt) nicht an allen Orten der Christenheit zu seinen Zeiten gleich gehalten wurde, wie denn die Apostel, weder Petrus und Jacobus, noch Matthäus, nie die Messe der römischen Kirche feierten, noch etwas von ihr wußten. Daher wurde die römische Messe mit Recht in den evangelischen Kirchen unterlassen und abgethan, an derselben Statt aber recht und fromm das heilige, hochwürdige Nachtmal unsers Herrn Jesu Christi angenommen, welches auf die alte apostolische Weise ohne Beifügung der menschlichen oder päbstlichen Zusätze christlich gefeiert und gebraucht wird. Hiemit geben wir auf jene Frage den Bescheid, daß wir aus vorgemeldeten und aus noch anzuführenden Gründen die Messe nicht als eine Verordnung Christi erkennen, noch annehmen, sondern sie als unserer Religion zuwider fliehen.

Zu besserer Erkenntniß der Sache von den Opfern sagen wir: In der heil. christlichen Kirche gibt es vornehmlich zweierlei Opfer. Das Eine ist das Sühnopfer, welches zur Begnadigung oder zur Verzeihung der Sünden dient. Das Andere ist das Dankopfer, dasjenige, womit wir unsern Glauben üben, Gott dienen und mit Worten und Werken ihm Dankbarkeit für seine Gutthaten beweisen. Im alten Bunde hatte das Sühnopfer viele Bilder und Gestalten, was aber dadurch angedeutet wurde, war nur Eines, nämlich der Leib und das Blut unsers Herrn Jesu Christi, die am Kreuz sollten geopfert werden. Darum als er in die Welt gekommen und seine Zeit da war, daß er seinen Leib und sein Blut am Kreuz aufopfern sollte zur Verzeihung der Sünden, setzte er das Sakrament seines hingegebenen Leibes und vergossenen Blutes im Nachtmal ein und nannte das Trank das neue Testament in seinem Blute. Denn das sollte nunmehr und forthin das einzige Sakrament sein, das anstatt aller alten Opferschatten und Vorbilder in der Kirche bleiben und bezeugen sollte, wie Christus im alten Testament in den Bildern der Opfer als Heiland verheißen worden, so habe er im neuen Testament sich dargestellt und mit dem Opfer seines Leibes und Blutes habe er allen Gläubigen ihre Sünden auf ewig getilgt. Als daher der Herr sich selbst am Kreuz opferte und seine Stunde da war, da er seinen Geist aufgeben und mit seinem Tode Sünde, Tod und Hölle vernichten wollte, rief er laut: Es ist vollbracht! als ob er sagen wollte: Das Opfer ist vollbracht, durch welches alle alten Schattenbilder und Verheißungen erfüllt, die Sünden vergeben und ewige Gerechtigkeit allen Gläubigen erworben ist zum ewigen Leben. Als nun der Herr gestorben war und sich dergestalt Gott seinem himmlischen Vater zum Opfer dargebracht hatte, da zerriß der Vorhang im Tempel und geschahen große Zeichen an Todten und Lebenden im Himmel und auf Erden. Hiemit nahm das alte Testament ein Ende, und deßgleichen auch das levitische Priesterthum und es hörten auf alle Opfer. Darum bleibt nur das einzige ewige Opfer Christi unsers Herrn übrig, welches das allerwürdigste, heiligste, höchste und kräftigste ist. Es hat aber das Eigenthümliche, daß es von keinem Menschen dargebracht werden konnte noch kann, besonders wegen seiner Würde und Heiligkeit und der Menschen Unvollkommenheit. Darum hat Christus sich selbst geopfert, d.i. er hat sich selbst in den Tod hingegeben. Er ist also selbst der einzige ewige Priester nach der Ordnung Melchisedek, indem er, zugleich der einzige Priester und das einzige Opfer, sich selbst Gott geopfert hat. Zudem ist das Opfer, das er dargebracht hat, nur ein einziges, d.h. einmal geopfert mag und kann er nicht mehr geopfert werden. Denn sein einmal dargebrachtes Opfer, d.h. sein einmal geschehener Tod ist so kräftig, daß er allein und immerdar für die Menschen aller Zeiten wirksam ist zur Sühnung und Verzeihung aller ihrer Sünden. Weil also Christus für uns gelitten hat, gestorben und begraben worden, von den Todten wieder auferstanden und gen Himmel gefahren ist, auf daß er da vor Gottes Angesicht mit seinem einigen, ewigen Opfer allezeit bis an den jüngsten Tag erscheine und sich für die Gläubigen zum allgenügsamen Lösegeld darstelle, so ist dieß genug und bedarf es in der Kirche hier auf Erden keines Opferns mehr für die Sünden. Und wenn Jemand noch überdieß für seine Sünden ein Opfer darbringen wollte, so würde er gerade damit sich anstellen, als glaubte er nicht, daß seine Sünden nur durch den Tod oder nur durch das Opfer Christi gesühnt werden. Denn hält er dafür, daß sie vollkommen gesühnt seien, warum opfert er aufs Neue? Ist ihm das einige, ewige Opfer Christi nicht genug? Es folgt demnach, daß die heil. christliche Kirche bis ans Ende der Welt kein ander Sühnopfer hat als allein den Tod oder das Leiden Christi. Und für Alles, was ich bisher von dem einigen ewigen Sühnopfer Christi gesagt habe, wirst du gute, klare, unwidersprechliche Zeugnisse finden im dritten Buch Mosis Kap. 16. Zachar. 3. und Hebr. 5. 7. 8. 9. 10.

Um aber auf das Nachtmal Christi zurückzukommen, so ist dasselbe, sofern es von uns begangen wird, nicht ein Sühnopfer, als ob wir durch die Nachtmalhandlung, d.i. dadurch, daß wir es begehen, von Sünden gereinigt würden. Denn durch den Tod und das Opfer Christi, das am Kreuze vollbracht wurde, werden wir von Sünden gereinigt, wenn wir glauben. Im Nachtmal aber erneuert sich der Tod Christi nicht, es wird auch der Leib Christi im Nachtmal nicht wieder geopfert; es kann ihn auch kein Priester opfern. Aber das Wiedergedächtniß des einst geschehenen Opfers wird von der ganzen Kirche und nicht vom Priester allein im Nachtmal gefeiert. So spricht auch der Herr. Thut dies zu meinem Gedächtniß. Darum spricht auch der heil. Augustinus ganz der Schrift gemäß: Vor der Ankunft Christi war das Opfer des Leibes und Blutes Christi verheißen durch die Gleichnisse der Opfer des alten Testamentes; bei der Ankunft und in dem Leiden Christi aber ist es in der That geleistet worden, und nach seiner Himmelfahrt wird es mit dem Sakrament des Wiedergedächtnisses begangen etc. (Gegen die Manichäer V. 21. Kap. 21.) Darum hat das gar keinen Grund im Worte Gottes, wenn gesagt wird, der Leib und das Blut Christi werden in der Messe bis ans Ende der Welt für die Sünden der Todten und Lebendigen geopfert. Ich will davon nicht mehr reden, daß die Todten schon ihr Urtheil empfangen haben. Ueberdies sind die Todten für das Nachtmal Christi nicht mehr fähig. Denn der Herr sagt: Nehmet, esset etc.; wie paßt das für die Todten? Daß aber die Priester für die Todten essen wollen, thun sie ohne den Befehl und wider den Befehl Christi. Kurz das Nachtmal ist nur den Lebendigen Wiedergedächtniß des einst am Kreuz vollbrachten Opfers Christi und nicht das Opfer selbst.

Das Dankopfer in der h. christlichen Kirche faßt zuerst das Loben und Danken in sich, das wir Gott aus reinem Glauben für alle seine uns bewiesenen Gutthaten darbringen. Und weil wir im heil. Nachtmal besonders das Gedächtniß des Todes Christi und unserer Erlösung begehen, wofür wir Lob und Dank sagen, haben die uralten Lehrer das Nachtmal ein Opfer genannt, und wir erkennen es auch gerne in solcher Weise als ein Gott wohlgefälliges Opfer, nicht, daß der Priester darin Leib und Blut opfere oder Gebete, um Lohn und Vergeltung, sondern daß die ganze Gemeinde Gott in ihrem Gebete Lob und Dank opfere für die Gnade, daß Christus einmal am Kreuze geopfert ist. Von diesem Opfer wird viel in der Schrift geredet, so in den Psalmen, in den Propheten, von Paulus besonders Hebr. 13., auch von Irenäus und Tertullianus zu der Stelle Malach. 1. etc. Ferner ist auch das in der Kirche Christi ein Gott angenehmes Opfer, wenn wir in Gehorsam seine Ordnungen befolgen, um uns auf unsern Glauben zu erbauen und Andere zum Guten zu reizen. So ist auch das ein Gott gefälliges Opfer, wenn wir einander verzeihen, einander lieben und Gutes thun; ebenso wenn wir uns aller Gerechtigkeit und Reinigkeit befleißen, ja unsern Leib und unsre Seele Gott zum lebendigen Opfer darbringen, wie wir dazu in den Psalmen, in den Propheten und in der evangelischen und apostolischen Lehre vielfach unterrichtet und ermahnt werden, besonders Röm. 12.

Wir halten dafür, es sei viel nothwendiger und nützlicher, die Menschen über diese Opfer zu lehren und sie ihnen zu empfehlen, als die Opfermesse zu betreiben, durch die viel mehr der Gewinn und Reichthum der sogenannten Geistlichen als die Ehre Christi und das Heil der Gläubigen gefördert wird. Es gehe aber jeder Gottesfürchtige in sich und prüfe die Lehre, die wir von den Opfern der Christenheit vorgelegt haben; ohne Wahn und Leidenschaft bedenke er gewissenhaft, was ihm am heilsamsten sei.

Quelle: Hagenbach, K.R. - Väter und Begründer der reformirten Kirche

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