Brenz, Johannes - Am Osterdienstage über Apostelgesch. 13, 26-33.
Nachdem Paulus das Hauptstück seiner Predigt vorgehalten hat, nämlich, dass Gott aus dem Samen Davids, wie er dergleichen hatte, dem Volk Israel den Heiland, Jesum, zugestellt habe, und solches mit dem Zeugnis Johannis des Täufers bewährt und bekräftigt hat, fährt er jetzt fort, noch ein ander Stück zu beweisen, und bewährt's aus der Auferstehung Jesu von den Toten, dass dieser der Messias und wahre Heiland des Volks Israel sei, so David vorzeiten ist verheißen worden. Ehe denn er auf die Auferstehung Christi kommt, erzählt er kürzlich in einer Summa die Historie des Leidens Christi und zeigt von Anfang her an, welchen dieser Heiland Jesus zustehe, sprechend: V. 26. Zum allerersten ist zu merken, dass Gott unser Herr verheißen habe, diesen Heiland, den gesegneten Messias, zu geben, nicht vom Stamme der unbeschnittenen Heiden, sondern vom Geschlecht Abrahams. Demnach gehört euch die Predigt dieses Heils zuvörderst zu, welche ist das Evangelium von Jesu Christo. Und dies ist die Ursache, warum Christus, weil er nach fleischlicher Weise auf Erden ging, den Kindern ihr Brot nicht hat nehmen und vor die Hunde werfen wollen, sprechend: Ich bin nicht gesandt denn nur zu den verlornen Schafen von dem Hause Israel. Item, dass er seinen Aposteln verboten hat, dass sie nicht auf der Heiden Straße und in der Samariter Städte ziehen sollten, welchem etliche nach der Offenbarung des heiligen Geistes verkehrter Weise nachgefolgt und niemandem das Evangelium von Jesu Christo haben predigen wollen, denn allein den Juden. Etliche haben aber die unbeschnittenen Heiden, ab sie schon an Jesum Christum glaubten, nicht wollen aufnehmen in die Gemeinschaft des Evangeliums, sie ließen sich denn nach dem Gesetz Mosis beschneiden. Denn sie meinten, weil Gott verheißen hätte, Christum aus dem Samen Abraham zu geben, er gehörte auch allein dem Samen Abrahams zu, oder denen, so durch die Beschneidung dem Samen Abrahams zugetan wurden. Aber diese verstanden zum Teil nicht, welcher Meinung Christus den Aposteln verboten hatte, dass sie bei seinem zeitlichen Leben auf Erden nicht sollten zu den Heiden reisen; zum Teil wussten sie nicht, welches mannhaftig der Samen Abrahams wäre. Denn Christus hat nicht wollen zugeben, dass vor seiner Himmelfahrt den Heiden das Evangelium gepredigt wurde, nämlich um dieser Ursache willen, weil der Same Abrahams zum ersten die Verheißung von Christo empfangen hatte, so sollte dem selbigen auch zum ersten das Evangelium von dem jetzt gegenwärtigen Christo verkündigt werden. Aber gar nicht um der Ursache willen, dass die Heiden, sie ließen sich denn nach dem Gesetz Mosis beschneiden, Christo nicht angehören sollten. Hierher gehört, was Paulus Röm. 9, 6-8 spricht. Demnach, so die Heiden an die Verheißung von Christo Abraham geschehen, glauben, so werden auch sie Abrahams Samen, ob sie sich schon nicht beschneiden lassen. Werden sie aber Abrahams Samen, so muss folgen, dass ihnen auch Christus zugehöre. Wiewohl aber Christus auch der Heiden Christus ist, wie hernach offenbarer folgen wird, dennoch musste um der Verheißung willen zum ersten dem Volk Israel das Evangelium verkündigt werden. Daher wendet sich Paulus B, 26 sonderlich zu den Juden. Dieses Wort ist eine Kraft Gottes, welche selig macht alle, die daran glauben, und das Amt des Geistes in der Gerechtigkeit. Denn also nennt Paulus die Predigt des Evangeliums; wo aber Geist und Gerechtigkeit, da ist keine Knechtschaft der Sünden, sondern Freiheit, nämlich Freiheit der Kinder Gottes. Wer aber solche hat, ist seliger? Denn alles, was Gott besitzt, dasselbige besitzt auch er durch Jesum Christum, durch welchen jeglicher, so an ihn glaubt, zu Gottes Sohne wird.
Aber dass ich fortfahre, Pauli Predigt auszulegen. Die Juden in Antiochia, verachtet in der Welt, vermeinten, sie seien auch von Gott verachtet, und es gehe sie gar nichts an, wenn man von Gottes Gnade predigt, sondern allein die hochgeborenen Fürsten dieser Welt und geistliche, heilige Leute. Paulus begegnet solchen Gedanken elender Leute und zeigt an die Ursache, warum die Obersten und Hohenpriester zu Jerusalem keinen Nutzen vom Messias haben, V. 27-29. Der Messias gehörte wohl insonderheit vor andern den Einwohnern von Jerusalem und ihren Obersten zu. Aber es ging ihnen nach alter Gewohnheit: diejenigen, welchen die Wohltaten sonderlich zubereitet werden, erlangen sie am wenigsten. Denn obwohl nach altem, löblichem Gebrauch die Weissagungen vom Messias und seinem Reich auf alle Sabbater gelesen, ausgelegt und gehandelt werden, haben dennoch die Obersten und Hohenpriester zu Jerusalem vor großer Blindheit ihrer Herzen gar nichts davon verstanden, sondern sie sind verblendet gewesen und haben, indem sie den Messias verwarfen und zum Tode verurteilt haben, alles erfüllt, das sie von ihm geweissagt in den Propheten täglich lesen. Welche Weissagungen? Ihr könnt sie lesen und hören: Psalm 69, 9. 22. 13. Psalm 55, 13-15. Psalm 22, 17. Psalm 118, 22. Jesaias 53, 7. Daniel 9, 24-26. Sacharja 13, 6. 7. Noch viele dergleichen Sprüche werden gelesen, welche bezeugen, dass Christus leiden musste, und von seinem eignen Volk. Demnach spricht Paulus, dass die zu Jerusalem darum keinen Nutzen von Christo empfahen, weil sie ihn verworfen und getötet und also unwissend erfüllt haben, was sie in ihren Schulen täglich lehren. Darum lies die heilige Schrift recht. Nämlich so, dass man, was darin geboten wird, recht versteht und glaubt. Gewöhnlich ergeht es also, dass diejenigen am wenigsten die Güter erlangen, welchen sie vornehmlich beschieden sind. Gedachte nicht Abraham allen Segen über seinen Sohn Ismael zu bringen? Aber dieser ward aus dem Hause gestoßen und Isaak bekam an seiner Statt den Segen. Gab nicht Isaak, als er alt war, den Segen seinem Sohn Jakob, welchen Esau vermeinte zu haben? Zu den Juden waren gesandt die Propheten Elias und Elisa. Aber der eine nützt der Witwe zu Sarepta, der andere dem Naeman aus Syrien, während hier zwischen die Witwe und die aussätzigen Juden im jüdischen Lande Hunger litten und in ihrem Aussatz blieben. Und in dem evangelischen Zeugnis werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten. Der Pharisäer ging gerecht, wie er sich bedünken ließ, hinauf in den Tempel, der Zöllner aber ungerecht; aber der Zöllner hat die Gerechtigkeit vor dem Pharisäer erlangt, ging gerecht hinab in sein Haus und ließ den Pharisäer weit hinter sich zurück. Solches wird uns, ihr Allerliebsten, deshalb vorgehalten, dass wir aus fremder Torheit klug werden sollen. Wie ist's aber mit Jesu Christo ergangen, nachdem ihn die Juden verworfen und gekreuzigt haben? Tat ihn Gott auch verstoßen? O nein: V. 30. Dies bringt uns herrlichen Trost. Denn wie er von Gott ist aufgenommen worden, also werden auch wir, so wir in Christo durch den Glauben verharren, von Gott aufgenommen werden, wenn uns die Menschen am allermeisten wegwerfen und verlassen. Aber mit was Zeugnis wird erwiesen, dass dieser Jesus sei von den Toten auferweckt worden? V. 31. Ebenso bezeugt Petrus Apostelgesch. 2, 32. 3, 15. 10, 40. 41. Gleichermaßen fügt Paulus bei V. 32: Welche Verheißung? Es wird freilich die sein müssen, welche Psalm 2, 7 steht: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Was hat Gott mit diesen Worten anders verheißen, denn dass er seinen Sohn wollte senden und Mensch lassen werden, an welchem der Vater also ein Wohlgefallen trägt, dass wir durch ihn haben sollen die Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung. Und was ist solche Rede anders, denn eben die Stimme, so nach der Taufe Jesu vom Himmel herab gehört ist worden: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, dem gehorchet! Demnach, was den Vätern vorzeiten ist verheißen worden, dasselbige verkündigen wir jetzt, dass es in Jesu Christo sei erfüllt worden. Demnach Lasset uns, ihr Allerliebsten, unsern Herrn Jesum Christum nicht durch den Unglauben von uns stoßen, sondern ihn durch den Glauben festhalten, auf dass wir Vergebung der Sünde, Gerechtigkeit und Erlösung erlangen durch den selbigen unsern Herrn Jesum Christus, welchem sei samt dem Vater und heiligen Geist Lob und Preis bis in Ewigkeit! Amen.