Brenz, Johannes - Katechismus oder Kinderpredigten - Die erste Predigt.

Brenz, Johannes - Katechismus oder Kinderpredigten - Die erste Predigt.

Von der Erschaffung.

Wohlan, meine lieben Kinder, auf daß ihr ja den heiligen christlichen Glauben recht und wohl verstehen lernt, so sollt ihr zum Allerersten merken, daß Gott, der Herr, ein Geist ist, und nicht ein leiblich Ding, daß man ihn könnte greifen oder sehen, und ist an allen Orten gegenwärtig, sieht und merkt, was wir thun, reden und gedenken, und wird doch mit keinem Ort oder Statt umfangen und abgemessen; und ist ein solches herrliches, hohes Wesen, daß es kein Mensch erforschen und begreifen kann, denn nur allein die Christen, denen es der Herr Christus selbst geoffenbart hat in der Lehre vom Glaubens.

Er hat uns aber geoffenbart, daß Gott, der Herr, sey Vater, Sohn und Heiliger Geist, das ist, daß der Vater und der Sohn und der heilige Geist ein einiger, wahrer, ewiger Gott sey. Das sollt ihr Kinder mit Fleiß merken; und ob es wohl schwer ist, daß ihr es jetzt nicht verstehen könnt, so werdet ihr doch zu seiner Zeit mehr davon Hören und lernen; allein merkt jetzt das, daß der einige, wahre, ewige Gott ist Vater, Sohn und heiliger Geist; und das heissen wir die heilige Dreifaltigkeit, darum daß die drei, Vater, Sohn und Heiliger Geist, einiges, göttliches Wesen sind, und wäre eine grosse Schande, wenn ihr, meine lieben Kinder, das nicht lernet, und fleißig merket; denn ihr seid getauft im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes, daß ihr sollt Christen und Gottes Kinder seyn, und sollt Vergebung der Sünden haben. Darum sollt ihr auch fleissig merken und lernen, wie ihr getauft seyd, auf daß ihr wisset, was ihr für einen Gott und Vater im Himmel habt.

Das lehrt euch nun der Glaube fein lauter und klar; denn wir sprechen: Ich glaube an Gott Vater, den Allmächtigen; und bald darnach: und an Jesum Christum, seinen eingebornen Sohn; und zulegt: ich glaube an den heiligen Geist. Das alles ist eben so viel gesagt: Ich glaube an Gott, der da ist Vater, Sohn und heiliger Geist. Solches aber wissen die Ungläubigen nicht, können es auch nicht verstehen; aber bei den Christen ist es so offenbar durch den Glauben, daß es auch die Kinder wissen können und sollen. Darum sollen wir Gott dafür danken und loben, daß er uns das geoffenbart hat.

Also seht ihr nun, meine lieben Kinder, daß uns der Glaube fein lehrt, was doch Gott, der Herr, ist, nämlich Vater, Sohn und heiliger Geist, wie ich im Anfange gesagt habe, man lerne Gott im Glauben erkennen, was er sey.

Wir lernen aber auch fein dabei, was uns Gott, der Herr, Gutes gethan hat und noch thun will, das ist, wie er gegen uns gesinnt ist; und darin besteht unsere Seligkeit. Denn wenn wir gleich wüßten, was Gott ist, wüßten aber nicht, ob er unser Freund oder unser Feind wäre, oder ob wir uns Gutes oder Böses zu ihm versehen sollten, so wären wir unselig, und Hülfe uns nicht, daß wir erkannt haben, was Gott sey. Darum, meine lieben Kinder, merkt mit allem Fleiß darauf, daß ihr lernt, was uns Gott Gutes gethan hat, und noch thun will; denn in der Erkenntniß besteht das ewige Leben.

Nun aber hat Gott, der Herr, dreierlei Werke, die er an uns übt und treibt, bis er uns selig macht, und zum ewigen Leben bringt, gleichwie er auch dreifältig ist, nämlich Vater, Sohn und heiliger Geist.

Denn zum Ersten, so hat uns Gott, der Vater, erschaffen, Leib und Seele, und auch die Nahrung, und uns alle irdische Kreatur gegeben und unterthänig gemacht.

Zum Andern, dieweil Adam gesündigt hat, und wir alle von ihm in Sünden geboren sind, so hat uns Gott, der Sohn, nämlich Christus, unser Herr, von der Sünde wieder erlöset, daß sie uns vergeben wird.

Zum Dritten, dieweil uns die Sünde durch den Glauben vergeben ist, so kommt der heilige Geist, und heiligt uns, hilft uns von der Sünde ab, und macht, daß wir fromm, heilig und Gottes Tempel werden.

Und darum ist das kürzlich die Meinung unseres Glaubens, wenn wir sprechen: Ich glaube an Gott den Vater, der mich erschaffen hat; ich glaube an Gott den Sohn, der mich erlöset hat; ich glaube auch an Gott den heiligen Geist, der mich rein und heilig macht. Es ist zwar nur Ein Gott, und Ein Glaube, wie ihr jetzt gehört habt; aber in Gott sind drei Personen, nämlich Vater, Sohn und Heiliger Geist. Darum wollen wir die Lehre vom Glauben auch in drei Theile theilen. Der erste soll seyn von der Erschaffung, der andere von der Erlösung, der dritte von der Heiligung.

Nun wollen wir jetzt das erste Stück von der Erschaffung vor uns nehmen, und die Auslegung hören; wie man es verstehen soll. Das lautet also:

Ich glaube an Gott, den Vater, allmächtigen Schöpfer Himmels und der Erden.

In diesem ersten Stück, meine lieben Kinder, sollt ihr mit Fleiß merken das Wörtlein „glauben“, das ist so viel, als vertrauen, oder sich alles Guten zu ihm versehen; und ist das die Meinung, wir sollen unsern Glauben und Trauen auf keine Kreatur stellen, sondern allein auf Gott; denn keine Kreatur kann uns weder Gutes noch Böses thun, es sey denn Gottes Wille; wir selbst können uns auch nicht helfen. Darum sollen wir uns allein zu Gott alles Guten versehen, und an ihn glauben, ihm vertrauen, und alles Gute von ihm gewarten.

Denn, wer sich verläßt auf der Menschen Gunst und Stärke, oder auf der Menschen Kunst und Weisheit, oder auf Gut, Gewalt, Freundschaft, und was mehr dergleichen ist, derselbige glaubt nicht recht an Gott, vertrauet ihm auch nicht recht und gewartet nicht alles Gute von ihm, sondern er verachtet ihn vielmehr, und hält das, darauf er sich verläßt, für einen Abgott, und thut eine grosse gräuliche Sünde: darum muß er auch gewißlich darob zu Schanden werden, und erfahren, daß ihm die Dinge nicht helfen können, darauf er sich verlassen hat.

Aber Gott, der Herr, gibt uns alles das, was wir bedürfen zu Leib und Seele, reichlich, und behütet und errettet uns vor allem dem, was uns schaden kann an Leib und Seele; und das ist sein guter und gnädiger Wille gegen uns, den er uns ohne alles unser Verdienst beweiset. Darum sollen wir an ihn glauben und auf ihn trauen, von ihm alles Gute gewarten und uns fröhlich auf seine göttliche Güte verlassen in allen Sachen: das gefällt Gott, dem Herrn, wohl, und alle, die es thun, hält er für seine lieben Kinder, und zeigt sich gegen sie in allen Dingen, wie ein freundlicher Vater.

Darum, meine lieben Kinder, sollen wir uns nicht auf zeitliche und vergängliche Dinge verlassen, sondern wir sollen in allen Dingen Gott, dem Herrn, vertrauen, so werden wir Gottes Kinder seyn, und das ewige Leben erlangen.

Nun, was ist es aber für ein Gott, an den wir glauben und auf den wir trauen sollen? Es ist Gott der Vater, der allmächtige Schöpfer Himmel und der Erde.

Diese Worte, meine lieben Kinder, sollt ihr mit allem Fleiß merken und wohl verstehen lernen; denn es ist eitel grosse, wunderbare und himmlische Weisheit darin.

Zum Ersten so lehret uns der Glaube, daß Gott der Vater sey allmächtig, das ist, daß er vermöge und könne thun alles, was er nur will, es ist ihm nichts unmöglich. Und das ist der rechte Grund und Anfang zum christlichen Glauben, daß wir glauben, Gott sey allmächtig, was viele Leute nicht glauben, die dennoch gute Christen, und dazu hochgelehrt seyn wollen, wie man bei den Schwärmern wohl spürt, die nicht glauben, daß der Leib Christi im Abendmahl wahrhaftig allen denen gegeben werde die das Abendmahl empfangen; wiewohl Christus klar spricht: Nehmet und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das macht, daß sie dieses Stück noch nie recht geglaubt haben, daß Gott allmächtig sey, sondern meinen, was sie mit ihrer Vernunft nicht ausrechnen und begreifen können, das könne auch Gott nicht thun. Ihr aber, meine lieben Kinder, folgt ihnen nicht nach, sondern laßt sie fahren, und hütet euch vor ihnen. Glaubt ihr von Herzen, daß Gott allmächtig sey, und thun könne alles, was er nur will, und was er redet, so werdet ihr Ruhe und Frieden in eurem Gewissen finden; denn das ist uns je ein grosser Trost, daß wir wissen, daß Gott allmächtig ist. Denn daraus erfolgt, daß wir allen andern Worten Gottes glauben können, wenn sie gleich scheinen, als seyen sie unmöglich; daraus folgt auch, daß wir Gott vertrauen in allen Nöthen, daß er uns daraus erretten könne, wenn uns gleich bedünkt, es sey zu lang geharret; daraus folgt auch, daß wir uns in keinem Glück also überheben, daß wir Gott verachten, oder seiner vergessen, sondern bleiben demüthig, und bedenken, daß Gott allmächtig ist, und uns wohl strafen kann, und all unseres Glücks wieder berauben, wenn wir ihn erzürnen.

Darum, meine lieben Kinder; merkt es mit Fleiß, und bildet es auf's Tiefste in euer Herz, daß Gott allmächtig ist. Niemand ist so krank, er kann ihn gesund machen, Niemand ist so arm, er kann ihn reich machen, Niemand ist so einfältig, er kann ihn weise machen, Niemand ist so verachtet, er kann ihn zu Ehren machen, Niemand ist ein so grosser Sünder, er kann ihn fromm machen, Niemand ist so ungläubig, er kann ihn gläubig machen, nichts ist so unglaublich, er kann es thun, wenn er will. Darum soll man ihm allein vertrauen; dann alle Dinge stehen in seiner Macht.

Zum Andern. Er ist ein Schöpfer Himmels und der Erden, das ist, er hat Himmel und Erde und alles, was darin ist, erschaffen. Das heißt aber „erschaffen“, wenn Gott, der Herr, nur ein Wort spricht, und schafft, daß Etwas geschehen soll, daß es alsbald geschehe. Denn Gott hat Himmel und Erde nicht mit Händen oder mit Arbeit gemacht, wie ein Zimmermann oder ein Steinmetz ein Haus macht, sondern hat nur gesprochen: Es werde! da ist es geworden: darum heißt er ein Schöpfer oder ein Schaffer; denn er hat es nur mit einem Wort geschaffen; da ist es alsobald geworden und da gestanden.

Also hat Gott, der Herr, auch den Menschen erschaffen, hat ihm Leib und Seele, Vernunft und Weisheit gegeben, und hat ihm die Erde, und alles, was darauf ist, unterthänig gemacht, Laub und Gras, und allerlei wilde und zahme Thiere, die dem Menschen alle dienen und unterworfen seyn müssen, daß er sich davon erhalten und ernähren, kleiden und zieren kann, ja er hat auch Sonne und Mond, und alle Sterne am Himmel dem Menschen zum Dienst gemacht. Und das ist das Allertröstlichste: er hat alles gemacht, ehe er den Menschen schuf, auf daß er uns damit anzeigte, daß er fleißig für uns sorge, und betrachte, was wir bedürfen, ehe denn wir geboren werden.

So sollen wir nun, meine lieben Kinder, getrost seyn, und also gedenken: hat Gott Himmel und Erde gemacht, so ist er auch Herr darüber, und muß alles im Himmel und auf der Erbe ergehen, wie er will; und hat er alles um unsertwillen gemacht, so muß uns auch alles dienen: darum sollen wir nicht sorgen um unser Leben, was wir essen und trinken werden, auch nicht um unseren Leib, was wir anziehen werden, sondern sollen ansehen die Vögel unter dem Himmel; denn sie säen nicht, und ernten nicht, und unser himmlischer Vater nähret sie doch. Desgleichen die Blümlein auf dem Felde, die arbeiten nicht, und spinnen nicht, und unser himmlischer Vater ziert sie doch so schön, daß auch Salomon in aller seiner Herrlichkeit nicht also bekleidet gewesen ist. Thut er nun daß den Vögeln und Blümlein, so wird er es uns viel mehr thun, dieweil wir besser sind, denn sie, und Gott sie auch um unsertwillen erschaffen hat. Darum sollen wir Gott, den Vater, der uns erschaffen, und das Leben gegeben hat, von Herzen vertrauen, er werde uns unser Leben wohl behüten, und dazu geben, war wir bedürfen; denn ist er der Schöpfer, so muß die ganze Welt thun, was er will; und wenn nicht genug vorhanden wäre, kann er täglich noch mehr erschaffen, wie er denn auch thut.

Also lernen wir in diesem Stücke, daß Gott, der Herr, Himmel und Erde, und alles, was darin ist, um unsertwillen und uns zu Gute erschaffen hat, und will uns erhalten und ernähren: Darum soll sich kein Mensch vermessen, daß er durch seine eigene Weisheit und Geschicklichkeit sein eigenes Leben möge erhalten, oder seine Nahrung gewinnen, sondern er soll Gott dem Vater darum vertrauen, der will uns erhalten und ernähren, so lang es sein göttlicher Wille und unser Nutzen ist; dagegen sollen wir arbeiten, und thun ein Jeglicher das, dazu er berufen ist; denn Gott will es also haben, daß wir nicht sollen müssig gehen, sondern arbeiten, und ihn sorgen lassen, wie er uns die Nahrung geben und ersprießlich machen wolle.

Das ist nun, meine lieben Kinder, der einfältige und rechte Verstand des ersten Stücks unseres Glaubens von der Erschaffung, wenn wir sprechen: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erden, das ist, ich glaube, daß mich Gott erschaffen hat, samt allen Kreaturen, mit Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat, und noch erhält, dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken, Haus und Hof, Weib und Kind, Acker, Vieh und alle Güter; mich mit aller Nothdurft und Nahrung des Leibes und Lebens reichlich und täglich versorgt, wider alle Fährlichkeit beschirmt, und vor allem Uebel behütet und bewahret; und das alles aus lauter göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohne alles mein Verdienst und Würdigkeit: deß alles ich ihm zu danken, zu loben, und dafür zu dienen, und ihm gehorsam zu seyn, schuldig bin; das ist gewißlich wahr.

Darum, meine lieben Kinder, merkt es mit Fleiß, und wenn man euch fragt: Was ist die Meinung des ersten Stücks im Glauben, so sollt ihr also antworten:
Ich glaube, daß mich Gott geschaffen hat, samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat, und noch erhält, dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken, Haus und Hof, Weib und Kind, Acker, Vieh und alle Güter; mit aller Nothdurft und Nahrung des Leibes und Lebens reichlich und täglich versorgt, wider alle Fährlichkeit beschirmt, und vor allem Uebel behütet und bewahret; und das alles aus lauter göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohne alles mein Verdienst und Würdigkeit; deß alles ich ihm zu danken, zu loben, und dafür zu dienen, und ihm gehorsam zu seyn, schuldig bin; das ist gewißlich wahr.

Beschluß zu allen Predigten über den Glauben.

Also habt ihr, meine lieben Kinder, den rechten, allgemeinen, einfältigen Verstand dieses ersten Stücke des heiligen christlichen Glaubens; den sollt ihr mit allem Fleiß merken, und Gott, dem Herrn, von Herzen glauben und trauen. Dieweil aber der Glaube ein Werk Gottes ist, das er durch sein Wort und Geist in uns wirken muß, also daß wir ohne geschickte Prediger zum Glauben nicht mögen kommen, so sollt ihr Gottes Wort gern und fleißig Hören, bis er euch dadurch zum Glauben bewege; darnach sollt ihr ihn auch ernstlich bitten, daß er euch den rechten Glauben erhalten und mehren wolle; denn wer da glaubt, der wird Gottes Kind, und erbt das ewige Leben. Wenn wir aber Gottes Kinder sind, so gibt er uns seinen heiligen Geist: derselbige gießt dann die rechte göttliche Liebe in unsere Herzen, daß wir Gott und unsern Nächsten von Herzen lieben, und also die Gebote Gottes erfüllen. Das alles widerfährt uns durch den Glauben: darum, wer darin verharrt bis ans Ende, der wird selig. Das verleihe uns Gott allen: Amen!

Dieser Beschluß soll zu Ende aller Predigten vom Glauben gelesen werden.

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