Brenz, Johannes - Die vierte Predigt. Auslegung des vierten Gebots.

Brenz, Johannes - Die vierte Predigt. Auslegung des vierten Gebots.

Nun habt ihr im zunächst Vorhergehenden gehört, wie ihr das dritte Gebot verstehen sollt, darin wir lernen, wie wir uns gegen Gott verhalten sollen in den Werken. Darum folgt jetzt hernach das vierte Gebot, das also lautet: Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß dir's wohlergehe und du lange lebest auf Erden.

Das ist, meine lieben Kinder, das vorderste Gebot in der andern Tafel, die uns lehrt, wie wir uns gegen den Menschen verhalten sollen. Es betrifft auch die vornehmsten Leute auf Erden, nämlich Vater und Mutter und alle Obrigkeit, und lehrt uns, wie wir uns gegen sie verhalten sollen, nämlich wir sollen sie ehren.

Nun ist es nicht ein so schlechtes Gebot, als die Einfältigen meinen, sondern betrifft Hohe Dinge, und gibt große Weisheit denen, die es recht verstehen. Darum meine lieben Kinder, merkt mit Fleiß darauf, daß ihr es recht verstehen lernet.

Zum Ersten bedenkt eben, daß Gott, der Herr, seine Gebote darum gegeben hat, daß wir daraus lernen sollen, was ihm wohlgefalle: darum ist's gewiß, daß wir nichts thun können auf Erden, das ihm besser gefalle, denn daß wir seine Gebote halten. Das aber sind thörichte Leute, die unserem Herrn dienen wollen mit Werken, die er nicht geboten hat; denn er spricht, man diene ihm vergeblich damit. Hinwiederum ist gewiß, daß es ihm wohlgefällt, wenn wir Vater und Mutter ehren, und ihnen gehorsam sind. Darum gefallen ihm auch alle unsere Werke wohl, die uns Vater und Mutter heissen, wenn es gleich wäre auch nur eine Stube kehren oder Wasser holen. Das ist nun ein grosser und freudenreicher Trost, daß wir gewiß sind, daß solche schlechten Werke Gott gefallen allein darum, daß wir Vater und Mutter darin gehorsam sind. Dagegen gefallen ihm die Werke nicht, die man ohne seinen Befehl thut, wenn sie gleich ein großes Ansehen haben, und vor der Welt hoch gelobt werden. Das sollt ihr Kinder mit allem Fleiß merken; denn der Befehl Gottes macht unsere Werke gut, und sonst nichts.

Nun befiehlt und gebeut uns Gott, wir sollen Vater und Mutter ehren, das ist, wir sollen sie fürchten, ihnen gehorsam seyn, sie lieb haben, und alles Gute erzeigen; denn solches Alles vermag eigentlich das Wörtlein „ehren“; und wir sind es schuldig zu thun, darum daß sie Gott, der Herr, uns gegeben und vorgesetzt hat, daß sie unsere Herren, Pfleger und Obrigkeit seyn sollen an seiner Statt, und er uns durch sie die allergrößten Wohlthaten thut, die wir nach den Wohlthaten Christi empfangen: darum sollen wir sie ehren, und nicht verachten, noch verschmähen.

Wenn wir sie aber nicht fürchten, und nichts darnach fragen, wenn sie gleich mit uns zürnen, so verachten wir sie. Das ist aber eine große Sünde; denn wir sollen sie nicht verachten, sondern ehren, und ein fleißiges Aufsehen haben, daß wir sie nicht erzürnen, noch beleidigen.

Ferner wenn wir ihnen nicht gern gehorsam sind, so verachten wir sie auch; denn wer Vater und Mutter nicht folgt, der läßt sich dünken, er sey weiser, denn sie. Das ist dann auch eine grosse Verachtung und Sünde; darum sollt ihr Kinder Vater und Mutter nicht also verachten, sondern ehren, und ihnen willig, unterthänig und gehorsam seyn.

Desgleichen wenn wir Vater und Mutter nicht lieb haben, so können wir sie nicht von Herzen ehren. Darum wollen wir Vater und Mutter von Herzen ehren, sollen wir sie auch von Herzen lieb haben, besonders darum, daß uns Gott so viel Gutes durch sie thut, wie wir bald hernach hören werden.

Wir sind auch schuldig, ihnen alles Gute zu thun, was wir mur können, auf eine viel ehrerbietigere Weise, denn andern Leuten. Denn wenn wir andern Leuten Gutes thun, so lassen wir uns bedünken, sie seien uns zu danken schuldig. Also soll man nicht gegen die Aeltern thun, sondern man soll sie mit der Wohlthat ehren, das ist, man soll sich eben halten, wie man sich sonst gegen große Herren hält, wenn man ihnen Etwas zu Gefallen thut, oder Etwas schenkt; denn daselbst gedenken wir nicht, daß wir einen großen Dank verdient haben, sondern demüthigen uns, und bitten, sie wollen es für gut annehmen, wir wollten gern ein Besseres thun, wenn wir könnten, und begehren, sie wollen uns sich befohlen seyn lassen: das heißt dann eine Verehrung oder Ehrerbietung. Also sollen wir jederzeit gegen unsere Aeltern auch thun. Wo wir ihnen nur etwas Gutes thun können, da sollen wir sie damit verehren, und bitten, daß sie es für gut annehmen; denn wir können ihnen nimmermehr so viel Gutes thun, daß wir ihnen vergelten und bezahlen könnten ihre Gutthat, die sie uns gethan haben. Also, meine lieben Kinder, merkt es mit Fleiß, daß das Wörtlein „ehren“ eben so viel ist, als fürchten und gehorsam sein, lieb haben und alles Gute thun; und dennoch keinen Dank fordern, sondern ihnen danken und bitten, daß sie es für gut annehmen. Denn sie sind wahrlich unsere Herren, Pfleger und Obrigkeit von Gott gesetzt; und wir sind ihnen solches Alles zu thun schuldig; und wenn wir es nicht thun, so zürnet Gott mit uns auf das Allerheftigste.

Darum hat er auch im alten Testament geboten 5 Mos. 21,18 rc., wenn Jemand einen eigenwilligen ungehorsamen Sohn hat, der seines Vaters und seiner Mutter Stimme nicht gehorchet, so sollen sie ihn ergreifen, und zu den Aeltesten der Stadt führen, und sagen: Dieser unser Sohn ist eigenwillig und ungehorsam, und gehorchet uns nicht, und ist ein Schwelger und Trunkenbold; so sollen ihn alle Leute steinigen, daß er sterbe, und soll also das Böse abgethan werden, daß es das ganze Volk höre, und sich fürchte. Da höret ihr nun, meine lieben Kinder, wie übel es Gott gefällt, wenn man Vater und Mutter nicht folget, dieweil er befiehlt, man soll die Kinder tödten, die nicht gehorsam sein wollen.

Nun höret aber auch die Ursache, warum Gott so ernstlich gebeut, Vater und Mutter zu ehren. Das ist die Ursache: Unser lieber Herr Gott thut uns so viel Gutes durch unsern Vater und unsere Mutter, daß Niemand es aussprechen kann; denn er gebraucht sie zu einem Werkzeug, dadurch er uns Leib und Leben gibt, und die Nahrung dazu: darum sollen wir sie, als Gottes Werkzeuge, ehren. Und dieweil wir Gott nicht sehen und hören können, so stellt er unsern Vater und unsere Mutter an seine Statt, daß sie mit uns reden sollen, uns lehren und gebieten, was wir thun sollen. Gleichwie ein Schulmeister, wenn er aus der Schule geht, einem Andern befiehlt, derweile auf die Kinder zu sehen: den soll man dann auch nicht verachten, sondern gehorsam seyn, als dem Schulmeister selbst; und welches Kind das nicht thut, das straft der Schulmeister, wann er kommt: also wird unser Herr, Gott, die Kinder auch strafen, die Vater und Mutter nicht gehorsam gewesen sind; denn er hat Vater und Mutter befohlen, sie sollen die Kinder regieren und ziehen an seiner Statt.

So ist nun Gott, der Herr, der rechte Werkmeister und Zuchtmeister, Vater und Mutter aber sind die Werkzeuge, dadurch Gott alles ausrichtet. Denn wenn Gott einen Menschen erschaffen will, und ihm Leib und Seele geben, so nimmt er nicht einen Erdenkloß dazu, wie er zum ersten Mal gethan hat, da er den Adam erschuf, sondern nimmt Vater und Mutter dazu, und läßt sie ein Kindlein gebären. Darum ist das die erste Wohlthat, daß uns Gott durch unsern Vater und unsere Mutter Leib und Seele gibt.

Darnach wenn wir geboren sind, und uns Gott ernähren will, gibt er uns nicht Speise vom Himmel herab, sondern gibt der Mutter Milch in die Brust, daß sie ihr Kindlein säuge, und gibt dem Vater eine Nahrung, daß er sein Kind aufziehen und kleiden kann. Denn wir sehen, daß die Kindlein eine lange Zeit da liegen, so daß sie sich selbst nicht helfen können, und wenn uns Gott durch Vater und Mutter nicht erhielte und ernährte, so müßten wir alle in der Kindheit verderben und sterben. Und das ist die andere Wohlthat, die uns Gott durch unsern Vater und unsere Mutter erzeigt, daß wir bei dem Leben erhalten werden.

Will er dann, daß wir Christen seyn, und im rechten Glauben auferzogen werden sollen, so gibt er uns Christen zu Vater und Mutter, die uns dann taufen lassen, daß wir auch Christen und Gottes Kinder werden; denn wenn unsere Aeltern nicht Christen wären, so sähe man uns nicht an, daß man uns taufete, bis wir groß wären und selbst darum bitten würden; denn ihr seht wohl, daß man keines Juden Kindlein tauft; wenn wir aber einen ungläubigen Vater und Mutter hätten, und ungetauft stürben, so hätten wir keinen Theil an Christi Himmelreich; und wenn wir gleich nicht alsbald stürben, so machten sie doch, daß wir auch ungläubig blieben, und dem rechten Glauben feind würden, wie wir bei den Juden wohl sehen, die alle unserem Glauben feind werden, und sich unter zehn hundert Tausenden kaum Einer taufen läßt. So ist nun das die dritte Wohlthat, daß uns unser Herr, Gott, durch Vater und Mutter bald zu der Taufe und in die Christenheit bringt, und uns eine Liebe zum christlichen Glauben durch sie in unser Herz pflanzt, daß wir gern Christen sind, wir möchten sonst im Alter vielleicht nimmermehr Christen werden.

Wenn wir dann aufwachsen, und Zeit ist, daß wir Gottes Wort lernen sollen, so lehrt uns Gott am Allerersten die allerbeste und köstliche Lehre durch Vater und Mutter, nämlich die zehn Gebote, den Glauben, und das Vater unser; und wenn es gleich andere Leute thun, so geschieht es doch auf ihren Befehl, und durch ihre Belohnung. Darum ist nun das die vierte Wohlthat, daß uns Gott, der Herr, sein heiliges Wort durch Vater und Mutter lehret.

Auch lehren uns Vater und Mutter weltliche Zucht, daß wir feine, friedliche, bürgerliche Leute werden, daß man uns leiden kann; sie lehren uns auch Handwerke, Gewerbe, Handel und allerlei feine Künste, damit wir uns ernähren; wir haben von ihnen das Vaterland, Bürgerrecht und das Erbe, und wer kann Alles erzählen? Es haben Vater und Mutter so viel mit den Kindern zu thun, daß sie es selbst nicht alles ausrichten können, wiewohl sie es gern thäten, wenn es nur möglich wäre. Darum müssen sie andere Leute durch Geld und Bitte, durch Ordnung und Gesetz, zu Hülfe nehmen, bis doch die Kinder solche Wohlthaten alle überkommen, die uns Gott durch Vater und Mutter geben will.

Das sind die vornehmsten Ursachen, meine lieben Kinder, darum uns Gott, der Herr, geboten hat, daß wir Vater und Mutter ehren sollen. Und es müssen dieß wahrlich böse Kinder seyn, die es nicht thun, dieweil sie so viel Gutes von Vater und Mutter empfangen haben, und dennoch undankbar sind: sie wären wahrlich wohl werth, daß man sie steinigte, wie Gott im alten Testament geboten hat. Darum, meine lieben Kinder, nehmt es zu Herzen, und seyd nicht böse, ungehorsam und uns dankbar, sondern ehret Vater und Mutter.

Ihr sollt aber nicht dafür halten, meine lieben Kinder, daß ihr solchen Gehorsam und Ehre allein dem leiblichen Vater und der leiblichen Mutter schuldig seyd, sondern ihr send es schuldig allen denen, die euer Vater und euere Mutter zu Hülfe nehmen, durch die sie ihr Amt gegen euch ausrichten, als da sind Vormünder, Schulmeister, Hausherren, Prediger, Pfarrherren und weltliche Obrigkeit; denn diese alle nennt die heilige Schrift auch Väter. Darum, wenn Gott, der Herr, spricht: Du sollst Vater und Mutter ehren, so meint er die vorhin genannten Leute alle. Das geschieht darum: Wenn einem jungen Kinde seine Aeltern sterben, so bestellen sie in ihrem Testamente feine fromme Leute, zu denen sie sich Gutes versehen, übergeben ihnen ihre Gewalt, die sie von Gott haben, über die Kinder, und machen sie zu Vormündern.

Solchen Vormündern sollen nun die Kinder auch gehorsam seyn und sie ehren; denn sie sind an Vater und Mutter Statt gestellet, versorgen die Kinder, daß sie erzogen werden und Etwas lernen, und müssen vor Gott und vor der Welt für sie Rechnung geben.

Desgleichen, wenn Vater und Mutter nicht geschickt sind, oder nicht die Weile haben, daß sie die Kinder lehren, so befehlen sie es den Schulmeistern, den Predigern und Seelsorgern, und übergeben ihnen in diesem Falle auch ihre Gewalt: darum sollen die Kinder sie auch ehren, und ihnen gehorsam sein. Denn Paulus spricht 1 Tim. 5,17.: Die Aeltesten oder Priester, die wohl vorstehen, sind zwiefacher Ehre werth; und Hebr. 13,17. heißt es: Seyd gehorsam euren Lehrern und folget ihnen, denn sie wachen über eure Seele, als die da Rechenschaft dafür geben sollen.

Es geschieht auch oft, daß Vater und Mutter ihre Kinder zu fremden Leuten verdingen, entweder daß sie die Kinder nicht wohl ernähren, oder kein Handwerk oder Gewerbe selbst lernen können, oder aus andern guten Ursachen. Wenn nun das geschieht, sollen die Kinder, die also verschickt oder verdinget werden, ihre Herrschaft auch ehren als wie Vater und Mutter, und ihnen gehorsam sey; denn Vater und Mutter haben ihnen ihre Gewalt auch übergeben und befohlen: darum spricht Paulus Eph. 6,6 20.: Die Knechte sollen ihre Herren aller Ehren werth halten, und ihnen dienen, als dem Herrn, darum daß es also der Wille Gottes ist.

Wenn aber nun die Kinder groß werden, und wollen weder den Aeltern, noch den Schulmeistern, noch den Hausherren, noch den Seelsorgern folgen, sondern werden böse, frech, muthwillig, und thun andern Leuten Schaden, so soll sie die Obrigkeit strafen; denn Vater und Mutter haben die Obrigkeit gewählet und eingesetzt, und haben ihnen ihre Gewalt auch übergeben, daß sie die bösen Kinder an ihrer Statt strafen und ziehen sollen. Darum soll man die weltliche Obrigkeit auch ehren wie Vater und Mutter; denn durch sie haben wir Schutz und Schirm, Friede und Recht in der Stadt und auf dem Lande. Wir sollen auch gern dazu geben Steuern, Abgaben und Zins, damit sie es erhalten können, wie Paulus Röm. 13. lehrt.

So merkt nun mit allem Fleiß, meine lieben Kinder, Vater und Mutter heissen nicht allein die Leute, die uns geboren haben, sondern auch die, die ihnen helfen uns lehren und ziehen, als da sind Vormünder, Schulmeister, Hausherren, Seelsorger, und weltliche Obrigkeit. So heißt auch „ehren“ nicht schlechte äusserliche Zucht, sondern es heißt fürchten, gehorsam sein, lieb haben und alles Gute thun, und sich dennoch deß alles nicht übernehmen, sondern sich demüthigen, und sie bitten, daß sie mit uns für lieb nehmen, wir wären wohl mehr schuldig.

Das ist, meine lieben Kinder, die vornehmste Weisheit im zeitlichen und weltlichen Leben, daß wir erkennen, daß wir diesen Leuten Gehorsam schuldig sind, und daß es Gott dem Herrn so herzlich wohlgefällt, wenn wir es thun, und daß er uns wiederum so viel Gutes durch dieselbigen Leute mittheilt.

Darum wollt ihr fromm seyn, und Gott wohlgefallen, so haltet dieß Gebot, seyd Vater und Mutter und aller Obrigkeit gehorsam, haltet sie in Ehren, folget ihnen, was sie euch heissen, aufgenommen, wenn sie euch Etwas gebieten wollten, das Gott verboten hat, so sollt ihr nicht folgen, sondern sprechen, wie St. Petrus Apostelgesch. 5,19.: Man muß Gott mehr gehorsam seyn, denn den Menschen.

Ihr sollt auch euren Vater und Mutter darum nicht verachten, daß es einfältige, arme, schwache oder sonst gebrechliche Lente sind; denn sie seyen gleich wie sie wollen, so hat euch dennoch Gott durch sie das Leben gegeben, und sie über euch zu Herren gesetzt; dazu gibt er euch die vorgemeldeten Güter alle durch sie. Darum sollt ihr sie, Gott zu gefallen, ehren, und ihnen gehorsam seyn, gern Lernen und thun, was sie euch befehlen, und fleissig meiden, was sie euch verbieten; denn das gefällt Gott, dem Herrn, wohl; und sollt euch hüten, daß ihr euch aus ihrem Gehorsam wider ihren Willen nicht entziehet, noch von ihnen, oder aus den Diensten, darein sie euch verdingen, hinweglauft; denn es ist eine grosse Sünde, die Gott gewiß nicht ungestraft läßt. Besonders sollt ihr euch hüten vor dem schändlichen Ungehorsam, der jetzt allgemein ist, daß ihr euch nicht ohne eurer Aeltern Willen und Wissen verheirathet; denn ihr thut nicht allein unrecht, sondern auch thöricht, dieweil es so ein gefährliches, langweiliges und mühseliges Ding um den ehelichen Stand ist, wenn er nicht wohl geräth; denn da müßt ihr euer Leben lang geplagt seyn und Unglück haben, daraus euch Niemand helfen kann, denn der Tod. Es ist aber zu besorgen, wenn man Vater und Mutter verachtet, und ohne ihren Willen und Wissen heirathet, und also den ehelichen Stand mit Sünden anfängt, es werde Gott weder Glück noch Heil dazu geben; wenn ihr aber Gottes Gebote hieltet, und Vater und Mutter folgtet, so würde euch Gott lieb haben, und seinen Segen und alles Gute zum ehelichen Stand geben.

Wohlan, meine lieben Kinder, ihr hört, was ihr thun sollt: darum merkt's und thut's; denn dieses Gebot ist ein treffliches, feines Gebot. Darum spricht der heilige Paulus Eph. 6,2 rc.: Es sey das erste und vornehmste Gebot, daß eine Zusage habe. Es ist auch wahr. Denn unser Herr, Gott, spricht: Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß du lange lebest im Lande, das dir der Herr, dein Gott, geben wird. Damit sagt er uns zu, daß, wer Vater und Mutter ehret, lang leben, und in seinem Vaterland bleiben soll; wer es aber nicht thut, aus dem Lande vertrieben werden, und bald sterben soll; und ihr seht's gar fein, daß es also geht; denn wenn die Kindlein böse sind, Vater und Mutter nicht folgen, den Schulmeistern ungehorsam sind, ihren Herren nicht treulich dienen, Gottes Wort und die Prediger verachten, und der Obrigkeit nicht gehorsam und unterthänig sind, so straft sie Gott. Wenn man dann haushalten soll, so verdirbt man, daß man von Schulden wegen in das Gefängniß muß, oder kommt dahin, daß man lügt und stiehlt, oder aus dem Lande unter die Fremden laufen muß, da man Niemand kennt, da Einem auch Niemand trauet, Niemand hilft, Niemand beisteht: das ist dann die rechte Strafe, darum daß sie in der Jugend nicht folgsam und gehorsam waren.

Darum, meine lieben Kinder, seyd Vater und Mutter und aller Herrschaft gehorsam, so werdet ihr lange leben, weise und klug werden, und andern Leuten auch nützlich seyn, und viel Gutes thun; ihr werdet auch in eurem Land bleiben, bei euren Aeltern, Schwestern, Brüdern, Freunden und guten Gesellen, und allerlei Freundschaft, Liebe und Treue von ihnen gewarten und empfangen; ihr dürft auch nicht sorgen, daß ihr wegen Armuth, oder aus andern bösen Ursachen aus dem Land entlaufen müßt; und werden euch die Feinde auch nicht daraus vertreiben, wie sonst den bösen, ungehorsamen Leuten geschieht. Solchen grossen Lohn hat uns unser lieber Herr verheissen, und wird ihn gewiß geben, wie wir es am Tage sehen,: daß er's thut, wenn wir Vater und Mutter und aller Obrigkeit gehorsam sind, und uns lehren und ziehen lassen zu unserem grossen Nutzen und Ehren, und zu Gottes Wohlgefallen.

Das ist nun die Meinung und der rechte Verstand dieses vierten Gebots, daß man Gott, den Herrn, über alle Dinge fürchten und lieben soll, daß wir um seinetwillen unsere Aeltern und Herren nicht verachten, noch erzürnen, sondern sie in Ehren halten und ihnen dienen, gehorsam sind, und alle Liebe und Treue erzeigen.

Darum, meine lieben Kinder, merkt es mit Fleiß, und wenn man euch fragt: Wie verstehst du das vierte Gebot? so sollt ihr also antworten:

Wir sollen Gott, den Herrn, fürchten und loben, daß wir unsere Eltern und Herren nicht verachten, noch erzürnen, sondern sie in Ehren halten, ihnen dienen, gehorchen, sie lieb und werth haben.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/b/brenz/brenz_kuk_auslegung_4_gebot.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain