Boos, Martin - Aus seinen Tagebüchern

Boos, Martin - Aus seinen Tagebüchern

  1. Wer sein Haus auf den Felsen gebaut hat, d.i. wer in Christo befestiget und mit seinem Christenthum etwas in der Ordnung ist, über den muß bald ein Platzregen, ein Sturmwind, ein Prüfungstag kommen. Wenn nun dieser Windstoß das Haus nicht umwirft, so wird's eben dadurch offenbar, daß das Haus nicht auf einem Sandhügel, sondern auf einem Felsen stehe. Da nun zur Zeit der Trübsal so viele Menschen abgefallen, so ist's offenbar und erwiesen, daß das Christenthum der Meisten Sandhäuser und Sandgebäude sind.
  2. Erwecke die Gnade, die in Dir, sagt Paulus zu dem Timotheus. Es scheint, die Gnade, die Lichtkraft, der Eifer, Muth, schlafe bisweilen im Menschen, weil sie Paulus aufwecken heißt. Wenigstens findet sich so Etwas in mir. Oefters scheint alles Licht erloschen, aller Eifer erkaltet, aller Muth gesunken zu sein. Und das dauert oft 2-3 Tage fort. Auf einmal stellt sich Alles wieder ein, gleich als ob diese Dinge vorhergeschlafen hätten, und als ob sie jetzt vom Schlaf aufgeweckt worden wären.
  3. Das ist ein vortrefflicher Gedanke vom Professor S., daß er behauptet: der Mensch könne seinen Verstand verstudiren. Die meisten Gelehrten sind Narren und taugen nicht für die Welt, die sie vor sich haben; denn sie haben eine andere, nicht existirende im Kopfe, und können also der gegenwärtigen nichts nützen; und dies kommt bloß daher, weil sie immer in die Bücher, und nie in die Welt schauen, besonders nicht in die, die in ihnen ist.
  4. Wenn ein Theolog bei seiner Theologie hoffärtig ist, so legt er dadurch an den Tag, daß er Christum noch nicht kenne. Denn wenn er Christum kennt, so weiß er, daß er ohne sich an Christum anzulehnen, weder gehen, noch stehen, weder etwas Gutes denken, noch wollen, noch thun könne. Folglich muß ihm alle Hoffart vergehen.
  5. Das ist doch eine Narrheit, daß die Philosophen (Rationalisten) Jene Obscuranten (Finsterlinge) heißen, welche die Sonne der Offenbarung noch in der Hand und im Munde tragen. Das ist ja gerade so närrisch, als zu sagen: Beim Nachtlämpchen sieht man besser, als bei der Sonne.
  6. Christum im Herzen, und das Kreuz auf dem Rücken - heißt es bei allen wahren Christen.
  7. Die Gnade von Innen und die Schläge von Außen ziehen, schlagen, treiben und tragen viele Sünder zur Buße. Da fiel ein Nachtschwärmer, der eben seiner Lust nachlief, in den Brunnen. Halbtodt heraufgezogen, erkannte und bekannte er seine Sünde, und die strafende und warnende Liebe Gottes. Was das Gewissen und der Prediger nicht vermag, das vermag der Fall in den Brunnen.
  8. Es giebt Weiber, die klagen und sagen überall, daß sie gar so liederliche Männer haben, welche immer nur spielen, saufen rc. Diesen sagt Zobo gewöhnlich: Lieben Leute, dieß Klagen und Sagen nützt euch und euren Männern nichts. Nehmet lieber eure Männer und traget sie, wie die Träger den Gichtbrüchigen, alle Tage im Gebet dem Heiland vor, und wenn Jesus euren Glauben und eure Thränen sieht, so wird und muß er zuletzt sprechen: Sei getrost, meine Tochter, ich will Dir helfen und Deinen Mann bekehren.
  9. Die Großen der Erde haben sich vor dem Reiche Christi und den Frommen schon oft gefürchtet; und gerade vor ihnen sind sie mit ihrer Herrlichkeit am sichersten. Denn gerade den Reichsgenossen Jesu Christi ist's befohlen, sich nicht zu erhöhen und keinen Theil an den Weltreichen zu haben, und sie wollen auch selbst lieber unterthänig sein, als herrschen. Zufrieden und reich an innerlicher Herrlichkeit, lassen sie gern dem Kaiser, was des Kaisers ist.
  10. Wenn's Nacht ist in der großen Welt, so kann ich es nicht Tag machen, ich muß warten, bis die Sonne aufgeht. So auch wenn's Nacht in mir ist, so kann ich's nicht Tag, nicht hell machen; ich muß warten (betend), bis mir die Sonne, das Licht, wieder scheint. So warte nun.
  11. Wenn der Kaiser durch alle Bischöfe, Pfarrer rc. bekannt machen ließe, daß er für Alle, die Schulden haben, die Schulden bezahlen oder sie ihnen nachlassen wolle, wenn sie sich bloß darum meldeten, so würden sich alle Schulden Habende fleißig melden. Und wer sich etwa nicht meldete, würde allgemein als Thor verspottet werden. Aber so närrisch ist der Mensch nicht, wenn's darauf ankommt, seine Geldschuld zu tilgen; so thöricht ist er nur, wenn's darauf ankommt, seine Sündenschulden zu tilgen. Da versäumen Viele die Zeit der Buße und die Annahme des Evangeliums, welches ihnen Gott zur freien Tilgung und Nachlassung ihrer Sünde immer bekannt machen läßt.

Quelle: Bodemann, Friedrich Wilhelm - Gesammelte Birefe an, von und über Martin Boos

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