Bonifatius an Pethelm.
Pethelm war Bischof zu Whithorn in Schottland
Dem vielgeliebten und hochwürdigen Bruder Pethelm, Mitbischof, sagt Bonifatius, demütiger Knecht der Knechte Gottes, den erwünschten Gruß der Liebe in Christo.
Die väterliche Liebe Eurer Heiligkeit bitte ich so innig als angelegentlich, in den Gefahren, welche ich zu bestehen habe, mir durch gotteswürdige Gebete zu Hilfe zu kommen, weil das deutsche Meer für die Schifffahrt gefahrvoll ist, damit ich durch Euer Gebet unter Gottes Leitung ohne Schaden an meiner Seele an das Gestade der ewigen Ruhe gelangen möge, und, während ich den Blinden, welche ihre eigene Finsternis nicht kennen und nicht sehen wollen, das Licht der evangelischen Wahrheit zu bringen suche, nicht selbst in die Finsternis der Sünde gerate und mich nicht in die Wüste verirre oder verirrt sei, sondern, durch Eure Fürbitte unterstützt unbeschadet und erleuchtet zum ewigen Licht gelange. Außerdem sende ich Euch zum Beweis meiner Liebe einige kleine Geschenke, einen weißbunten Leibrock und ein getrotteltes Tuch zur Fußwaschung. Ihr mögt solche zum Andenken nicht verschmähen.
Über einen Gegenstand wünsche ich auch von Euch Rat und Antwort. Die Geistlichen behaupten im ganzen Frankenreich und Gallien, wie auch die Römischen, dass der Mensch ein großes Verbrechen begehe, welcher eine Witwe heirate, deren Sohn er vorher aus der Taufe gehoben. Wenn das eine Sünde ist, so habe ich es bis daher nicht gewusst; auch habe ich weder in den alten Satzungen noch den Entscheidungen des Pontifikats gefunden, dass die Väter, noch in dem Sünden-Register, dass die Apostel jemals wo diese Sünde aufgeführt haben. Wenn ihr daher irgendwo in kirchlichen Schriftstellern Etwas darüber vorgefunden hättet, so lasst mich es wissen, und sagt mir Eure Ansicht. Möge Eure Glückseligkeit durch heilige Tugenden in Christo fortgehen. Lebt noch lange wohl.