Beck, Johann Tobias - Rede bei der Trauung meines Sohnes,

Beck, Johann Tobias - Rede bei der Trauung meines Sohnes,

gehalten den 28. Sept. 1854. Gebet: Kirchenbuch S. 471.

Liebe Kinder! Ihr beide gehöret, bereits einander an in Einigkeit des Herzens; aber ihr seyd nicht mehr euer selbst, sondern mit Allem, was ihr seyd und habt, gehört ihr Gott dem HErrn an; Er ist euer Schöpfer und Erlöser, und ohne Ihn können wir nichts thun, wenn es wohl gethan soll heißen. Darum haben wir uns mit euch hier versammelt, um das Angesicht des HErrn zu suchen, und euern Bund, den ihr nun auch zu einem äußerlichen Bunde für Leben und Sterben machen wollt, zu heiligen durch das Wort Gottes und durch Gebet. Ihr fühlt es als ein Glück, daß ihr einander gefunden habt, und künftig bei einander bleiben und mit einander theilen dürft Freud und Leid des Lebens; es ist euch wohl kein schweres Gebot, sondern innerer Herzensdrang, euch mit einander zu verbinden auf die Worte: wo du hingehst, da will ich auch hingehen, wo du bleibst, da bleibe ich auch; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott - der Tod muß mich und dich scheiden! (Ruth 1, 16 f.). Daß ihr aber so mit einander verbunden seyd, und darauf euch für alle Zukunft mit einander verbinden könnet mit gutem Gewissen: wem habt ihr es anders zu danken, als Gott dem HErrn, der euch für einander geschaffen und euch zusammengeführt hat, von dem ihr beide habt, was Eines am Anderen lieb hat, und der für solche gegenseitige Liebe den Ehebund gestiftet hat als rechtmäßige Ordnung. Darum sey euer Erstes, nicht euch untereinander zu loben, sondern zu sprechen: lobe den HErrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes gethan hat (Ps. 103,1 f.).

Ihr habt nicht in leichtfertiger Eitelkeit oder eigenmächtig euch zusammengefunden, und der Grund, ans dem euer Bund steht, hat seine Probe bestanden; das darf euch ein Trost und Pfand sein für die kommenden Tage, aber es darf euch nicht sicher oder stolz machen. Was im Feuer des Anfangs eine leichte Last ist, das wird im Fortgang, wo es Tag für Tag seinen langsamen Schritt geht, schwer und drückend; was längere Zeit das Herz nicht anrührt, das wird plötzlich eine gefährliche Versuchung, wenn man es lange genug am Andern gesehen hat; und gerade im Ehe- und Hausstand sieht und erlebt man heutzutage so Vieles, was das Herz theils anficht und kümmert, theils verlockt und leichtsinnig macht. Die Einen thun, als dürften und könnten sie sich aus Ehe und Haus ein Paradies machen und den Himmel bei einander haben; bei Anderen oder bei den Nämlichen zu anderer Zeit ist es, als hätten sie die Hölle auf Erden; die Einen richten sich ein nach Herzenslust, verweichlichen und verzärteln sich in häuslicher Abgeschiedenheit, den Andern ist es ein lästiger Zwang und Bann, beisammen zu wohnen, und Jedes sucht das Seine außer dem Hause. Die Wenigsten legen ihrem Hausstand Gottes Gesetz und Gnade zu Grund, daß sie meiden die Wege, die abwärts führen, und suchen den Weg, der aufwärts führt - es ist ein bloßes zeitliches Zusammenleben, Zusammenarbeiten und -Erwerben, bei dem sie theils in fleischlicher Weife gegen einander gefällig und zufrieden sind, theils eigenliebig gegen einander pochen und hadern, und in beiderlei Weife verderben sie sich gegenseitig ihre Seelen. Stolz, Geiz und Genußsucht, das sind die Götzen, die in und außer dem Hause unsere Zeit regieren, und die Menschen verstricken in geheime und offenbare Ungerechtigkeiten, welche die Seelen in's Verderben versenken.

Wie wollt ihr nun da durchkommen, daß ihr die Versuchungen überwindet und die Seele errettet? Auf's Gerathewohl dürft ihr es nicht ankommen lassen; das bloße Wünschen oder Aengsten allein thut es auch nicht; die natürliche Gutherzigkeit reicht auch nicht aus, und eben so wenig die natürliche oder weltliche Klugheit; diese verflicht euch selber in's Böse, jene bewahrt euch nicht vor der Schalheit und Täuscherei der Menschen. Ihr müßt euch üben, daß ihr Einfalt und Klugheit mit einander verbindet: werdet ohne Falsch wie die Tauben, daß ihr auf's Böse einfältig seyd, daß ihr nie etwas Böses als eine Klugheit achtet - dann wird euch Gott bewahren in seiner Kraft, der die Klugen fäht in ihrer List, und den Einfältigen es gelingen läßt; aber im Guten müsset ihr klug und verständig werden, daß ihr prüfet und wisset, was ihr zu thun und zu lassen habt, und wie ihr es am besten in's Werk setzet. Darum sagt euch Gottes Wort (Eph. 5,15 ff.): so sehet nun zu, wie ihr vorsichtig wandelt, nicht als die Unweisen, sondern als die Weifen, und schicket euch in die Zeit, denn es ist böse Zeit, d. h. nicht: schicket euch in das böse Treiben der Zeit, daß ihr demselben zu Willen seyd, vielmehr machet euch für die böse Zeit zum Guten geschickt; darum, wird fortgefahren, werdet nicht unverständig, sondern verständig, was da sey des HErrn Wille, nicht der Zeit Wille, sondern dessen Wille, der über die böse Zeit HErr ist; und statt Lust und Stärkung zu suchen in den weltlichen Genüssen, daraus ein unordentlich Wesen folgt, suchet eine andere Stärkung, daß ihr voll Geistes werdet aus dem Worte, das ein Wort des Geistes ist, und redet untereinander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singend und spielend dem HErrn in eurem Herzen, und saget Dank allezeit Gott und dem Vater in dem Namen unseres HErrn Jesu Christi, und dienet einander in der Furcht Gottes.

Das sey also eure Schule und eure Weisheit, daß ihr euch in eurem Stand und Beruf als Christen schicket in die böse Zeit, daß es bei euch die tägliche Losung ist: laß dich nicht das Böse überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten (Röm. 12, 21.).

Das Gute, welches die Kraft hat, das Böse zu überwinden, findet ihr nicht bei euch noch bei irgend einem Menschen; wir sind und werden alle vom Bösen überwunden; der einzige Ueberwinder in Menschengestalt ist unser Heiland Jesus Christus, und Er reicht aus der Fülle Gottes das Gute und die Kraft dazu denen dar, die es in Ernst und Geduld bei Ihm suchen mit Beten und Anklopfen. Das Lesen seines Wortes und das Anrufen seines Namens, gemeinschaftlich und insbesondere, sey das Licht und Heiligthum in eurem Haus und Herzen, sey nach dem alten wahren Ausdruck euer Morgensegen und Abendfegen, euer Sonntagsgut an jedem Wochentag; dabei haltet den Tag über Wache jedes über seinem Dichten und Trachten, über seinem Mund und seiner Hand, und am Schlüsse jedes Tages haltet eine Prüfung euer selbst in eurem Inwendigen, daß die Sonne nicht untergehe über einem Zorn oder einer anderen Sünde, daß ihr euch selber darüber richtet, ehe Gott euch richten muß, und ihr euch reiniget von eurer Unreinigkeit im Blute des Sohnes Gottes, so lange es heute heißt. Das ist der Weg des Friedens, der den innern und äußern Unfrieden ferne hält oder ihm wenigstens seinen Stachel nimmt; da lernet ihr Gutes geben und Uebles vergeben, damit auch euch Gott vergeben kann und immer neu geben von seinem Guten. Euer Beten wird dann nicht umsonst sein, sondern ihr werdet das Vertrauen zu Gott in's Herz bekommen, das David ausspricht: Keiner wird zu Schanden, der dein harrt; aber zu Schanden müssen sie werden die losen Verächter - HErr, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige, leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich; denn Du bist der Gott, der mir hilft; die Wege des HErrn sind eitel Güte und Wahrheit denen, die seinen Bund und Zeugniß halten - schlecht und recht, das behüte mich, denn ich harre dein (Ps. 25, 3-5.; 10, 21.).

So nehmet und führet denn eure Ehe im rechten Sinn als eine Ordnung Gottes für dieß irdische Leben, nicht überschwinglich, als wäre es schon ein himmlisches Gut - das gibt die beste Ehe dem Menschen nicht, sondern allein die Ehe oder Vermählung der Seele mit dem HErrn Jesu Christo; aber auch nicht im niedrigen Erdensinn nehmt die Ehe, als wäre es nur ein menschlicher Einfall oder Vertrag; die Ehe sey euch ein göttliches Gut für diese Lebenszeit, ein vom HErrn geschaffener Bund, der euch zu Einer Person macht an Seele und Leib, daß ihr einander zur Hilfe und Freude seyd in dieser Welt; ein Bund, der euch aber noch nicht selig macht, ihr nehmet denn den ewigen Gnadenbund Gottes in Jesu Christo hinzu, ohne den Alles, auch das schönste Eheleben ein vergängliches Ding ist. Haltet euch also unter allen Umständen an den göttlichen Grund, auf welchen der Ehestand gestellt ist durch das Wort Gottes, da es heißt: der im Anfang den Menschen gemacht hat, der machte, daß ein Mann und Weib sein sollte (Matth. 19, 4.). Hiemit ist, wie Luther sagt, Gottes Wort an deinem Manne und an deinem Weibe geschrieben; es ist Gottes Wort, welches dir den Mann oder die Frau zuspricht und schenket, daß du unter Unlust und Beschwerde denken kannst und sollst: den Mann hat mir Gott gegeben, daß er sey mein Mann; die Frau hat mir Gott gegeben, daß sie sey meine Frau - damit bleibe ich in Gottes Wort und Befehl. Er will uns beisammen haben, daß wir für einander leben, mit einander theilen und tragen, uns freuen und leiden. Er will es aber nicht haben und leiden, daß wir einander mehr lieben, als Ihn selber, daß Eines über den Wünschen und Gefälligkeiten des Andern vergesse, was der HErr gebietet und was wir andern Menschen schuldig sind, daß wir über dem ehelichen Glück oder Unglück nicht das Seelenheil und das himmlische Ziel versäumen. Darum hat Gott den Ehestand auch mit Dornen und Disteln umgeben, und stellt ihn unter das Kreuz durch allerlei Unfall, Bekümmeniiß und Verdruß, damit der Ehestand selbst den Menschen dränge und treibe in das allerinnerste, höchste und geistliche Wesen hinein, in den Glauben und in seine Uebungen. Diese Glaubens schule, liebe Kinder, wird auch für euch kommen, und so ihr darin ausharret, werdet ihr mit dem Guten das Böse überwinden lernen, das sich als Last oder Lust an den Ehestand anhängt.

Denket also nicht, euch einander angenehm zu machen nach dem Fleisch, sondern stellet euch so zu einander, daß ihr in der Furcht und Liebe Gottes mit einander umgehet, daß ihr um des HErrn willen euch gegenseitig thut, was vor Ihm recht und wohlgefällig ist, und gegenseitig meidet, was vor Ihm unrecht und mißfällig ist; so überwindet ihr die falsch-gefällige Liebe gegen einander, die das Gute verleugnet den Menschen zu lieb, und die ungefällige Eigenliebe, die das eigene Böse nicht verleugnen mag und ein Zunder ist des Unfriedens.

Euren Haushalt und Wandel in der Welt führet in der Gottseligkeit, welche die Genügsamkeit lehrt und die Verheißung hat dieses und des zukünftigen Lebens. Bei den Gottseligen heißt es: du hast geboten fleißig zu halten deine Befehle - o daß mein Leben deine Rechte mit ganzem Ernst hielte - wenn ich schaue allein auf deine Gebote, so werde ich nicht zu Schanden (Ps. 119, 4-6.). Wollet ihr aber für eure Gottseligkeit nicht den Lohn in diesem Leben dahinnehmen, sondern die Verheißung des zukünftigen Lebens dazu haben: so stellet ja nicht euren Sinn auf's Reichwerden und Großwerden, sondern bleibet gerne im niedrigen Stande, und lernet zufrieden sein für dieses Leben mit dem Nöthigen; sonst kommt der Geiz und die Mißgunst, die Kälte und die Undankbarkeit gegen eure Nächsten und gegen Gott in eure Seelen, und das bringt euch um Gottes Reich und Erbe im Licht. Es ist besser, ein Wenig mit der Furcht des HErrn, denn großer Schatz, darinnen Unruhe ist (Sprichw. 15, 15.). Setzet also eure Hoffnung nie auf Geld und Gut, sondern auf den lebendigen Gott, und vergesset nicht dankbar zu sein für Alles; dann werdet ihr zufrieden und glücklich sein auch bei Wenigem, und Niemand Unrecht thun in der Meynung, euch selber damit Gutes zu thun. Es wird euch am Nöthigen, am täglichen Brod nie fehlen, wenn ihr auf des HErrn Wegen bleibt; denn dafür bürgt euch Gottes eigenes Wort, das da sagt: der Wandel sey ohne Geiz, und lasset euch begnügen an dem, das da ist; denn Er hat gesagt: ich will dich nicht verlassen noch versäumen (Ebr. 13, 5.); wohl dem, der den HErrn fürchtet und auf seinen Wegen geht; du wirst dich nähren deiner Hände Arbeit; wohl dir, du hast es gut (Ps. 128, 1 f.). Also die Hände in den Schoß legen darf man bei der Gottseligkeit nicht, und sich dabei trösten, Gott werde schon ohne unsere Mühe für's Brod sorgen; vielmehr es heißt: „im Schweiß deines Angesichts sollst du dein Brod essen“; „wo man arbeitet, da ist genug; wo man aber mit Worten umgehet, sehen es auch fromme Worte, da ist Mangel“ (Spr. 14, 23.); „läßige Hand macht arm; wer aber eine Sache klüglich führet, der findet Glück, und wohl dem, der sich auf den HErrn verläßt“ (Sprichw. 10, 4.; 16, 20.). Also es gilt um Gottes willen, nicht um des Mammons willen arbeiten, mühselig, fleißig, klüglich arbeiten, aber dabei sich nicht auf den eigenen Verstand und Fleiß, sondern auf den HErrn verlassen, daß das Herz in Ihm seine Sorgen und Begierden stillt und in der Ruhe erhält - arbeiten, wie es der Apostel befiehlt, mit eigenen Händen, aber mit stillem Wesen, um das eigene Brod zu essen, und keines fremden zu bedürfen, und dabei nicht verdrossen werden, Gutes zu thun (1 Thess. 4, 11 f. 2 Thess. 3, 12 f.). Das, liebe Kinder, ist der Wandel der Gottseligen in diesem Weltleben, und nur damit überwindet ihr den Plagegeist des weltlichen Arbeitens und Geizens, und den Lustgeist des weltlichen Großthuns und Genießens, der einem falschen Glück nachjagt und sich ewige Plage häuft auf den Tag der ewigen Vergeltung. So sey denn euer Erstes immerdar das Trachten nach dem Reiche Gottes, und das im Wege seiner Gerechtigkeit - für das Uebrige lasset Gott sorgen, der reich ist über Alle, die Ihn anrufen, und für sie sorgt als Schöpfer, Vater und Erlöser. Höret nun noch an, welche Pflichten das Wort Gottes insbesondere für euren Stand euch einschärft (Kirchenbuch S. 483 f. 486.).

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