Beck, Johann Tobias - Gebet bei Beerdigung eines Kindes.

Beck, Johann Tobias - Gebet bei Beerdigung eines Kindes.

Mergentheim, den 9. Mai 1835.

Verborgener Gott! Ruchlose, die eine Plage sind ihrer Mitmenschen, kannst Du alt werden lassen in ihrer Ungerechtigkeit: aber besitzen sie dann darum den Himmel? sind sie aus dem Gericht gerissen, weil Du Geduld hast mit ihnen? Unschuldige Kinder, die ihrer Eltern Herz erfreuen und viel Gutes versprechen, kannst Du dahinraffen - aber darf der Mensch von Erde mit Dir rechten, Du HErr der Lebendigen und Todten? Mag das thun, wer dich nicht kennt als den, der uns zuerst geliebet hat, wer es nicht glaubt: Du habest also uns geliebt, daß Du deinen eingebornen Sohn für uns in den Tod gabst. Nein, Du bester, treuster Vater im Himmel, wir rechten nicht mit Dir, wenn Du unsrer Kinder Eines in den Tod sendest - ist's ja nicht, als führen sie zur Hölle, sondern ein besseres Leben schenkst Du ihnen, wo sie nicht mehr sterben und in keiner Noth verderben, ein Leben lautrer Freude! Unsre Wohnungen hienieden sind ja nicht die einzigen und nicht die besten in Deinem großen Haus, o Vater; wie viel Schmerz und Leid und Geschrei wohnet bei uns in unsern irdischen Hütten! Dort oben aber hast Du durch Jesum Christum die Stätte der Ruhe uns bereitet, und die Erlösten rufen von dort uns zu:

fahr hin, o Angst und Schmerzen! fahr immer, immer hin!
Ich freue mich von Herzen, daß ich erlöset bin:
ich leb' in tausend Freuden in meines Schöpfers Hand;
mich rührt und trifft kein Leiden, so dieser Welt bekannt!
Die noch auf Erden wallen in irrthumsvoller Zeit,
vermögen kaum zu lallen von froher Ewigkeit!
Viel besser wohl gestorben, als in der Welt gelebt!
Die Schwachheit ist verdorben, worinnen ich geschwebt!

Ja, Vater, weise und gnädig ist Dein Rath, was Du auch mit uns thust - Deine Gedanken reichen nicht nur wie die unsrigen von einem Tag zum andern, sondern auf Zeit und Ewigkeit: sie gehen über Himmel und Erde hin die Wege Deiner Führung, nicht nur wie wir von Schritt zu Schritt! Die Schulen und Kirchen, die Du unter uns hast, sind nicht die einzigen, nicht die vollkommensten Erziehungsstätten in Deinem herrlichen Reiche; mit menschlicher Elternzucht und menschlicher Lehre hat Deine Erziehung kein Ende - wir schauen und lehren ja Alle im dunkeln Wort, und viel Uebel verderbt uns die beste Lehre! Dorr oben aber hast Du Engel bereit für unsre Kinder, die immerdar Dein Angesicht sehen, ja Du selbst machst dort vollkommen wahr Dein Wort: ich will geben meine Gesetze in ihren Sinn, und in ihr Herz will ich sie schreiben, und will ihr Gott sein und sie sollen mein sein; und soll nicht lehren ein sündiger Bruder den andern und sagen: erkenne den HErrn - denn sie sollen mich Alle kennen von dem Kleinsten bis zu dem Größten.

Und Dir, o seliger, gnädiger Vater - Dir sollten wir unsre Kinder nicht mit getröstetem Herzen können überlassen mit ihrem Leib und ihrer Seele, Dir nicht, der Du uns mit ihnen nach kurzer Trennung wieder willst zusammenführen und das in Herrlichkeit und Siegespracht? Wie oft in dieser Welt müssen wir sie von uns ziehen lassen rechts und links hinaus in's Trauer- und Freuden-Haus unter dem Locken böser Buben und dem Dräuen von allerlei Uebel - und zu Dir, ihrem treuen Schöpfer, Erlöser und Tröster, zu Dir wollten wir nicht sie ziehen lassen mit ruhigem Muth, mit dem frommen Bekenntniß: HErr, Du hast sie uns gegeben zum Segen - HErr, Du nimmst sie von uns zu noch größerem Segen: Dein treuer Vater- und Heilands-Name sey gepriesen! Was Du thust, geschieht nie zur Unzeit: wer stirbt nach Deinem Willen, der stirbt schon alt genug.

Ja, HErr, Dein Wille ist gut und ohne Fehl, Dem Gang ist Segen - wohl dem, der Deinen Willen zu seiner Seelenspeise macht und in Geduld sich ihm ergibt. Es ist uns Allen ja verborgen, was Dein heiliger Rath in der Zukunft noch beschlossen hat - aber daß Du unser Heil von Ewigkeit zu Ewigkeit beschlossen hast, und Alles zu unsrem Heil soll dienen, das ist uns nicht verborgen, wird uns geoffenbaret in Deinem Worte, welches Du uns zum Trost und zur Leuchte gegeben hast. Darum führe uns, HErr, wie Du willst - wir bleiben stets an Dir; denn Du leitest uns nach einem weisen und seligen Rath, und nimmst uns endlich zu Ehren an. Und selbst der Tod - er darf uns nicht verschlingen, muß uns zu Dir nur in den Himmel bringen, wenn wir getrachtet haben nach dem, das dort oben ist; und unsrer Kinder frühes Sterben kann weder sie noch uns enterben, sondern muß uns einsegnen zu einem himmelreichen Wiedersehen.

D'rum mit starkem Glaubensmuth
senken wir die todten Glieder
in den Schooß der Erde nieder,
rufen: es ist Alles gut!
Unsre Todten sollen leben,
Gott wird sie uns wiedergeben.

Amen.

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