Baxter, Richard - Selbstverleugnung - Das XXV. Capitel.

Baxter, Richard - Selbstverleugnung - Das XXV. Capitel.

Allzu koestliche Bequemlichkeit / Wart und Pflege / Accomodation, Gebaeu / Gaerten / Pferde / etc. muessen verlaeugnet werden.

Neben diesem ist ein Stueck / darzu das Fleisch Lust hat / nemlich / daß es in allen Stuecken moege seine gute und uebergrosse Bequemlichkeit haben in Gebaeuen / in koestlichen Gemaechern / schoenen Spatziergaengen / Gaerten / liegenden Gruenden / Vieh / etc. das muß verlaeugnet werden. Es ist nicht verboten gute Bequemlichkeit und Accomodation zu haben / auch mag man derselben wol gebrauchen / und gebuehrlicher Weise begehren / doch mit solcher Behutsamkeit und Bedinge / deren im vorhergehendem 23. cap. gedacht ist. 1. Wo man nicht mit Ahab dasjenige begehret zu seiner Accomodation was einem andern gehoeret / daß man seines Naechsten Gut begehret / oder unrechtmaeßig an sich bringet. 2. Wo man nicht gar zu viel auf solche Sachen wendet / und leget das daran / das zu wichtigern und nothwendigern Sachen solte angewandt werden. 3. Insonderheit wo man solcher Accomodation begehret zum rechten Ende und Zweck / daß man im Grunde der Warheit und ohne Heucheley alles gebrauchet zu GOttes Ehr / und daß man es nicht vornehmlich anwendet dem Fleische nur zu gefallen / sondern damit man desto munterer und geschickter werde zum Dienste GOttes. Nichtes muß man um sein selbstwillen lieben / als GOtt. Wenn man / indeme man etwas begehret / vornemlich nur siehet darauf / daß man dem Fleische gefallen moege / und seinem fleischlichen Sinn genug thue / so ist solche Begierde suendlich und abgoettisch. Derowegen muessen unsere Haeuser eingerichtet werden vornemlich / wie sie sich best schicken zu unserer nothwendigen Beruffs-Arbeit / und nicht zu unordentlichen Ergoetzungen. Unsere Gaerten / etc. muessen zuvor eingerichtet seyn zur Nothdurfft / und dann so viel zur Lust oder Ergoetzung / als uns im heiligen Leben und Wandel moege befoerderlich seyn / aber nicht zu einer unnoethigen und reitzenden Lust.

Allein Welt-Kinder / und die da fleischlich gesinnet sind / die wollen sich an diese Regeln nicht binden lassen. Ach leider! Es ist ihnen nichtes ungereimter / als daß der Himmel und die Seligkeit solte ihr Ende und Absehen seyn in allen ihren irrdischen Besitzungen. Sie moegen / wie die Heuchler / reden von GOtt / und wie sie ihme dienen oder dienen wollen mit ihren Guetern; aber in der Warheit ist das Ding dahin zuzielen / nichtes als ihrem fleischlichen Gemuethe zu gefallen. Sie belustigen sich mehr an ihren Haeusern / Gaerten / Laendereyen / Vieh / als an GOtt und an der Hoffnung des ewigen Lebens. Sie wollen schoene Haeuser haben zu dem Ende / daß sie in der Welt nicht vor schlechte Leute angesehen werden / und solcher gestalt ihrem fleischlichen Sinn gefallen / der seine Glueckseligkeit und Befriedigung suchet in den Creaturen. Die nun so gesinnet sind / die betrachten das / was folget.

1. Dieses alles gebrauchet Satan als einen Angel eure Begierde darnach zu erwecken / und euch darinn zu verstricken / und wollet ihr euch dennoch so sehr bemuehen dieselbe zu erlangen / daß ihr weit wichtigere Dinge darueber versaeumet? Koennet ihr Zeit haben euch so viel umzuthun nach Uberfluß und unnoethiger Ergoetzungen in der Welt / da ihr noch so viel nothwendige Dinge / eure Seele betreffend / habet / darum ihr euch zufoerderst bekuemmern sollet? Habet ihr nichts wichtigers zu gedencken / als an diß / welches euch veranlasset das andere zu vergessen?

2. Befindet ihr in der That und Warheit / daß sie zu eurem vorgesetzten Christlichen Zweck euch befoerderlich / daß sie euch heiliger / und zum Dienste Gottes geschickter machen; oder saget euch nicht euer Gewissen vielmehr / daß sie euch hinderlich sind / und euch zuwider / daß ihr nicht euer Ende erlangen koennet? Und wollet ihr dennoch so fortmachen gegen eure Erfahrung.

3. Wer ein demuethiger und gewissenhaffter Christ ist / der befindet bey sich Ursach genug zu beweinen / und sich zu beklagen / daß er GOtt nicht bruenstiger lieben / und sich nicht mehr an ihme ergetzen kan; und solte einer ihme selber noch Stricke vor seine Seele legen / die die geringe Liebe und Lust zu GOtt noch mehr schwaechen / oder gar hinweg stehlen solten?

4. Wer nun ein Fuencklein der Gnadne GOttes in ihme hat / der weiß / daß das Fleisch und die Welt unsere Todfeinde sind: Er weiß / daß die Art und Manier / die die Welt gebrauchet / die Menschen zu verderben / ist / daß sie sie locket und reitzet / sie allzu hoch achten / allzu sehr zu lieben / und je weniger die Menschen dieselbe lieben / je geringer Gefahr haben sie von ihr zu erwarten: Nun ist ja abermal bekannt / daß einer ein praechtig / zierlich / koestlich Gebaeu / Garten / etc. mehr liebet als eine gemeine Behausung: Wie solte denn einer ein solcher Feind seyn seiner eigenen Seligkeit / und Versuchung vor ihme selber machen? Hat man nicht schon Versuchung genug? oder fahren wir bey diesen so wol / die wir haben / und ueberwinden dieselbe so leicht / und so bestaendig / daß wir Ursach haben mehr zu begehren? Wenn CHristus als euer General euch sendet an solchen Ort / da es was schaerffer hergehet und die Versuchung staercker sind / so moeget ihr mit freyem Muth nur fortgehen / und euch seiner gewissen Huelffe und Beystand versehen: Aber wenn ihr euch so wollet ruehmen und verlassen auf eure Krafft / und rennen dahin / da der Streit am haertesten ist / und suchen euch noch mehr und staerckere Feinde / so koent ihr leicht die Rechnung machen / wie es wuerde ablauffen. Wo ihr Christen seyd / und euer Hertz kennet / so wisset ihr / daß ihr auch in dem schlechtesten Zustande / darinnen ihr seyn moeget / gar leicht die Welt zu sehr liebet / und daß ihr durch alles Creutz / das GOtt zu eurem besten euch auffleget / nicht koennet davon gewehnet werden wie ihr soltet; Muesset ihr nicht taeglich seufftzen zu GOtt / und vor ihme beklagen die allzu grosse Liebe / die ihr zur Welt und weltlichen Dingen traget. Ist es nicht so mich euch beschaffen / so sehe ich nicht wie ihr koennet auffrichtige Christen seyn; Ist es aber / wie wollet ihr denn solche Thoren und Heuchler seyn / und euch taeglich gegen GOtt beklagen ueber eure Suende / und dieselbe doch unterdessen hegen und lieben? wie moeget ihr seufftzen ueber eure Kranckheit / und doch essen oder trincken dasjenige / dadurch sie nur gemehret wird? Was solte einer gedencken von einem Menschen / der taeglich moechte beten / GOtt solle ihn bewahren fuer Unzucht / und wolte doch nirgends wohnen / als im Huren-Haus? Nun macht ihrs ja nicht anders / die ihr nothwendig die Welt in ihren schoensten Schmucken / ihre Haeuser / Land / etc. so geputzet und gezieret / als sie am besten moegen euer Hertz zu sich ziehen / und beklaget euch hernach gegen GOtt / daß ihr die Welt zu sehr / ihn aber all zu wenig liebet. Ihr moegets zu eurer Schande sagen / wenn ihrs so vorsetzlich thut / und beklaget euch dennoch ueber die Suende / die ihr so heget und liebet. Setzet euch GOtt in solchen Zustand / da ihr alles vollauf / und dannenhero viel Versuchungen zu erwarten habet / so wachet desto genauer ueber euer Hertz / und ueber euer Thun / und gebrauchet nicht mehr von den Creaturen vor euch selbst / ob ihr zehen tausend oder ein hundert des Jahres zu verzehren haettet; Allein bemuehet euch nicht selbst Versuchungen zu machen: Wuenschet euch keine Gefahr / es sey dann daß ihr euch so beschaffen wisset / daß ihr unbeschaediget koennet hindurch kommen.

5. Betrachtet / wenn euer fleischlicher Sinn solche Dinge begehret / nicht allein / daß es ein Feind ist der es begehret / und daß es auch nicht sicher sey / eurem Feinde zu gefallen zu seyn: Sondern auch daß dieser der Weg ist / darinnen viel umgekommen sind / weil sie die Welt haben vor sich gehabt in all zu seinem Schmuck. Gedencket an Nebucadnezars Fall / Dan. 4/ 30. der / indeme er sich auf seiner praechtigen Burg ruehmete und prangete / von seinem Koeniglichen Thron gestossen / und den Thieren gleich seyn muste. Gedencket an das Exempel des reichen Mannes / Luc. 12/ 20. & c. 16. und ob es sicher sey selbigen nachzufolgen? Wo das das Verderben der Menschen ist / daß sie die Creatur mehr als GOtt lieben / so solte man ja / meyne ich / den Zustand am besten achten / darinnen die Creatur am allerunlieblichsten scheinet / oder darinnen sie am ungeschicktesten ist eure Liebe von GOtt abzuwenden / und in welchem Zustand ihr GOtt am besten und ungehindersten dienen koennet.

6. Bedencket / wie es sich gar mit eurem Zustand nicht reime / kostbare Haeuser zu begehren / und solche Accomodation, dadurch euer Fleisch mag verstricket werden. Habet ihr nicht GOtt erwaehlet fuer euer Theil / und den Himmel fuer eure Wohnung / Heim / und Vaterland / seyd ihr nicht Frembde und Pilgrim hier? Ist GOtt und die ewige Herrlichkeit nicht genug vor euch? Dieses alles bekennet ihr / wo ihr euch vor Christen ausgebet / wo ihr aber keine Christen seyd / so soltet ihr euch nicht davor ausgeben. Seyd ihr denn Christen / so hoffe ich nicht / daß eure Wahl darinnen ihr GOtt an statt der Welt zu lieben versprochen / euch gereuen wird: Wollet ihr wiederkehren zu der Pracht und Eitelkeit der Welt / und eure Hoffnung von GOtt und der ewigen Herrlichkeit fahren lassen? Elende Menschen! Wie koennet ihr doch solcher Sachen in der Welt so gar wol entbehren; Es ist nur ein geringes / daß ihr muesset mit ihnen zu schaffen haben; Es ist nur eine kurtze Zeit / daß ihr bey ihnen bleiben koennet; und koent ihr euch nicht mit einer schlechten Wohnung und mittelmaeßiger Accommodation eine kurtze Zeit behelffen? Wartet nur ein wenig / so werden eure Seelen Raum genug bekommen / entweder im Himmel / oder in der Hoellen / und ein enges Grab wenig Fuß lang / wird weit genug seyn fuer eure Leiber / biß auf den Tag der Aufferstehung. Und koennet ihr euch nicht so lange behelffen? Ihr kamet nacket und bloß in die Welt / nacket muesset ihr wieder hinaus / warum machet ihr euch doch denn so viel vergeblicher Unruhe im Schmuecken und entschmuecken / ein solches Nest / das doch bald wird niedergerissen werden.

7. Es ist ein gefaehrlich Zeichen / daß eure Zeit auf Erden kurtz ist / wenn ihr die groesseste Lust und hoechste Befriedigung oder Ruhe habet in aeusserlichen Dingen. Ich habe vielfaeltig observiret / daß Leute / die ihr hertz sehr gesetzt haben auf irrdische Dinge / insgemein pflegen durch den Tod hinweg gerissen zu werden / eben denn / wenn sie es erlangt haben / eher und bevor sie dasselbe noch recht besitzen / und im Gebrauch desselben sich ergoetzen koennen. Wenn ihre Haeuser gebauet und fertig sind; wenn ihre Schulden bezahlet / und sie ihre Gueter frey gemacht / und sich nun recht gesetzt haben / wenn sie meynen / sie wollen nun recht anfangen zu leben in Ruh / wenn sie erlanget haben dasjenige / welches sie so eiferig und hefftig begehret / so gehen sie dahin / wie dorten abgebildet ist an dem reichen Bauren / Luc. 12/ 20. Du Narre / diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern / und wessen wird seyn / das du gesammlet hast?

8. Ihr machet euch nur doppelte Sorge / wenn ihr diß alles verlassen muesset. Je mehr ihr etwas hie in der Welt liebet / je ungerner werdet ihr dasselbe verlassen: Darum gedencket nicht allein an die gegenwaertige Lust und Ergoetzlichkeit / die ihr davon haben moechtet / sondern fraget euer Hertz: Solte ich wol lieber scheiden von einem praechtigen und koestlichen hause / bequemen Garten / gelegenen Feldern / etc. als von einer schlechten Wohnung / und geringen Bequemlichkeit? O wie gehets einem weltlich gesinneten ans Hertz / wenn er siehet / daß er das alles verlassen muß / welches er so hoch haelt / und welches ihme so viel gekostet hat? wenn er nur sein Pferd hoch haelt / und verleuret es dann / das ist ihme eine doppelte Sorge. Vielmehr wird er sich bekuemmern / wenn er alles verlieren muß / darauf sein hertz gesetzet war.

Derowegen / die Christen seyn wollen / die bedencken / daß gleichwie obgedachte Bequemlichkeiten / Gnaden und Wolthaten des lieben GOttes sind / wenn sie einem zufallen / und muessen derowegen getreulich verwaltet / und zu GOttes Ehre gebrauchet werden; also sind sie auch Stricke / darnach man nicht allzusehr streben und sich darum bemuehen muß / und sind Stuecke darinnen sich die Selbst-Verlaeugnung ueben muß / selbige zu verachten. So weit als sie euer fleischlicher Sinn begehret / und sich daran ergoetzet / muesset ihr nichts mit denselbigen zu schaffen haben. Ihr habet ein Gebaeu von GOtt gebauet / ein Haus nicht mit Haenden gemacht / das ewig ist im Himmel / da muesset ihr nach suchen / darum muesset ihr euch bemuehen / es stehet euch als Christen besser an / daß ihr euch sehnet wie ihr moeget so bekleidet werden / daß das Sterbliche werde verschlungen vom Leben / 2. Cor. 5/ 1.2.4. Besitzet gegenwaertige Dinge / als besaesset ihr sie nicht / gebrauchet derselben so / daß ihr sie nicht mißbrauchet / denn das Wesen derselben vergehet.

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