Arndt, Friedrich - Beschneidung Jesu. Immanuel.
Neujahr! Das Wort hat einen eigentümlichen, hellen Klang für jedes fühlende und ernste Gemüt. Was der Geburtstag für denjenigen ist, der an demselben das Licht der Welt erblickt hat und für seine Freunde und Verwandte, das ist der Jahresanfang für alle, welche nach derselben Zeitrechnung ihre Monden und Jahre berechnen, er ist auch Geburtstag, Geburtstag eines und desselben Jahres- und Lebenszyklus für alle. Darum ist auch seine Feier eine Geburtstagsfeier; hier wie dort ein Freudentag voll Wünsche, Geschenke, Gebete und Segnungen; hier wie dort derselbe doppelte Janusblick, deren einer lobend und dankend zurückschaut in eine abgeschlossene Vergangenheit, der andere bittend und betend hinausschaut in eine verschlossene Zukunft, eine alte und eine neue Zeit zugleich wie von einer Warte aus umspannend. Und diese Neujahrswünsche und Verheißungen beziehen sich nicht bloß auf den Einzelnen, dem sie dargebracht werden, sie haben durchaus universellen Charakter, sie gehen das ganze Volk und Vaterland, alle Familien und Stände, alle Lebens- und Berufskreise, Vorgesetzte und Untergebene, Eltern und Kinder, Lehrer und Schüler, Herrschaften und Dienstboten, Vornehme und Geringe, Gesunde und Kranke, Frohe und Traurige an. Kein Tag im Jahre ist so reich an Wünschen wie dieser; jeder wünscht dem andern etwas, und zwar das, was seiner Meinung nach das Beste für ihn ist; der Eine Gesundheit, der Andere irdisches Glück, der Dritte langes Leben, der Vierte Gottes Segen. Wenn an einem Tage im Jahre Alle gleichsam eine große Familie bilden, die Selbstsucht verstummt und die hingebende Liebe das Wort nimmt, so ist es der Neujahrstag; an ihm redet das Herz, und es redet die Sprache des Wohlwollens und der Freude.
Nicht immer ist der Neujahrstag am 1. Januar gefeiert worden. Man fing das bürgerliche Jahr früher zu verschiedenen Monaten an. Weil die Juden ihr Neujahr am ersten Tage des Monats feierten, in welchem das Passafest fiel (2 Mose 12,1.2), so wurde lange Zeit auch in der christlichen Kirche mit dem Osterfest oder dem 1. oder 25. März das neue Jahr angefangen. Dann wieder unterschied man, gleich den späteren Juden, den bürgerlichen Jahresanfang, den sie am ersten Tag des Monats Tisri (September) begingen, und den Anfang des Kirchenjahres, welcher bei ihnen auf den ersten Tag des Passamonats fiel, und feierte den Anfang des Kirchenjahres mit dem ersten Advent und den Anfang des bürgerlichen Jahres an einigen Orten im August, an andern im September und Oktober. Erst vom elften Jahrhundert an wurde die Feier des Neujahrstages auf den 1. Januar verlegt; Karl IX. von Frankreich verlegte ihn dorthin 1564; seinem Beispiel folgten allmählig die verschiedenen christlichen Regierungen in Europa, Holland 1575, Schottland 1600, England 1756, Peter der Große 1706.
Nicht immer ist auch der Neujahrstag als Festtag begangen worden; im Gegenteil feierte die Kirche ihn mehrere Jahrhunderte hindurch als einen Trauer- und Bußtag und hielt an demselben die erschütterndsten Straf- und Bußpredigten. Die alten heidnischen Römer hatten nämlich am Neujahrstag ihr Janusfest gefeiert und ihn als den Haupttag ihrer Saturnalien verherrlicht. Nicht nur versetzten sie sich an demselben in die Anfänge der Menschheit und ihres Volks zurück und brachten dem Janus die ältesten und einfachsten Gaben Brot und Wein, und als Zeichen der heiligen Bestimmung Weihrauch zum Opfer dar; nicht nur traten an diesem Tag die für das neue Jahr designierten Konsulen ihr Amt an und ritten in einer weißen Toga auf einem weißen Ross, dem heiligen Tiere des Jupiter, auf das Capitol und brachten diesem Gott der Götter das herkömmliche Opfer eines weißen Stiers zum Andenken an seinen Sieg über die Giganten, sondern das Volk beging auch diesen Tag unter den lärmendsten Lustbarkeiten und Ausschweifungen aller Art. In der Frühe schon, wenn der Tag graute und der Hahn rief, wurden alle Haustüren und Häuser mit Lorbeerzweigen und andern Kränzen und Teppichen behangen; man sendete sich gegenseitig Geschenke zu, die meistenteils in Datteln, getrockneten Feigen, Gefäßen mit Honig und alten Münzen aus der Zeit der Könige bestanden, und begleitete sie mit dem Wunsch, dass das neue Jahr eben so süße Freuden und jeder Tag neuen Gelderwerb bringen möge; man besuchte, umarmte und wünschte sich wechselseitig ein fröhliches und glückliches Neujahr, hielt Mummereien, verbot Schuldforderungen, veranstaltete Gast- und Trinkgelage; Tänzerinnen tanzten auf den öffentlichen Plätzen; Männer maskierten sich als Weiber, Weiber als Männer; man sang unzüchtige Lieder und berauschte sich eben so sehr in Wein wie in der Freude; kurz, allerlei Arten von Ausschweifungen und Völlerei waren an der Tagesordnung. Selbst die darauf folgende Nacht brachte man noch mit Gesang, ausgelassenem Scherz und Tanz zu; lustige Gesellen zogen durch die Straßen, pochten an die Türen und ließen die Schlafenden nicht ruhen. Da nun die Heidenchristen lange Zeit hindurch sich von diesen beim Volk beliebten Saturnalien nicht trennen wollten und sie immer noch mitfeierten, so feierte die christliche Kirche in den ersten Jahrhunderten ihren Jahresanfang mit dem Osterfest, und den 1. Januar allgemein im Gegensatz gegen jene wilden heidnischen Ausschweifungen als einen Fast- und Bußtag. Ambrosius sagt daher: „Wir fasten an diesem Tage, damit die Heiden inne werden, dass ihre Freude durch unser Fasten verdammt werde“; und Augustinus fordert von den Christen Almosen statt der Neujahrsgeschenke, Fasten statt der Schwelgerei und Erbauung aus der Schrift statt der lustigen Lieder. Man betrachtete das heidnische Neujahr als ein Satansfest, von dem man mit Trauer und Abscheu sich wegwenden müsse. Der Tag führte bis zu Augustins Zeiten stehend den Namen: Tag der Betrübnis. Das an demselben gewöhnliche Fasten hieß Neujahrsfasten und dauerte bis gegen das siebente Jahrhundert. Noch 692 verbot das Trullanische Konzil alle Teilnahme an den Überresten der heidnischen Ergötzlichkeiten und verordnete Fasten, Gesang der Litaneien und Enthaltung von allen Freudenbezeugungen. Es entstand sogar als Zeichen der Verspottung des Heidentums, vielleicht auch als Entschädigung der verbotenen heidnischen Lustbarkeiten, im 7. Jahrhundert das sogenannte Narrenfest, welches dem Volk die Subdiakonen der Kirche veranstalteten und in welchem sie die gottesdienstlichen Gebräuche der Heiden (später selbst der Kirche) lächerlich machten, bis auch dieses Fest so ausartete, dass es 1444 auf ein Gutachten der Sorbonne verboten werden musste. Leider sind die Spuren des Heidentums und des Aberglaubens in der Art, wie unter uns von der Welt die Silvesternacht zugebracht wird, noch immer wahrzunehmen, und ist in der Hinsicht der Neujahrstag noch immer für die ernsteren Christen ein Tag der Betrübnis und der Buße.
Seit dem 7. Jahrhundert ist für den 1. Januar der Name: „Fest der Beschneidung Jesu“ und „Namenstag Jesu“ aufgekommen und hat damit der bürgerliche Festtag auch wahrhaft kirchlichen Charakter erhalten, so dass er ein wesentlicher Teil der Festtage der Erlösung geworden ist. Er steht mit dem Weihnachtsfest als die Oktave desselben im engsten Zusammenhang, und ist die geeignetste Nachfeier des Geburtsfestes unseres Herrn Jesu Christi. War er durch seine Erscheinung im Fleisch zu Weihnachten überhaupt Mensch geworden, so trat er 8 Tage darauf durch die Beschneidung in das Volk Gottes ein und ward Israelit. Das waren acht große, heilige Festtage gewesen im Stall zu Bethlehem! Wie oft mochte Maria das Kindlein ihres Herzens angeschaut und über die Worte und den Lobgesang der Engel, wie über den Besuch der Hirten und ihre Herzensergüsse in heiliger Sinnigkeit nachgedacht haben! Da kam der achte Tag heran, seit Abrahams Zeiten in Israels Volk der Tag der Beschneidung für alle neugeborenen männlichen Kinder. Noch ist die heilige Familie in Bethlehem. Wer zu Zeugen der gottesdienstlichen Handlung eingeladen worden, ob nahe Anverwandte, die mit ihnen zur Schätzung nach Bethlehem gekommen waren, ob die frommen Hirten, die bereits die Geburt ihres Kindes gepriesen hatten; wer die vorgeschriebene Zeremonie vorgenommen, ob der Stiefvater Joseph oder irgend ein am Orte anwesender Priester, darüber schweigt als über Unwesentliches die heilige Geschichte. Genug, die nicht von Menschen, sondern von Gott selbst beim Erzvater für alle seine männlichen Nachkommen eingesetzte Handlung wird, wie es die Sitte erforderte, vor mehreren Zeugen, welche an der Freude des Vaters und der Mutter Teil nahmen und ihnen ihre Glückwünsche darbrachten, vollzogen; es werden wahrscheinlich die alten, geheiligten Gebete gesprochen: „Gelobt seist Du, Herr unser Gott, der Du uns mit Deinen Geboten geheiligt hast und hast uns den Bund der Beschneidung gegeben!“ - „Gelobt seist Du, Herr unser Gott, Du König der Welt, der Du uns mit Deinen Geboten geheiligt und befohlen hast, dass wir in unseres Vaters Abrahams Bund treten, Herr, wie Du diesen Knaben in den Bund unseres Vaters Abraham aufgenommen, also hilf, dass er auch aufgenommen werde, Mosis Gesetz zu halten, ehelich zu werden und gute Werke zu tun.“ - „Herr unser Gott, Du Gott unserer Väter, stärke diesen Knaben und erhalte ihn seinen Eltern und lass seinen Namen unter dem Volk Israel sein; lass seinen Vater, aus dessen Lenden er gekommen, sich über ihn freuen, und seine Mutter sich über die Frucht ihres Leibes ergötzen:“ und, indem sie gesprochen werden, ahnen nur Wenige von den Anwesenden die tiefere Bedeutung dieser Worte, und wie sie buchstäblich auf dieses Kindlein gar nicht passen. Ach, die ganze Handlung schien ja für ihn so unpassend und unnötig wie möglich zu sein! Die Beschneidung war eine stets lebendige Erinnerung an die Sündhaftigkeit der menschlichen Natur und ein Symbol der Reinigung, sie war Vor- und Schattenbild der Taufe des neuen Testaments: hier aber war ein Kind geboren ohne Fehl und Tadel, an welchem nichts zu entsündigen und zu veredeln war, das schon den höchsten Adel der wahren Beschneidung der menschlichen Natur mitgebracht hatte. Ihm konnte daher die gottesdienstliche Handlung nichts geben, sondern nur Zeugnis ablegen von dem göttlichen Adel und dem freiwilligen Gehorsam seines Wesens, mit welchem er von der ersten Minute seiner Menschwerdung an unter das Gesetz getan, dem ganzen Gesetz Gottes verpflichtet worden war; - offenbar nicht für ihn und um seinetwillen, sondern für uns und um unsertwillen. Er heißt in der heiligen Schrift der zweite Adam, der Stammvater und Repräsentant eines neuen, heiligen Geschlechts: da er nun am achten Tage beschnitten wurde, so ist in seiner Person das ganze menschliche Geschlecht mit beschnitten und dem Bund mit Gott einverleibt worden, gerade wie die heilige Schrift auch erklärt: so Einer für Alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben (2 Kor. 5,14); wie er begraben worden ist, so sind wir mit ihm begraben in den Tod (Röm. 6,4); wie er ist auferstanden und gen Himmel gefahren, so sind wir samt ihm auferstanden und samt ihm in das himmlische Wesen versetzt (Eph. 2,6) in Christo Jesu. Daher sagt Paulus (Kol. 2,11): ihr seid beschnitten in ihm, denn er ist beschnitten worden als der Erstgeborne seiner Brüder, in welchem das Volk Gottes geheiligt werden sollte, als das Haupt seiner Gemeinde, in welchem die Glieder mit gerechnet werden. Welch ein Segen für uns, die wir durch den Glauben in die Gemeinschaft seiner Beschneidung eintreten und denen das Verdienst dieser seiner ersten Tat - oder sollen wir sagen: seines ersten Schicksals? - nicht nur von Gott angeeignet und zugesprochen wird, sondern in denen es eine wirkliche und wesentliche Herzensbeschneidung und Reinigung von den Sünden des Fleisches bewirkt! Die Beschneidung des achttägigen Kindes in Bethlehem ist im Keim schon sein ganzes Erlösungswerk. Gehörte dazu vollkommener, willenloser Gehorsam gegen alle Gesetze und Ordnungen Gottes: hier hat er den ersten Gehorsam geleistet, der sich später immer herrlicher im kindlichen Gehorsam gegen seine Eltern, im kirchlichen Gehorsam bei der Taufe, beim Besuch der Synagogen, bei der Heilighaltung des Sabbats, beim Genuss des Osterlamms und bei der Darbringung der festlichen Opfer, und endlich im bürgerlichen Gehorsam gegen die von Gott eingesetzte Obrigkeit verherrlichte und vollendete. Gehörte dazu das Opfer seines Blutes und seines Todes: hier hat er als unschuldiges, reines Kindlein die ersten Tropfen seines Blutes auf schmerzhafte Weise bereits vergossen. Die Tat in Bethlehem ist schon Golgatha in Kleinen und der erste Schritt auf die Marter- und Opferstraße und in alle Leidenstiefen an Leib und Seele seines ganzen irdischen Lebens. Jesus wird schon gekreuzigt nach dem Maß seines Säuglingsalters; denn was dem Mann das Holz des Fluches und die Hammer und Nägel waren, das ist dem Kind das scharfe Messer und die harte Krippe. Jesus ward von einem Weibe geboren und unter das Gesetz getan, d. H. zu allererst beschnitten, damit er, die unter dem Gesetz waren, erlöste und wir die Kindschaft empfingen (Gal. 4,5).
Durch die Beschneidung ward Jesus ein Israelit, sie war nicht nur eine religiöse, sondern auch eine bürgerliche Feier, eine Leistung der Nationalpflicht; die Unterlassung derselben war verbunden mit der Ausstoßung oder Ausrottung aus dem Volke Gottes (1 Mose 17,14). Ohne sie hätte Jesus nicht dem Volk Gottes angehören noch Teil haben können an Israels Ordnungen und Gottesdiensten, hätte er weder den Tempel besuchen noch in der Synagoge lehren, weder bürgerliche noch kirchliche Gemeinschaft mit den Rechten und Vorzügen der Kinder Abrahams haben, weder das Osterlamm genießen (2 Mose 12,48) noch sein dreifaches Amt unter Israel verwalten können. Nie hätte ein Jude an ihn glauben noch ihn für den Messias anerkennen können, sondern hätte ihn als einen Fremden, als einen Heiden betrachtet und behandelt, ja, betrachten und behandeln müssen. Sollte das Heil für die ganze Welt von den Juden kommen (Joh. 4,22), so musste Jesus in allen Stücken diesem Volk angehören und die Beschneidung war auch insofern unerlässlich. Jesus war daher Israelit von der Geburt bis zum Tode, welcher ihn erst löste von seiner historischen Israelitenpflicht; er musste erst durch das Gesetz dem Gesetz sterben.
Insbesondere erhielt das neugeborene Kind bei der Beschneidung, wie unter uns bei der Taufe, seinen Namen; auch Jesus erhielt da seinen Namen, und es ist darum schließlich der Tag der Beschneidung Jesu zugleich der Namenstag Jesu. Und welch' einen Namen! Sein Name ward genannt Jesus, welcher genannt war von dem Engel, ehe denn er im Mutterleib empfangen ward. Engel also haben ihn zuerst ausgesprochen. Gott selber hat ihn gegeben und nicht sterbliche sündhafte Menschen; er ist ein Name aus der unsichtbaren Welt, vom Himmel herabgekommen, ein Zeugnis, welche Bedeutung die himmlischen Heerschaaren auf die Geburt dieses Kindleins lenkten. Zwar hörten die Juden ohne Staunen diesen Namen, denn schon Mehrere hatten ihn vor Christo getragen, wie Josua, der Sohn Nun, Jesua, der Sohn Jozadaks, der Hohepriester, der die Juden aus dem babylonischen Exil zurückführte, Jesus, der Sohn Sirachs und Pauli Gehilfe mit dem Zunamen Justus (Kol. 4,11); allein bei diesen war er teils bloß eine Benennung ohne besondere Beziehung, oder nur ein schwaches Vorbild von dem, was der Weltheiland vollbringen sollte. Bernhard sagt: „Mein Jesus trägt nicht wie die Früheren einen leeren und unfruchtbaren Namen; er hat nicht den Schatten eines großen Namens, sondern die Wirklichkeit.“ Er ist wahrhaft unser Seligmacher und hat sein Volk selig gemacht von seinen Sünden (Matth. 1,21). Dieser Name ist der Inbegriff aller seiner andern Namen, die er getragen oder die ihm die Dankbarkeit und Anbetung der Menschen gegeben hat. In diesem Namen liegt unser Heil; dieser Name ist ein festes Schloss, der Gerechte läuft dahin und wird beschirmt; dieser Name ist eine ausgeschüttete Salbe; alle Knie derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, sollen sich vor ihm beugen und alle Zungen bekennen, dass Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes des Vaters.
Noch ein Name kommt indes in mehreren Kalendern vor, auch ein Name des Herrn, der aber Ihm nicht allein zukommt, sondern seitdem auch öfters von seinen Jüngern geführt worden ist und auf welchen noch immer Kinder getauft werden, nämlich der Name Immanuel; denn Matth. 1,22.23 heißt es: „Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, das der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Emanuel heißen, d. i. verdolmetscht: Gott mit uns.“ In dreifacher Hinsicht durfte Jesus diesen Namen tragen, sintemal Gott in Christo uns Menschen wieder nahe gekommen ist, dadurch, dass Er 1) in Christo menschliche Natur annahm, Gott und Mensch in ihm zu einer Person sich vereinigte, dass Er 2) durch Christum uns, sündliche Menschen, mit sich versöhnte und vereinigte, Christus nunmehr unser Versöhner geworden ist und 3) dass Er auf unserer Seite steht und uns um Christi willen wider alle Feinde beschützt. Es ist ein Real-Name, der die wesentlichen Eigenschaften unseres Mittlers und Seligmachers bezeichnet, wie dergleichen Namen auch Jes. 9,6. Jer. 23,6. Zach. 6,12 vorkommen. Die Menschwerdung Christi ist das reale Gegenbild der Himmelsleiter Jacobs, die von der Erde bis gen Himmel reichte und Himmel und Erde mit einander verband, und auf welcher die Engel Gottes auf- und niederstiegen: in und mit ihm sind Himmel und Erde, Gottheit und Menschheit mit einander wieder vereinigt worden und die Engelwelt ist uns dienstbar, dass wir ererben die himmlische Seligkeit.
O köstlicher Tag, Neujahrstag, Tag der Beschneidung und der Namengebung Jesu Christi, wie bist du so reich! Du mahnst mich an die Flucht und Vergänglichkeit der Zeit, und zugleich zeigst du mir Den, der der Ewigkeiten Vater ist, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit! Du weist mich hin als Anfang auf das Ende, ja, auf das Ende aller Dinge, und zugleich enthüllst du Den, der da ist Anfang und Ende, A und O, der Erste und der Letzte! Du predigst mir von meiner Sünde, deren Sold der Tod ist und zugleich Den, der die Strafen meiner Sünde trägt, um mich zu erlösen vom ewigen Tod! Du verkündigst mir endlich ein neues Jahr; aber soll es ein gesegnetes Jahr werden, so muss es eingereiht sein in die Reihe der Jahre, welche die Schrift „gnädige Jahre des Herrn und Jahre des Heils“ nennt, so muss ich „in Jesu Namen“ anfangen, fortsetzen und vollenden! Heil mir, auch ich bin durch den Glauben ein Christ und des heiligen Namens Jesu teilhaftig geworden; bin ich, was ich genannt werde, so bedarf ich allewege beides, Gesetz und Evangelium: der Neujahrstag gibt mir beides für's Jahr und Leben; denn an der Beschneidung Jesu hängt das ganze Gesetz, am Namen Jesu das ganze Evangelium.
Fr. Arndt in Berlin.