Arndt, Friedrich - 55. Andachten zum 2. Timotheusbrief

Arndt, Friedrich - 55. Andachten zum 2. Timotheusbrief

2. Timotheus 1.

Herr Jesu Christe, der Du durch Deinen Tod den Tod überwunden und Leben und unvergängliches Wesen an das Licht gebracht hast durch Dein Evangelium, also, daß der Tod nur eine Thür zu dem Himmel und ein Eingang zu der ewigen Seligkeit geworden ist: erbarme Dich meiner, und insonderheit in meiner letzten Todesstunde, und nimm Dich dann ja meiner armen Seele herzlich an. Laß mich doch Deine Gnade alle Tage meines Lebens regieren und leiten, damit ich in starkem Glauben und heiligem Wandel auf Deine Zukunft warte, und fertig und bereit sei, zu Dir einzugehen, zu welcher Zeit Du auch kommest und mich abforderst. Ach, laß ich doch nicht unversehens, noch allzuschleunig sterben, oder nach gemeiner Weise der Menschen, sondern mit rechtschaffenem Glauben und wahrer Gottseligkeit, auf daß alle, die mich sterben sehen, Deine besondere Gnade an mir erkennen und dieselbe meinetwegen preisen. Ach, Herr, laß mich doch bis an meinen letzten Seufzer bei vollem Verstande, und verleihe ja, daß ich sterbe des Todes der Gerechten, die in Deinem Blute gerechtfertigt sind. Gib, daß ich vorher Alles zu Ende gebracht habe, was ich Dir angelobt und versprochen; und daß ja niemand nach mir zurück bleibe, den ich gedrückt oder dem ich Unrecht gethan hätte. Walte mit Deiner Gnade über diejenigen, die ich hinterlasse; und gib, daß wir in dem Orte der Ruhe und Erquickung wieder zusammen kommen. Erhalte mich, o Herr, in Friede und in der Einigkeit Deiner Kirche du Gemeinde, und segne mein Todtenbette mit einem treuen, weisen und trostreichen Seelsorger, oder mit einem andern, treuen und verständigen Christen, mit dem Beistande und Geleit Deiner heiligen Engel, mit würdiger Genießung Deines allerheiligsten Abendmahls, mit starkem Glauben, mit fester Hoffnung, mit Geduld und mit brünstiger Liebe gegen Dich, meinen Gott, und gegen alle Menschen. Dir befehle ich meine Seele, o Herr, als eine theure, kostbare Beilage, nimm sie auf in Deine Arme, und laß sie da warten auf den Tag Deines großen Gerichts, und alsdann mit dem Leibe der vollkommenen Klarheit und Herrlichkeit, Deines ewigen und himmlischen Reiches theilhaftig werden. Laß mir dieses Alles aus Gnaden widerfahren, Herr Jesu, Amen.

2. Timotheus 2.

Paulus ermuthigt den Timotheus in diesen Worten zur Standhaftigkeit und Treue im Kämpfen und Leiden, und zeigt ihm, wie er den Irrlehrern ohne Streitereien ein weises, festes und doch sanftmüthiges Benehmen entgegen stellen sollte. Ein rechtes Schreckenswort für alle laue Christen ist das Wort: „So jemand auch kämpfet, wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe denn recht.“ Die Krone wird ihnen abgesprochen. Für das Garnichtkämpfen wider ihre Sünden und Begierden werden sie gestraft, für das Nichtrechtkämpfen werden sie nicht belohnt werden. Es gibt gewisse Regeln, nach denen der rechte Kampf einzurichten ist. Jemand stellte sie folgender Art zusammen: 1) Du mußt nicht etwa nur wider die unangenehmen, sondern auch, und zwar am meisten, wider die angenehmen Sünden, wider die, bei welchen mehr Neigung, mehr Widerstand wider sich selbst ist, kämpfen. 2) Deine Absicht bei deinen Kämpfen muß wohl geläutert sein; allerdings um der Krone, der ewigen Seligkeit willen, aber nur aus Gehorsam gegen Jesum, auch ohne sichtbaren Vortheil, denn dieser Gehorsam selbst ist schon Vortheil. 3) Die Waffen Deines Kampfs müssen keine andern sein, als die der Heiland vorgeschrieben und gebilligt hat; du mußt überwinden bloss durch des Lammes Blut, weil du Vergebung und Gnade hast; was du dem Feinde vorhältst, muß Jesus und seine Marter sein. Damit verbinde das Gebet, die Demuth, das Vertrauen auf Gottes Beistand und enthalte dich all’ der Dinge, die den Kampf hindern. 4) Der Kampf muß ehrlich und anhaltend geführt werden, bis Sieg da ist, und die Schwachheiten beim Kampfe mußt du gleich zum Versöhnen dem Heilande hinbringen. Es heiße: es ist entschieden, daß ich nicht ablasse, wenn es auch Jahre lang dauern sollte, bis ich durch Jesu Kraft ein Herr über die Sünde geworden bin. Wenn du dich nicht anders als durch die Flucht retten kannst, so fliehe vor der Sünde, daß du sie und ihre Gelegenheiten nicht an dich kommen lässest. Ermüde nicht, und bleibe nicht müde! Geschwinde zu Jesu, wenn der Lauf langsam wird; noch geschwinder zu Ihm, wenn du übereilt und gefallen bist. Er muß, Er kann vergeben.

Wie hast du dich, meine Seele, bisher nach diesen Regeln verhalten? Wie hast Du gegen deine Leidenschaften angekämpft, besonders in den Jahren, da sie am heftigsten waren und es was zu streiten und zu unterdrücken gab? Geschah es, um rein zu werden? Geschah es mehr durch Gnade als durch Natur und bloße vernünftige Ueberlegung? Bist du noch im Kampf? Willst du lieber sterben, als nicht kämpfen? Bedenke nur: nicht gekrönt werden! – O mein Heiland, zeige mir diese Krone in allem ihren Glanz. Du Anfänger und Vollender des Glaubens, führe mich selbst auf den Kampfplatz und lehre mich streiten und siegen. Amen.

2. Timotheus 3.

Da sagt der Apostel, wozu die Bibel gut. Sie ist zunächst ein Lehrbuch, das meistentheils Geschichten enthält, Geschichten der täglich neuen Erbarmungen Gottes gegen ein gefallenes Geschlecht, oder auch Geschichten, wie ein Vater seinen verlornen Sohn sucht, und denen dann zur Seite die Predigt geht und die Stimme der Weissagung. Dadurch ist sie groß und mannichfaltig, wie die Natur, und o, daß wir nur Verständniß hätten für alle Gaben der Liebe, die Gott uns in seinem Worte niedergelegt hat! Nächst der Lehre übt die heilige Schrift an uns Allen ein Strafamt, sie weckt uns, dräut uns, beschämt uns, und zwar das Alles auf die wirksamste Weise, indem sie dies Alles nicht bloss durch ihre Lehre thut, sondern auch durch ihre Geschichte und Exempel. Ihr dritter Ruhm ist die Besserung oder Bekehrung der Menschen, indem sie in ihnen die Bußfertigkeit aus Liebe und Gotteskindschaft aus dem Glauben weckt. Ihr vierter Ruhm ist endlich die Züchtigung oder Erziehung in der Gerechtigkeit, indem sie uns das Ziel deutlich vor Augen malt, und da es einmal ohne Straucheln nicht vorwärts geht, auf dem Wege uns tröstet durch die immer neue Sünderliebe des Herrn, wie durch die Tausende, welche, durch Straucheln hindurch am Ende doch zum Ziele gelangt sind. O köstliches Wort Gottes, wie bist du so reich, so mannichfaltig, so voll Kraft und Segen! Möchte ich nur immer demüthiger und gehorsamer Deine Gottesstimme hören und ihr folgen und mich ihr hingeben, immer treuer sie als das von Gott geordnete Mittel zu meinem Heil benutzen! Es gibt keinen größern Erzieher als den Herrn; Er wird machen, daß auch wir einst für die Ewigkeit werden singen können:

Aus der Enge in die Weite,
Aus der Tiefe in die Höh’
Führt der Heiland seine Leute,
Daß man seine Wunder seh’! Amen.

2. Timotheus 4.

Treuer Herr Jesu Christe, weil allen Menschen gesetzt ist einmal zu sterben, hernach aber das Gericht, und es gewiß ist, daß, wie der Baum fällt, so wird er liegen, auch wie der Tag des Todes einen Jeden finden wird, so wird ihm auch erscheinen der Tag des jüngsten Gerichts; weil ich auch, sündlicher und sterblicher Mensch, einmal diese Welt segnen muß, dazu ich mich denn alle Tage und Stunden nach Deinem Wort bereite: so bitte ich Dich von Herzen, ist es Dein göttlicher Wille, so laß mich fein sanft und friedlich ohne viele Angst und schwere Anfechtungen abscheiden von diesem Jammerthal, daß ich mich Deines heiligen Leidens und der Vergebung aller meiner Sünden inniglich tröste, und mich der Satan mit seinen giftigen Pfeilen und Versuchungen nicht beunruhige, sondern daß ich in Geberden und Worten sittig und stille erfunden werde, auch mein Herz gewiß und getrost sei, wegen Deiner göttlichen Gnade, die Du allen bußfertigen Sündern versprochen hast. Und wenn ich wegen meiner Sünden angefochten würde, so nimm Du Dich meiner Seele herzlich an, daß sie nicht verderbe; wirf alle meine Sünde hinter Dich zurück in die Tiefe des Meeres, vertilge sie wie eine Wolke, dämpfe sie wie einen Nebel, und laß Deine Gnade mächtiger sein als alle meine Missethat. Und weil Du darum erschienen bist, daß Du die Werke des Teufels zerstörest, so laß ihn zur selbigen Zeit keine Macht an mir finden, sondern Deine lieben Engel auf meine Seele treulich warten. Laß mich auch nicht vor dem Anblick der Hölle erschrecken, weil Du dieselbe zerstört hast, sondern gib, daß ich einen Freudenblick in den Himmel thue, den Du mir durch Dein Leiden erworben und geschenkt hast. Lieber Heiland, weil ich Dich so herzlich um ein sanftes Ende bitte, wenn es Dir gefällig ist, so erhöre mich doch und erlöse mich, wenn meine Sünde kommt, wie Paulum, von allem Uebel, auch von mir selbst, und hilf mir aus zu Deinem himmlischen Reich; denn es gereicht ja zu Deiner Ehre, wenn Du Deiner Gläubigen Wunsch erfüllest und ihre Seele mit Deiner Gnade erfreuest, der Du mit Deinem Vater und dem heiligen Geiste lebest und regierest in Ewigkeit. Amen.

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