Arndt, Friedrich - 58. Andachten zum 1. Petrusbrief

Arndt, Friedrich - 58. Andachten zum 1. Petrusbrief

1. Petrus 1.

O Jesu Christe, Sohn des lebendigen Gottes, Du für uns Gekreuzigter und Auferweckter, der Du durch Deinen Tod unsern Tod zu nichte gemacht und durch Deine Auferstehung uns eine selige Auferstehung zum Leben erworben hast, Dich bete ich als den einzig wahren Gott mit dem Vater und dem heiligen Geiste an, und bitte Dich von ganzem Herzen, daß Du mir einen seligen Ausgang aus dem Elende dieses Lebens und am Tage der Auferstehung und des Gerichts einen seligen Eingang zum ewigen Leben verleihen wollest. Ich weiß, daß ich Fleisch bin und alles Fleisch wie Heu ist und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume, daß mir die Grenze des Lebens von Gott vorher gesetzt ist, und daß nach dem Tode das Gericht folgen wird: stehe mir im Tode bei, der Du für mich am Kreuze gestorben bist, beschütze mich am Tage des Gerichts, der Du für mich ungerechter Weise gerichtet worden bist. Wann die irdische Hütte zerbrochen sein wird, so führe meine Seele in die Wohnung des himmlischen Vaterlandes. Wann im Todeskampfe meine Augen dunkel werden, so entzünde in meinem Herzen das Licht des seligmachenden Glaubens. Wann sich in der Stunde des Todes meine Ohren schließen, so richte mich auf und tröste mich durch Dein innerliches Zureden. Wann der kalte Schweiß aus meinen sterbenden Gliedern bricht, so laß mich eingedenk sein Deines blutigen Schweißes, der der vollgültige Kaufpreis für meine Sünden und das Unglück abwehrende Heilmittel meines Todes ist. Im Schweiße zeigt sich die Hitze des Kampfes, im Blute der Kaufpreis für die Seele, in der Vollendung des Laufes die Genugthuung für die Sünden. Wann in jenem letzten Kampfe die Sprache zu verfallen beginnt, so gib, daß ich durch des heiligen Geistes Gnade zu Dir seufzen könne. Wann die letzte Angst mein Herze drückt, so stehe mir bei mit dem Troste und der Hülfe Deiner lebendigmachenden Gnade, und nimm mich, wenn ich von dem Beistand aller Kreaturen verlassen bin, in Deine Fürsorge und Obhut auf. Verleihe mir, daß ich alle Schrecknisse und Aengste ganz geduldig ertrage, und führe endlich meine Seele aus diesem Kerker heraus. Ich bitte Dich um Deiner allerheiligsten Wunden willen, die Du im Leiden und am Kreuze ertragen hast, laß Dir meine arme Seele, die Du so theuer erkauft hast, in Deine Hände befohlen sein. Einem seligen Tode folge auch eine selige Auferstehung. Meine Seele werde eingebunden in’s Bündlein der Lebendigen (1. Sam. 25,29.), daß ich mit allen Auserwählten zur Gemeinschaft der ewigen Freude gelange, zu jenem unvergänglichen und unbefleckten und unverweslichen Erbe, das behalten wird im Himmel Allen, die aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werden zur Seligkeit.

1. Petrus 2.

Petrus nennt in diesem Kapitel Jesum den köstlichen Eckstein, der wohl gegründet ist, auf welchem seine Kirche gebauet ist, an dem alle Wellen des Weltmeeres zerbrochen werden und zurückprallen, wider den alle Pforten der Hölle nichts ausrichten, noch viel weniger ihn überwältigen können; ja, an dem alle spitzigen Messer der scharfen Vernunft vergebens und sich selbst stumpf arbeiten. Aber ich muß auch ein Stein werden! Von Natur habe ich wohl ein steinernes Herz; aber dieser Stein wird weggenommen, und alsdann lasse ich mich als ein lebendiger Stein auf den Eckstein Christum erbauen. Gottlob, daß ich schwacher und zerbrechlicher Stein auf einen so festen und unbeweglichen Stein zu liegen und zu ruhen komme! Es ist aber Christus ein lebendiger Stein; er ist die Quelle des Lebens selbst und das selbstständige Leben. Aber warum ist er denn in vielen Herzen ein todter Stein? Aus des Menschen eigner Schuld, der seine Lebenswirkungen in sich hindert und unterdrückt. Mir, mir werde doch Jesus ein lebendiger Stein, der mein steinernes, todtes Herz zum geistlichen und ewigen Leben erwecke. Ach, der thörichten Menschen, die diesen lebendigen Stein verwerfen! Es sind oft die Bauleute selbst, die es thun und auf Sand bauen! Der natürliche weise Mensch verachtet Alles, was nicht Vernunft, Lob, Kostbarkeit, Glanz und äußerliches Ansehen hat: Christus aber und der Glaube haben keines; was Wunder, daß sie verworfen werden? Wohl aber dem, der hier mit Christo gleichsam ein verworfener Stein ist; denn diese Verwerfung ist ein Zeichen der Wahl zu dem ewigen Gebäude! Von den Menschen verworfen, aber bei Gott ausgewählt. O wenn wir bei Gott auserwählt sind, so mag uns die Welt tausendmal verwerfen. Es ist ja Christo auch nicht besser ergangen, und doch ist Er bei Gott auserwählt geblieben. – Herr Jesu, Du bist und bleibst mir ein köstlicher Eckstein; ob Dich schon die Welt verwirft, so bist du doch köstlich vor Gott und auserwählt in aller Deiner Gläubigen Augen. Amen.

1. Petrus 3.

Er ist hinabgestiegen zur Hölle, spricht das apostolische Glaubensbekenntniß und gründet sich dabei auf das Wort des Apostels Petrus, daß Jesus hingegangen sei und gepredigt habe den Geistern im Gefängniß (V. 19.). Gefängniß, Hölle, das sind unverständliche Worte für uns. Wo ist also, fragen wir, der Herr im Geiste hingegangen, als sein Leib im Grabe ruhte? Es soll uns Luther belehren. „Wenn du hier das Wort Hölle hörst, spricht er, so bedeutet das hier nicht den Ort der Verdammniß, sondern, wenn du das Wort hörst, so denke nur an jenen Ort, den Niemand anzeigen mag, wo und wie er sei, wo aber alle Seelen hingehen nach diesem Leben, gleichwie die Leiber im Grabe sind.“ In die Versammlung der abgeschiedenen Geister ist also der Herr im Geiste gegangen. Und wozu ist er im Geiste dahingegangen? Um den abgeschiedenen Geistern zu predigen. Wovon? Wovon anders, als von dem rechten Wege zum Vater, den Er aufgethan? Daß der Apostel dies meint, sehen wir, indem er gleich nachher davon spricht, daß das Evangelium auch den Todten sei gepredigt worden. (4,6.) Wie erhaben! Wie tröstlich! Wenn alles Predigtwesen mit dem Munde aufhört, gibt es noch eine Predigt Christi im Geiste, eine geistige Berührung der Geister, durch welche sie vom Heil lernen können. Christus wird ein Richter genannt, nicht nur über die Lebendigen, sondern auch über die Todten; eben so ist er auch ein Prediger, nicht bloss für die Lebendigen, sondern auch für die Todten. Das macht uns die Heilsbotschaft erst vollständig. Gott ist nicht der harte Mann, der da schneidet, wo er nicht gesäet hat. Er will, daß allen Menschen geholfen werde und alle zur Erkenntniß der Wahrheit kommen. Darum soll auch für die Geschlechter, die noch ohne Gott und ohne Erlöser dahingehen, dereinst noch eine Geistespredigt Christi folgen, damit keiner am Tage des Gerichts sich entschuldigen könne, er habe sie nicht gehört. Das entbindet uns aber nicht von der Pflicht, den Heiden das Evangelium so früh wie möglich zu bringen; wir ersparen ihnen viel Noth und Jammer und uns viel Verantwortung. Amen.

1. Petrus 4.

„So der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen?“ Welche Donnerworte! Es muß gewiß etwas recht Schweres sein, selig zu werden. Wer das nicht findet, gibt zu verstehen, daß er den Weg der Seligkeit noch nicht einmal wisse, und er weder die Glaubens- noch die Lebens-Gerechtigkeit besitze, die dazu erforderlich ist. Kaum wird der Gerechte erhalten, das heißt, es geht ohne Mühe, Streit und Angst nicht ab, er muß dabei viele Arbeit, Trübsal und Anfechtung ausstehen. Hast du nicht vom Bußkampf des Gerechten, von dem täglichen Fleiß der Heiligung, von der harten Stunde der Anfechtung im Streite wider die Sünde, Welt und Teufel, in der Glaubensprüfung, in schweren Leibesleiden, in dem letzten Todeskampfe und dergleichen mehr gehört? kennst du sie nicht aus eigner Erfahrung? Erkenne daraus, welch einen Ernst das Christenthum erfordert! Aber die Erhaltung zur Seligkeit, worauf dies Alles angesehen ist, versüßt Alles wieder. Es ist wohl der Mühe werth, über diesem unbefleckten und herrlichen Erbe etwas zu leiden. Wenn aber der Gerechte kaum erhalten wird, wie will der Gottlose bestehen? Es ist gewiß, wenn er hier in der Zeit nichts zu leiden bekommt und durch solche Leiden zu Gott gebracht wird, daß sein Leiden erst an jenem Tage angehen und kein Ungerechter und Sünder vor Gott wird bestehen können. – Gib daher, o Herr, daß ich mir den Weg zum Himmel nicht so leicht und eben mache, daß ich vielmehr mit Furcht und Zittern meine Seligkeit schaffen lerne, daß ich ringe und kämpfe, durch die enge Pforte einzugehen. Mit eigner Kraft und Gerechtigkeit ist’s freilich unmöglich; aber Du bist es ja, der uns die Gerechtigkeit Deines Sohnes zueignet und durch die Kraft des heiligen Geistes in uns Alles, was nöthig ist, wirkt, Wollen und Vollbringen nach Deinem gnädigen Wohlgefallen.

Herr, nach der Seligkeit laß mich mit Zittern trachten,
Und keine Gnadenzeit in dieser Zeit verachten;
Denn da der Fromme kaum in dem Gericht besteht,
Was will der Sünder thun, wenn Gott zum Urtheil geht! Amen.

1. Petrus 5.

Ach, mein Gott, mein getreuer, lieber, himmlischer Vater, wie elend und sündhaft bin ich doch, daß ich gar nicht bedenke, daß Du mein Gott seist, der mich erschaffen, daß Du mein Hüter seist, der mich bewahret, und daß Du mein Vater seist, der für mich herzlich sorget. Ach, in wie viel unnütze Sorgen stecke ich mich, und plage mein Herz mit Kümmernissen, und zwar mehr wegen irdischer Sachen, die doch plötzlich vergehen, als wegen himmlischer, die da ewig bestehen! Es hat Dein herzlieber Sohn uns so ernstlich befohlen, daß wir für Essen, Trinken, Kleidung und dergleichen nicht sorgen sollen, weil Du, allmächtiger Gott, unser Vater seiest und wohl wissest, was wir bedürfen, auch uns zu rechter Zeit damit versehen wollest. Aber ich Gottloser lasse solchen göttlichen Befehl vor Ohren und Herzen ohne alle Frucht vorüberstreichen, und bin über solche herrliche Zusage nicht vergnügt, sondern meine immerfort, Du vergessest entweder meiner, oder müssest doch meine Sorge bei Deiner Fürsorge auch haben. Ach Gott, laß mich doch solche unchristliche, ungläubige, verzweifelte Sorge aus meinem Herzen herausreißen, und bei möglicher Verrichtung meiner anbefohlenen Geschäfte Dir zutrauen, daß Du für einen mir nützlichen Ausgang, ohne mein Zuthun, genugsam sorgen werdest. Laß mich in allen meinen Anliegen mit David sagen: „Es müssen sich freuen und fröhlich sein alle, die nach Dir fragen und die Dein Heil lieben, müssen allewege sagen: der Herr sei gelobet, denn ich bin arm und elend, der Herr aber sorgt für mich.“ Laß mich, wie er, mein bebendes Herz muthig anreden: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich versorgen.“ Laß stets in meinen Ohren klingen die Ermahnung des Apostels Paulus: „Der Herr ist nahe, sorget nichts; alle eure Sorgen werfet auf Ihn; denn Er sorget für euch,“ ja, Deines eignen Sohnes, meines Herrn Jesu Christi: „Hütet euch, daß eure Herzen nicht beschweret werden mit Sorgen der Nahrung.“ Laß dies meine einige Sorge sein, wie ich wegen des Zeitlichen immer ohne Sorge, wegen des Ewigen aber immer sorgsam möge erfunden werden, um Deiner väterlichen Liebe und Deiner überschwänglichen Barmherzigkeit willen. Amen.

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