Arnd, Johann - Wie ein Mensch durch's Gebet die Weisheit Gottes suchen soll - Capitel VI.

Arnd, Johann - Wie ein Mensch durch's Gebet die Weisheit Gottes suchen soll - Capitel VI.

Daß der allwissende Gott Alles wisse und höre, was wir bedürfen, ehe denn wir anfangen zu beten.

Ps. 139, 2.: Du verstehest meine Gedanken von ferne.

Solches ist gegründet Matth. 6, 8.: „Euer himmlischer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe denn ihr bittet“, Ps. 94, 9.: „Der das Ohr gepflanzt hat, sollte der nicht hören“? Hebr. 4, 12: „Er ist ein Richter der Sinne und Gedanken“.

2. Man darf Gott nicht mit langen Worten unser Anliegen vortragen, wie einem sterblichen Menschen. Denn vor seinen Augen sind alle Zeiten nur Eine Zeit oder Blick, in welchem er alle vergangenen und zukünftigen Dinge sieht gegenwärtig. Darum hat er unsere Haare gezählt, ehe wir geboren waren; weiß alle unsere Gedanken, ehe wir beten. Summa: seinen Augen ist Alles offen.

3. Also müssen Einfältige, Anhebende sich erwecken zu Gebet, daß sie Sprüche haben der heiligen Schrift, den Nutzen derselben betrachten, und in kurze Gebetlein fassen. Die Geübten aber sehen es selbst.

4. Wenn ich im flachen Felde gehe am Tageslicht, so umgreift mich solches Licht ganz. Wäre es nicht leiblich, sondern geistlich, so durchdränge es meinen Geist auch. Also sind alle Geschöpfe, sichtbare und unsichtbare, vor den Augen Gottes. Er durchdringt und umgreift alle Dinge; es hindert ihn Nichts. „Die Finsterniß muß vor ihm Licht sein, wie der Tag“, Ps. 139, 12. Wie ein lauterer, schöner Krystall oder eine Wasserblase in meiner Hand, darin auch vor meinen leiblichen Augen das geringste Härlein oder Stäublein nicht kann verborgen bleiben: also, und noch weit mehr, sind alle Geschöpfte und Gedanken vor dem Geist Gottes, B. Weish. 1, 6. 11. welcher das Auge selber ist; sonst hat er kein ander Auge.

5. Das ist den Ungeübten auch nütze, daß sie ihre Herzen reinigen vom großen, dicken Nebel der Blindheit und Unwissenheit. Es macht sie auch wacker zum wahren Gebet, dadurch wir ermuntert und erweckt werden, zu sehen und zu erkennen, was wir zuvor nie gesehen noch erkannt haben. Viele meinen, was sie nicht sehen noch wissen, das sehe und wisse Gott auch nicht; welches eine große Blindheit und Unwissenheit ist, zur Rache über den, der sie hat, Ps. 7, 10.

Gebet um Gelassenheit im Gebet.

O allmächtiger, ewiger Gott und Vater! der du bist ein Herzenkündiger und Richter der Sinne und Gedanken; der du alle dinge zuvor siehst, hörst und weißt, ehe sie bei uns Menschen geschehen: ich komme und bringe mein Anliegen vor dich, nicht der Meinung, dich durch mein Geschrei zu erwecken, als wissest du es nicht zuvor, sondern daß ich mich selbst erinnere und erwecke, zu verstehen und zu erkennen, wie du all mein Anliegen kennest, ja alle meine Haare auf meinem Haupte selber zählest. Hilf, lieber Vater! daß ich solches recht wisse und betrachte; dadurch mein Herz in deinen gnädigen Willen setze, denn der ist der allerbeste; und daß ich in voller Gelassenheit und geduldigem Auswarten verharre. Amen.

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