Ahlfeld, Johann Friedrich - Das Leben im Licht des Wortes Gottes - Wache über deine Kinder, dass ihr Herz nicht durch Ehrgeiz verdorben werde.

Ahlfeld, Johann Friedrich - Das Leben im Licht des Wortes Gottes - Wache über deine Kinder, dass ihr Herz nicht durch Ehrgeiz verdorben werde.

Brief St. Pauli an die Galater Kap. 5, V. 28:
Lasset uns nicht eitler Ehre geizig sein, unter einander zu entrüsten und zu hassen.

Herr Jesu Christe, erhalte uns doch in der Erkenntnis unserer selbst, unserer Sünde und Schwachheit. Wir sind Nichts von uns selber. Alles ist dein Geschenk. Wir vermögen Nichts aus uns selber. Alles ist deine Kraft, die in den Schwachen mächtig ist. Fallen können wir allein, aber stehen und aufstehen nur durch dich. Nun gib doch Gnade, dass wir uns dies täglich sagen. Gib Demut, dass wir es deinem Worte glauben. Gib Demut, dass wir dir, dem die Ehre gebührt, diese Ehre nicht stehlen und auf uns übertragen wollen. Wir verderben ja sonst damit alle deine Gnadengeschenke. Um eine Ehre bitten wir dich, um die nämlich, dass unsere Namen im Himmel angeschrieben bleiben, um die, dass wir ewig Kinder Gottes bleiben und in den großen Chor der Engel mit einstimmen dürfen: „Heilig, heilig, heilig ist Gott, der Herr Zebaoth, und alle Lande sind seiner Ehre voll. Amen.

Der ewige Sohn Gottes hat sich selbst entäußert und Knechtsgestalt angenommen, er ist geworden wie ein anderer Mensch und an Gebärden als ein Mensch erfunden Er nimmt seinen Platz in der Krippe, um ihn später auch am Kreuze und im Grabe zu nehmen. Ei, wenn er denn um unseretwillen wahre göttliche Herrlichkeit und wahre Himmelshöhe Nichts achtete, wie sollen dann vor ihm die Sündenhöhen, diese nebelhaften Berge, stehen bleiben? Alle Höhen, aller irdische Stolz, alle Einbildung der eigenen Gerechtigkeit, alle Hoffart muss erniedrig werden. Vor seiner Liebe und Demut müssen die Berge schmelzen und sinken. Es ist ja doch Alles eitel, d. h. leer und hohl, unter der Sonne. Es wird doch Nichts bestehen, was nicht gewurzelt ist in diesem erniedrigten Gottessohne. Was hast du außer ihm, was da bliebe? Worauf willst du stolz sein als Mensch? Wenn du. deinen Leib ansiehst, so bist du Staub; wenn du deine Seele ansiehst, so bist du ein Sünder; wenn du dein Leben ansiehst, so bist du ein Gast auf Erden. Alle gute und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab vom Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis. Was du Gutes in dir und an dir hast, hast du empfangen; wie rühmest du dich nun, als ob du es nicht empfangen hättest? Was du Böses in dir und an dir hast, das ist dein Eigentum. Gedenkest du des Guten, das du hast, so musst du dich demütigen und die Knie beugen in Dank; gedenkest du des Bösen, so musst du nieder auf die Knie in Scham und Reue. Also sich vor Gott oben halten kann Keiner, der vom Weibe geboren ist; und ohne herzliche Demut begnadigt und selig werden kann auch Keiner. Alle, die auf den Trost Israels hofften, haben ihn in Demut empfangen Maria nennt sich des Herrn Magd; sie rühmet, dass der Herr die Niedrigkeit seiner Magd angesehen hat. Die Hirten auf dem Felde fürchten sich sehr. Die Majestät Gottes und seiner Gnade macht sie klein. Die Weisen aus dem Morgenlande liegen vor dem Kindlein auf den Knieen und beten es an. - Ermahnung zur Demut ist in jedem Leben am rechten Orte; sie ist auch, wenn wir in unsern Betrachtungen über das Kindesleben weiter gehen, gar nötig für Eltern und Kinder, für Erzieher und für die, so erzogen werden. Gerade in der Erziehung wird ja mit eitler Ehre so Viel verdorben.

Wer seine Kinder mit Ehre zieht,
Verdirbet Leib, Seel' und Gemüt.
Nur der wächst zu Gottes Preis,
Der seine Gaben selbst nicht weiß.

Ein guter Name, in dem Herrn geliebte Leser, ist ein köstliches Besitztum. Er ist besser denn tausend große Schätze Goldes. Wir sollen wohl darauf halten, dass wir ihn nicht verlieren. Der alte Gellert singt:

„Ich bitte nicht um Ehr und Ruhm,
So sehr sie Menschen rühren;
Des guten Namens Eigentum
Lass mich nur nicht verlieren.“

Wir wollen auch Gott für den guten Namen fleißig danken. Aber ein guter Name ist noch etwas Anderes als die Ehre, nach welcher die Menschen gewöhnlich jagen und. geizen. Mit dem guten Namen steht man still und ohne Ansprüche mitten unter seinen Brüdern, wie eine Baum im Walde unter seinesgleichen; mit der Ehre will man über dieselben hinaus, will man sie mit seinem Gipfel überragen und über denselben rauschen. Der gute Name ruhet auf der stillen Treue, welche nicht um sich sieht und nicht vergleicht; die Ehre in weltlichem Sinne will etwas vor Andern voraus haben, sie ruhet auf dem Mehrsein und Mehrtun als Andere. Dies Jagen, dies Streben ist Sünde. Der Herr züchtigt die Pharisäer, welche bei Tische gern obenan sitzen wollen. Er kündigt allen Ehrbegierigen ihr Koos an mit den Worten: „Wer sich selbst erhöhet, der wird erniedrigt werden; wer sich aber selbst erniedrigt, der wird erhöhet werden.“ „Gott widerstehet den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.“ Weil aber der Ehrgeiz nicht in grober Weise in die Rechte und in das Eigentum der Menschen eingreift, hat er vor der Welt Gnade gefunden und ist mit vielen schönen Namen geschmückt worden. Ja man hat ihn tausendfältig als einen Helfer in der Erziehung und in der Bildung gebraucht, und braucht ihn noch. Was die Sporen bei den Pferden sind, das hat die Ehre oft bei den Kindern sein müssen. Viele Kinder haben sich selbst damit getrieben. Sie haben auf die gesehen, welche große Namen in der Welt haben. Sie haben zu ihnen hinan oder auch über sie hinaus gewollt. Da kommt in der griechischen Geschichte ein Jüngling vor, welcher sagt: „Die . Taten des Themistokles lassen mich nicht schlafen.“ Ihn trieb nicht die Stimme Gottes, nicht die Not seines Vaterlandes, nicht die Kraft, welche Gott in ihn gelegt hatte, sondern der Name eines Andern. Diesen wollte er wo möglich erreichen oder verdunkeln. Er hat auf diesem Grunde mit seinen großen Gaben nur zum Verderben seines Vaterlandes gearbeitet. Oft begehen Eltern selbst den Fehler, die Ehre zur Haupttriebfeder ihrer Kinder zu machen. Sie ermahnen, keinen Andern sich vorankommen zu lassen. Sie stellen es als eine Schande hin, von einem Andern übertroffen zu werden. Sie treiben das Kind an: „Tue es dem oder der nach!“ Sie loben die Kinder bei jedem Fortschritt, bei jedem guten Zeugnis. Ja, sie stellen eins neben das andere, vergleichen sie mit einander, und stellen das eine dem andern als Muster hin. Es wird geredet von der Schande bei den Prüfungen. Sie werden ermuntert, sich und ihren Eltern Ehre zu machen. Da werden eben falsche Federn in die Herzen gesetzt Die Ehre soll treiben. - Und wie es die Eltern tun, so tun es die Lehrer flugs auch. Die ersten Plätze müssen oft die Hebel für den Fleiß sein. Die Nummern auf den Zeugnissen müssen das Feuer und die Tatkraft anschüren. Viele Mütter beginnen, wenn sie ihres Kindes gedenken, fast regelmäßig mit dem Satze: „Es hat immer die besten Zeugnisse gehabt, es hat mir immer die erste Zensur aus der Schule gebracht.“ Ja, man ist so weit gegangen, dass man sie mit solchem Maße auch noch bei der Konfirmation am Altare maß. Da wurde wohl ihr Fleiß, ihr erster Platz und ihr Zeugnis noch erwähnt. - „Aber“, sagt ihr, „soll man denn ein Kind nicht loben? Soll man es denn nicht anerkennen, wenn es treulich gearbeitet hat?“ Liebe Christen, das Lob und die Ehre soll höchstens das Gewürz an der Speise, aber nimmer die Speise selbst sein. Wehe dem Kinde, dessen Trieb und dessen Stärke in dem Lobe Anderer ruhet! Wehe dem Kinde, das zu seinem Kindesberufe die Hebel außerhalb und zwar hier auf der Erde hat. Es wird ein armes, elendes, unglückliches Kind! „Aber“, fragst du weiter, „ist denn Ehre und Lob nicht ein gutes Mittel, Trägheit, Unordnung und dergleichen aus dem Kinde auszutreiben?“ Ein Mittel ist es. Es gelingt auch oft damit. Aber ein gutes Mittel ist es nicht. Es gibt fürwahr bessere. Das Kind gründlich einzuführen in den Herrn, ihm darzulegen, wie die Schule und das Lernen, sein Beruf vor Gott und ein Dienst Gottes ist, mit ihm zu beten um ein frisches, fleißiges Herz, es anzuhalten, seine Sünde, auch seine Trägheit und Unordnung fleißig vor dem Herrn zu bekennen: das ist ein besseres Mittel. Mit dem beliebten Mittel der Ehre treibt man vielleicht den einen Teufel aus, aber einen andern treibt man gewiss ein, und zwar einen, der hernach sehr schwer wieder auszutreiben ist, der das ganze Herz des Kindes umklammert und oft Zeitlebens als ein Feind seines Heils in ihm wohnen bleibt.

Teure Leser, wenn man die Wurzeln einer Blume aus dem Dunkel und der Verborgenheit der Erde herauszieht und an die Sonne legt, dann verdorret die Blume. Unsere Lebenswurzeln müssen auch in stiller Verborgenheit in der Tiefe Gottes ruhen. Aus ihm müssen sie die Kräfte der zukünftigen Welt herausziehen, die dann den ganzen Menschen erhalten sollen. Wer aber gezogen, getrieben und getragen wird von der Ehre, der hat die Lebenswurzeln aus Gott herausgezogen. Sie liegen in der Luft, an der Sonne. Er sucht seine Stärke in Menschen. Seine Seele. hängt nicht mehr an dem Angesichte des Herrn Der Herr ist nicht mehr seine Stärke, sondern das Urteil der Leute. Er hat einen gar unglücklichen Tausch getroffen. Bei ihm kann sich keine Stille und Tiefe des Wesens und Charakters entwickeln, denn seine Seele wandelt auf der Oberfläche und ergeht sich im Urteile der Menschen. Er wird auch nie zu einer heiligen Einheit und Festigkeit in sich selbst kommen, denn er hat zehn und zwanzig Herren, denen er genügen muss. Jedes Menschenangesicht, jeder Urteilende ist ihm ein Gott. Und da das Urteil von verschiedenen Personen verschieden ist, hat er keinen festen Punkt, auf dem ersteht.

Er steht nicht auf dem Eckstein, er schwebt in der Luft. Mit Recht nennt Paulus die Ehre vor Menschen eine eitle Ehre. Ihr fehlt der Kern, und wer ihr nachjagt, wird nie einen rechten Kern haben. Auch das Heiligste muss diesem Götzen dienen. A, H. Francke ging einmal im Sommer mit einem Freunde im Felde spazieren. Da hörten sie, wie im hohen Korn zwei Kinder mit einander beteten. In stiller Andacht und Herzensfreude hörten sie zu. Als eins der Kinder ausgebetet hatte, sprach es zum andern: „Siehst du, wie schön ich beten kann!“ Da waren die Beiden wie mit kaltem Wasser übergossen. Der Wurm der Eitelkeit nagt sich auch in das Gebet hinein. Er schont Nichts. Wer von ihm angenagt ist, erfährt nie die selige Gottesruhe in seiner Seele. Sein Leben ist ein Fieber. Der Puls schlägt hastig, wenn dem Durst nach Ehre Genüge geschehen kann und geschieht; er geht lahm und kalt, wenn keine Gelegenheit dazu da ist, oder wenn man Andern nachstehen muss. Ach wie arm wird ein solcher Mensch! Jedes Stillschweigen, mit dem er übergangen wird, jeder Tadel, der ihn trifft, ist wie ein kalter Platzregen. Und so Viel ihm auch von dem Taumelkelch, dem Ehrenwein eingeschenkt wird, er wird nie satt. Ehre ist wie Meerwasser; je mehr man davon trinkt, desto mehr durstet mau. Hoffart ist wie ein Wolf, der nicht satt wird. Ruhe und volle Genüge ist nur in Gott. - Das, liebe Leser, ist die eine Seite der Not, in welche uns die eitle Ehre bringt. Wir verarmen bei diesem Reichtum innerlich. - Nun gibt es aber noch eine anderes Die Ehre, die Ehrsucht ist eine Mutter vieler Sünden. Der Teufel ist, wie unsere alten Theologen meinen, aus Hochmut gefallen. Mit der Vorspiegelung, dass sie sein würden wie Gott, hat er unsere Stammeltern ins Verderben gelockt. Sirach sagt: „Hoffart treibt zu allen Sünden.“ Tobias sagt: „Hoffart ist der Anfang alles Verderbens.“ lind unser Text knüpft an die eitle Ehre gleich die Folge, dass sich die Leute unter einander entrüsten und hassen. Das ist auch eine der ersten Folgen. Wer der Ehre als seiner Göttin dient, möchte alle Anerkennung und allen Ruhm auf seine Person häufen. Er wird kalt gegen seinen Nächsten; dieser ist ihm zuletzt nur eine Sprosse auf der Leiter, die ihn hoch halten muss. Er wird herzlos, er hat keine Liebe, er findet auch keine Liebe, er hat endlich auch keinen Freund mehr. Sirach sagt: „Den Hoffärtigen sind beide, Gott und die Welt feind.“ - Die Wahrheit weicht, denn die Wahrheit ruhet in Gott. Der Hoffärtige wird scharf und unwahr im Urteil über Andere, um selbst die oberste Staffel zu behaupten. Der Pharisäer, welcher erst um den ersten Platz bei Tische ringt, kann sich hernach im Tempel hinstellen und sagen: „Ich danke dir Gott, dass ich nicht bin wie andere Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner.“ Er kann keinen Gleichen neben sich ertragen. Darum will er diesen mit Verkleinerung erniedrigen, sich selbst aber mit Rühmen erhöhen. So reißt er denn Spalten und Klüfte zwischen sich und seine Nächsten. - Wie jämmerlich sieht es oft unter Geschwistern ans, wo sich eins über die andern erheben will! Wie elend unter Kollegen und Amtsgenossen, von denen der Eine mehr von sich hält, denn sich gebührt zu halten, und die andern neben sich in den Schatten stellen will! Wenn ein solcher Götzendiener der Ehre aber gar nicht zu seiner Rechnung kommen kann, wenn die Andern, von seiner Kälte abgestoßen, ihm auch kalt aus dem Wege gehen, dann geht er seine eigenen Wege. Die Alten pflegen zu sagen: „Die Hoffart macht in der Kirche Ketzer, im Regiment Tyrannen und im Hauswesen Bettler.“ Man kann nur noch hinzufügen: „In der Kirche macht sie ungläubige Leute, die ihre Vernunft nicht gefangen nehmen wollen in den Gehorsam des Glaubens. Im Staate macht sie Rebellen, die lieber den ganzen Staat als ihren stolzen Sinn umkehren wollen. Im Hause bauet sie allerlei Elend, obenan Knechtung aller andern Glieder, und wenn dies nicht gelingen will, täglichen Hader.“ Endlich aber reißt sie ihre Diener mit jähem Fall in den Abgrund. Wer über sich selbst verblendet ist, wer sich selbst nicht kennt, der muss fallen. Hochmut gehet vor dem Fall. Wer will alle die Beispiele, in denen dies Sprichwort wahr geworden ist, aufzählen? Der Ägypter König Pharao spricht zu Mose und Aaron: „Wer ist der Herr, des Stimme ich hören müsste und Israel ziehen lassen? Ich weiß Nichts von dem Herrn, will auch Israel nicht lassen ziehen.“ Er hat von ihm erfahren, als das rote Meer ihn in seinen Fluchen verschlang. Der stolze Goliath, der dem lebendigen Gotte Hohn sprach, siel trotz seines großen Panzers durch die Schleuder eines Hirtenknaben. Saul will König sein, ohne dem Könige aller Könige die Ehre zu geben. Er fühlte seinen Arm, als er ihm seine Hülfe versagte, als düstere Schwermut sich auf sein Herz lagerte, und er sich endlich in der Schlacht gegen die Philister auf dem Gebirge Gilboa in sein eigenes Schwert stürzte. Haman, der Kämmerer des Königs Ahasverus von Persien, konnte es nicht ertragen, dass der Jude Mardochai neben ihm bei dem Könige in hohen Ehren stand. Er wollte den frommen Mardochai samt allen Juden im persischen Reiche vertilgen. Auf den Rat seines Weibes Seres ließ er in seinem Hofe einen fünfzig Ellen hohen Baum aufrichten, an den Mardochai gehenkt werden sollte. Nach wenigen Tagen hing Hamam selbst daran. Petrus rühmte sich, vor allen andern Aposteln dem Herrn treu zu sein. Er tat einen tieferen Fall als alle Apostel. Bäume, die im Sande gewurzelt und leicht aufgeschossen sind, können dem Sturme nicht widerstehen. Sie werden samt ihren Wurzeln herausgerissen. Die eitle Ehre nimmt Leib und Seele zum Opfer. Der Leib muss dem Dienste der Eitelkeit frönen. Aber auch in anderer Weise kann er als Opfer am Altare dieses Götzen fallen. Ich habe etliche Jahre meiner Kindheit mit einem Knaben von etwa gleichem Alter in einem Hause gewohnt. Der letztere ward getrieben von einem ungezügelten Ehrgeiz. Nun geschah es, dass er in der Osterzeit wider sein Erwarten aus der dritten Classe jenes Gymnasiums nicht mit in die zweite versetzt ward. Er verschwand. Zwei Tage suchten ihn seine Eltern in der ganzen Umgegend und ließen ihn suchen. Endlich fanden wir am Ufer des Flusses eine Pistole und bald auch im Fluss den Leichnam. Er hatte sich am Ufer des Flusses in solcher Stellung erschossen, dass, wenn ihn die Kugel nicht ganz tötete, er vollends im Wasser umkommen musste. - O ihr Eltern und ihr Lehrer, liefert eure Kinder solchem Tyrannen nicht in die Hände, der Leib und Seele verdorben. Tötet die kindliche Demut in ihnen nicht. Mögen sie alle recht Viel von Gottes Gnaden und Gaben haben; aber sie sollen nicht vergleichen, sie sollen sich nicht über Andere erheben wollen.

Im stillen verborgenen Tal blühen oft die schönsten Blumen. Niemand flehet und lobet sie. Sie blühen übrigens alle gleich schön, ob sie gelobt oder nicht gelobt werden. Sie blühen ihrem Gotte. Die beste Sängerin im ganzen Gebiete der Natur singt in der Nacht. Die köstlichsten Perlen wachsen in der Tiefe des Meeres. Einmal an die Oberfläche, an das Licht gebracht, werden sie, wenn sie es noch nicht sind, nicht mehr vollkommen. So gedeihet auch der Christ, namentlich das Kind, am besten in der kleinen verborgenen Stille. Ach, bringe ja seine Gaben nicht vorschnell an das Licht! Sie müssen erst eine feste Gestalt haben, es muss erst ein im Herrn ausgebildeter Charakter drunter stehen, der die Ehre, die ihnen dann etwa zu Teil wird, zur Ehre des Herrn tragen kann. „Aber“, sagst du, „wie kann ich es denn dem Kinde verbergen, was ihm Gott gegeben hat?“ Behüte es und biete ihm vor allen Dingen die Hand nicht dazu, dass es sich mit Andern vergleiche. Wem auch Viel gegeben ist, der hat, wenn er sich nicht mit Andern misst, doch nicht Viel. Und selten messen und vergleichen sich Kinder mit andern ohne Anstoß und Veranlassung von außen. Es gehört nicht in das kindliche Gemüt. Wenn es aber bei deinen Kindern dock zum Vergleichen kommen sollte, was dann? Präge ihnen recht ein, dass alle Gaben Geschenke der göttlichen Barmherzigkeit sind, dass sie sich von ihrem Verstande, ihrem Gedächtnisse und ihren sonstigen Anlagen auch nicht das Geringste selbst erworben haben. Erinnere sie, dass ihre Gotteskindschaft ihre größte Ehre ist. Wenn sie sich rühmen wollen, sollen sie sich ihrer Schwachheit rühmen, und dass die Arbeit des Herrn an ihnen nickt vergeblich gewesen ist. Ferner weise sie darauf hin, dass wenn ein Anderes in einem Stücke geringer ausgestattet ist, dieses wieder in andern seine Vorzüge hat. Decke deinem eigenen Kinde seine Sünden recht auf, halte die Waagschale des Hochmutes nieder, indem du die Gewichte seiner Schuld und Mängel darauf legst. Führe es ihm zu Herzen, dass die Liebe sich nicht blähet, noch das Ihre suchet, dass sie vor dem Schwachen eher verbirgt, was sie hat, als es ihm rühmend entgegenhält. Auch der Umgang der Kinder mit einander soll ja nicht dazu dienen, dass eins das andere niederdrücke, sondern dass eins das andere trage und hebe. - Behandele deine Kinder wie du deine Blumen behandelst. Wenn diese im ersten Frühjahr im Zimmer in der Wärme stehen, schießen sie schnell empor, sie treiben hohe Stängel; aber aus der Blüte wird nie etwas Rechtes. Du setzest sie daher in ein finsteres und kaltes Zimmer oder, sobald es die Jahreszeit erlaubt, ins Freie. Alles Lob und alle Ehre, liebe Gemeinde, ist Treibhauswärme. Die Kinder schießen im Wissen empor, aber noch mehr in der Meinung von sich selbst. Halte sie ja im Dunkel, wo das Licht der Öffentlichkeit wenig hinscheint, und wo sie die üppige Wärme der Ehre nicht anwehet. Stelle sie immerhin an eine kühle Stätte. Da bekommt denn der Mensch, ehe er sich für das öffentliche Leben entfaltet, einen festen Stamm. Ehre will starke Beine und starke Schultern haben. Ohne Demut kann man sie nicht tragen, sonst wird unsere Ehre zu Schanden. Das sind immer Gottes Wege gewesen. So hat er sich seine Helden und seine Starken erzogen. David, sein herrlichster König in Israel, hat bis in sein Jünglingsalter die Schafe gehütet. Die herrlichen Gaben waren da, aber es gab keine Bewunderer derselben. Von der Jugend der Maria, der Mutter des Herrn, wissen wir gar Nichts. Wir wissen nicht einmal wie ihr Vater und ihre Mutter geheißen haben. Von den Namen, welche uns die Legende überliefert, hat die Schrift keinen. In Stille ist sie herangewachsen. In dieser Stille gedieh die Demut. Und in dieser Demut achtete sie Gott wert, die Mutter seines eingeborenen Sohnes zu werden. Von der Jugend der Apostel wissen wir fast Nichts. Die meisten von ihnen haben im galiläischen Meere gefischt. In dieser Stille hatte Gott die Charaktere reifen lassen, welche der Herr hernach für sein Gnadenwerk brauchen konnte. - Willst du nun, dass deine Kinder einmal an ihrer Stätte tüchtige Rüstzeuge Gottes, fromme Bürger des Gottesreiches und wackere Männer und Frauen im Vaterlande und Hause werden, so entziehe sie dem Gifthauch äußerer Ehre, die sie schnell aber krankhaft entfaltet, sie aber auch selbst vor Menschen schnell verblühen lässt, und sie an Leib und Seele und Geist verdorben. Was gedeihen, blühen und rechte Frucht tragen soll, muss in Gott gewurzelt sein und langsam in ihm erwachsen. Gibt er dann Ehre, dann ist diese Ehre nicht eitel. - Gnadenreicher Gott, so lass uns und unsere Kinder denn wachsen nicht unter dem Gaslichte und der Fieberhitze der weltlichen Ehre, .sondern in dem Sonnenschein deiner Gnade. Amen.

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