Ahlfeld, Johann Friedrich - Das Leben im Licht des Wortes Gottes - Eltern, lehrt eure Kinder früh beten.

Ahlfeld, Johann Friedrich - Das Leben im Licht des Wortes Gottes - Eltern, lehrt eure Kinder früh beten.

Sprichwörter Salomonis, Kap. 8, V. 17:
Ich liebe, die mich lieben, und die mich frühe suchen, finden mich.

Herr Jesu Christe, aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen,. dass du vertilgest den Feind und den Rachgierigen. Nicht in den Unmündigen und Säuglingen liegt diese Macht, denn was vermöchten sie aus sich selbst? Sie liegt in ihren Gebeten, sie liegt in dir, o Herr, der du ihr Schreien vernimmst und ihnen hilfst. Ja, du bist die Stärke und die Seligkeit der Alten und Jungen. Ach, Herr, so wollest du denn Alte und Junge recht innig mit dir verbinden. Auch die Jungen wollest du hineinziehen in den seligen Umgang mit dir. O hilf uns, Herr, dass wir nicht erst anfangen zu beten, wenn das Licht des Lebens zu Ende brennt, wenn uns Not und Todesangst drängt. Hilf, dass wir dir fröhlich in freiwilligen Opfern die frische Kraft des Lebens darbringen, wie du uns die ganze Fülle deines Lebens und deiner Liebe dargebracht hast. Dir soll der erste Trieb, die Knospe, die Blüte, die Frucht und auch das leichte welke Blatt am Lebensbaum gehören. Herr, nimm sie hin im heiligen Geist. Amen.

„Morgenstunde hat Gold im Munde“, sagt unser deutsches Sprichwort. Dasselbe redet zunächst von dem roten klingenden Golde, von dem irdischen Gewinne, welchen die, so früh aufstehen und ans Werk gehen, vor den trägen Schläfern voraus haben. Aber unser Volk ist von jeher viel zu sinnig gewesen, als dass es sich, selbst in seinen bessern Sprichwörtern, mit bloß irdischer, materieller Wahrheit begnügt hätte. Die Morgenstunde muss noch ein ganz anderes Gold im Munde haben. Das Erste, was sich am Morgen regen soll, ist der Glaube, welcher von jeher mit dem Golde verglichen wurde. Er ist das edelste Metall der Seele. Das soll am Morgen klingen; das sollst du im Herzen und im gläubigen Gebet im Munde haben. Dann heißt es im rechten Sinne: „Morgenstunde hat Gold im Munde.“ „Wohlauf Psalter und Harfen! Ich will frühe auf sein. Frühe schicke ich mich zum Herrn,“ spricht David. Der fröhliche Glaube am Morgen und das Morgengebet gibt dem ganzen Tage seine Weihe. Du gibst damit dem Herrn den Tag, du nimmst den Herrn mit in den Tag herein. Das ist das rechte Aufstehen; ohne solches ist man wach, und schläft doch fort. - Endlich möchten wir das Wort: „Morgenstunde hat Gold im Munde,“ noch auf den Morgen des ganzen Lebens anwenden. Gold hat der Tauftag, die lieblichste Morgenstunde, im Munde, ja das ewige und unvergängliche Gold, welches noch leuchtet, wenn alle Schätze der Erde verblasst sind. .Und weil uns Gott mit solchem Golde der Gnade und Kindschaft reich gemacht, weil er uns, ehe wir es selbst wussten, mit allerlei himmlischem Segen gesegnet hat, soll auch schon der Morgen des Lebens dem Herrn gehören. Frühe hat er uns gesucht. Schon vor der Welt Grundlegung hat er in Gnaden nach uns ausgeschaut. Und noch einmal hat er uns frühe gesucht. Indem wir geboren wurden, streckte er seine Gnadenhand nach uns aus. Als wir noch nicht einmal bitten konnten: „Ich möchte gern dein Kind sein,“ da hat er uns schon zu seinen Kindern angenommen in dem Bade der Wiedergeburt. Daher liegt es allen Kindern ob, ihn frühe wiederzusuchen; und allen Eltern liegt es ob, ihre Kinder in solchem Suchen zu führen und ihnen voranzugehen. Zu solchem teuren Werk ermuntert uns unser Text mit der lieblichsten Verheißung: „Die mich frühe suchen, finden mich.“ Wir suchen unsern Herrn und Gott im Gebet. Allerdings kommt auch das erste Gebet schon aus einem Anfange des Glaubens, den der heilige Geist gewirkt hat. Aber im Beten und Suchen wächst der Glaube, denn wer da suchet, der findet, und wer anklopfet, dem wird aufgetan. Habe ich gefunden, dann suche ich immer mehr, und dann finde ich wieder mehr. Die Erhörung lehrt glauben, und der Glaube betet aufs Neue. Wie sich die Berge erheben, einer hinter dem andern und über dem andern, so wächst Christenerfahrung und Christenreichtum auch hinter einander und über einander. Weil nun Kinder ohne Führer nicht recht suchen und also auch nicht recht finden können, liegt es den Eltern ob, auch auf diesem teuren Wege ihre Handleiter zu werden.

Frühe sollen wir den Herrn suchen; auch die Kleinen sollen Herz und Angesicht schon zu ihm richten lernen. Warum doch? Weil sie Gottes Kinder sind, weil sie in Christo Jesu erneuert sind in das göttliche Geschlecht, in die göttliche Art. Jedes Tier der Erde und jede Pflanze zeigt frühe ihre angestammte Art. Auch die jungen Löwen gehen schon auf Raub aus; auch das junge Kräutlein hat in seinen Blättern schon den Geruch seiner Art; auch die junge Pflanze streckt sich schon nach oben. Ei, so sollen die von oben Geborenen auch frühe Zeugnis ablegen von ihrer Art, sich auch frühe nach oben strecken. Nach dem irdischen Vater strecken die Kinder frühe ihre Arme aus, seinen Namen lernen sie zuerst rufen, denn sie gehören ihm an nach dem Fleisch. Ei, so sollen sie nach ihrem rechten, ewigen Vater, dem Vater ihres Heils, billig die Arme auch frühe ausstrecken, seinen Namen auch rufen lernen. - Kinder, auch kleine Kinder sind ferner Glieder an dem Leibe Jesu Christi. Jedes Glied aber reget sich schon frühe im Einverständnis; mit dem Haupte und dem Herzen. Sage an, welches ist die beste Regung des ganzen Menschen? Offenbar die, wo das Herz gemeinsam mit dem Herzen seines Heilandes zum Vater emporschlägt. Ja, das Beten gehört zum Leben des neuen Menschen. Jeder Seufzer, jeder Ruf zum dreieinigen Gotte ist ein Atemzug des neuen Lebens. Wie das Leben wächst, gehen diese Atemzüge tiefer. - In ihnen liegt dann auch das wahre Glück, die wahre Seligkeit des Kindes. Es gibt ja keine wahre Freude außer im Umgange mit seinem Gotte und Heilande. Und wie innig, wie kindlich und einfältig ist dieser oft bei den Kindern! Sie haben ihren Herrn vor sich, sie reden mit ihm Angesicht in Angesicht, sie klagen ihm alle ihre kleinen Sorgen. Noch geht kein Zweifel durch das kleine Herz, noch löst sich die Person Gottes nicht in eine Gottheit, ein luftiges, gestaltloses Wesen auf, noch verfliegt der Himmel nicht in ein nebelhaftes, unbegrenztes Etwas. Noch wandelt Gott der Herr in der Kühle des Abends mit dem Kinde im Garten Eden, noch spielen die Engel mit ihm seine Kinderspiele. Sie spielen aber nur mit betenden Kindern. Hast du schon das Angesicht eines betenden Kindes gesehen? Hast du gesehen, welche Hingabe und welche Seligkeit darauf ruhte? Hast du nicht sagen müssen: „Ich wollte, ich wäre noch ein Kind; ich wollte, ich wäre so selig wie dies Kind!?“ Wenn es auf Erden noch ein Paradies gibt, so ist es das Herz eines frommen Kindes. - Und um solche Seligkeit wolltest du dein Kind bringen? sie wolltest du hinausschieben in die Jahre des entwickelten Verstandes? Man hört die Leute oft sagen: „Das Kind versteht es ja noch nicht. Wenn es reifer an Verstande geworden ist, dann soll es beten lernen. In den Schuljahren geschieht das frühe genug.“ Ja, es versteht es noch nicht, es kann die Höhe und Tiefe, die Länge und Breite göttlichen Wesens und göttlicher Gnade nicht fassen; du aber auch nicht. Es weiß noch nicht, was es bittet, es bittet oft um kindische und törichte Dinge; du aber auch. Wir wissen nicht, was wir bitten, der Geist aber hilft unserer Schwachheit auf, er vertritt uns mit unaussprechlichen Seufzern. Er muss ja doch in Allem, was wir bitten, erst eine Auslese halten. Wie das Korn, ehe es Brot werden kann, erst durch die Mühle geht, so müssen unsere Gebete, ehe sie Erhörung finden, ehe sie für uns Brot werden können, erst durch das Herz, die Weisheit und Heiligkeit des heiligen Geistes hindurch. Da kommen sie erst an den Mühlstein, wo die Hülsen und die Kleie von ihnen abgestoßen werden. O glaube es, dieser Geist hat viel mehr Mühe und Noch mit den Gebeten der Alten, als mit den Gebeten der Kinder. Wir Alten kommen oft bloß aus purer, bitterer Not. Und an unsern Gebeten hängen die Hülsen und Kleien oft viel fester, als an denen der Kinder. Dazu vergiss nicht, wenn das Kind erst in der Schule beten lernt, dann gehört das Gebet mit in den befohlenen und geordneten Tageslauf; es ist ein Stück Gesetz; es ist nicht Leben in dem Grade, wie wenn es dasselbe vom ersten Erwachen seiner Kräfte an mit zum Leben zählt. Es hat dann eine Weile ohne Gebet leben können; der Gedanke liegt dann nahe, dass es auch weiter und zu anderer Zeit wieder ohne Gebet leben kann. Was einmal ein wesentliches Stück im Leben ist und bleibt, muss auch frühe begonnen werden. Der Puls, dieser Thermometer des natürlichen Lebens, schlägt schon vor der Geburt; und das Gebet, der Puls des geistlichen Lebens, muss auch bald schlagen, nachdem das Kind von Neuem geboren ist. Steht dir immer noch der Gedanke im Wege, dass der heilige Gott und der hohe Himmel dem schwachen Verstande des Kindes unzugängliche Dinge seien, so achte doch selbst nur auf dein Kind. Frühe schlägt der Zug nach oben in ihm Wurzel, Gott zieht von obenher an seinem Kinde. Es fasst den Gedanken Gottes und seines Heilandes leichter als manchen irdischen Gedanken, eben weil es aus Gott geboren ist. Es findet sich in die Schaar der heiligen Engel so leicht hinein wie in die Schaar seiner Gespielen, eben weil es einst den Engeln Gottes gleich sein soll. Darum lehre deine Kinder frühe beten, mache sie frühe bekannt mit ihrem Vater, der sie erschaffen, mit dem Heilande, der sie erlöset hat. O entzeuch ihnen den seligsten Teil der Kinderfreude nicht. Wo die Kinder beten, hat die Morgenstunde Gold im Munde, da liegt der Tau Gottes frühe auf dem Grase, da brechen sich die Sonnenstrahlen darin. „Aber“, fragt mancher Vater, manche Mutter, „warum soll ich sie beten lehren?“ Warum sollen die Eltern ihre Kinder beten lehren? „Die mich frühe suchen, finden mich.“ Wer aber noch nicht allein suchen kann, dem muss der helfen, welcher gesucht und gefunden hat. Wer seine Bestimmung noch nicht weiß, dem muss sie der zeigen, welcher sie bereits kennt, und zwar der Nächste zuerst. Den Kindern ist nun Niemand näher als Vater und Mutter. Sehet euch um in der Natur. Die Raubvögel, die Adler sind geboren emporzufliegen, sagt Hiob. Da führet denn, wenn die Schwingen gewachsen sind, die Mutter ihre Jungen aus, damit sie unter ihrer Leitung emporfliegen lernen. Oder bleibe in unserem Lande. Die meisten unserer Vögel sind dazu bestimmt, von Baum zu Baum, von Ast zu Ast zu fliegen. Da flieget ihnen denn, wenn die Schwingen gewachsen sind, die Mutter voran und lockt, dass sie nachfolgen sollen. Und unserer Kinder Bestimmung ist, dass sie auffliegen im Glauben und Gebet wie die Adler, dass sie auffliegen an das Herz ihres Gottes und Heilandes. Da sollen ihnen denn billig die Eltern voranfliegen und sie locken, dass sie nachkommen. Unsere Bestimmung ist, dass wir von einem grünen Aste des Lebensbaumes zum andern fliegen, und uns wiegen und freuen auf jedem Zweige göttlicher Gnade und Verheißung. . Da sollen denn wiederum die Eltern dem Kinde voranfliegen und es locken zur Nachfolge. - Schaue in das natürliche Leben hinein! Dein Kind lernt von dir lallen und sprechen, seinen Mund und seine Zunge gebrauchen. Die oberste und heiligste Bestimmung des Mundes, der Zunge und Sprache ist Beten, Loben und Danken. In der heidnischen lateinischen Sprache heißt das erste Wort, welches von Mund abgeleitet wird, beten. 1) Du Vater, du Mutter, ihr wollt dem Kinde die Zunge lösen, ihr wollt es sprechen lehren für den armen irdischen Bedarf, für eure Namen, für irdisches Brot und irdische Milch - und den Namen, der über alle Namen ist, wollet ihr versäumen? nach dem Brote des Lebens und nach der heilsamen Milch der Gnade wolltet ihr das Kind nicht rufen lehren? Wenn ihr das könnt, habt ihr Vater - und Mutteramt nur für den natürlichen Menschen, nur für die Erde; zur Ausbildung des aus Gott geborenen Menschen wollt ihr Nichts tun. - Du Mutter lehrst dein Kind gehen. Du leitest es am Gängelbande und dann an der Hand. Es ist dir eine wahre Freude, wenn es von dir zu seinem Vater laufen kann. Wohin aber zielt alles Gehen? Zu dem Herrn, der vom Himmel auf die Erde herniedergekommen ist.

Lasst mich gehn, lasst mich gehn,
Dass ich Jesum möge sehn!
Meine Seel' ist voll Verlangen,
Ihn auf ewig zu umfangen
Und vor seinem Thron zu stehn.

Süßes Licht, süßes Licht,
Sonne, die durch Wolken bricht:
O, wann werd' ich dahin kommen,
Dass ich dort mit allen Frommen
Schau' dein holdes Angesicht?

Da hast du dein Ziel und deines Kindes Ziel. Du weißt nun, wohin alles Gehen führen soll. Leiblich, persönlich können wir, so lange wir in Mesechs Hütten wohnen, nicht zu Jesu gehen. Wir können es nur im Gebete. Da nimm dein Kind ans Gängelband, bete ihm vor. Und wenn es so weit gekommen ist, dass es allein zu diesem Anfänger und Vollender seines Heils laufen, dass es allein, wenn auch mit schwachem Stammeln und in armer Einfalt, beten kann, dann freue dich. Das ist höhere Mutterfreude, als wenn das Kind zum ersten Male zu seinem Vater läuft. - Ihr Eltern, sagt nicht: „Dazu haben wir keine Zeit.“ Du Vater, sprich nicht: „Mein Beruf lässt mich dazu nicht kommen.“ Du bist Vater, da hast du auch einen Beruf, einen wahren heiligen Beruf. Gott wird dich einst fragen: „Wo sind die Kinder, die ich dir gegeben habe?“ Die Ausrede: „Mein Beruf an der Eisenbahn, oder an der Post, oder im Comptoir^ oder an der Schule, Universität oder Kirche“ - und was du sonst für ein anderes Amt nennen magst - „ließ mich wenig an sie denken und an ihren Seelen arbeiten“, gilt vor ihm nicht. Es ist Arbeit an den Seelen, Arbeit zum Heil und zur Seligkeit. Dazu muss Zeit sein. - Und wenn denn Zeit geschafft wird, fragst du wohl weiter: „Wie soll ich es denn anfangen? Ich bin darin so ungeschickt; ich habe von meiner Schulzeit her mich wenig um Gottes Wort und das Gebet bekümmert.“ Wohl, wenn dich dein Vater - und Mutteramt antreibt, dich wieder darum zu bekümmern. Die erste Regel, welche dir hier gegeben werden kann, ist die: Werde mit dem Kinde ein Kind, nimm dir selbst deinen Gott und Heiland recht fest und persönlich vor die Seele, rufe dir seine Wunder, seine Gnade recht klar ins Herz zurück und senke dich auch hinein in das kleine Leben des Kindes. Erzähle dem Kinde von ihm, gewöhne es an den Gedanken seiner steten Allgegenwart und Allwissenheit und dann bete am Morgen und Abend mit ihm. In dem Gebet greife hinein in alle kleinen Freuden und Leiden, auch in die Sünden des Kindes. Bringe sie dankend und fürbittend vor den Gnadenthron. Glaube es, das Kind geht mit, es betet mit, das Gebet wird ihm Leben. Es wird dir bald sagen: „Vater oder Mutter, du hast heut Etwas vergessen. Wir müssen noch dafür oder dafür danken, oder für dies und das um Vergebung bitten.“ Bald wird auch, wenn das Herz in ein kindliches Verhältnis zu seinem Gotte und Heilande kommt, das Kind selbst bitten. Siehe, dann erhebet es die Flügel, dann läuft es zu seinem Gotte und Herrn. Dann freue dich. Das ist der Segen des Augenblicks. Aber von diesen heiligen Viertelstunden oder Minuten strömt der Segen auch weiter hin.

Wir wollen der Seligkeit des Kindes selber in seinem Umgange mit dem Herrn nicht mehr gedenken. Aber deine eigene Freude können wir nicht übergehen. Lieblich klingt im Frühjahr der erste Vogelgesang, lieblich blühet die erste Blume. Die ersten Blüten eines Baumes, den du selbst gepflanzt und gezogen hast, erscheinen dir schöner, als die Blüten aller andern Bäume. Aber die seligste Freude hast du, wenn das Herz deines Kindes, diese Gnadenknospe, aufblühet im ersten Gebet, und dann fortblühet im kindlichen Gebet. Stephan Schulz, der später als Missionar unter den Juden einen großen Teil von Europa, Asien und Afrika durchwandert und mancher Seele den Weg des Heils gewiesen hat, erzählt in seiner Lebensbeschreibung auch die Geschichte seiner Kindheit. Er war armer Leute Kind, und die tägliche Kost ward ihm oft mit knappem Maß gemessen. Wenn er nun hungrig war, setzte er sich, und zwar schon als 2 - 3jähriger Knabe auf den Queer - Riegel unter dem Tische, faltete die Hände und betete: „Lieber Gott, du weißt alle Dinge, du weißt auch, dass ich hungrig bin.“ Nie konnten es die Eltern hören ohne Freude und Erbauung; und dass auf solches Gebet für das Kind Rat geschafft wurde, brauche ich auch nicht zu sagen. Wer sollte sich an solchen Blüten nicht freuen. - Doch wir wollen ja besonders noch betrachten, was das frühe Gebet für Frucht für das weitere Leben trägt. Es ist eine köstliche Hülfe in der Erziehung. Das Kind weiß, dass es bald wieder vor das Angesicht des Gottes treten muss, der Alles gesehen hat und sieht. Von diesen Gebetszeiten aus schauet das Auge Gottes auf das ganze Leben. Die ganze Erziehung wird eine andere. Ein mächtiger Helfer, der große Erzieher, der Meister aus Israel ist mit eingetreten. Ich war vor Kurzem bei einem Freunde, dem sein einziges, fast dreijähriges Töchterchen durch Eigenwillen und Trotz manche Not machte. Nach einem schlimmen Tage betete er am Abende mit dem Kinde: „Herr Jesu, vergib auch meiner kleinen Antonie Alles, womit sie dich heute betrübt hat.“ Da unterbricht ihn das Kind mit trauerndem Angesicht: „Antonie hat den Herrn Jesus betrübt.“ Sie kann darüber nicht fertig werden, sie will ihn in den künftigen Tagen nicht mehr betrüben. - So geht es dann fort im Leben. Wer gern betet, kann nicht in Sünden fortwandeln. Er muss ja täglich vor das heilige Feuer, das ihn ins Herz brennt. - Sodann knüpft sich an den frühen Umgang mit dem Herrn am Leichtesten ein Umgang mit ihm für das ganze Leben. Er ist in das weiche Herz eingeprägt. Seine Gestalt bleibt vor der Seele stehen im Morgenglanze des kindlichen Glaubens. Wohl können auch für solches Kind später dürre Zeiten kommen. Wie wir aber an das stille Tal, in welchem wir in der Kindheit gespielt und uns gefreut haben, allezeit bis in das späteste Alter mit Sehnsucht zurückdenken, so auch an das stille Eden, in dem wir mit dem Herrn umgegangen sind. Der Herr kommt von da wieder und streckt seine Arme aus nach dem, den er einst sein nannte und doch noch sein nennt. Jugendfreunde können wir schwer vergessen. Wenn ihnen der Grabhügel lange aufgeschüttet ist, fließt ihnen noch manche Träne nach. Jesus Christus ist der beste Jugendfreund. Der kann auch im Herzen sterben, auf ihn kann auch ein Grabhügel von Sünde, Welt, Lug, Trug, Wollust und Hochmut geschüttet werden. Wenn wir später einmal dahin kommen, dass über das verlorene Paradies und über den verlorenen Jugendfreund eine Träne vom Angesichte rinnt, dann pocht er unter dem Hügel und ruft: „Du, ich bin nicht tot, ich will auferstehen, ich will den Stein vom Grabe wälzen, ich will die Dornen aus dem Garten hauen. Ich habe dich noch lieb, meine Liebe ist jung geblieben, wenn auch die deine alt geworden ist. Ich will auch die deine wieder jung machen.“ Und der Alte viel in der Sünde und Welt Umhergeworfene bittet: „Komm, Herr Jesu, stehe auf, feiere Ostern, ich will vor dir knieen und deine Füße umfassen.“ Die Seligkeit des Kinderlebens in dem Herrn wird so eine Hülfe zur Erweckung. - Sie gibt oft auch unaussprechlichen Trost in der späteren Armut und Dürre. Es war einst so lieblich und frisch in meiner Seele. Der Herr, der damals den Tau auf dieselbe fallen ließ, lebet noch und kann es immer noch. Ja zuletzt erleuchtet wohl gar die Morgenröte des Lebens noch seine Abenddämmerung. Man sagt von den Alten, dass sie wieder in die Kindheit gehen. Es ist in manchem Sinne wahr, unter Anderem auch in dem, dass sie das im späteren Leben Erlernte meist wieder vergessen, und nur behalten, was ihnen in frühester Jugend eingeprägt ist. Wohl dem, der dann von dorther Etwas mitgebracht, und zwar das Rechte mitgebracht hat. Die ersten Gebete der Kinder sind oft die Sprüchlein gewesen: „Christum lieb haben ist besser denn Alles wissen“, oder: „Das Blut Jesus Christ macht uns rein von allen Sünden. Amen.“ Damit ist angefangen. Und wer will die herzählen, welche auch wieder mit diesem Gnadenspruch das arme Leben beschlossen und sich dem Tode und der Hölle gegenüber auf ihn gesteift haben. Da schließt sich der Ring zusammen in dem Diamant, da berühren sich Anfang und Ende. Dein Alter ist wie deine Jugend, und durch die eine Gnadenpforte der Jugend und des Alters gehest du ein in das Land der ewigen Jugend. - Auf denn, führe deine Kinder frühe zum Herrn! Die ihn frühe suchen, finden ihn; und die ihn gefunden haben, haben ihn; und die ihn haben, behalten ihn auch gern; und wenn sie ihn doch verlieren, lässt sie die Sehnsucht nach ihm nicht. Sie suchen doch wohl noch einmal, bis sie ihn wiederfinden. Und die ihn behalten oder wiedergefunden haben, gehen zu ihm, ob er sie früh oder spät rufe. Herr, lass uns und unsere Kinder dich finden und behalten. Amen.

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