Zinzendorf, Nikolaus von - Reden über den 2. Artikel - Vorbericht

Ich habe von guten Gemüthern einige Concepte meiner Reden gesehen, die sie wohl gar christlich gemeinet haben mochten: aber es waren ihre und nicht meine Worte, ihre und nicht meine Ideen, die ich nicht darum weggeworfen habe, weil ich sie für geringer gehalten, als die meinigen; sondern weil sie einmal nicht die meinigen sind.

Es sind aber auch ganze Reden in ihrer völligen Connexion unter meinem Namen zu Berlin herumgegangen und mir vorgekommen, da der Text, das Thema und alle Worte erdichtet waren.

Das habe ich wohl mit Geduld ertragen, aber es hat mir doch die Nothwendigkeit gezeigt, wenigstens die Grundbegriffe aller meiner Reden, außer welchen ich nichts Wesentliches gesprochen, vor Jedermanns Augen zu legen.

Wer ein klein wenig versteht, was er lieset, der sieht gleich, daß ich nur vier Materien tractieret habe.

  • Die erste ist: die wesentliche, einige ewige Gottheit dessen, der Mensch worden ist.
  • Die andere: die wahre, wesentliche, natürliche und unvermischte Menschheit des Gottes vom Himmel.
  • Die dritte: daß das der einige Weg zur Seligkeit aller Menschen sei, daß sie um des Verdienstes des geschlachteten Lammes willen Gnade und Vergebung bekommen aller ihrer Sünden, und Seine Armen und Elenden bleiben in Zeit und Ewigkeit.
  • Die vierte: daß es kein Wunder sei, daß alle die, denen die Sünde erst recht bekannt ist, und Erlaubniß kriegen, nicht mehr zu sündigen, das Sündigen bleiben lassen, und ein göttlich Leben führen; daß das nur der Gebrauch des kostbaren Privilegii sei, das uns Jesus mit Seinem Blute theuer erkauft hat, und dessen sich Niemand begeben wird, dem der Kopf auf der rechten Stelle steht.

Ich habe das Alles, bei der Bündigkeit der Wahrheit an sich selbst, durch die Einfalt des Vortrags in ein solches Licht zu setzen gesucht, daß ich glaube, es kann's kein Mensch läugnen, der die Bibel für Gottes Wort hält, und dabei die gemeinsten Ideen bei dem Denken und Reden gefaßt hat.

Daß aber diese vier Materien in meinen Reden so oft repetiert sind, kam damals daher, weil ich nicht einerlei Zuhörer hatte, und einem jeden gerne etwas davon sagen wollte.

Itzo aber ist das die Ursach, weil ich, wie oben gedacht, meine Reden lassen will, wie sie waren.

Ich habe außer denen Discoursen über den Artikel die wenigsten Male Texte gehabt, und der erste Spruch ist mehr ein Anfang meiner Rede gewesen, als daß ich meinen Zuhörern dieselben Örter der Schrift, nach so vielen darüber gehörten und gelesenen Erklärungen, abermals hätte exegesieren wollen.

Wenn ich ein Wort Gottes höre, lese, ausspreche, so folgen die Gedanken oder Worte von selbst nach, die dazu gehören. Es ist damit eben, wie mit einem Fasse, wenn man den Spund aufmacht.

Ach mein Heiland, wenn ich doch das Vergnügen hätte, daß es meinen Lesern wie mir würde, und daß ihnen das Herz brennte, wenn sie ein Wort von Jesu lesen in diesen Blättern! Ich kann nichts mehr sagen, als das einige noch: Ich werde auf eine ganz ungewöhnliche Art in der Welt verlästert, ich sehe das wenigste davon für solche Leiden an, die eine Ehre sind; denn ich zweifle nicht, daß es mir in manchem wie dem Ephrem geht, der um einer Mordthat willen unschuldig gefangen gesetzt wurde, weil er einmal eine Kuh aus Leichtsinn todt geworfen hatte.

Ich weiß gewiß, daß mir in Worten und Werken nichts Widriges begegnet, das ich nicht vielmal an meinem Heiland, an meinem Nächsten und sonst verdienet habe.

Darum beklage ich wohl den Schaden, aber mich nicht.

Dem ohngeachtet wünschte ich, daß meine Leser sich meine Reputation nicht stören ließen, diese Wahrheiten des Kreuzes an ihren Herzen wirken zu lassen.

Ich kann das darum mit einigem Recht prätendieren, weil ich's auch so mache: ich lese des Bileam's Predigt mit großer Erbauung, ich examiniere niemals die Person bei einem Vortrage, sondern ihre Gründe.

Ich glaube meinen vertrautesten Freunden nichts ohne Grund, und pflichte von Herzen bei allen Wahrheiten in dem Munde eines Gegners. So seid ihr denn, liebste Leser, auf den nützlichen Gebrauch dieser Blätter ein wenig präparieret.

Mein liebster Heiland sei euch Allen so freundlich, daß ihr euch schämen müsset; so geht mir's alle Tage; denn ich darf meine Augen nicht aufheben gegen Ihn. Er ist der gnädigste Herr von der Welt. Ich bin ein sündiger Mensch, das fällt mir wohl ein, wenn ich Seine nahe Gegenwart inne werde, aber ich will Ihn deshalben nicht gehen heißen, Luc. 5,8. sondern Er mag bleiben. Cap. 24,29.

Marienborn, am 26. August 1738.

Ich glaube, daß Jesus Christus, wahrhaftiger Gott vom Vater in Ewigkeit geboren, und auch wahrhaftiger Mensch von der Jungfrau Maria in der Zeit geboren, sei mein Herr, der mich verlornen und verdammten Menschen erlöset hat, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels, nicht mit Gold oder Silber, sondern mit Seinem heiligen theuren Blute, und mit Seinem unschuldigen Leiden und Sterben; auf daß ich Sein eigen sei, und in Seinem Reiche unter Ihm lebe, und Ihm diene in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit; gleichwie Er ist auferstanden von den Todten, lebet und regieret in Ewigkeit. Das ist gewißlich wahr.

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