Wiclif, John - Send-Brief D. Johann Wikleffs an Bapst Urbanum
Fragment?
Ich hab Lust und begehre für jederman Bekanntnuß zu thun von meinem Glauben/ sonderlich aber für dir/ der du Bischof zu Rom bist/ dieweil ich gewiß bin/ mein Glaub sei recht und heilig. Hoffe auch du werdest mit sonderlicher Gunst und Güte denselben bestättigen/ oder wo ich irre/ mich underweisen und zu recht bringen. Und Anfangs glaub ich/ daß das Evangelium JEsu Christi seie das Herz und Kern des Gesetzes Gottes/ und das JEsus Christus/ welcher uns das Evangelium geoffenbaret hat/ sei wahrer GOtt und Mensch/ und daß die Lehr deß Evangelii alle andere Stuk der H. Schrifft weit übertreffe.
Auch halt ich/ daß weil sich der Bischoff zu Rom nennet und außgiebt/ er sei der Oberste Statthalter deß HErren JEsu Christi auff Erden/ daß er auch von allen andern Bilgern auff Erden schuldig und verpflichtet sei/ die Lehr des Evangelii treülich zu halten. Dann die Würde der treüen Jünger Christi stehet nicht in dem/ daß sie für der Welt groß und hoch angesehen seien/ sondern daß sie dem Herren Christo mit heiligen Leben und Wandel nachfolgen/ widerumb nehme ich auch auß dem Evangelio/ dem Kern der Göttlichen Lehr/ disen offenbaren Grund/ daß der HErr JEsus Christus/ die ganze Zeit seiner Wallfahrt auff Erden arm gewesen ist/ und sich aller Herrschafft und weltlichen Hoheit entschlagen hat. Daraus schliesse ich/ daß kein Gläubiger dem Papst nachfolgen soll/ er sei so groß oder mächtig/ als er immer wolle/ noch einigem Bischoff/ es sei dann in dem/ da sie dem Herren Christo nachfolgen. Dann Petrus und die Söhn Zebedäi haben geirret/ und dem Herren Christo nicht nachgefolget/ daß sie weltliche Ehr und Herrschaft begehrten/ Darumb soll man ihnen in solchen Irthumben nicht nachfolgen. Daraus folget unwidersprechlich/ daß der Bapst der weltlichen Obrigkeit alle weltliche Herrschafft übergeben/ und alle seine Geistlichen dergleichen zuthun/ ernstlich vermahnen und anhalten soll. Dann also hat gethan unser HErr JEsus Christus/ und seine H. Apostel. So nun in diesem allem/ was ich gesagt hab/ ein Fehl- oder Irrthumb ist/ so bin ich bereit mit aller Demuth mich unterweisen und straffen zulassen/ auch mit dem Tod/ wann es von nöthen ist. Und wann ich in eigner Person zu dir kommen könte/ wolte ichs gern und mit Willen thun. Aber Gott der HErr hat mir ein anders aufferlegt/ davon ich nicht abkommen kan/ und hat mich gelehret/ daß man GOtt mehr gehorchen müsse dann den Menschen.
So nun GOtt dem Babst gute und Evangelische Gedanken und einfäll gegeben hat/ sollen wir bitten/ daß dieselben nicht durch ein betrüglich Concilium unterdrükt werden/ und daß der Bapst und die Cardinäl nicht etwas widers da Wort Gottes anfangen. Darumb beten wir in unserer Versamlung/ daß GOtt dem Bapst Urbano ein solch Herz und Gemüth geben wolle/ daß/ wie er wol angefangen/ also auch fortfahre dem HErren JEsu Christo mit einem heiligen Leben und Wandel nachzufolgen/ sampt seiner ganzen Priesterschafft/ damit sie das Volk also unterweisen und lehren/ daß sie alle des Sohnes Gottes Nachfolger seyen. Auch bitten wir insonderheit/ daß der Babst für allen bösen Rahtschlägen behütet werde/ wie wir dann vernehmen/ das er feindtselige Menschen umb sich und zu Tischgenossen habe. Und daß der getreue GOtt nicht zugebe/ daß wir über unser Vermögen versucht werden/ wie er dann von keiner Creaturen fordert/ das sie nicht thun kan.
Denkwürdige Geschichten/ Trostreiche und Herzbewegliche Reden der Fürträfflichst/ Gottseligsten Heiligen Märtyrern
Leonhard Meyer
Gedrukt zu Schaffhausen
Bei Johann Kaspar Sytern
M. DC. LXIV