Bekenntnis von 1120
Aus der Vorrede des Jean Leger
Ich mache den Anfang dazu mit einem vortrefflichen Stück, welches theils von wegen des Alters, theils wegen seines ausnehmenden Inhalts, aller Aufmercksamkeit wohl würdig ist. Ich habe solches aus dem schon öfters angeführten geschriebenen alten Buche genommen, dessen Perrin in seiner Historie pag. 225 gedencket. Es ist solches im Jahre 1120. und also sechzig bis achtzig Jahr vor Walti Zeiten geschrieben. Der Anfang davon ist, wie folgt:
Ueberhaupt das Bekenntniß vom christlichen Glauben (1120).
Wir glauben, und halten steiff und feste über dem gantzen Inhalt des Apostolischen Glaubens-Bekenntnisses, und verwerfen alles dasjenige als ketzerisch, was dawider streitet, oder nicht mit denen darinnen enthaltenen zwölf Artickeln übereinstimmt.
Von der Gottheit.
Wir glauben an einen GOtt, Vater, Sohn, und Heiligen Geist.
Von der heiligen Schrift.
Wir halten folgende Bücher in der Bibel für heilige und canonische Schriften, als nemlich: Das Buch Mose, Genesis genannt. Das Buch Mose, Exodus genannt. Das Buch Mose, Leviticus genannt. Das Buch Mose, Numeri genannt. Das Buch Mose, Deuteronomium genannt. Das Buch Josua. Das Buch der Richter. Das Buch Ruth. Das erste Buch Samuelis. Das andere Buch Samuelis. Das erste Buch von den Königen. Das andere Buch von den Königen. Das erste Buch der Chronicke. Das andere Buch der Chronicke. Das erste Buch Esra. Das Buch Nehemia. Das Buch Esther. Das Buch Hiob Der Psalter Die Sprüche Salomonis. Der Prediger Salomo Das Hohelied Salomonis. Der Prophet Jesaias. Der Prophet Jeremias. Klage-Lieder Jeremiä. Hesekiel. Daniel. Hosea. Joel. Amos. Obadja. Jona. Micha. Nahum. Habacuc. Zephania. Haggai. Sacharia. Maleachi.
Nun folgen die apocryphischen, das ist, diejenigen Bücher, so die Hebräer niemahls angenommen, sondern die wir (wie Hieronymus in der Vorrede zu den Sprüchen Salomonis sagt) zur Erbauung des Volckes, obschon nicht zum Beweis der Göttlichen Wahrheiten, für nützlich zu lesen halten, als: Das dritte Buch Esra. Das vierte Buch Esra. Das Buch Tobiä. Das Buch Judith. Die Weisheit Salomonis. Das Buch Jesus Sirach. Das Buch Baruch mit dem Briefe Jeremiä. Das Stück in Esther, vom 10ten Capitel bis zu Ende. Der Gesang der 3 Männer im feurigen Ofen. Historia von der Susanna. Vom Drachen zu Babel. Das erste Buch der Maccabäer. Das andere Buch der Maccabäer Das dritte Buch der Maccabäer.
Die Bücher des Neuen Testaments, so nunmehro folgen, sind:
Das Evangelium S. Matthäis Das Evangelium S. Marci Das Evangelium S. Lucä Das Evangelium S. Johannis Der Apostel Geschichte Der Brief S. Pauli an die Römer Der Brief S. Pauli 1. an die Corinther Der Brief S. Pauli 2. an die Corinther Der Brief S. Pauli an die Galater Der Brief S. Pauli an die Epheser Der Brief S. Pauli an die Philipper Der Brief S. Pauli an die Colosser Der Brief S. Pauli 1. an die Thessalonicher Der Brief S. Pauli 2. an die Thessalonicher Der Brief S. Pauli 1. an Timotheum Der Brief S. Pauli 2. an Timotheum Der Brief S. Pauli an Titum Der Brief S. Pauli an Philemon Der Brief S. Pauli an die Ebräer Der Brief S. Jacobi Der erste Brief S. Petri. Der andere Brief S. Petri. Der erste Brief S. Johannis Der andere Brief S. Johannis Der dritte Brief S. Johannis Der Brief S. Judä. Die Offenbarung S. Johannis.
Von der Erb-Sünde
Diese ietzt genannte Bücher lehren uns, daß ein GOtt sey, der da allmächtig, allwissend und sehr gnädig ist, und der nach seiner Güte die gantze Welt erschaffen habe: wie er denn auch den ersten Menschen, Adam, nach seinem Ebenbilde geschaffen; daß aber durch des Teufels List, und dieses ersten Menschen Ungehorsam die Sünde in die Welt gekommen, und wir allzumahl in und durch diesen Adam Sünder geworden.
Von JEsu Christo.
Daß Christus denen Vätern verheissen worden, welche das Gesetz empfangen haben, damit sie durch dasselbe zur Erkenntniß ihrer Sünde und Ungerechtigkeit gelangen, ihr eigenes Unvermögen gewahr werden, und zu einem hertzlichen Verlangen nach der Zukunft dessen gereitzet werden sollten, der da für die Sünde genug thun, und selber das gantze Gesetz erfüllen würde.
Vom Leiden und Sterben JEsu Christi.
Daß Christus JEsus zu der Zeit, die der Vater dazu bestimmet, und da die Bosheit überhand genommen, in die Welt gekommen, und zwar nicht allein der Frommen wegen, denn wir waren allzumahl Sünder; sondern daß er uns allen insgesamt Gnade und Barmhertzigkeit erweisen, und zeigen möchte, daß er wahrhaftig sey.
Von dessen Kraft und Würckung.
Daß Christus uns zur Wahrheit, zum Leben, zur Gerechtigkeit, zum Frieden, zum Hirten, Fürsprecher, zum Opfer und zum Hohenpriester geworden, der denen Gläubigen zu gut gestorben, aber auch zu ihrer Rechtfertigung wieder auferstanden ist von den Todten.
Christus unser einiger Fürsprecher.
So glauben wir auch, daß JEsus Christus unser einiger Mittler und Fürsprecher bey dem Vater sey: daß die Jungfrau Maria demüthig, holdselig und voller (göttlicher) Gnade gewesen; und daß alle Heiligen im Himmel die Auferstehung ihrer Leiber von den Todten zum Gerichte und zum ewigen Leben erwarten.
Wider das Fegefeuer.
Desgleichen glauben wir auch, daß für die Seelen der Verstorbenen nur zwey Oerter vorhanden; als nemlich der Himmel für die seligen, und die Hölle für die verdammten; und verwerfen den antichristischen Traum vom Fegefeuer, als einen wider die Wahrheit lauffenden Irrthum, schlechterdings.
Wider die Menschen-Satzungen.
Wir halten festiglich dafür, daß alle Menschen-Satzungen dem HErrn unserm GOtt ein Greuel seyn, und man daher unter Christen nicht einmal davon wissen sollte. Desgleichen sind die Feyertage, heiligen Abende, oder Vigilien, das sogenannte Weyh-Wasser, das Enthalten von gewissen Speisen zu gesetzten Tagen, und was dergleichen Dinge mehr sind, besonders aber die Messen.
Noch mehr wider die Menschen-Satzungen
Wir verabscheuen die menschlichen Satzungen, als Irrthümer des Anti Christs, die nur dazu dienen, daß sie die Gewissen irre machen, und wider die geistliche Freyheit streiten.
Betreffend die Sacramente.
Wir glauben, daß die Sacramente das Zeichen, und die äusserliche Gestalt der heiligen Sache seyn, so darinnen enthalten, und daß es nöthig sey, daß sich die Gläubigen, wenn es seyn kann, dieser sichtbaren Gestalten öfters bedienen. Wir halten aber auch dafür, daß ein Gläubiger, dem es an Ort, Zeit und Gelegenheit gefehlet, diese äußerliche Zeichen zu gebrauchen, darum dennoch selig werden könne.
Von der Taufe und dem heiligen Abendmahl.
Wir wissen von keinen andern Sacramenten, als von der Taufe und dem Abendmahl.
Vom Gehorsam gegen die Obrigkeit.
Wir sollen die weltliche Obrigkeit ehren mit aller Unterthänigkeit, Gehorsam, Dienstbarkeit, auch mit Steuern und Gaben.
Quelle: Leger, Johann - Johann Legers allgemeine Geschichte der Waldenser