Markus - Kapitel 5

(Leander van Eß)

Die Begebenheit mit der Schweineherde, der blutflüssigen Frau, und der Tochter Jairs.

1 Sie kamen nun jenseits des Sees in die Gegend der Gerasener.
2 Da Er aus dem Schiffe stieg, kam ihm gleich ein Mensch mit einem unreinen Geiste aus den Grabhöhlen entgegen,
3 welcher in den Grabhöhlen seine Wohnung hatte; nicht einmal mit Ketten konnte man ihn bändigen;
4 obgleich er schon oft mit Fußeisen und Ketten war gebunden worden; so hatte er doch die Ketten zerrissen und die Fußeisen zerrieben, und Keiner vermochte ihn zu bändigen.
5 Immerfort, Tag und Nacht, war er in den Grabhöhlen und auf den Bergen; schrie und schlug sich selbst mit Steinen.
6 Als er aber Jesum von ferne sah, lief er zu, betete ihn an, und rief mit lauter Stimme schreiend:
7 Jesu, du Sohn Gottes, des Allerhöchsten! was haben wir miteinander zu schaffen! Ich beschwöre dich bei Gott, quäle mich nicht!
8 (denn er hatte zu ihm gesprochen: Geh von dem Menschen aus, du unreiner Geist!)
9 Er fragte ihn: Wie heißest du? Er sagte ihm: Ich heiße Legion; denn unserer sind viele.
10 Dabei bat er ihn sehr, sie nicht aus dieser Gegend zu vertreiben.
11 Es weidete da an dem Berge eine große Heerde Schweine,
12 und die Teufel baten ihn und sprachen: Schicke uns in die Schweine, damit wir in dieselben hineinfahren!
13 Jesus erlaubte es ihnen gleich. Da gingen die unreinen Geister aus, und in die Schweine hin, und mit Ungestüm stürzte die Heerde, die sich auf zweitausend belief, von der Anhöhe in das Meer, und ersoff im Meer.
14 Die Hirten derselben aber ergriffen die Flucht, und verbreiteten die Nachricht davon in der Stadt und auf dem Lande. Die Leute gingen hinaus, um zu sehen, was da vorgefallen sey.
15 Sie kamen zu Jesu, und da sie den Besessenen angekleidet und vernünftig da sitzen sahen, fürchteten sie sich.
16 Die es gesehen hatten, erzählten ihnen nun die ganze Begebenheit mit dem Besessenen und den Schweinen.
17 Da fingen sie an, ihn zu bitten, er möge sich doch von ihren Grenzen entfernen.
18 Als er nun wieder in das Schiff steigen wollte, bat ihn der vorhin Besessene, daß er bei ihm bleiben dürfte.
19 Er aber gestattete es ihm nicht, sondern sagte zu ihm: Geh nach Hause zu den Deinigen, und erzähle ihnen, wieviel der Herr an dir gethan, und sich deiner erbarmet habe!
20 Er ging also weg, und machte es in den zehn Städten kund, wieviel Jesus an ihm gethan; und Jeder wunderte sich.
21 Als nun Jesus zu Schiffe wieder über den See gefahren war, kam eine große Volksmenge bei ihm zusammen. Er war noch an dem See.
22 Da kam Einer von den Vorstehern der Synagoge, Namens Jairus; und als er ihn sah, fiel er ihm zu Füßen,
23 und bat ihn sehr dringend und sprach: Meine Tochter liegt in den letzten Zügen, komm doch und lege ihr die Hand auf, damit sie gerettet werde; so wird sie leben.
24 Und er ging unter dem Gefolge und Gedränge einer großen Volksmenge mit ihm.
25 Da war eine Frau, welche schon zwölf Jahre an dem Blutflusse litt,
26 und Vieles unter vielen Ärzten ausgestanden, all das Ihrige angewandt, aber keine Besserung verspürt; sondern sich vielmehr immer noch schlimmer befand.
27 Als sie von Jesu gehört, kam sie unter dem Volke von hinten her, und berührte sein Oberkleid;
28 (denn, dachte sie, wenn ich auch nur sein Oberkleid anrühre, so wird mir geholfen seyn!)
29 Sogleich hörte auch der Blutfluß auf, und sie spürte es am Körper, daß sie von der Krankheit geheilt sey.
30 Jesus, der sich der Kraft, die von ihm ausging, bewußt war, wandte sich sogleich zu dem Volke um und fragte: Wer hat mich bei dem Kleide gefaßt?
31 Seine Jünger sprachen zu ihm: Du siehst, wie der Volkshaufe auf dich zudrängt, und frägst noch, wer dich angerührt habe?
32 Da blickte er umher, um die zu sehen, welche es gethan.
33 Die Frau, wohl wissend, was an ihr geschehen, trat mit Furcht und Zittern zu ihm, fiel vor ihm nieder, und sagte ihm die reine Wahrheit.
34 Darauf sprach er zu ihr: Meine Tochter! dein Glaube hat dich gesund gemacht; geh in Frieden, und sey frei von deiner Plage!
35 Indem er noch im Reden war, kamen einige von des Vorstehers Dienern und sagten: Deine Tochter ist schon gestorben; wozu willst du den Lehrer weiter bemühen?
36 Sobald Jesus dieß hörte, sprach er zu dem Vorsteher der Synagoge: Fürchte nicht, glaube nur!
37 Indessen ließ er Keinen mitfolgen, als Petrus, Jakobus und Johannes, des Jakobus Bruder.
38 Als Er nun in das Haus des Synagogen-Vorstehers kam, und das Getümmel und die laut Weinenden und Heulenden sah,
39 sagte er zu ihnen bei dem Eintritte: Warum lärmet und weinet ihr so? Das Mädchen ist nicht gestorben, es schläft nur.
40 Sie aber verlachten ihn. Nachdem er nun Alle hinausgeschafft, nahm er den Vater des Mädchens und die Mutter und die bei ihm waren, mit sich, und ging hinein, wo das Mädchen lag;
41 nahm es bei der Hand und sagte: Talitha Kumi; das heißt: Mädchen, ich sage dir, richte dich auf!
42 Sogleich richtete sich das Mädchen auf und ging umher; denn es war zwölf Jahre alt. Und sie waren vor Verwunderung außer sich.
43 Er gebot ihnen aber ernstlich, daß Keiner dieß erführe, und befahl, ihr zu essen zu geben.

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