Thomas von Kempen - Buch 4 - Kapitel 3
Daß es nützlich sei, oft zu kommunizieren.
Stimme des Jüngers.
1. Siehe, ich komme zu dir, o Herr! damit mir wohl werde durch deine Gnade und ich Erquickung finde an deinem heiligen Mahle, das du nach deiner Güte den Armen bereitet hast.
Siehe, in dir ist Alles, was ich verlangen kann und soll; du bist mein Heil und meine Erlösung, du meine Hoffnung und Stärke, du meine Zierde und mein Ruhm.
Erfreue denn heute die Seele deines Knechtes, da ich zu dir, Herr Jesu, meine Seele erhoben habe.
Dich verlange ich jetzt zu empfangen mit aller Andacht und Ehrfurcht; dich wünsche ich in mein Haus einzuführen, wenn ich anders mit Zachäus verdiene, von dir gesegnet und zu den Söhnen Abrahams gezählt zu werden.
Meine Seele sehnt sich nach deinem Leibe, mein Herz verlangt, mit dir vereinigt zu werden.
2. Gib dich mir, so habe ich genug; denn außer dir vermag mich nichts zu trösten.
Ohne dich kann ich nicht sein, und ohne deine Heimsuchung vermag ich nicht zu leben.
Daher muß ich oftmals dir mich nahen, und dich als mein einziges Heilmittel empfangen, damit ich nicht umkomme auf dem Wege, wenn ich dieser Himmelskost entbehren muß.
Denn also hast du, barmherzigster Jesus, da du dem Volke predigtest und mancherlei Gebrechen heiltest, einst gesagt: Ich will sie nicht ungegessen von mir lassen, auf daß sie nicht verschmachten auf dem Wege.
Thue denn mit mir also, der du zum Troste der Gläubigen im Sakramente dich selbst zur Speise gibst.
Denn du bist eine liebliche Erquickung der Seele, und wer dich würdig genießt, der wird Erbe und Genosse der ewigen Herrlichkeit sein.
Weil ich nun so oft falle und sündige, so schnell lax und matt werde, ist es mir sehr nöthig durch anhaltendes Gebet, aufrichtige Buße und den Genuß des heiligen Abendmahles mich zu erneuern, zu reinigen und meine Liebe zu entzünden, damit ich nicht etwa, wenn ich länger davon fern bleibe, in meinem heiligen Vorhaben wankend werde.
3. Denn des Menschen Sinn ist zum Bösen geneigt von Jugend auf, und wenn nicht göttliche Arznei ihn heilt, so fällt er alsbald tiefer und tiefer.
Aber das heilige Abendmahl zieht vom Bösen zurück und stärkt im Guten.
Denn wenn ich schon jetzt so oft nachlässig und lau bin, da ich kommunizire oder das Meßopfer feiere: was würde erst geschehen, wenn ich die Arznei nicht nähme und ein so kräftiges Heilmittel nicht suchte?
Und bin ich auch nicht jeden Tag geschickt, noch zur Feier des Opfers wohl vorbereitet: so will ich mir doch Mühe geben, zu passenden Zeiten die göttlichen Geheimnisse zu empfangen und so großer Gnade mich theilhaftig zu machen.
Denn das ist ein vorzüglicher Trost für die gläubige Seele, so lange sie fern von dir in dem sterblichen Leibe wallet, daß sie öfters, ihres Gottes eingedenk, ihren Geliebten mit andächtigem Gemüth aufnimmt.
O wunderbare Macht deiner Liebe gegen uns, daß du, o Herr und Gott, der Schöpfer und Beleber aller Geister, dich herablässest, zu der armen Seele zu kommen und mit deiner ganzen Gottheit und Menschheit ihren Hunger zu stillen.
O beglücktes Gemüth, o selige Seele, die gewürdiget ist, dich, ihren Herrn und Gott, andächtig aufzunehmen und dadurch mit geistlicher Freude erfüllt zu werden!
O was für einen großen Herrn empfängt sie! Was für einen lieben Gast beherbergt sie! Was für einen angenehmen Genossen nimmt sie in ihr Haus auf! Was für einen treuen Freund bekommt sie! Was für einen schönen und edlen Bräutigam umarmt sie! Den Liebsten der Lieben, den Ersehntesten über alles Ersehnte!
Vor deinem Angesicht, mein süßester Geliebter, müssen Himmel und Erde schweigen und all ihre Pracht, denn was sie liebliches und schönes haben, das ist ein Geschenk deiner Freigebigkeit, und reicht nicht hinan an die Herrlichkeit deines Namens, dessen Weisheit unermeßlich ist!