Theremin, Franz - Vom Zinsgroschen.

Evang. Matth. 22,15 - 22,

Nachdem der Heiland das Gleichniß von der königlichen Hochzeit, die Gott Seinem Sohne macht und wozu Er alle Menschen einladet, und nur über die, welche nicht kommen, zürnt, und nur den, der das hochzeitliche Kleid nicht annimmt, sondern in seinem eigenen Kleide kommt, hinauswirft, vorgetragen hatte mit den Schlußworten: Viele sind berufen aber Wenige sind auserwählt: müssen sich die Pharisäer getroffen gefühlt haben, denn sie waren es gerade, die nicht kommen wollten, die von ihrem Kleide der eignen Gerechtigkeit nicht lassen, und es nicht mit dem Rocke der Gerechtigkeit Christi vertauschen wollten, weil ihnen ihr eigenes besser gefiel.

Da gingen die Pharisäer und hielten einen Rath, wie sie Ihn fingen in Seiner Rede. Die Thorheit will die Weisheit fangen. Was wird sie fangen? ihre eigne Schande. Sie fällt selbst in die Grube, die sie Andern gräbt. Er, der Herr Jesus lud sie so freundlich zum Himmelreiche ein, unter so annehmbaren Bedingnissen, umsonst und aus Gnaden, und sie rathschlagen und denken auf List, wie sie Ihn tödten und aus dem Wege räumen können. Wie eitel ist der Vorsatz der Gottlosen und Selbstgerechten, gegen Gott zu streiten und Seine Rathschlüsse zu vereiteln! Sie können das, aber nur an sich selbst; denn der Herr läßt sie, zürnt über sie, schickt Seine Heere aus, bringt die Mörder um, und zündet ihre Stadt an; schickt dann Seine Knechte zu Andern an den Scheidewegen, sie zu laden, und Sein Haus wird doch voll. Die Hochzeit war jenen auch bereitet, aber sie waren es nicht werth. Ueber diese List der Pharisäer, womit sie Ihn fangen wollten, klagt und betet Er deswegen schon im Psalm: Die Gottlosen legen mir Stricke - bewahre mich vor den Stricken, die sie mir gelegt haben. Ps. 122, 4. 141, 9. Und Ps. 62, 5. heißt es: Sie denken nur, wie sie ihn dämpfen, fleißigen sich der Lügen, geben gute Worte, und im Herzen fluchen sie. Aber es heißt auch: Beschließet einen Rath, und es werde nichts daraus. Mögen die Pharisäer und Schriftgelehrten immerhin rathschlagen, wie sie die Christen in der Rede fangen, sie dämpfen und vertilgen wollen, Gott lachet ihrer, und der Herr spottet ihrer.

Sie sandten zu Ihm ihre Jünger sammt Herodes Dienern und sprachen: Meister, wir wissen, daß Du wahrhaftig bist und lehrest den Weg Gottes recht, und fragest nach Niemand, denn Du achtest nicht das Ansehn der Menschen. So kommen sie - doch nicht selbst, sondern durch ihre Gesandte, weil sie sich fürchteten, und diese wohl schlimmer und schlauer waren wie sie - kommen mit guten schmeichelnden Worten, und erfüllen die Weissagung, die oben aus den Psalmen angeführt ist. Damit schlagen sie sich selbst, denn wenn sie. also von Ihm halten, daß Er der wahrhaftige Lehrer der Wahrheit, und untrügliche, unbestechliche Wegweiser zu Gott ist, warum versuchen sie Ihn und legen Ihm Schlingen. Wenn Er die Person nicht ansieht und den Schein nicht achtet, warum wenden sie das nicht auf sich selbst an? warum fürchten sie sich nicht, vor einem solchen Manne mit List zu erscheinen und Ihn täuschen zu wollen? So blind ist die Bosheit. Das ist des Teufels Art, der, wie Jemand sagte, wenn er unsern Herr Gott lobt, Ihm ein Bein abschlagen will; das sind Belials Kinder, die mit verstellter Freundlichkeit und Schmeicheleien denn in ihrem Munde ist auch die Wahrheit Lüge), die Frommen herauslocken wollen, um sie verklagen und verfolgen zu können. Darum nannte sie der Heiland Schlangen und Ottergezüchte.

Gleich und gleich gesellt sich gern, so die Pharisäer und Herodianer, wenn diese gleich äußerlich anderer Art waren und andere Interessen hatten, als Anhänger des Herodes für die Römer waren, so kommen sie doch darin mit einander überein, daß sie als Weltlinge und Feinde Jesu und des Reichs Gottes weder Seine Lehre noch Sein Leben leiden konnten. Darum sollten beide Theile lauern, ob Er nicht einem oder dem andern Theile zu nahe trete. Gegen Jesum und Seine Jünger, gegen das wahre Christenthum vereinigt sich Alles, was sonst einander ganz entgegengesetzt ist, Aberglaube und Unglaube, Frömmelei, Heuchelei und heidnische Weltlichkeit: die Scheinheiligen und die Gottlosen. Es ist entsetzlich, sie bekennen hier beide: Wir wissen, daß Du wahrhaftig bist, und den Weg Gottes recht lehrest; und doch fragen sie Ihn nicht nach dem Wege, sondern wollen Ihn auf's Eis führen, daß Er ein Bein brechen soll, wollen Ihn in ein Labyrinth locken, daß Er sich verirren und nicht mehr heraus finden soll. Sie fragen:

Sage uns doch, was dünkt dich: Ist's recht, daß man dem Kaiser Zins gebe, oder nicht? Es war so schlau und listig ausgedacht, als es der Teufel vermag, der ihr Rathgeber war; sie dachten, sagt Er: man soll dem Kaiser die Steuer geben, so macht Er sich beim Volke verhaßt, weil das Volk ungern unter dem Kaiser stand, und ihm nicht gern Steuer gab, ja die Pharisäer hielten es für Unrecht, einem Unbeschnittenen, einem Heiden, einem andern als Gottes Volk, Steuer zu geben; sie gaben schon außerdem Gott die Tempelsteuer, welche sie gern und gewissenhaft entrichteten. Aber dem römischen Kaiser Tribut zu bezahlen, hielten sie gegen ihr Gewissen. Würde Er aber sagen: man soll dem Kaiser nicht Steuer geben, so würde Er die Herodianer und überhaupt den Kaiser beleidigen, und als ein Aufrührer angeklagt werden können. Darum glaubten sie, Er mag antworten wie Er will, so ist Er in jedem Falle geschlagen und schuldig. So waren sie ihres Sieges gewiß und triumphirten schon.

Die Menschen hatten damals die schöne Gelegenheit, die wichtigsten Fragen, die außer Jesu kein Mensch und kein Engel beantworten kann, vorzubringen, und die treffendsten Antworten und Aufschlüsse über Dinge zu bekommen, die uns ewig verschlossen bleiben ohne Ihn; und sie versäumten diese Gelegenheit nicht nur, sondern versündigten sich so grob an Ihm, daß sie Ihm Fangfragen vorlegten, die auf Seinen Tod zielten. O hätten wir Ihn da, wie oft würden wir Ihn fragen über Dinge, worüber uns alle Menschen die Antwort schuldig bleiben. Doch wir haben Ihn ja; Er antwortet ja jedem Bittenden, der einkehrt in Sein Herz und dem ernstlich um sein Heil und um den Willen Gottes zu thun ist. So Jemand Weisheit oder Erkenntniß des Willens Gottes mangelt, der bitte darum; es wird ihm nicht abgeschlagen, sagt Jakobus. Er selbst ermuntert uns: „Bittet, so werdet ihr nehmen; suchet, so werdet ihr finden. Alles, was ihr bittet in meinem Namen, das wird euch werden.“ Auf alle Fragen wird Antwort gegeben. Soll nicht ein Volk seinen Gott fragen dürfen? Jes. 8, 19. Da nun Jesus merkte ihre Schalkheit, sprach Er: Ihr Heuchler! was versucht ihr mich? Da hatten Sie s, Er sah ihre Person nicht an, Er fragte nach Niemand, weder nach Pharisäern, noch nach Herodianern; Er redete - wahrhaftig, Er nannte sie bei ihrem rechten Namen, den sie, verdienten: ihr Heuchler! Er sieht nicht auf das Aeußere, Er sieht auf das Herz; und in ihren Herzen sah Er nichts als Schalkheit, so sehr sie dieselbe zudeckten mit schönen Worten und schmeichelhaften Redensarten. Vor Seinen Augen kann sich kein Schalk oder Heuchler verbergen, er mag einen Mantel anziehen, welchen er will. Jesus sieht durch alle sieben Häute und Decken der Scheinheiligkeit und Schalkheit hindurch; Er prüft Herzen und Nieren; und alles Verborgene des Innern ist vor Seinen Augen offenbar; Er liest in dem Herzen wie in einem aufgeschlagenen Buche. So sehr sie Ihn loben, so sieht Er doch, daß sie Ihn nur versuchen wollen; so künstlich sie es anlegen, als wenn ihnen nur um Erkenntniß der Wahrheit und des Rechts zu thun wäre, so sieht Er doch, daß sie nur Ihn fangen und verrathen wollen. Wie Manchem sitzt Christus und das Lob Gottes auf der Zunge, und der Schalk im Herzen! Wie Viele wollen mit ihrem Beten und Singen, Lesen und Sprechen Gott und Menschen täuschen und versuchen! Bei Menschen gelingt es ihnen, aber bei Gott nicht. O möchten doch Alle dieses wohl bedenken und Gott nicht versuchen, sondern aufrichtig vor Ihm wandeln! Möchten doch Alle sagen können, wie der Psalmist: Herr, vor Dir ist alle meine Begierde und meines Herzens Seufzen ist Dir nicht verborgen. Ps. 38. Du erforschest mich und kennest mich rc. Ps. 139, 1 f. Wie kann ein Schalk vor Gott stehen? und Jeder, der in seinem Herzen etwas Anderes hegt, als er mit dem Munde vorgiebt, ist ein Schalk und Heuchler. Es fehlt allen Heuchlern an dem Glauben an die Gegenwart und Allwissenheit Gottes, dessen Augen uns schon sahen, ehe wir bereitet waren, uns überall begleiten und uns durch und durch schauen. Wer Gott vor Augen hat, und an Sein allsehendes und überall uns begleitendes Auge glaubt, lebendig glaubt, kann nicht heucheln, und keinen Schalk im Herzen nähren. Jesus fuhr fort:

Weiset mir eine Zinsmünze: Und sie reichten Ihm einen Groschen (Denar). Er wollte sie durch die Münze selbst widerlegen und überzeugen, denn Er sprach zu ihnen: Wessen ist das Bild und die Ueberschrift? Sie sprachen zu Ihm: Des Kaisers. Da sprach Er: So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Da sie kaiserliche Münze führten, so war das ein Beweis, daß sie kaiserliche Unterthanen waren, daß sie Gott dem Kaiser unterworfen hat, um ihren Stolz als Volk Gottes zu demüthigen; und daher waren sie auch schuldig, dem Kaiser den Tribut zu geben. Das beweist ihnen ihre Münze. Da hätten sie gar nicht fragen sollen, sondern nur gehorchen. Wenn ihr des Kaisers Bild und Ueberschrift auf dem Gelde, das ihr brauchet, führt, wie könnt ihr zweifeln, ob es erlaubt sey, dem Kaiser zu gehorchen und ihm zu geben, was er als rechtmäßige Obrigkeit von euch fördert - nicht nur erlaubt, geboten ist es euch; das Nichtgeben ist unerlaubt, ist Sünde, Ungehorsam und Widerspenstigkeit. Die Obrigkeit mag seyn, wie sie will, heidnisch oder christlich, so muß ihr in jedem Fall Steuer und Abgabe gegeben, und in allen weltlichen Dingen, die nicht gegen Gott und das Gewissen sind, gehorcht werden. Hätten sie ihren Jehova nicht verlassen, so hätte Er sie auch nicht verlassen und einem heidnischen Kaiser unterworfen, sondern Sein Volk selbst regiert. Aber nun waren sie von Gott gewichen, und wollten doch ein Volk Gottes seyn, und die Obrigkeit, die ihnen ihr Gott gegeben hat zu ihrer Strafe, nicht anerkennen. Daß sie Gott verlassen haben und heidnisch lebten, schien ihnen nicht gegen ihr Gewissen zu seyn; aber der heidnischen Obrigkeit Tribut zu geben, hielten sie für Sünde und unerlaubt, was ihnen doch Gott zu ihrer Strafe und Demüthigung auferlegt hat. Das ist der Pharisäer Geist. Die Antwort Jesu ist unvergleichlich weise und schlagend: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, was ihr vom Kaiser habt, die Münze. Das verunreinigt eure Herzen nicht, im Gegentheil: das Vorenthalten und Nichtgeben der schuldigen Abgabe zieht euch Schuld und Strafe zu - gebet aber auch Gott, was Gottes ist - mit der Steuer an die Obrigkeit ist noch nicht Alles abgemacht, das ist das Geringste. Ihr habt noch einen andern Herrn, dem ihr schuldig seyd, nicht nur Gaben, sondern euch selbst, euer Herz, euer ganzes Wesen zu geben, Ihm zu leben und zu sterben. Das Herz ist Gottes; das hat Er für sich gemacht zur Wohnung; da will Er hinein; das muß Er für sich haben. Darnach fragten sie nicht. Wie die kaiserliche Münze des Kaisers Bild und Ueberschrift führt, so ist der Seele Gottes Bild und Ueberschrift eingeprägt, und sie ist darum Gottes, und muß Gott gegeben werden. Das heißt nichts Anderes, als: Du sollst Gott deinen Herrn lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und aus allen Kräften; denn Herz, Seel' und Leib und alle Kräfte sind Gottes, und sind dir nur dazu gegeben, daß du sie Gott wiedergebest in Liebe und zu Seinem Dienst und zu Seinem Lobe gebrauchest. Sie wollten dem Kaiser nichts geben, und Gott auch nichts, sondern Leibliches und Geistliches, Zeitliches und Ewiges, alles für sich behalten. So selbstsüchtig ist der Mensch von Natur; er will weder Gott noch Menschen unterthan seyn, weder den Menschen, was er den Menschen schuldig ist, noch Gott, was er Gott schuldig ist, geben. Jedem das Seine, spricht die Gerechtigkeit. Wer der Obrigkeit nicht ergeben ist im Zeitlichen ergiebt sich auch Gott nicht im Geistlichen. Wer aber Gott liebt, erfüllt alle Gerechtigkeit im Zeitlichen und Bürgerlichen, und im Geistlichen und Göttlichen, giebt dem Kaiser, dem König, der Obrigkeit gern, was er soll und sich gebührt, und Gott, was Gottes ist: Herz, Seele, Leib und Leben. Wer aber giebt Gott, was Gottes ist? Wer giebt sich ganz dem Herrn hin, der sich ganz für uns geopfert und in den bittersten Tod gegeben hat? Ist's zu viel, wenn Er Alles von uns fordert, der Alles, Leib und Leben für uns hingegeben hat? Ist's zu viel, wenn Er dein Herz von dir fordert: Mein Sohn, gieb mir dein Herz, und laß deinen Augen meine Wege Wohlgefallen - Er, der Sein Herz für dich hat durchstechen lassen, daß der letzte Tropfen Bluts und Wassers für dich, zur Vergebung deiner Sünden und zu deinem ewigen Leben floß? Kannst du's Ihm versagen? Kannst du Ihm etwas abschlagen? zumal, da du nicht verlierst, was du Ihm giebst oder für Ihn hingiebst, sondern Alles mit ewigem Gewinn wiedererhältst? Gieb also Gott, was Gottes, Christo, was Christi ist, so giebt Er dir Alles, was Sein ist, ja sich Selbst giebt Er dir. Er will dein großer Lohn und deine ewige Vergeltung seyn - du ganz Sein, Er ganz dein.

Da sie das hörten, verwunderten sie sich, und ließen Ihn und gingen davon. Da waren sie geschlagen und ihnen der Mund gestopft, das haben sie nicht erwartet - diese Weisheit, dagegen weder Pharisäer noch Herodianer etwas einwenden konnten. Aber das war auch Alles; sie ließen Ihn stehen, und gingen davon, sie glaubten doch nicht, und folgten nicht. Sie blieben doch bei ihrer Meinung, und ihr Herz war verstockt. Verwunderung war alles, was sie Ihm nicht versagen konnten; das ist gar oft auch alles bei manchem Zuhörer; man verwundert sich, und geht davon.

Nimm hin von mir, was Du begehrest, was Gottes ist, Herr Jesu Christ,
Mein Herz, damit Du es bekehrest, weil's Dir so sau'r geworden ist.
Dir geb ich's willig, Du allein hast es bezahlt, es ist ja Dein.

Wem sollt ich mein Herz lieber gönnen, als dem, der mir das Seine giebt?
Dich kann ich meine Liebe nennen, Du hast mich bis in Tod geliebt.
Mein Herz ist Dein, und soll allein nur Dein und keines Andern seyn.

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