Stockmayer, Otto - Die Überwindung des Satans
Offb. 12,11.
Sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht geliebt bis in den Tod.
Sie haben ihn überwunden. Wen? den Teufel (Verleumder) und Satanas (Verderber), der fort und fort das Werk und das Kreuz Christi zu verdunkeln sucht, sie haben den Mörder und Lügner von Anfang überwunden.
Der Teufel hatte ein Anrecht an uns; schon im Paradies hat sich unser Stammvater, der erste Adam, ihm verkauft. Wir alle haben uns unter das fremde Joch gebeugt und dem Teufel die Herrschaft abgetreten, welche Gott uns anvertraut hatte. Aber der zweite Adam ist gekommen, ER hat den Fürsten der Finsternis gerichtet, hat ausgetilgt die Handschrift, so wieder uns war, und sie ans Kreuz geheftet (Kol. 2,14.15). Am Kreuz sehen wir unsern Schuldbrief; wir sehen aber auch da den Triumph unseres HErrn und Heilandes über die Fürstentümer und Gewaltigen und ihre öffentliche Schaustellung. Der HErr hat überwunden, deshalb können auch wir überwinden (Joh. 16,30).
Es wird in unseren Tagen viel vom Kampf und vom Kämpfen geredet, und man kann oft recht verkehrte Ansichten darüber hören. Mit dem Kämpfen überhaupt ist noch nichts getan, es kommt darauf an, dass man überwindet. Wollen wir überwinden, so muss unser Kampf ein Glaubenskampf und der HErr Selber auf dem Plan sein. Unsere Kampfesstellung muss in Ihm sein, so dass der Feind es nicht mit uns, sondern mit Ihm zu tun hat. Wir wären gar bald überwunden, denn es ist ein Kampf mit Mächten der Finsternis, mit Fürsten und Gewaltigen, die in der Luft herrschen und die unter ihrem Haupt, dem Satanas, eine fürchterliche Macht bilden (Eph. 6,12).
Zu so außerordentlichem Kampfe gehören auch außerordentliche Waffen. Eph. 6,13-18 werden diese Waffen aufgezählt; sie stammen aus Gottes Arsenal und stellen uns die Person und das Werk Christi vor Augen. Alle Stücke dieser Waffenrüstung sind zum Tragen und Anlegen bestimmt, zum Verhüllen der Person des Kämpfenden, bloß das Schwert kann auch als Angriffswaffe gebraucht werden.
Dieser ganze Harnisch Gottes soll uns decken, „dass wir stehen können am bösen Tage und das Feld behalten“. Wann ist der böse Tag? Das wissen wir nicht. Es kann jeder Tag für uns zum „bösen“ werden. Als das Volk beim Einzug Jesu in Jerusalem seinem König zujauchzte, da dachte niemand daran, dass der böse Tag so nahe sei. Wir dürfen auch darum niemals unsre Waffenrüstung ablegen; wir müssen beständig in Christo gehüllt von ihm gedeckt dastehen, sonst ist der Feind bald mit uns fertig.
Wir wollen uns nun die einzelnen Waffenstücke genauer ansehen. Das erste ist:
V. 14: Der Gurt der Wahrheit. Der Gurt soll die Gewänder zusammenhalten und dem ganzen Körper Halt und Festigkeit geben. Wahrheit und Klarheit in allen unseren Angelegenheiten ist die erste Bedingung, wenn wir in den Kampf mit der Finsternis eintreten wollen. Rein und sauber sei alles in Herz und Leben, im Haus, in den Büchern, in Geldsachen, in unseren Freundschaften, Beschäftigungen usw. Beim Satan ist alles Lug und Trug, sind wir auch nur in einem Stück nicht wahr, so geben wir ihm Raum. Alles, was nicht aus dem Licht stammt, gehört ins feindliche Gebiet, der Teufel fischt immer im Trüben. Selbstverständlich rede ich dieses zu Kindern Gottes. Kinder Gottes sind ehrliche Beute, die nicht bloß im Geist leben, sondern auch im Geist wandeln. 1. Petri, 1,13 heißt es: „umgürtet die Lenden eueres Gemüts.“. Ebenso gut könnte gesagt werden: umgürtet die Lenden eurer Gedankenwelt mit Wahrheit, d. h. Lernt wahr und richtig denken, stellt eure Gedankenwelt unter das Wort Gottes. Wer nicht ein Kind Gottes ist, kann mit diesem ganzen Abschnitt nichts anfangen, er hat umzukehren von seinen eigenen Wegen und sein Herz und Leben dem HErrn zu übergeben.
V. 14: Der Panzerkrebs der Gerechtigkeit. Hier denkt wohl der Apostel nicht bloß an die Sündenvergebung, sondern wohl ebenso an unsere bleibende Stellung in der Gerechtigkeit Jesu, in welche wir uns sollen einhüllen lassen. In dieser Stellung finden wir Deckung und dürfen uns immer wieder sagen: ich bin ein erlöstes Kind Gottes.
V. 15 lautet wörtlich: „Die Füße unterbunden mit der Bereitschaft des Evangeliums des Frieden.“ Es handelt sich also hier nicht um Stiefel, was auf ein Treiben und Jagen, auf Krieg deuten würde. Kinder Gottes sollen jeden Augenblick in der richtigen Verfassung stehen, um zu wandeln und zu handeln, wie der HErr es von ihnen verlangt. Die unter die Füße gebundenen Sandalen sind der Friede, die beständige Gewissheit, ein begnadigtes Kind zu sein, und mit Gott und Menschen Frieden zu haben.
V. 16: Der Schild des Glaubens. Von diesem Schilde haben viele gar keine Ahnung: bei ihnen gleicht der Glaube vielmehr einer Zange, mit der sie die Pfeile des Satans so schnell als möglich wieder herausziehen und Gott um Vergebung anflehen. Wo der Schild des Glaubens gehandhabt wird, da gibt es keine Wunden, die Pfeile können nicht treffen. Sobald eine Versuchung, eine Gefahr sich naht, blicke auf zum HErrn im Glauben, so nur kannst du bewahrt bleiben. Der HErr warnt seine Kinder und je näher eins Ihm steht, desto bälder. Lass deinen Blick nicht umherschweifen, dein Auge muss fest auf Ihn gerichtet bleiben, und Er wird zu dir stehen.
V. 17: Der Helm des Heils. Dies ist nichts anderes als die Hoffnung des Christen, die Hoffnung der Seligkeit (1. Thess. 5,8). Es ist der Ausblick auf das Kommen des HErrn und auf unsre selige Vereinigung mit Ihm. Wozu aber der Helm? Unsre Feuerwehrleute tragen Helme, damit, wenn Ihnen etwas Schweres auf den Kopf fällt, die Wucht des Schlages. durch die Spitze des Helmes gebrochen werde. - Es gibt Tage und Stunden, wo alles über uns zusammen zu brechen scheint, da kommen wir auf die Länge mit dem Glauben allein nicht durch. Wir müssen erkennen, dass wir einem Ziel entgegengehen, dass alle Prüfungen ein Ende nehmen, dass unser HErr wieder kommt zu unserer Erlösung. Nur diese Hoffnung ist im Stande uns aufrecht zu erhalten unter allem Druck und aller Last, die sich auf uns legen will.
V. 17: Das Schwert des Geistes. Wie wir dieses Schwert, das Wort Gottes, gebrauchen sollen, hat uns der HErr selbst gezeigt. Er brauchte es nur zur Verteidigung. Mit dem: „Es steht geschrieben“, schlägt ER den Feind in die Flucht. Wenn dieser fragt: Sollte Gott gesagt haben?“ so lässt der HErr Sich nicht in eine Disputation mit ihm ein. Und treten wir mit dem „Es steht geschrieben“ dem Feind entgegen, so muss er von uns weichen, denn die Schrift kann nicht gebrochen werden. - Es ist ein Schwert des Geistes. Das Amt des Geistes, des Trösters, ist es, uns zu erinnern an alles das, was der HErr geredet hat und was geschrieben sieht, Er ist es, der zur rechten Zeit uns das rechte Wort in den Mund legt, wenn wir von Ihm uns leiten lassen. Ohne den Geist Gottes könnten wir das rechte Wort nicht finden und hätten wir ein noch so gutes Gedächtnis, noch so viel biblische Kenntnis. Das Schwert des Geistes recht führen, ist Geistesamt und Geistesarbeit.
V. 18: Das Gebet. Wo Geistesgebet ist, da bleibt man nicht bei sich selber stehen, da ist Gemeinschaft, Bewusstsein der Zusammengehörigkeit aller Glieder des Leibes Christi. Da tritt man aus dem Ichleben heraus und tut einen Blick in die Not der Christenheit und trägt sie vor Gott. O lass dir vom Geist Geistesflügel geben und bitte für die Welt, bitte für die Gemeinde des HErrn, bitte besonders für diejenigen, die vom HErrn berufen sind in den Riss zu stehen. So werden wir zu einer Gebetsgemeinde, welche auch die Tore der Hölle nicht überwältigen können (Matth. 16,18). Nur in dieser völligen Waffenrüstung kommt es zu dem Überwinden, das uns vorgeführt wird in
Off. 12,11 Sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut.“
Wo die Schrift vom überwinden redet, da weist sie immer auf das Werk Jesu Christi hin. Durch das Blut des neuen Testamentes sind wir losgekauft aus der Gewalt des Feindes. Der Glaube daran ist der Sieg, der die Welt überwunden hat, nicht der die Welt überwinden wird. Nur sofern wir im Glauben stehen, ist die Welt für uns eine überwundene. Der Teufel reizt uns, da überwinden zu wollen, wo Christus schon überwunden hat. Unser Glaube ist gar nichts anderes als das Antreten des Erbes, das der HErr uns hinterlassen hat. Der Glaube legt die Hand auf das, was das Blut des Lammes uns erworben hat und was wir nie durch eigene Anstrengung uns aneignen könnten. Damit sind wir auf einen ganz neuen Boden gestellt und ist unserm Blicke eine neue Welt geöffnet; hier muss die Macht der Finsternis nachgeben. Doch bekommt niemand die Anläufe des Teufels mehr zu spüren, als wer es wagt, JEsum hoch über alles zu halten und auf Sein Wort sich zu stellen.
Es ist mir sehr schmerzlich zu sehen, wie in unserer Christenheit noch so viel Wesen vom alten Menschen gemacht wird und wie derjenige verketzert wird, der es zu glauben wagt, dass der alte Mensch tot ist. Wo ist aber in der ganzen Schrift auch nur eine Stelle zu finden (im Grundtext), die uns auffordern würde, den alten Menschen auszuziehen? Röm. 6,6: „unser alter Mensch wurde gekreuzigt.“ Eph. 4,22.24: „ihr habt (bei eurer Bekehrung) abgelegt den alten Menschen und habt angezogen den neuen.“ Was ist denn der alte Mensch? Das, was wir vor unserer Bekehrung waren. Durch die Taufe in den Tod treten wir in ein neues Leben, das alte ist vergangen. Kol, 3,9.10: „weil ihr ausgezogen habt den alten Menschen mit seinen Handlungen und den neuen Menschen angezogen.“ Damit will der Apostel sagen: ihr habt nichts mehr zu tun mit dem alten Menschen, der ist tot. Ein jeder unter uns weiß wohl, dass dieses nicht von selbst geht, dass dazu ein Glaubenskampf gehört, und dieser Glaube muss gelernt werden. Ich muss ergreifen und besitzen, was mir mein Heiland erworben hat, sonst werde ich mit dem alten Menschen nicht fertig, und dazu müssen wir uns einfach und kindlich auf das stellen, was der HErr für uns getan hat am Kreuz. Und was hat er getan?
Gott gab dem Menschen das Gesetz. Aber das Gesetz war kraftlos durch den Widerstand des Fleisches (Röm. 8,3). Auf keinem andern Weg konnte Gott uns lösen von dem alten Menschen, als dass ER der Sünde und dem ganzen Sündenleibe den Prozess machte am Leib Christi. Mit Christo wurde der alte Mensch ans Kreuz geschlagen.
Auf Grund dieses geschehenen Gerichts hat der Teufel nun kein Recht mehr an uns. Ein für alle mal ist das Gericht vollstreckt und Gottes Gerechtigkeit genug getan.
Der einzige Gerechte nimmt unser Fleisch und Blut an sich, gibt sich dahin für die Ungerechten, und an Ihm wird das Gericht vollzogen.1)
Wir haben völlige Lösung im Blute des Lammes und können, eingehüllt in die Waffenrüstung, wie wir oben gesehen haben, überwinden. Diese Wahrheit kann uns nicht mehr verdeckt werden, die Reformation hat uns die Bibel wiedergegeben; auch die Unmündigen und Ungelehrten dürfen und können sich aneignen, was Gott, der HErr, in Seinem Wort niedergelegt hat.
Willst, kannst du denn noch dahingehen, als hätte unser HErr die Welt noch nicht überwunden? Das ist meine Kraft, dass ich an jedem neuen Morgen mit der Gewissheit aufstehen darf, dass mein HErr Sieger ist, dass Er bei mir steht, dass Er zu mir sagt: Ich gehe mit dir, Ich mache dir eine Bahn in meinem Blut, auf der kein Teufel dir etwas anhaben darf; tobt die Hölle - schmiege dich fester an Mich, verdammt dich dein Herz - Gott ist größer als dein Herz. Die List des Teufels besteht darin, dass er uns zu imponieren sucht, dass er uns reizt, etwas zustande bringen zu wollen, was Gott selbst schon zustande gebracht. Jeder Erfolg kommt aus den Wunden Christi, nie durch eigene Anstrengung. Seit der Teufel gerichtet ist, haben wir Freiheit unter das Zepter Christi, unseres rechtmäßigen HErrn und Meisters, zurückzukehren. Appellieren wir an des Lammes Blut, so hat die Herrschaft des Feindes ein Ende.
Was tut nun Gott mit Seinem Eigentum, das ER aus der Sklaverei losgekauft hat? Er versiegelt es mit Seinem Heiligen Geist. Der Geist war es, der uns das Geheimnis des Blutes aufschloss und uns unter das Kreuz führte. Nehmen wir, anbetend im Staub, unsere Stellung auf diesem neuen Boden des Sieges des Lammes, so werden wir versiegelt mit dem Heiligen Geist, welcher ist ein Geist der Liebe, der Kraft und der Zucht, aber auch ein Geist des Zeugnisses.
„Sie haben ihn überwunden durch das Wort ihres Zeugnisses.“ So lange du in deinem eigenen Wesen da standest, durftest du deinen Mund nicht öffnen, ohne dass dir der Teufel widerstand und dich verklagte. Jetzt, wo du als Verfluchter, als ein am Kreuz Christi Gerichteter dastehst, hat der Teufel nichts mehr an dir und du darfst deinen Mund wieder öffnen zu einem Zeugnis. Und in deinem Leben geht es von einer Klarheit zur andern, wenn du Schritt um Schritt dem Damm nachfolgst ohne zur Linken noch zur Rechten zu folgen. Aber Geliebte, die vom HErrn euch erworbenen Güter, dieses neue Leben, werdet ihr nicht dauernd besitzen, wenn ihr aus sogenannter „Bescheidenheit“ den HErrn nicht bekennt, nicht zeugt. Was uns unser Gott gegeben, ist ein Fundament, auf dem wir abstellen dürfen. „Wir glauben, darum reden wir“ (2. Kor. 4,13) und „so du mit dem Mund bekennst wirst du selig“ (Röm. 10,9.10.) Wenn du dich weigerst von deiner Erlösung zu zeugen, so verliert sich dein Glaube und du schläfst wieder ein. O, was hat ein freies, persönliches Zeugnis für einen Wert, was gibt das für einen frischen Zug in eine Versammlung, wie wird die Luft gereinigt auch in den Häusern, wenn Lob und Dank in einem persönlichen Zeugnis ausströmen. Das ist eine Macht, vor der die Hölle erzittert.
Der HErr verlangt nicht zu viel auf einmal von uns; aber Er will, dass wir Farbe bekennen, dass wir Stellung nehmen zu Jesu, d. h. dass wir aus dem Lager der Welt in das Lager Christi übergehen zu denen, die Seine Schmach tragen. Damit werden wir auch Stellung nehmen zu unserer Umgebung. Dein Satte soll es wissen, dass du nun dem HErrn Jesu angehörst; deine Eltern sollen es merken, dass du nicht mehr mit der Welt gehst. Du wirst ihnen keine Predigt halten, aber du wirst gehorsamer, demütiger, untertäniger sein als zuvor, und sie werden in dir ein Eigentum JEsu anerkennen müssen. In einer klaren Stellung liegt Kraft. Wo noch Unklarheit herrscht, da hat der Teufel Raum.
„Sie haben ihr Leben nicht geliebt bis in den Tod.“ Das griechische Wort „Zeuge“ hat den gleichen Sinn wie das deutsche Wort „Märtyrer“. Das bringt uns auf die Spur des Zusammenhanges zwischen dem Zeugen und dem Lebenlassen. Das Zeugen hat mit dem Schwätzen nichts zu tun. Schwätzen heißt das eigene Leben nähren: man will eine Rolle spielen, die Augen der Andern auf sich ziehen. Zeugen dagegen heißt: Gott und der Wahrheit die Ehre geben, es koste was es wolle, ja auch das eigene Leben. Wir wissen, dass es unter Umständen ein Stück Leben kosten kann, die Wahrheit zu sagen oder Zeugnis abzulegen von dem, was Gott uns gegeben hat. Unser HErr zeugt vor Pilatus; „Ja. Ich bin ein König. Willst du ein Zeuge sein, so darfst du für dein eigenes Leben nichts mehr fürchten. Nur Könige, d. h. freie, gelöste Leute, und wären sie auch äußerlich in Ketten, können zeugen. Es kann ein Gefangener freier sein als Pilatus, der das Volk regieren sollte und doch des Volkes Willen tun musste. Und warum ist er der Sklave des Volkes? Weil er sein Leben und seine Stellung lieb hat. Es können Zeiten kommen, wo du entweder die Wahrheit oder dein Leben und deine Stellung fahren lassen musst. Wer aber sein Leben lieb hat, der wird es verlieren. (Joh. 12,24.25.)
Wir kommen nun an einen wichtigen Punkt, an den Zusammenhang zwischen dem Überwinden durch das Blut des Lammes und dem nicht Liebhaben des eigenen Lebens.
Die Herrschaft des Teufels und seine Macht über dich reicht gerade so weit, als dein eignes Leben, Denken, Wünschen und Wollen geht: das ist sein Territorium. Dieses eigene Leben ist von Gott gerichtet. Suchst du aber Anknüpfungspunkte mit dem, wovon der HErr dich gelöst, so stellst du dich damit auf den Feindes Seite und verfällst ihm. Soweit hingegen das Gericht über dein Leben gegangen ist, soweit ist dem Teufel seine Macht über dich genommen. - Wie oft ertappst du dich noch darüber, dass du dein eigenes Leben nährst und pflegst und dann rufst du wohl aus: „Wer wird mich erlösen aus dem Leibe dieses Todes?“ Der HErr hat dich erlöst durch Seinen Tod, „auf dass ER durch den Tod die Macht nähme dem, der des Todes Gewalt hatte, und erlöste die, o durch Furcht des Todes im ganzen Leben Knechte sein mussten“ (Ebr. 2,14.) Todesfurcht ist nicht nur die Furcht zu sterben, es ist auch die Furcht Leben, Würde, Genuss. Liebe usw. einzubüßen. Die gefallenen Adamskinder sind so mit ihrem Leben verknüpft, dass niemand es hasst, sondern auf alle mögliche Weise es zu schonen und zu erhalten sucht. Petrus wollte aufrichtig dem HErrn folgen und sein Leben nicht lieb haben bis in den Tod. Aber der HErr spricht zu ihm: Ich glaube es, aber noch kannst du mir nicht folgen. So lange durch Christi Tod das Fleisch noch nicht gekreuzigt und ihm die Macht noch nicht genommen war, konnte auch ein Petrus nicht vom eigenen Leben sich lösen.
Wer da glaubt im Genießen des eigenen Lebens Befriedigung zu finden, der stellt sich unter die Lüge vom Paradies her. Adam glaubte der Teufelslüge und meinte im Essen der Frucht einen Genuss zu finden; er glaubte nicht, dass der wahre Genuss im Gehorsam gegen Gott liege. Für ihn gab es keine andere Befreiung als den Tod. Aber der Mensch kann sich nicht selber sterben, kann sich nicht selbst befreien vom Leib dieses Todes. Der HErr muss selber mit Seinem Tod die Bresche machen, durch welche nun auch wir durchbrechen können. „Wenn ich erhöht sein werde von der Erde will ich sie alle zu Mir ziehen“ (Joh. 12,32). Durch dieses Wort tun wir einen Blick in das Geheimnis des Weizenkorns und merken, dass wahres Leben uns nur aus dem Grab entgegentritt. Sind wir mit Christo gekreuzigt und gestorben, so sind wir auch allen Beziehungen des eigenen Lebens gestorben, und die Person Christi tritt in den Vordergrund. Sind wir Gestorbene, so sind wir frei von Todesfurcht. Dann geht der HErr uns voran als der gute Hirte, aber vielleicht nicht zuerst zu frischen Wassern, sondern durchs Tal der Todesschatten. Aber Er führt, ER trägt hindurch, trauen wir Ihm, lassen wir uns von Ihm führen, und wo ER durchgebrochen, da werden auch wir durchbrechen. Das ist Erlösung, wenn man sich nicht mehr fürchten muss, auch da, wo es einem ans Leben geht.
„Sie haben ihr Leben nicht geliebt bis in den Tod“, etwa aus Heroismus, weil sie Helden waren? Wo die Macht der Finsternis auf den Plan tritt, da ist es mit dem Heldenmut bald vorbei. Wie viele Helden werden vom Teufel nur so im Taumel hingerafft! Der HErr Jesus bekam die ganze Bitterkeit des Todes zu schmecken; dadurch aber bat der Tod seine Macht der Schrecken verloren für diejenigen, die Christi sind. Wo ER überwunden, da ist auch für die Seinen Raum zum Überwinden. Auch Petrus durfte später auf der gebrochenen Bahn seinem HErrn nachfolgen. Wie ganz anders wird das Leben, wenn man, erlöst von aller Todesfurcht, Ihm nachfolgt, frei gemacht vom eitlen Wandel und eitlen Denken nach väterlicher Weise, los von den Interessen des eigenen Lebens.
Im Tode Christi ist das Gesetz der Freiheit gewirkt worden; da werden wir frei zum Sterben, frei uns dem HErrn hinzugeben. Dort öffnet sich eine neue Welt, man lernt lieben, und lieben heißt: Leben mitteilen. Der natürliche Mensch kann nicht lieben, weil er von seinem eigenen Leben nicht gelöst ist und auch in seinem Lieben nur sich selbst sucht. Aber wer mit Christo gestorben ist, der lebt hinfort nicht mehr seinen eigenen Interessen (2. Kor. 5,15), auch nicht mehr den Interessen der Andern, sondern er lebt und dient seinem HErrn. Diese Liebe nun ist stärker als der Tod, denn sie ist los vom eigenen Leben und damit unabhängig vom Tod.
In diesem neuen Leben handelt es sich nicht mehr darum, was Andere uns schuldig sind, und was ihre Pflichten uns gegenüber sind, sondern darum handelt es sich, was wir ihnen schuldig sind, und was unsere Pflichten ihnen gegenüber sind. Wir haben mit unserem Liebesdienst nicht zu warten, bis der andere uns desselben würdig erscheint. Hat etwa Christus gewartet bis wir liebenswürdiger waren? Wir haben nun Christi Sinn und sollen auch hierin ihm nachfolgen und niemand mehr nach dem Fleisch kennen (2. Kor. 5,16). Jemanden nach dem Fleisch kennen heißt: im Anderen sein Leben suchen. Da wird die Befriedigung des Fleisches gesucht und nicht Christus. Wer mit Christo gestorben ist, stellt sich gern in die göttliche Schule, lernt Verletzungen ertragen und duldet es ruhig, wenn er missverstanden wird; seine Liebe leidet nicht darunter, denn sie ist gelöst von eigenem Interesse. Ein solcher weiß, dass sein Weg der des vorangegangenen Meisters ist, welcher sagen musste: „Der mein Brot isst, tritt Mich mit Füßen.“ Da lernt man auch Röm. 8 verstehen, wo der gleiche Apostel, der gesagt hat: „Wir haben Christi Sinn“, ausruft: „Um Deinetwillen werden wir getötet, denn wir sind geachtet, wie Schlachtschafe“, und an einem andern Ort: „Ich sterbe täglich.“ Nur wer nach Röm. 6 dem Fleische gestorben ist, kann leben, nach Röm. 8 aber Leben als Schlachtschaf. Ein solcher erkennt es, dass er nur den Andern nützen und dienen kann, wenn er selbst als Weizenkorn in die Erde fällt und erstirbt. Habt ihr noch nie erfahren, wie nichtig alles ist, was wir empfangen können, Genüsse, Reichtum, Liebe, Ehre, gegenüber dem hohen Genuss zu geben, dienen zu können, einer Seele auf den Weg des Lebens helfen zu dürfen. Wollen wir solchen göttlichen, heiligenden Einfluss auf andere ausüben, so müssen wir durchs Sterben gegangen sein. Wir können nur Verderben und schlechten Einfluss verbreiten, so lange wir nicht mit Christo gestorben und auferstanden sind.
So wache denn auf aus dem Leben, das du bisher dir selber gelebt, in welchem du als Heiliger in deinen Augen, vielleicht befriedigt warst, und doch niemandem zum Segen gereichtest. Wache auf und lass dich zubereiten vom HErrn, dass auch von deinem Leib Ströme lebendigen Wassers fließen mögen. - Noch einmal: dieses Leben kommt nur aus der Todesgemeinschaft mit dem HErrn. Erkenne in deinem Heiland den Mann, Der dich an Sich gebunden und damit dich erlöst hat von dem verwesenden, stinkenden Leichnam deines Fleisches, - der dich mit Sich ans Licht geführt hat. Wo Licht, da Leben, wo Leben, da Liebe, wo Liebe, da Leiden.
Wie manches Geheimnis löst sich, wenn man frei geworden ist für den Dienst des HErrn! Da lernt man Jes. 40,26-28 verstehen. Wie Manche, auch Diener des Evangeliums, kann man klagen hören: „Mein Recht geht vor meinem Gott über,“ ER schützt mich nicht, ich habe keinen Raum mehr zur Arbeit, Andere kommen mir in den Weg! Hebe deine Augen auf und siehe. Beeinträchtigt auch ein Himmelskörper den andern? Weißt Du denn, der du so redest, was dein Gott dir gegeben hat? ein Grab! Du willst arbeiten und bist noch nicht gestorben, stehst noch nicht in Lebensgemeinschaft mit deinem Gott. Niemand kann sich etwas nehmen, es werde ihm denn gegeben von Gott. Kann niemand sich etwas nehmen, so kann auch niemand dir etwas nehmen. Wenn Gott Türen auftut, wer will zuschließen? Wer will es wehren, wenn Gott dich zum Segen setzt? Was sollen denn deine Klagen? Merke dir das eine: es hindert dich nichts am Sterben, Oder was könnte dich hindern mit Christo ins Grab zu steigen? Jesus wurde in Seinem Leben viel gehindert die Pharisäer standen Ihm im Weg, und in Nazareth konnte ER nur wenige Wunder tun „um ihres Unglaubens willen.“ Aber am Sterben konnte ihn niemand hindern, und die Welt ist durch den Hohenpriester erlöst worden, nicht durch den Propheten. Hohepriestersinn brauchen wir, wollen wir der Welt zum Segen werden.
Die Propheten des alten Testamentes, die im Geist hinausschauten auf das Kommen des Erlösers, die haben nicht von Seinen Wundertaten, sondern von Seinem Leiden und Sterben geweissagt. Mit Jesu Lehren, Arbeiten und Wirken war dem Volk noch nicht geholfen, erst als ER mit einem Schlag die Macht der Finsternis zerstörte, mit einem Schlag, vor welchem die Hölle erzitterte, da ER starb am Kreuz, erst dann kam die Hilfe. Nicht als Löwe, als duldendes, stilles Lamm hat Jesus überwunden, aber weil ER als Lamm duldete, wurde ER der Löwe.
Noch einmal: nur soweit du gestorben bist, wirft du Segensspuren hinterlassen. Alles Gehindert- und Missverstandenwerden dient nur dazu, dich zum Sterben willig zu machen. Lass dein Alles über Morija gehen und du wirst es zu seiner Zeit wiederfinden, gereinigt, geläutert, geheiligt. Fürchte dich nicht, alles über dich ergehen zu lassen, zu dulden, zu leiden, zu tragen, so wirst du unabhängig von den Andern und so wird dein Leben fruchtbar. In die Lammesnatur eingehen, macht los; und Gelöste2) kann der HErr zu Priestern und Königen brauchen in Seinem Reich, nur solche, die hineingepflanzt sind in die Natur Christi. Die hier unten in Seine Schule sich stellen, die führt ER von Tag zu Tag weiter in treuer, schonender Liebe, nicht vom neugeborenen Kindlein verlangend, was ER vom gereiften Mann erwartet. Auch einen Abraham hat ER nicht aus Chaldäa sofort nach Morija geführt. Einen jeden unter uns leitet der gute Hirte, wie ER es ertragen kann und lehrt uns immer tiefere Blicke tun in Sein Sterben und in die Herrlichkeit des Kreuzes. Als die Griechen die Herrlichkeit des Menschensohnes schauen wollten (Joh. 12,21), da antwortet der HErr: Ihr kommt gerade recht, es gibt Herrlichkeit zu schauen, aber Herrlichkeit durch den Tod, Verklärung durch das Kreuz (V. 23 u. 24).
Der Gekreuzigte und Auferstandene ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Er gibt Sein Leben für Seine Schafe, aber nur für Schlachtschafe. „Wenn Ich erhöht sein werde von der Erde, will ich sie alle zu Mir ziehen“, alle ohne Unterschied von Charakter und Temperament, jeden auf seinem Wege, Ihm nach in den Tod, Ihm nach ins Leben und ins Fruchtbarsein für Gott. So kommt es zu einem Dienst im Geist und in der Wahrheit für das Reich Gottes, und so fallen die Bollwerke Satans.