Steinmetz, Johann Adam - Von der Versiegelung der Gläubigen mit dem heiligen Geist - Erste Betrachtungsstunde
Die Worte unserer Betrachtung stehen
Ephes. 4, v. 30.
Betrübet nicht den heiligen Geist Gottes, damit ihr versiegelt seid auf den Tag der Erlösung.
Wir wollen unter dem Gnadenbeistande Gottes und unsers Herrn Jesu Christi hieraus erwägen:
Die überschwengliche Wohlthat der Gnadenversiegelung mit dem heiligen Geiste.
Ich freue mich ja billig, daß ich über einen so herrlichen Gegenstand handeln kann. Ich beuge mich aber auch billig in Scham und Furcht vor meinem Heiland Jesu Christo, weil ich mich nicht im Stande finde, nach Würde von dieser Sache zu reden. Hätte mir nicht das Verlangen, diese Wahrheit abzuhandeln, Gelegenheit gegeben, so würde ich mich wohl kaum unterstanden haben: denn es gehört gewiß eine solche Einsicht und mannigfaltige Erfahrung dazu, daß auch kaum ein geübter Mann sich unterwinden darf, von dieser Sache seinen Mund aufzuthun.
Ich habe, wie es der Herr weiß, den Vorsatz unter Gebet und Flehen gefaßt, nicht etwa meine Gedanken, nicht etwa meine elende Erfahrungen, auch nicht anderer Menschen Gedanken über diesen Gegenstand vorzutragen, sondern, so viel mir unter dem göttlichen Beistande möglich sein wird, recht genau und strenge mich an das Wort der göttlichen Wahrheit zu halten, damit ich wenigstens nichts sagen möge, worüber ich nicht Freudigkeit vor meinem Heilande Jesu Christo auch dereinsten vor seinem Richterstuhl haben könnte. Den Anfang dieser Betrachtung machen wir billig damit, daß wir eine sorgfältige Untersuchung anstellen:
1) Was man doch unter der Versiegelung mit dem heiligen Geist eigentlich zu verstehen habe: was dadurch in Gottes Wort gemeinet werde, und was der Apostel den Ephesern damit zu erkennen geben wollte, wenn er an sie geschrieben: Betrübet nicht den heiligen Geist, damit ihr versiegelt seid auf den Tag der Erlösung.
Das ist nun wohl einem jeglichen bekannt, was es zu bedeuten habe, wenn Menschen einen Vergleich treffen, einer dem andern etwas zusagt oder schenket, und die Sache nicht nur schriftlich verfaßt, sondern auch versiegelt wird, damit dadurch erst die Sache ihre Gewißheit, Kraft und Gültigkeit bekomme. Es ist bekannt, weil viel an einem Testamente gelegen ist, daß dasselbe nicht nur aufgeschrieben und unterschrieben, sondern auch nach der Vorschrift der Gesetze besiegelt und versiegelt wird, und dadurch erst die Bestätigung eines solchen Testaments erfolgt, und der, der etwa darin zum Erben eingesetzt wird, erst dadurch Versicherung bekommt, daß ihm sein Erbgut nicht streitig gemacht werden könne. Wird nun ein solches Testament, oder ein solcher Contract u. d. g. von einem rechtmäßigen Richter unter Menschen besiegelt und versiegelt, so erwächst daraus noch eine größere Gewißheit der Sache, ja eine solche Versicherung, daß man sich auch im Gerichte darauf berufen kann, wenn man deswegen angegriffen, oder die Sache von andern streitig gemacht wird. Darauf zielet nun Gott der heilige Geist in seinem Worte, wenn er von der Versiegelung redet. Wenn wir das, was ich jetzt einfach angeführet habe, bemerken und uns dessen erinnern, so können wir sogleich daraus erkennen, daß diese Redensart: Versiegelt werden durch den heiligen Geist, nichts anders bedeute, als daß der Mensch dadurch zu einer gewissen, unumstößlichen, unwidersprechlich festen Gewißheit komme, ja zu einer solchen Versicherung, mit der und in der man gegen alle Anfälle des Teufels, der Welt, des Unglaubens und bösen Herzens, auch im göttlichen Gerichte, bestehen, und selbst in seinem Gewissen ruhig sein kann. Das wird mit der Versiegelung durch den heiligen Geist angedeutet. Es ist also nicht etwa eine gute Hoffnung, ein guter Gedanke, eine gute Vorstellung im Gemüthe. Ach nein! das heißt noch lange nicht versiegelt werden mit dem heiligen Geiste, sondern, wie es in dem gemeinen Leben gebraucht wird, und wie es der heilige Geist braucht nach dem einfachen Sinne der heiligen Schrift, eine solche feste, gewisse unbewegliche und unwidersprechliche und das Herz beruhigende und erquickende Versicherung, die einem kein Teufel zweifelhaft machen oder wenigstens nicht rauben, und bei der man vor Gottes Gericht bestehen kann.
Wollen wir nun also den ganzen Sinn fassen, was es heißt, versiegelt werden mit dem heiligen Geist, und alles, was dazu gehöret, was diese Versiegelung in ihrem ganzen Inbegriff in sich faßt, so müssen wir nothwendig verschiedene Stellen der heil. Schrift nachschlagen, in welchen mit deutlichern, weitläufigern Worten von dieser Versiegelung des heiligen Geistes gehandelt wird.
Die erste Stelle, welche wir zur nähern Erklärung nachschlagen müssen, steht Ephes. 1,13. Durch welche auch ihr gehöret habt das Wort der Wahrheit, nemlich das Evangelium von eurer Seligkeit; durch welchen ihr auch, da ihr glaubtet, versiegelt worden seid mit dem heiligen Geist der Verheißung. Sie hatten das Wort nicht nur gehört, sondern auch geglaubt. Denn es heißt: da sie glaubeten. In diesem Spruch können wir nun schon sehen, welche Menschen denn einer solchen Versiegelung und Versicherung können theilhaftig werden, nemlich keine anderen, als die da glauben, die durch den heiligen Geist in der gehörigen Ordnung zu dem wahrhaftigen Glauben an unsern Herrn und Heiland Jesum Christum gekommen sind; diese bekommen den heiligen Geist zum Schatz und Siegel der Erlösung, daß sie Gottes Eigenthum geworden sind zum Lobe seiner Herrlichkeit.
Der andere Spruch, um das völlige Verständniß dessen, was durch die Versiegelung verstanden werde, recht einzusehen, stehet 2 Cor. 1,20-22. Denn alle Gottes Verheißungen sind ja in ihm und sind Amen in ihm, Gott zum Lobe durch uns. Gott ist's aber, der uns befestigt, sammt euch in Christum, der uns gesalbet und versiegelt, in unsere Herzen das Pfand, den Geist gegeben hat. Das war da nicht so was ungewisses, sondern lauter Gewißheit. Diese Worte führe ich darum an, damit man daraus erkennen könne, daß die Gläubigen, die sich durch den Glauben zu dem Herrn Jesu bringen lassen, durch die Versiegelung des heil. Geistes gewiß werden von der Wahrheit aller Verheißungen, die Gott jemals gethan in seinem Sohne Jesu Christo, welche alle ihnen angehören, und ihnen geschenkt sind. Dieses zu bestätigen schlagt Röm. 8,14-17 auf. Welche der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, daß ihr euch abermal fürchten müßtet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir rufen Abba, lieber Vater. Derselbige Geist gibt Zeugniß unserm Geist, daß wir Gottes Kinder sind. Sind wir denn Rinder, so sind wir auch Erben, nemlich Gottes Erben und Miterben Christi; so wir anders mitleiden, auf daß wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden. Wie nun in dem Vorigen gezeigt worden, daß der Geist Gottes die Gläubigen also versiegele, daß sie durch ihn von der Wahrheit aller göttlichen Verheißungen in Christo versichert werden, so finden wir hingegen in diesem Spruch, daß, wenn der heilige Geist die Seelen der Menschen versiegelt, er sie besonders davon versichere, daß sie nicht mehr Kinder des Zorns, des Todes und der Hölle, sondern Kinder Gottes sind, daß ihnen Gott ihre Sünden vergeben, ihnen das Recht der Kindschaft geschenkt, und sie, vermöge solches Rechts der Kindschaft, ewig Theil haben sollen an dem unverwelklichen Erbe Gottes, und daß sie Miterben Jesu Christi werden sollen. Endlich, ist noch ein Spruch, in dem dieser Gegenstand auch unvergleichlich vorgestellt wird, 1. Joh. 5,5.6. **Wer ist aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubet, daß Jesus Gottes Sohn ist: Dieser ists, der da kommt mit Wasser und Blut, Jesus Christus; nicht mit Wasser allein, sondern mit Wasser und Blut. Und der Geist ists, der da zeuget, daß Geist Wahrheit ist, daß alles, was in uns vorgehet, nicht Phantasie, sondern Geist und Wahrheit ist. Im 11ten Verse wird nun die Sache erkläret, was denn dieses Zeugniß des heiligen Geistes und die Versiegelung sei: Und das ist das Zeugniß, daß uns Gott das ewige Leben hat gegeben; und solches Leben ist in seinem Sohn. Der Mensch hat es nicht durch seine eigene Kraft, sondern allein in der Gnade Christi bekommen. So zeiget der heilige Geist selbst das, was er in der heiligen Schrift damit ausdrücken hat wollen, wenn es darin heißt: Er versiegele die Menschen. Nehmen wir nun dieses alles zusammen, so können wir uns einen deutlichen Begriff machen, was durch die Versiegelung des heiligen Geistes nach Gottes Wort angedeutet werde, nemlich, eine solche gewisse, kräftige, gegründete Versicherung der Gläubigen, welche auch selbst im göttlichen Gerichte bestehet, auch wider alle Anfälle des Satans und des eigenen Herzens und Gewissens, daß sie, ob sie zwar an sich selbst todes- und verdammnißwürdige Sünder sind, doch um des blutigen Verdienstes Jesu Christi willen nicht allein vom Tode zum Leben gebracht, nicht allein Vergebung ihrer Sünden erlangt, sondern auch der Kindschaft Gottes theilhaftig geworden, wofern sie anders im Glauben an ihren Heiland Jesus Christus bis ans Ende verharren. Das heißt eigentlich die Versiegelung der Menschen durch den heiligen Geist.
Und das ist die schriftmäßige Bedeutung, die man ihr geben kann. Ich will aber dieselbe noch in etwas erläutern, weil man sich nicht deutlich genug fassen kann. Merket demnach sonderlich, ihr einfältigen Seelen, ich sage, daß die Versiegelung bestehe in einer solchen gewissen kräftigen Versicherung in den Seelen derer, die da glauben, von ihrem Gnadenstande, von der Vergebung ihrer Sünden, von ihrer Seligkeit in einer solchen Gewißheit, mit der sie auch vor dem Gerichte Gottes bestehen können, daß, wenn sie auch von dem Teufel, von ihrem eigenen Ges wissen und dem Gesetze angeklagt werden, wenn ihnen die Sache zweifelhaft vorkommen will, sie, vermöge solcher Versicherung, selbst vor Gottes Gerichte bestehen können. Denn ein wahrhaftig gläubiger Christ weiß, daß ihm sein Heiland mit seinem Blut und seinem Tode nicht nur Gnade und Vergebung der Sünden erworben und geschenkt, sondern auch sein Heiland Jesus Christus ihm, dem Gläubigen, alles dieses in seinem Testamente vermacht, und das Testament mit seinem Tode bestätiget habe, ja, ein gläubiger Christ weiß das nicht nur, sondern es hat ihm noch Gott zur Versicherung dessen den heiligen Geist als ein lebendiges Pfand und Siegel in sein Herz hineingedrückt. Gott, der große Richter Himmels und der Erden (damit ein Gläubiger davon ja recht gewiß werden möge), hat so zu sagen noch ein, seine eigene Person betreffendes Siegel zu dem blutigen Testamente hinzugesetzt. Daher kommts denn freilich, daß, wer mit dem heiligen Geist versiegelt ist, eine solche Versicherung hat, daß er selbst vor dem Gerichte Gottes damit bestehen, und also alle Anfälle, allen Ein- und Widerspruch des Teufels und seines eigenen bösen Herzens niederschlagen kann. Ich habe aber dieses nicht ohne Ursache zum voraus zum Grunde gelegt, daß die Versiegelung durch den heiligen Geist eine solche feste, gewisse und göttliche Versiegelung, ja eine selbst für den Teufel unumstößliche Versicherung einer Seele sei, sondern ich habe es darum gethan, daß ihr recht bald merken möget, was für ein großer Unterschied sei zwischen der Versiegelung durch den heiligen Geist, und der elenden Einbildung unserer heutigen Maul-Christen, die auch täglich sagen: Ja, ich hoffe auch selig zu werden; ja, was noch für ein Unterschied sei zwischen der Versiegelung und den Blicken der Gnade, welche Seelen zu empfangen pflegen, wenn sie Jesus von ihrem Todes- und Sündenschlafe erst aufgewecket. Da geschieht es freilich, daß wenn man angefangen, in sein Sündenelend hinein zu schauen, und sich zu den Füßen Jesu hingeworfen, man einigemal einen Liebesblick bekommt. Gott blickt einen bisweilen, so zu reden, vom Himmel herunter an, aber das ist die Gnadenversiegelung noch nicht. Denn solche Gnadenblicke gehen vorbei, in einer Stunde können sie anfangen und auch ein Ende nehmen. Aber ein Siegel bleibt stehen, zumal was einem der Richter aufgedrückt hat, wie vielmehr ein solch lebendig Siegel, wie der heilige Geist. Da erwächst nun eine solche gegründete, bleibende, himmelfeste, im Gerichte Gottes selbst dauernde Gewißheit, daß man ein Kind Gottes sei, daß man in einem Zustande stehe, in welchem man ohnfehlbar wird selig werden; alle Anfechtungen und Zweifel mögen dazu sagen, was sie wollen. Dieses habe ich aber um deswillen angeführt, und sogleich zum voraus bemerkt, daß die Versiegelung des heiligen Geistes eine solche wider alle Anfälle der Welt, ja selbst im Gerichte Gottes fest stehende Versicherung sei, damit ich dabei Gelegenheit haben möchte, euch zu erinnern, daß man doch deswegen wohl noch Anstoß leiden kann; Teufel, Welt und Unglaube, ja sein eigen Herz fällt einen oft noch wohl an. Ich will euch davon ein einfaches Gleichniß geben. Es gibt auch wohl solche boshafte Leute, die ein gerichtlich versiegeltes Testament angreifen, und einem rechtmäßigen Erben solches zweifelhaft zu machen suchen: so, möchte ich sagen, ist der Teufel auch in Ansehung der Menschen. Gläubige Seelen haben ein solch versiegeltes und im göttlichen Gericht bestätigtes Testament. Jesus hats nicht nur mit seinem Blute bestätigt, daß er ihr Heiland sein will, sondern es hats ihnen Gott auch im Gerichte versiegelt durch den heiligen Geist; dennoch sucht der Teufel das arme Herz davon in Zweifel zu setzen, und mancherlei Bedenklichkeiten dawider zu erregen. Aber ist eine göttliche Versiegelung geschehen und der Teufel kommt dennoch und fällt es an, ei! so siegt doch der Glaube.
Das Testament, das mit dem heil. Geist versiegelt, und mit Christi Blut unterschrieben ist, kann dir kein Teufel nehmen. Steht ihnen auch ein Zweifel auf wider die Gewißheit dieser Versiegelung, ihre Sache doch ist richtig, und sie gehen damit vor Gott hin; da muß ihnen ihr Siegel bleiben, das triumphiert gegen alles, was ihnen ihre Feinde entgegen setzen. Ich habe mich in der Beschreibung der Versiegelung etwas weitläuftig aufgehalten, und gesagt: ein wahrhaftig Gläubiger halte, erkenne und wisse das wohl, daß er an und für sich ein todter und verdammungswürdiger Sünder sei, darum gründe er auch die Hoffnung seines Gnadenstandes, die Gewißheit der Vergebung seiner Sünden und seiner Seligkeit nicht auf seine guten Werke, sondern darauf, und darum sei er versichert, daß sein Heiland Jesus Christus das mit seinem blutigen Verdienst erworben. Es sind auch hierzu sehr wichtige Ursachen, warum ich dieses mit angeführt, um die Beschreibung der Versiegelung im heiligen Geist euch deutlich zu machen: denn hierdurch habe ich euch zuvörderst den rechten Grund offenbar machen wollen, auf welchem die Versiegelung und Gewißheit stehet, nicht auf unserem elenden Werke. O, da behüte und Gott für; denn das könnte der Versucher mit einem einzigen Sturm darnieder schlagen. Nein, der Grund, der Fels der Hoffnung unserer Seligkeit ist das blutige Lamm Gottes, das für uns am Kreuze gestorben ist, das hat uns alle theuer erkauft, erworben, und die Seligkeit zuwege gebracht.
Ich habe es auch darum angeführt, damit ich euch dadurch auf den Unterschied leiten möchte zwischen der elenden Versicherung der Werkheiligen, und zwischen der rechten Versicherung der wahrhaftig Gläubigen durch den heiligen Geist. Ein elender pharisäischer Heuchler, der sich sein Lebtage nicht von Grund des Herzens bekehret hat, gleichwohl ein äußerlich ehrbares, stilles Leben führt, aus eigener Vernunft und Kraft bauet und trauet, denkt, ich thue gleichwohl das und das Gute, ich Liebe die und die Frommen, ich gehe in die und die Versammlungen, ich Liebe die und die Gottesdienste, ich thue viel Gutes zu Hause, gebe das und das Almosen und dergleichen, also wird mir Gott ja wohl gnädig sein. O du elender Pharisäer! Tod, Fluch und Hölle hast du verdient mit allen diesen deinen vermeinten schönen guten Werken. Wenn du sie einmal wirst im Lichte des Geistes ansehen, so wirst du wahrnehmen, was für Greuel hinter deinen guten Werken stecken, wenn du willst in dein Herz hineingehen. O, das weiß ein wahrhaftiger Christ überaus wohl, darum baut und traut er nimmermehr auf ein einziges seiner guten Werkchen. Ach Seele, wenn man auch Engelswerke vor Gott aufzuweisen hätte, so bauete doch eine rechtschaffene Seele nicht darauf, denn auch solche Werke können nicht einmal vor Gott bestehen. Ja die Himmel sind nicht rein vor Gottes Augen. Nun darum versiegelt uns auch der heilige Geist von unserm Gnadenstande, nicht auf unsere elende Werke, sondern wenn der heilige Geist eine Seele erst dahin gebracht, daß sie alle ihre Werke für nichts im göttlichen Gerichte achtet, und sich mit aller ihrer Selbstgerechtigkeit als verflucht, verdammt und verloren hält, da wirft sie ihren Anker auf das blutige Verdienst unsers Heilandes, als den Fels des Heils. Darauf siegelt uns, so zu sagen, der heilige Geist, das legt er zum Grunde und das bestehet in Noth und Tod. Da mag Noth und Tod stürmen, da mögen sie mir das blutige Verdienst meines Heilandes Jesu Christi nicht über den Haufen werfen, das kann einen auch sogar gegen die Anforderung der Gerechtigkeit Gottes sichern. Denn wenn ich darauf stehe und gegründet bin, so kann mich auch Gott nach seiner Gerechtigkeit nicht verwerfen. Denn ich habe eine solche Gerechtigkeit in dem Blute meines Heilandes, die gegen die allerstrengste Gerechtigkeit Gottes bestehet. Das müssen wir uns merken. Der Mensch hat noch keine Versiegelung durch den heiligen Geist, der ein Stäublein baut auf seine eigene Werke, und dessen ganzer Hoffnungsgrund nicht einzig gegründet ist auf das blutige Verdienst Jesu Christi.
Ich habe noch eine dritte Ursache, warum ich in der Beschreibung der Versiegelung durch den heiligen Geist habe müssen einfließen lassen, daß die rechte Versiegelung und Versicherung, die durch den heiligen Geist kommt, lauterlich stehe auf dem Blut und Verdienst Jesu Christi, daß der Mensch, der dazu kommt, wohl weiß, siehet und erkennet, er sei für sich selbst ein verdammungswürdiger Sünder: Denn wenn das zuweilen auch die allerredlichsten Seelen nicht wüßten, ach wo wollten sie bleiben? Ein wahrhaftig Begnadigter und Versiegelter, wenn er nun schon das Pfand des Erbes, den Mahlschatz empfangen hat, merket es, fühlet es und siehet es noch) wohl an sich, daß er für sich ein verdammungswürdiger Sünder ist, und daß, wenn kein blutiger Jesus wäre, er doch müßte verloren gehen. Weil dieses die armen Seelen nicht allezeit recht zu unterscheiden wissen, so fallen sie oftmals, wenn sie schon versiegelt worden sind, in tausend unnnütze Zweifel. Wenn sie aber nun das recht gefaßt haben, daß die Versiegelung solchen Seelen widerfahre, die sich selbst erkennen und fühlen als todeswürdige Sünder, die aber, ob sie gleich sich dafür erkennen, doch ihren ganzen Hoffnungsgrund, ihr ganzes Vertrauen einzig und allein setzen auf das blutige Verdienst Jesu Christi, auf die blutigen Wunden, auf die blutige Genugthuung ihres Heilandes Jesu Christi, so bleibet ihnen ihre Versiegelung wider allen Zweifel gewiß.
Ich habe überdem auch noch gesagt in der Beschreibung von der Versiegelung mit dem heiligen Geist, daß wahrhaftige gläubige Christen dadurch nicht allein versichert werden von ihrem gegenwärtigen Gnadenstande, daß sie nun wirklich in der Vergebung und in der Kindschaft Gottes stehen, sondern daß sie durch die Versiegelung des heiligen Geistes auch versichert werden von ihrer künftigen Seligkeit, wenn sie noch hundert Jahre in der Welt leben. Wir müssen hier auf das Wörtlein in unserm Text merken: Die gläubigen Epheser wären versiegelt mit dem heiligen Geist auf den Tag der Erlösung. Was ist denn das für ein Tag? Das ist der letzte große Gerichtstag, da die ganze gläubige Versammlung in die rechte Erlösung wird hineingehen vor allen denen, von welchen sie sonst verworfen sind. Daher werden die Gläubigen versichert in der Versiegelung des heiligen Geistes, daß sie nicht nur jetzt Gnade gefunden haben, sondern daß sie auch da, wenn der Sohn Gottes am großen Gerichtstage kommen wird, Ehre und Herrlichkeit empfangen werden, daß sie da mit Freuden vor dem Throne des Herrn Jesu stehen, und die Krone der Ehren aus seiner liebevollen Gnadenhand nehmen werden.
Nun, geliebte Seelen! könnte man sich wohl was Größeres wünschen? könnte uns Gott wohl ein größeres Gut und eine größere Wohlthat erzeigen, als diese, wenn er einen durch den heiligen Geist versiegelt? Ach, wenn auch Gott, ich weiß nicht was, von einer Seele forderte, so sollte sie bereit sein, sichs gefallen zu lassen, um nur dieses Guten von Gott theilhaftig zu werden.
Ich muß euch dabei eine Frage vorhalten, die sich zu diesem Pfingstfeste schicket: ihr alle, die ihr vor Gott da seid, was meinet ihr wohl, ihr Seelen, wie werden wir es wohl vor Gott verantworten, daß wir wohl 20, 30, 40, und zum Theil 50 Jahre alt geworden sind, haben so viel vom heiligen Geist und von der Gnadenversiegelung durch den heiligen Geist gehört, und haben es wohl noch nicht einmal also angehört, daß wir uns auf unsere Kniee geworfen und gesagt: Ach, Herr Jesu! hilf mir doch, versiegele doch auch meine Seele mit dem heiligen Geist, daß ich nicht mehr herum taumele, als ein Trunkener in der Welt, der nicht weiß, wo er seinen Fuß hinsetzen soll. O wenn doch das, was ich jetzt davon gesagt habe, eure Seelen reizen und bewegen könnte, den Schluß zu fassen und zu seufzen: Herr Jesu, ich ruhe nicht eher, und wenn ich Tag und Nacht betend vor deinen Füßen liegen sollte, bis auch meine Seele dieses großen Guts der Versiegelung theilhaftig werden möge. Damit ihr nun aber um so viel mehr möget bewegt werden, so lasset mich dabei noch einen Augenblick stehen bleiben, und mit wenigem erwägen, was ich in der Beschreibung von der Versiegelung, als dem größten Gut, gesagt. Ehe man, meine Geliebten, zur rechten Versiegelung durch den heiligen Geist kommt, gehet man so hin in Ungewißheit und hat keinen Frieden, man weiß nicht, wie man mit seinem Gott im Himmel stehe. Macht man sich gleich zuweilen einige gute Hoffnung, ja, so geht es so, als wenn man ein Haus von Spinnengewebe bauet, wie in Hiob steht, da kommt oft ein klein Insekt und reißt einem den ganzen Palast von Spinnengewebe über den Haufen. Aber kommt man dazu, daß man durch den heiligen Geist versiegelt wird von der Vergebung seiner Sünden, von seinem Gnadenstande und Seligkeit, da fallen alle Zweifel, die man sonst gehabt hat, weg, wie die Schuppen dem lieben Paulo von den Augen fielen, da ihm Gott die Versicherung von der Vergebung seiner Sünden ertheilen ließ durch den Ananiam. Findet sich auch bei einem Versiegelten dann und wann wieder ein Zweifel im Gemüthe, so ist Kraft da, das Siegel ist da, man kann getrost allen solchen Zweifel, allen solchen Anklagen des Teufels und seines eigenen Herzens widersprechen, wie in der ersten Epistel Johannis unter andern stehet, wenn auch solche Seele ihr Herz verdammen will, denkt sie: Mein Herz kann mich nicht verdammen, wo Gott mich nicht verdammet. Gott ist größer, als mein Herz. Gott ist Richter über Himmel und Erden, der siehet mein Herz. Auf mein Herz wird es einmal nicht ankommen, sondern auf Gottes Ausspruch; habe ich ein Siegel Gottes, daß er mich auf ewig absolvieret hat, so will ich sehen, wer mich verdammen wird. So schreibet dieser Apostel 1. Joh. 3,19.20. Daran erkennen wir, daß wir aus der Wahrheit sind, und können unser Herz vor ihm stillen, daß, so uns unser Herz verdammet, daß Gott größer ist denn unser Herz, und erkennet alle Dinge. Seelen, die doch nicht zur Versiegelung durch den heiligen Geist gekommen sind, können so zuweilen eine ziemliche Zeit hingehen durch allerlei süße Vorstellungen der Gnade und Vergebung der Sünden. Wenn sich nun solche arme Seelen, wie es denn billig von einem jeden Christen geschehen soll, einmal die Mühe nehmen und anfangen, den Tod, Gericht und die Ewigkeit zu bedenken; ach Gott, wie bange ist ihnen da. Fällt ihnen dann der Spruch ein: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, darnach das Gericht, da nicht nur grobe Sünden, nicht nur Worte und Werke, sondern auch das Verborgene des Herzens offenbar werden soll; ach was für Bangigkeit überfällt da eine solche arme Seele, wie bange wird ihr vor dem Tode, vorm Gerichte, vor der Ewigkeit. Ist sie aber ihrer Seligkeit gewiß, so geht sie dem Tode mit tausend Freuden entgegen. Der Richterstuhl Gottes ist ihr Gnaden- und Freudenstuhl. Die Ewigkeit ist nun die Zeit, da sie zum vollkommenen Leben und zu ihrer Krone kommen soll, sie ist aus dem Tode ins Leben hindurch gedrungen. Das weiß sie, daß sie auf ewig absolvieret ist von allen ihren Sünden, das weiß sie, daß so wahr Jesus ihr Bruder und so wahr es ist, daß ihr Blutbräutigam zur rechten Gottes sitzt, so wahr sagt sie, muß ich auch auf Christi Stuhl sitzen, nach Offenb. Joh. 3,21. Wer überwindet, dem will ich geben mit mir auf meinem Stuhl zu sitzen; wie ich überwunden habe, und bin gesessen mit meinem Vater auf seinem Stuhl, so wahr er triumphieret in die Ewigkeiten der Ewigkeiten, so wahr muß sie auch triumphieren. Denn sie ist versiegelt in Jesu Christo, sie ist sein Glied an seinem Leibe, und also muß sie auch ewig des Guten genießen. Sie muß nun theilhaftig werden dessen, was ihr Heiland in Zeit und Ewigkeit hat. Ich will noch eines hinzusetzen. So lange eine Seele nicht zur Versiegelung kommt durch den heiligen Geist, so hat sie keine Freudigkeit, keine Zuversicht zu Gott, betet sie auch ja, so weiß sie nicht, ob sie erhöret wird. Daher ist sie immer traurig im Gebet, geht wohl öfters trauriger aus ihrem Gebet, als sie dazu gekommen ist, oder ist auch ihr Herz stille geblieben, so bleibt sie doch so leer, hat doch nichts bekommen.
Wie gar anders aber ist es doch, wenn man versiegelt ist, da hat man Freudigkeit vor Gott, da weiß, man, alle Seufzerlein werden erhöret, da tritt man hinzu, zum Gnadenstuhl und nimmt und empfängt da Hülfe auf die Zeit, wenn uns Hülfe noth ist. Das ganze Herz Gottes ist einem offen mit allen Schätzen und Gütern des Heils, die durch unsern Heiland Jesum erworben worden sind. Und wer kann alles erzählen, was für Seligkeiten aus der Versiegelung durch den heiligen Geist fließen?
Die Versiegelung durch den heiligen Geist ist eine rechte Quelle des Friedens und der Freude, sie ist ein rechter voller Brunn, der Tag und Nacht überströmet von Segen und Leben, sie ist ein rechtes, volles, weites, breites Meer von unendlichen Himmelsgütern und Schätzen. Noch mehr, wer zur Versiegelung durch den heiligen Geist kommt, der hat einen festen Anker seines Herzens, der, wenn es auch anfängt zu stürmen in allerlei Noth, Trübsal, Anfechtung und Verfolgungen, sein Schifflein nie untergehen lässet, er weiß, es mag ihm gehen, wie es will, es mag kommen, was da will, es ist alles zu seinem Besten. Gott ist nun mein und Jesus Christus, der mir meine Sünden vergeben, und die Güter der Ewigkeit sind nun mein worden; da blickt die Seele in die Ewigkeiten einmal nach dem andern hinein, und erblickt von ferne ihren Gnadenlohn, und wie Röm. 8. stehet, sind ihr alle Leiden und Trübsale leicht und nichts geachtet gegen die überschwengliche Herrlichkeit, die einmal gewiß an ihr soll geoffenbart werden. Ich frage euch noch einmal, ob wir nicht die höchste Ursache hätten, auch von diesem Augenblick an Tag und Nacht auf unsern Knieen zu liegen, und nicht eher zu ruhen, bis wir des Trostes und der Gnade und Seligkeit theilhaftig geworden waren. Ich sorge aber nicht unbillig, daß noch vieler solcher armen Seelen, die dieses hören, und auch jetzt lesen werden, noch nicht wissen, wie man zu diesem großen Gnadenbrief kommen, und als ein armer, zaghafter, zweifelhafter Mensch der Versiegelung theilhaftig werden könne.
Ich will daher noch zum andern hauptsächlich euch aus Gottes Wort aufs allereinfältigste zeigen, wie denn ein Mensch zu dem großen Gut der Versiegelung durch den heiligen Geist gelangen und eine solche gewisse und feste Versicherung von der Vergebung der Sünden, vom Gnadenstande, von der Gewißheit der Seligkeit bekommen möge, daß er auch im Gerichte Gottes damit triumphieren und auskommen könne.
Daß es möglich sei, zu einer solchen Versiegelung zu kommen, ist bereits gezeigt worden. Wir könnens aber ohne alle Schwierigkeit aus unserm Text sehen. Denn da hören wir ausdrücklich, daß die ganze Menge, die da glaubten an Jesum Christum, zu dieser großen Glückseligkeit gekommen und versichert waren von ihrem Gnadenstande durch den heiligen Geist; nicht nur etwa die Lehrer, nicht nur etwa die starken Christen, nein! alle die gläubigen Epheser waren versiegelt. Darum kann sich Paulus getrost darauf berufen und sagen, ihr Epheser alle, die ihr glaubet: Betrübet doch nicht den heiligen Geist, mit welchem ihr versiegelt seid.
Die Versiegelung durch den heiligen Geist ist nicht ein solches Gut, das wir erst erwerben müssen, sondern von unserm Heiland Jesu Christo durch Leiben und Sterben uns erworben und zuwege gebracht worden, und zwar allen Menschen auf dem Erdboden. Denn wie der Herr Jesus für alle Menschen gestorben ist, also hat er auch allen Menschen durch sein blutiges Verdienst den heiligen Geist erworben, und da er den Menschen den heiligen Geist erworben, hat er ihnen auch zugleich alle Wohlthaten, alle Gnadenschätze, unter welche Güter nun diese Versiegelung des heiligen Geistes mit gehöret, erworben. Ich habe überaus wichtige Ursachen, warum ich dieses als Grund zum voraus setze, ehe ich die Frage anfange zu beantworten: wie man zur Versiegelung gelangen könne. Denn das wird uns die ganze Sache deutlich und begreiflich machen, und wenn wir das recht fassen, kann es nicht nur uns vor allerlei Irrthümern und Abwegen bewahren, sondern auch recht hineinführen in die Erkenntniß des göttlichen Willens, was Gott von dem Menschen verlange, wenn er ihn versiegeln solle und er der großen Gnade theilhaftig werden wolle.
Ich will die Frage selbst zu beantworten vor mich nehmen, nemlich, wie doch ein armer Mensch, der von Natur kleinmüthig und voller Zagen ist, dazu gelangen könne, er mag sein, wer er wolle, daß er mit dem heiligen Geist versiegelt werde, oder zu einer rechten gewissen göttlichen, herrlichen, gläubigen Versicherung von seinem Gnadenzustande und von seiner Seligkeit kommen könne.
Merkt, das erste, was gleichsam zur Vorbereitung auf dieses wichtige Werk verlangt wird, ist dieses: Der Mensch, der dazu kommen will, daß er mit dem heiligen Geist versiegelt werde, der muß sich erst durch den heiligen Geist recht zu einem bußfertigen, armen Sünder machen lassen. Das heißt so viel: Der Mensch, der durch den heiligen Geist versiegelt werden will, muß dem heiligen Geist erstlich Raum lassen in seiner Seele, daß er ihn von seinem bösen, sündlichen, todeswürdigen Zustande überzeuge, er habe sich nicht nur mit diesen und jenen Sünden an Gott gröblich verschuldet, sondern auch alle seine guten Werke taugten ihm nichts, vielmehr eben darum solle und werde er hauptsächlich verdammt werden, weil er nicht geglaubt hat an den Herrn Jesum, weil er sich selbst mit seinen eigenen elenden Werken eine Gerechtigkeit hat aufrichten wollen, weil er, obgleich Jesus Christus Tod und Teufel besiegt, dennoch aus seiner eigenen Kraft dem Satan zu widerstehen gesucht habe.
Sehet, zu einer solchen Ueberzeugung muß der Mensch gelangen, dahin muß sich der Mensch durch den heiligen Geist bringen lassen, daß er sich erkenne und fühle als einen rechten verdammungswürdigen Sünder, an dem nicht ein einzig gutes Blutströpflein ist, an dem keine einzige Kraft der Seele gut ist, der sein Lebtage nichts Gutes gethan hat, sondern alle dessen vermeinte gute Werke ein Greuel vor Gott sind, weil sie nicht aus der Liebe zu Gott geflossen, auch um seiner allerschönsten Werke willen, die er gethan hat, ewig, ewig sollte verloren gehen.
Das ist die Vorbereitung, die muß im Herzen gemacht werden, wenn der Mensch einmal dazu kommen soll, daß er versiegelt und versichert werde von der Gnade Gottes, Vergebung der Sünden und ewigem Leben. Das zeigt uns Jesus Joh. 16,8. u. s. w. Der heilige Geist werde die Welt strafen um die Sünde, daß sie nicht glauben an mich. Das heißt, daß man den blutigen Jesum, der für uns am Kreuz gehangen, nicht hat annehmen wollen, um die Gerechtigkeit, das ist, um die eigene Werkgerechtigkeit, da man spricht: ich gehe in die Kirche zum Abendmahl, thue den Armen Gutes u. dgl. Dies muß er dem Menschen erst zu erkennen geben und recht zur Sünde machen, indem er ihm zu erkennen gibt, daß er auch diese an sich gute Werke aus unheiligen Absichten vollbracht, und sie also in Sünden verwandelt habe. Ferner, daß er, Jesus, zum Vater gehe, daß er eine Gerechtigkeit erworben, und endlich um das Gericht, daß der Fürst dieser Welt gerichtet ist, und man doch sagt: von dem und jenem kann ich nicht lassen, ich kann so nicht leben, es ist nicht möglich, der Satan hat eine gar zu große Gewalt über mein Herz, gleichsam, als ob der Teufel von dem Herrn Jesu nicht wäre überwunden und besiegt worden.
Sehet, das ist der Anfang, der in der Seele muß gelegt werden, wenn ein Mensch soll zur Versiegelung kommen, nemlich der heilige Geist muß ihn dahin bringen, daß er sich fühlet und findet als einen verfluchten, verdammungswürdigen Sünder, der nichts Gutes an sich hat, dessen alle eigene beste Werke vor Gott verwerflich sind. Fragt, ihr Seelen, warum ist denn das nöthig, wenn man soll versiegelt werden durch den heiligen Geist?
Ach, lieber Mensch, so lange du dazu nicht kommst, beugst du dich nicht vor dem Herrn Jesu und lässest dem heiligen Geiste nicht einmal Platz in dir, suchst nicht Gnade und Barmherzigkeit; du denkst, du kannst dir wohl helfen, du kannst dem lieben Gott doch wohl deine Sünden selbst versöhnen, du denkst, du kannst wieder zur Beichte und Abendmahl gehen, und dir deine Sünden vergeben lassen, du denkst, du kannst schon selbst Gutes thun, kannst beten, kannst Gottes Wort lesen, kannst den Armen Almosen geben u. dgl. Das wird dich schon gut machen. Siehe, ein solcher verfluchter Mensch bist du von Natur und wir alle zusammen, daß, wenn dir Gott nicht erst zu erkennen gibt, was für ein abscheulicher Sünder, was für ein recht greulicher, teuflischer Mensch du von Natur bist, und dir das so recht im Gewissen lässet offenbar werden, da läßt man dein heiligen Geist nicht einmal Raum, daß er in unserm Herzen wirken, noch vielweniger uns zu den blutigen Wunden unsers Heilandes Jesu Christo bringen möge. Es ist mir dieser Tage ein Vers aus einem alten evangelischen Liede sehr eindrücklich worden, welchen manche in ihrem Leben oft gesungen, aber doch die Wahrheit nicht deutlich eingesehen. Nemlich in dem Liede: Ach Gott und Herr, wie groß und schwer, u. s. w. Diese Worte: Also, Herr Christ, mein Zuflucht ist die Höhle deiner Wunden, wenn Sünd und Tod mich bracht in Noth, eher nicht, hab ich mich drein gefunden. Ach wahrhaftig, so ist es, ihr Seelen. Man singt und schreit das wohl 20, 30 Jahre hin und kommt nicht einmal zu den blutigen Wunden seines Heilandes Jesu Christi, bis Noth und Tod einen hinein bringt, bis mau Sünde und Tod fühlt in seinem Herzen und Gewissen, bis man siehet, man ist ein verfluchter, todeswürdiger Sünder, da fliehet man zu den Wunden seines Herrn Jesu. Da sieht man aus dem alten einfältigen Liede, wie unumgänglich es ist, daß es so mit dir werden muß, es muß so mit dir kommen, du armer Mensch, du mußt dich erst erkennen als einen todeswürdigen Sünder, eher kommst du nicht zu dem Segen der blutigen Wunden des Herrn Jesu: Man gehet herum und baut auf seine guten Werke, und ist doch vergebens. Das ist nun der Grund, warum der heilige Geist sein Geschäft damit anfangen muß. Ihr Seelen, die ihrs nicht dazu kommen lasset, ihr werdet nimmermehr zur Versiegelung kommen, ihr möget herum gaukeln in euren Werken, wie ihr wollet, ihr möget pochen und trauern auf eure Werke, wie ihr wollet, wenn ihr euch nicht einmal zu solchen bußfertigen Sündern und Sünderinnen machen lasset, daß ihr als Gottlose wollt gerecht werden. Höret, ohne das Blut Christi bekommt ihr keine Gnade und Vergebung. Das ist es, was Paulus Röm. 4,5. sagt, daß allein die gerecht und mit dem heiligen Geist versiegelt werden, die nicht mit Werken umgehen, sondern glauben an den, der die Gottlosen gerecht macht. Dahin zielet nun die in heil. Schrift wohl tausendmal vorkommende Forderung, der Mensch solle Buße thun. Denn das ist Buße, daß der Mensch nun seine Sünden erkennet, nicht mehr denkt, er wäre ein guter, wohlgesitteter Mensch, bis er sich läßt in seiner Seele überzeugen, es müsse nothwendig mit ihm anders werden, wenn seiner Seele solle gerathen werden.
Und das ist das erste und die Vorbereitung, die der heilige Geist vornehmen muß, wenn der Mensch zur Versiegelung soll gebracht werden. Das andere, und zwar das Hauptstück, was dazu erfordert wird, was der Mensch erst in sich muß wirken lassen, ist, daß er sich nun lasse zum Glauben bringen an den Herrn Jesum. Wenn der Mensch nun erst sich als einen solchen Fluch und todeswerthen Sünder hat erkennen lernen: so muß er sich nun durch den heiligen Geist bringen lassen bis zum Glauben an seinen Heiland Jesum Christum. Ich habe euch Eph. 1,13. vorgelesen, da Paulus sagte: Durch welchen ihr auch, da ihr glaubetet, versiegelt worden seid mit dem heiligen Geist der Verheißung. Da wären sie erst versiegelt worden mit dem heiligen Geist, da sie glaubeten, da noch nicht, da sie anfingen ihr Elend zu erkennen, da noch nicht, da sie fühleten, daß sie im Tode und Jammer lägen, sondern da sie glaubeten. Bei diesem Punkt muß ich nothwendig zwei Stücke erklären, damit ihr den rechten Verstand davon fassen und sie gut anwenden möget.
Erstlich fragen wir: was wird denn eigentlich durch den Glauben verstanden, wozu sich der Mensch durch den heiligen Geist soll bringen lassen, wenn er soll mit dem heil. Geist versiegelt werden?
Zum andern müssen wir wissen, warum denn der Glaube hauptsächlich und ganz unumgänglich erfordert werde, wenn man wolle der Versiegelung theilhaftig werden?
Erstlich soll ich euch nun erklären, was Glauben sei, oder was durch den Glauben an den Herrn Jesum gemeinet und verstanden werde, der erfordert wird, wenn man solle mit dem heil. Geist versiegelt werden. Merkt: Durch den Glauben an den Herrn Jesum wird erstlich dieses gemeinet: wenn der Mensch nun siehet, er sei ein verdammungswürdiger Mensch, muß er sich durch den heil. Geist aus Gottes Wort lassen überzeugen, daß ein Jesus sei, der für alle seine und aller Menschen Sünde ein Genüge gethan habe vor dem, in dem und durch den ein jeder Sünder gerecht und selig werden kann, und das erinnere ich nicht ohne Ursache: denn das heißt nicht glauben, wenn man sich selber einen Gedanken in den Kopf setzt, wenn man sich so hinsetzt und denkt, der Herr Jesus ist für alle Menschen gestorben. Da sagt unser sel. Luther, das wäre ein menschlich kalter todter Gedanke. Er ist kaum gekommen, so ist er wieder weg, und wenn mans gebrauchen will, so ists nicht da. Also siehe, wenn du die Wissenschaft hast, daß Jesus für alle deine Sünden und aller Menschen Sünde genug gethan habe, und daß alle Menschen und du im Blute Christi Vergebung deiner Sünden haben sollest, so mußt du auch anhalten im Gebet so lange, bis dein Herz durch den heil. Geist überzeuget wird von der Sache, daß sie dich auch unfehlbar angehe. O dahin trachte doch!
Zum andern gehöret auch dir zum Glauben an den Herrn, daß, wenn du nun durch den heiligen Geist überzeugt bist, du habest an diesem Heiland einen vollkommenen Erlöser und Versöhner für alle deine Sünden, du in ihm, in seinem Blute Vergebung der Sünden haben könnest, daß du dich durch den heiligen Geist regieren lassest, und deine einzige Zuflucht nehmest zu deinem Herrn Jesu, sein Eigenthum zu werden und als ein Jünger ihm zu gehorchen. Hebe deine Augen auf zu der erhöheten Schlange, als wie die verwundeten Israeliten, lege dich hin, thue gleichsam deinen Mund weit auf unter dem Kreuze des Herrn Jesu, daß du sein so edles Blut in dein Herz fassen könnest, halte so damit an, liege so vor Gottes Throne und vor dem Kreuze des Herrn Jesu, bis dirs im Herzen von Zeit zu Zeit mehr und mehr belebet wird, daß du nun in diesem deinem Heilande Gott gefällig sein und leben könnest. Das heißt, einfältig geglaubt.
Fraget ihr weiter: warum denn dieser Glaube erfordert werde? Erstlich gar nicht, daß man sich etwas damit verdiene, es ist alles schon verdienet, sondern darum wird er erfordert, weil man sich sonst nicht hin macht zum Herrn Jesu, man fragt nicht nach Jesu, wenn man auch sieht, es ist so ein trefflicher Jesus, so groß ist der Heiland, so ist man doch ein abtrünniger Sünder, so lange man keinen Glauben hat. Kommts aber dazu, man wird durch den Glauben dahin gebracht, daß man kann hinzutreten zu dem Herrn Jesu, da thut sich denn das Herz auf, da können die Ströme des Lebens auf uns fließen: denn so lange kein Glaube da ist, so hat man auch kein Leben, geht weg, und denkt: nein, nein, die Verheissung in Christo geht dich ja nicht an, also widerstehet man dem heil. Geist, man kommt nicht zu dem Herrn Jesu, und hält auch dem heiligen Geist nicht recht still, daß er sein Siegel nun einmal, so zu sagen, recht fest aufs Herz drücken kann, bis man erst glaubt, und sich dazu läßt bringen, daß man die Zuversicht zu Jesu fasset, er könne und wolle helfen, sein Blut solle auch mir zu Gute kommen, und sein Verdienst und Gerechtigkeit solle auch meine werden. Nun finde ich aber noch ein drittes und ganz besonderes Stück nöthig, welches namentlich erfordert wird, wenn man der Versiegelung durch den heiligen Geist soll theilhaftig werden. Es stehet Offenbar. 2,17. da es heißt: Wer Ohren hat, der höre, was der Geist der Gemeine saget; Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem verborgenen Manna, und will ihm geben ein gut Zeugniß, und mit dem Zeugniß einen neuen Namen geschrieben, welchen niemand kennet, denn der ihn empfähet.
Ihr Seelen, das wird ein jeder unter euch leicht begreifen können, daß hier durch Essen des verborgenen Manna angezeiget werbe der Genuß der himmlischen Güter, die in Jesu sind; und das durch das gute Zeugniß eigentlich gemeinet sei die Versiegelung durch den heiligen Geist, da der heilige Geist einen versichert, man sei ein Kind Gottes, man habe Vergebung der Sünden, man werde ewig selig werden. Aber was mag doch der heil. Geist wohl durch das Ueberwinden verstehen? Er sagt ausdrücklich: keiner werde sonst zu der Versiegelung kommen, als der da überwinde. Das Wort möchte mancher Seele unbegreiflich vorkommen. Darum bin ich recht genöthigt, es aufs allerdeutlichste zu erklären. Fragt ihr nun, ihr Seelen, was wird denn hier gemeinet in diesem Spruche durch das Ueberwinden, das erst erfordert wird, wenn man zur Versiegelung des heiligen Geistes kommen solle, so merket nur folgendes: sobald der heilige Geist anfängt, die Seele des Menschen zu überzeugen von seinem Verderben, er sei in einem verdammungswürdigen Zustande, was fühlt man? was regt sich dabei? ist's nicht so, ihr Seelen, die ihr es erfahren habet, da findet man einen Widerstand, da kommts einem vor, man wäre doch so gar böse, so gottlos nicht, wie andere, wenn man gleich das und das noch behielte, und gleich nicht so und so wäre. Da muß sich die Seele sogleich vor Gott niederlegen, und fortfahren zu beten, bis die widerwärtigen Gedanken durch den heiligen Geist weggenommen werden, bis daß sie so recht in ihrem Inwendigen merket, fühlt und überzeuget sei, ja es müsse anders mit ihr werden. Eine solche Seele kann und wird zu Gott sagen: mein Gott! mein Gott! ach! daß ich, blinder, elender Mensch so manch Jahr bin hingegangen, habe gedacht, ich sei gut, Ach Gott! nun sehe ich es, daß ich ein verfluchter Sünder, eine verlorne Sünderin bin, ach nun sehe ich meinen elenden Zustand ein, ach Gott, erbarme dich mein! ach Jesu, erbarme dich mein! Siehe, Seele, da hast du schon den ersten Sieg, da bist du schon eine Ueberwinderin dem Anfang nach geworden, da fängt der heilige Geist schon an zu triumphieren, da besiegt er schon die bösen Gedanken, die dich abhalten wollten, daß du es glauben sollst, du wärest ein solcher böser Mensch; aber wenn der heilige Geist anfängt zu wirken, findet man in seinem Herzen nicht nur einen solchen Widerstand, sondern auch bei dem Fortgehen, wenn man sieht, daß der heilige Geist einen dahin gebracht, zu glauben, man müsse anders werden, und der heilige Geist fängt auch hernach an, in den Herzen den Glauben zu wirken, er fängt an, einen aus Gottes Wort zu überzeugen, daß die arme Seele ganz für sich selbst verdammt sei, aber daß in Jesu Blut Gnade, Leben, Vergebung genug sei, er fängt an zu zeigen, daß in dem einzigen Blute Jesu mehr sei, als im Himmel und auf Erden, daß wenn man des Blutes Christi theilhaftig werde, so könne man aller Welt und eigenen Gerechtigkeit entbehren, habe genug damit auf Zeit und Ewigkeit. Wenn das so geschieht, was begibt sich da? Ach! hat das sündliche ungläubige Herz angefangen zu widerstehen im Anfange, wie viel mehr da? O wie schwer gehts, wenn man das su glauben soll, daß man aus purer freier Gnade, bloß um Christi willen, solle selig werden und Vergebung der Sünden haben, man sieht, man hat, man weiß nichts, als Sünde an sich, und soll doch glauben, daß man allein um des Blutes Christi willen Vergebung der Sünden haben solle. Was findet sich nun für Widerspruch im Herzen? Kommts nun dazu, man soll auch glauben, daß man in dem einzigen Jesu, in dem gekreuzigten Jesu, in dem blutigen Heilande mehr habe und bekomme, als die ganze Welt ist, und um dessentwillen sich bereit finden lassen, die ganze Welt zu verleugnen. Was findet sich da für Widerwärtigkeit, ach wie schwer ist das zu glauben, daß man alles allein Christo übergeben müsse, auch; seine liebste Schoßsünde. Nun, was zu thun? Da muß die Seele wieder in Kampf, da, muß sie wieder anfangen zu beten, zu seufzen, sich mit Gottes Wort zu wehren, sich ernstlich einmal über das andere dem heiligen Geist hingeben, so lange bis sie gereinigt ist, und nun glauben kann: ja, in dem einzigen Blute Jesu ist genug für meine Seele. Ich brauche weiter nichts vor Gottes Gericht zu bringen, als das Blut des Sohnes Gottes, das kann für meine Sünde eine genugsame Bezahlung sein, so lange muß man anhalten mit Beten und Kämpfen, bis man glaubt und in dem wahrhaftigen Glauben sprechen kann: wenn ich Jesum habe, den gekreuzigten Heiland, den alle Welt verschmähet, so habe ich mehr, als alle Welt mir geben kann, und da hat denn abermal die Gnade in der Seele triumphieret, der heilige Geist hat abermal in einem armen Sünder gesieget, da der Teufel, die Sünde, sein Herz ihn nicht wollte glauben lassen. Siehe also, o Mensch, wenn du dahin nun kommst, und läßt dir da von dem Satane dein Herz abhalten, du läßt dir sogleich deine eigene Phantasien, Gedanken und anderes abwenden, bleibst, wie du gewesen bist, da bleibst du ein Sklave des Teufels, der Sünde und des Unglaubens; aber wenn du es so einfältig machst, wie ichs gesagt habe, wenn du auch der allerelendeste wärest, wenn so der heilige Geist die Gnade darreicht, fängt an das Herz zu rühren, und du gibst dich in die Arbeit des Betens und Flehens, und hältst so lange an, machst es so wie Jacob: ich lasse dich nicht, du segnest mich denn, es mag mir gehen, wie es will, mein Heiland, einmal muß ich es wissen, wie ich mit dir, meinem Gott und Heiland dran bin, ich muß wissen, ob ich werde verloren oder selig werden, einmal muß ich wissen, ob ich Vergebung der Sünden habe. Eine solche Seele, die also anhält, die wird gekrönet, und ein solcher Ueberwinder bekommt die Krone, das Kleinod der Seligkeit und der Heiligen, nicht aus Verdienst der Werke, sondern als ein bloßes Gnadengeschenk. Nun, wenn doch das eure Seelen noch klug machen könnte! Ach, wie Manchen wird Gott wohl erweckt haben. Ach, wie Manchem wird nicht Gottes Wort unter euch sein Herz gerührt haben, daß er jetzt fühlet, es stehe nicht recht mit ihm, es müsse wahrhaftig mit ihm anders werden, er habe angefangen einzusehen, daß er ein elender sündiger Mensch sei. Ach, Liebe Seele, dem mußt du nun nicht widerstreben, wenn dir nun Gedanken jetzt einfallen: nein, das ist nicht so, ich bin nicht so böse. Ach, um Gottes willen, den Gedanken mußt du nicht nachhängen, sondern der Gnadenarbeit, dem Gnadenzug des heiligen Geistes mußt du nun nachgehen, mußt dich ins Gebet begeben, so lange bis du es durch und durch empfindest, bis du recht überzeugt bist und wahrnimmst, es sei wahrhaftig so, du hättest es nicht geglaubt, daß du ein so gottloser, verdammter Mensch wärest, und es müsse nothwendig einmal mit dir zu einer solchen Veränderung kommen.
Es sind aber auch wohl Seelen da, die sich schon lange als todeswürdige Sünder gefühlt haben. Ists nicht so? Gott der heilige Geist wird ihnen auch wohl aus Gottes Wort ein tröstlich Wörtlein zugerufen haben; es wird sich ein Flämmlein Trostes haben angefangen in ihren Herzen zu regen, es wird in ihrem Inwendigen der Gedanken eingedrungen sein: „Ach, Gott wird mir ja auch wohl noch gnädig sein: Jesus ist ja gütig. Höre, Seele, wenn dir nun gegen diese Gedanken allerlei widrige Gedanken einkommen, z. B. deine großen Sünden und dein langer Verzug, dich zu bekehren; diesen Gedanken mußt du widerstehen, aber den guten Gedanken nachgehen, mit Beten, mit Seufzen und Flehen, bis du es recht glauben kannst, daß im Blute Jesu auch für dich Gnade sei, bis du hinfliehen kannst zum Herrn Jesu, kannst dich hineinsenken in die Liebe deines gekreuzigten Jesu, bei allem Sturm und Wetter des Teufels, der Höllen und der Sünde, die auf dich losdringen. Wenn du nun das wirst thun und wirst nicht ablassen, o so wird auch dein Stündlein herankommen, da du wirst versiegelt werden. Aber nun noch eines! Ihr Seelen, die ihr meinet: ihr glaubt; Gott wird euch auch hiedurch ohne Zweifel überzeuget haben. O wir müssen noch besser die Welt verleugnen, Jesus muß uns noch mehr Alles in Adem werden, wir müssen uns mehr heiligen lassen. Ists nicht wahr, ihr werdets gefühlt haben, daß es noch so nicht ist, wie es sein soll, auch bei euch, ihr Seelen, die ihr wirklich glaubt an den Herrn Jesum, auch wahrhaftig Gnade habet in seinem Blute; wir müssen weiter heraus aus dem Irdischen und Vergänglichen, unser Herz muß weiter von der Erde los. O wenn dir auch da wollten die Gedanken einfallen: manche nehmen es doch nicht so gar genau; die und die wären auch fromme Christen. Ach, das ist vom Teufel, die Gedanken müssen wir nicht hören, da müssen wir sogleich im Kampf dawider ins Gebet, ins Flehen um die Gnade, die uns der Heiland erworben hat. Das Wort Gottes, das wir gehöret haben, müssen wir recht anwenden, bis es in unsern Herzen fest wird; ja, mein Heiland, noch weiter heraus aus dem Irdischen, noch näher zu deinen blutigen Wunden, noch mehr muß ich versichert werden! Damit muß man so lange anhalten, bis man unerschütterlich gewiß in der Seele davon werde. Nun, wo das so geht, o! da wird in der seligen Ewigkeit das schöne Kleinod von der Versiegelung gewiß fest bleiben. Ob wir zwar auch damit nichts verdienen, so verlohnt sichs tausendmal wohl der Mühe, so wird doch Gott die geringste Treue krönen. Siehe, Seele, hast du bisher gegen Gott und Jesum getreu zu wandeln gesuchet, hast du dich im Glauben in seine Wunden hineingesenkt, hast du um seinetwillen der Sünde und der Welt in deinem Herzen abgesagt, und du merkst etwa noch was an dir, das nicht recht ist und deinem Herrn Jesu nicht gefällt, ruhe eher nicht, bis dein Herz dahin komme, daß du dich deinem Jesu hingeben kannst; auch die kleine Treue wird dein Jesus krönen, wird dir dein Siegel desto mehr in deinem Herzen befestigen, es wird dir das Kleinod desto herrlicher in deiner Seele offenbar werden. Nun, mein Heiland gebe mir und euch Gnade, daß wir so als Ueberwinder gekrönet werden in Zeit und Ewigkeit. Amen.