Spurgeon, Charles Haddon - Römerbrief (Andachten)

Spurgeon, Charles Haddon - Römerbrief (Andachten)

Römer 1,7

„Den berufenen Heiligen.“

Wir sind gar sehr geneigt, die Heiligen der Apostelzeit als solche zu betrachten, die „Heilige“ wären in einer tiefern und ausgezeichneteren Bedeutung des Worts, als die andern Kinder Gottes. Alle sind „Heilige“, die Gott durch seine Gnade berufen, und geheiliget hat durch seinen Heiligen Geist; aber wir neigen uns doch zu der Vorstellung hin, die Apostel müssten ganz außerordentliche Leute gewesen sein, welche kaum einer ähnlichen Schwachheit, kaum solchen Versuchungen wären unterworfen gewesen, wie wir selber. Dennoch vergessen und verfehlen wir, wenn wir das meinen, die Wahrheit, dass, je mehr ein Mensch vor Gott wandelt und in Gott lebt, er umso mehr Anlass erhält, über sein böses Herz zu trauern, und je mehr ihn sein Meister in seinem Dienste zu Ehren zieht, umso mehr ihn Tag für Tag die Sünde kränkt und schmerzt, die aus dem Fleisch stammt. In der Wirklichkeit ist es so, dass, wenn wir den Apostel Paulus persönlich gekannt hätten, wir hätten denken müssen, es sei auffallend, wie gar ähnlich er den übrigen Gliedern der auserwählten Familie Gottes sei; und wenn wir mit ihm gesprochen hätten, so hätten wir sagen müssen: „Wir finden, dass seine Erfahrungen und die unsern fast dieselben sind. Er ist treuer, ernster, tiefer gegründet als wir, aber er hat mit denselben Trübsalen und Versuchungen zu kämpfen wie wir. Ja, er wird sogar in mancher Beziehung schwerer versucht als wir.“ Seht darum die ersten Heiligen nicht an als solche, die der Schwachheiten und Sünden wären überhoben gewesen; und betrachtet sie nicht mit jener heiligen Scheu, die fast zur Anbetung wird. Ihre Heiligkeit ist auch uns erreichbar. Wir sind „berufene Heilige“, berufen von derselben Stimme, die sie zu ihrer hohen Berufung zog. Es ist jedes Christen Pflicht, mit Gewalt hindurchzudringen in den engern Kreis der Gemeinschaft der Heiligen. Darum wollen wir ihnen nachfolgen; wir wollen nachjagen ihrer Heiligung und ihrem Eifer. Wir haben dasselbe Licht, das ihnen leuchtete, die gleiche Gnade ist uns zugänglich, und warumsollten wir uns zufrieden geben, ehe wir sie im himmlischen Wesen des Gemüts erreicht haben? Sie lebten mit Jesu, sie lebten für Jesum, darum wuchsen sie wie Jesus. So wollen wir denn leben nach demselben Geist, nach dem sie lebten, und „aufsehen auf Jesum, den Anfänger und Vollender unsers Glaubens,“ so wird unsre Heiligkeit bald zum Vorschein kommen.

Römer 1,17

Der Gerechte wird seines Glaubens leben.

Ich werde nicht sterben. Ich kann an den Herrn, meinen Gott, glauben, ich glaube an Ihn, und dieser Glaube wird mich lebendig erhalten. Ich möchte unter diejenigen gezählt werden, die in ihrem Wandel gerecht sind; aber selbst wenn ich vollkommen wäre, würde ich nicht versuchen, durch meine Gerechtigkeit zu leben; ich würde mich an das Werk des Herrn Jesu anklammern und durch den Glauben an Ihn und durch nichts andres leben. Wenn ich im Stande wäre, meinen Leib für den Herrn Jesum brennen zu lassen, so wollte ich doch nicht meinem eignen Mut und meiner Beständigkeit trauen, sondern immer noch durch den Glauben leben.

„Wär´ ich ein Märtyrer am Pfahl,
Mich müsste Jesu Blut versühnen,
Und seine Wunden, seine Qual;
Ich könnte keine Gnad´ verdienen.“

Durch den Glauben leben ist weit sicherer und glücklicher als durch Gefühle oder durch Werke leben. Die Rebe hat ein besseres Leben im Weinstock, als sie es für sich allein haben würde, selbst wenn´s ihr möglich wäre, getrennt vom Stamm zu leben. Leben, indem man sich an Jesum anklammert und alles von Ihm empfängt, ist etwas Süßes und Heiliges. Wenn sogar der Gerechte in dieser Art leben muss, wieviel mehr ich, der ich ein armer Sünder bin! Herr, ich glaube. Ich muss Dir ganz trauen. Was kann ich anders tun? Dir vertrauen ist mein Leben. Ich fühle, dass es so ist. Ich will hierbei bleiben bis ans Ende.

Römer 3,21

Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, geoffenbart und bezeugt durch das Gesetz und die Propheten.
(Röm. 3,21.)

Ich selber war von einem furchtbaren Gefühl der Schuld darnieder gebeugt, das mein Leben elend machte; aber als ich das Wort hörte: „Blickt auf Mich, so werdet ihr selig, alle Enden der Erde; denn Ich bin Gott, und keiner mehr“ (Jes. 45, 22), da blickte ich auf Ihn, und in einem Augenblick machte der HErr mich gerecht. Jesus Christus, für mich zur Sünde gemacht, war es, was ich sah, und dieser Anblick gab mir Ruhe. Wenn die, welche von den feurigen Schlangen in der Wüste gebissen waren, die eherne Schlange anblickten, so wurden sie sogleich geheilt, und ich wurde es auch, als ich auf den gekreuzigten Heiland blickte. Der Heilige Geist, der mir die Kraft verlieh, zu glauben, gab mir auch Frieden durch den Glauben. Ich fühlte mich der Vergebung so sicher, wie ich mich vorher der Verdammung sicher gefühlt hatte. Das Wort des HErrn in der Schrift sagt: „Wer an Mich glaubt, wird nicht verdammt,“ und mein Gewissen bezeugt, dass ich geglaubt habe und dass Gott gerecht ist, indem er mir vergibt. O, wie ich wünsche, dass der Leser das Zeugnis Gottes in dieser Sache annehmen möge, dann würde er bald genug auch das Zeugnis in sich selber haben! Amen. (C. H. Spurgeon.)

Römer 3,24

Und werden ohne Verdienst gerecht aus Seiner Gnade durch die Erlösung, so durch Jesum Christum geschehen ist.
(Röm. 3,24.)

Ich will dir von mir selber dies sagen, um dich zu ermutigen. Meine einzige Hoffnung auf den Himmel ruht auf dem vollen Sühnopfer, das an dem Kreuz auf Golgatha für die Gottlosen dargebracht ist. Darauf verlasse ich mich fest. Ich habe nicht den Schatten einer Hoffnung irgendwo anders. Du bist in derselben Lage, wie ich; denn keiner von uns hat etwas Eigenes, woran er als einen Grund seines Vertrauens zu denken vermag. Lass uns einander bei der Hand fassen und zusammen am Fuß des Kreuzes stehen und unsere Seelen ein für allemal ihm anvertrauen, der Sein Blut für die Schuldigen vergoss! Wir wollen durch einen und denselben Heiland errettet werden. Wenn du Ihm vertraust und dann umkommst, so muss ich auch umkommen. Was kann ich mehr tun, um meine eigne Zuversicht auf das Evangelium, das ich dir vor Augen stelle, zu beweisen? Nun, arme Seele! Willst du in dieses Rettungsboot kommen, grad' so, wie du bist? Hier ist Sicherheit in dem Schiffbruch. Nimm die gewisse Befreiung an! „Ich habe nichts mit mir,“ sagst du. Du wirst nicht gebeten, etwas mit dir zu bringen. Menschen, die ihr Leben retten wollen, lassen selbst ihre Kleider dahinten. Springe hinein, grad' so, wie du bist! Amen. (C. H. Spurgeon.)

Römer 3,26

„Auf dass Er allein gerecht sei, und gerecht mache den, der da ist des Glaubens an Jesum.“

Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott. Das Gewissen verklagt uns nicht länger. Die Gerechtigkeit entscheidet nun zugunsten des Sünders, statt gegen ihn. Das Gedächtnis schaut zurück auf die vergangenen Sünden, mit tiefem Kummer über dieselben, aber ohne jegliche Furcht vor einer künftigen Strafe; denn Christus hat die Furcht seines Volkes bis auf den letzten Heller und Pfennig bezahlt, und den göttlichen Empfangsschein dafür erhalten; und es wäre denn, dass Gott könnte so ungerecht sein, und für die nämliche Schuld doppelte Bezahlung verlangen, so kann nie und nimmer eine Seele, für welche der Herr Jesus als Bürge gestorben ist, in den Höllenpfuhl geworfen werden. Es leuchtet unserem klaren Verstande als eine Grundwahrheit ein, dass wir glauben dürfen, Gott sei gerecht; wir fühlen, dass es so sein muss, und das verursacht uns zuerst großen Schrecken; aber ist es nicht wunderbar, dass eben dieser selbe Glaube an Gottes Gerechtigkeit hernach ein Grundpfeiler unsers Vertrauens und Friedens wird? Wenn Gott gerecht ist, so muss ich als Sünder, der ohne Beistand, ohne Bürgen dasteht, Strafe erdulden; aber Jesus vertritt mich und erleidet die Strafe der Sünde für mich; und nun kann ich als ein Sünder, der in Christo steht, nimmermehr gestraft werden, so anders Gott gerecht ist. Gott müsste seine Natur verändern, ehe eine einzige Seele, für welche der Herr Jesus als Bürge eingestanden ist, möglicherweise je die Geißel des Gesetzes an sich erfahren dürfte. Weil also Jesus an die Stelle des Gläubigen getreten ist, und ein volles Sühngeld bezahlt hat zur Abwendung des göttlichen Strafgerichts für alles, was sein Volk verschuldet hat, so darf der Gläubige in den Siegesjubel ausbrechen: „Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen?“ Gott nicht, denn Er hat sie gerecht gemacht; Christus nicht, denn Er ist gestorben, „ja vielmehr, der auch auferwecket ist.“ Meine Hoffnung blüht nicht darum, weil ich etwa kein Sünder wäre, sondern weil ich ein Sünder bin, für welchen Christus gestorben ist; mein Vertrauen steht nicht darauf, dass ich heilig bin, sondern dass, ob ich schon unheilig bin, Er meine Gerechtigkeit ist. Mein Glaube ruht nicht auf dem, was ich bin oder fühle oder weiß, sondern auf dem, was Christus ist, was Er getan hat, und was Er jetzt noch für mich tut.

Römer 3,31

Heben wir denn das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei ferne! Sondern wir richten das Gesetz auf.“

Wenn der Gläubige aufgenommen wird in die Kindschaft Gottes, so hört mit einem Male seine Verwandtschaft mit dem alten Adam und dem Gesetze auf; aber er steht dann unter einem neuen Gesetz und in einem neuen Bunde. Liebe gläubige Seele, du bist ein Kind Gottes; so ist es auch deine erste Pflicht, deinem himmlischen Vater zu gehorchen. Mit einem knechtischen Geist hast du nichts zu schaffen; du bist kein Sklave, sondern ein Kind; und darum eben, dass du nun ein liebes Kind bist, bist du auch verpflichtet, deines Vaters leisesten Wünschen nachzuleben, und dem kleinsten Gebot Seines Willens Genüge zu tun. Wenn Er dich heißt, Seine Gnadenmittel zu gebrauchen, so versäumst du dies dir zur schweren Verantwortung, denn dann bist du deinem Vater ungehorsam. Befiehlt Er dir, nachzujagen dem Vorbilde Seines heiligen Kindes Jesus, sollte dir solches nicht höchste Freude und Wonne sein? Wenn Jesus zu dir spricht: „Seid vollkommen, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist,“ dann sucht ihr nicht aus Gesetzespflicht, sondern eurem Heiland zu liebe mit allem Ernste einen Wandel der Heiligung zu führen. Wenn Er von Seinen Heiligen fordert, dass sie sich unter einander lieben, dann tuts nicht, weil das Gesetz spricht: „Liebe deinen Nächsten,“ sondern weil Jesus sagt: „So ihr Mich lieb habt, so haltet meine Gebote;“ und das ist das Gebot, das Er euch gegeben hat: „Liebet euch unter einander.“ Wenn ihr ermahnt werdet, den Dürftigen mitzuteilen, so tuts nicht, weil die Barmherzigkeit eine Last wäre, der ihr nicht ausweichen dürft, sondern weil der Herr Jesus lehrt: Gib dem, der dich bittet.“ Wenn Sein Wort spricht: „Liebe Gott von ganzem Herzen,“ dann schau auf dies Gebot. und antworte: „Ach, Gebot! Christus hat dich schon erfüllt, darum habe ich nicht mehr nötig, dich um meiner Seligkeit willen zu erfüllen; sondern ich freue mich innig, dass ich dir gehorsam sein darf, weil Gott nun mein Vater ist und Er Ansprüche an mich hat, die ich nicht zurückweisen darf noch will.“ Möge Gott der Heilige Geist dich gehorsam machen der allüberwindenden Macht der Liebe Christi, auf dass du ausrufen kannst: Führe mich auf dem Steige deiner Gebote, denn ich habe Lust dazu.„ (Goldstrahlen, Januar 25)

Römer 4,5

Dem aber, der nicht mit Werten umgeht, glaubt aber an den, der die Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit.
(Röm. 4, 5.)

Komm in deinem Hauskleid! Ich meine, komm zu deinem himmlischen Vater in all deiner Sünde und Sündigkeit! Komm zu JEsus grade wie du bist, aussätzig, schmutzig, nackt, weder zum Leben noch zum Sterben tauglich! Komm, du, der du der wahre Auswurf der Schöpfung bist; komm, obgleich du kaum irgend etwas anderes als den Tod zu hoffen wagst! Komm, obgleich die Verzweiflung sich über dich gelagert hat und wie ein schrecklicher Alp deine Brust bedrückt! Komm und bitte den HErrn, noch einen Gottlosen mehr gerecht zu machen! Warum sollt Ers nicht? Komm nur her; denn diese große Gnade Gottes ist für solche, wie du bist, bestimmt. Ich drücke es in den Worten des Textes aus und ich kann es nicht stärker ausdrücken: der HErr Gott selber nimmt diesen gnädigen Titel an: „Den, der Gottlose gerecht macht.“ Er macht die, welche von Natur gottlos sind, gerecht und lässt sie als gerecht behandelt werden. Ist das nicht ein wundervolles Wort für dich? Leser, stehe nicht von deinem Sitze auf, bis du diese Sache wohl überlegt hast! Amen.

Römer 4,20

Stark im Glauben.“

Christ, habe wohl acht auf deinen Glauben; denn bedenke, dass der Glaube der einzige Weg ist, auf dem du Gnade und Segen empfangen kannst. Haben wir ein Bedürfnis nach göttlichen Segensgaben, so sind sie allein dem Glauben erreichbar. Das Gebet erlangt keine Erhörung vor dem Throne Gottes, es sei denn das ernstliche Gebet des Gläubigen. Der Glaube ist der himmlische Botschafter zwischen der Seele und dem verherrlichten und verklärten Herrn Jesus. Fehlt uns dieser Bote, so können wir weder unsre Gebete emporsenden, noch können wir von oben Erhörung empfangen. Der Glaube ist der Telegraphendraht, der zwischen Erde und Himmel ausgespannt ist und welchen Gottes Liebesverheißungen so schnell durchlaufen, dass, ehe wir rufen, so antwortet Er, wenn wir noch reden, so hört Er uns. Wenn aber diese telegraphische Verbindung zerrissen ist, wie können wir dann noch die Verheißung empfangen? Bin ich etwa in großer Trübsal? Ich kann Hilfe empfangen in meiner Not durch den Glauben. Werde ich vom Feinde bedrängt? Meine Seele findet eine sichere Zuflucht und Schutzwehr bei Ihm durch den Glauben. Nimm aber den Glauben weg, so schreie ich umsonst zu Gott. Es ist sonst keine Straße mehr zwischen meiner Seele und dem Himmel. Im tiefsten Winterfrost ist der Glaube eine Straße, auf welcher die feurigen Rosse des Gebets laufen können, und zwar umso besser, je ärger die Kälte schneidet; lasst euch aber einmal die Straße versperren und seht dann, wie ihr noch mit dem großen König verkehren könnt? Der Glaube verknüpft mich mit der Gottheit. Der Glaube kleidet mich mit der Kraft des Herrn. Der Glaube führt die Allmacht Jehovahs in meinen Dienst. Der Glaube nimmt jede göttliche Eigenschaft zu meinem Schutz und Schirm in Anspruch. Er steht mir bei im Kampf gegen die höllischen Mächte. Er führt mich siegreich über die Leichen meiner Feinde. Wie aber kann ich ohne Glauben irgendetwas vom Herrn empfangen? „Wer da zweifelt, der ist gleich wie die Meereswoge, die vom Winde getrieben und gewebt wird; solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde!“ Darum, o Christ, wache sorgsam über deinen Glauben, denn durch ihn kannst du alles erlangen, und seist du auch noch so arm; aber ohne denselben bekommst du nichts. “Wenn du könntest glauben! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“

Römer 5,3

Dieweil wir wissen, dass Trübsal Geduld wirket.

Dies ist eine Verheißung dem Wesen nach, wenn nicht der Form nach. Wir haben Geduld nötig, und hier sehen wir den Weg, sie zu erlangen. Nur durch Erdulden lernen wir erdulden, eben wie die Menschen schwimmen durch Schwimmen lernen. Ihr könntet diese Kunst nicht auf dem trockenen Lande lernen und ebensowenig Geduld lernen ohne Leiden. Ist es nicht der Mühe wert, Trübsal zu haben, um jenen schönen Gleichmut der Seele zu gewinnen, der sich ruhig in den Willen Gottes ergibt?

Dennoch spricht unser Text eine sonderbare Tatsache aus, die nicht der Natur gemäß, sondern übernatürlich ist. Die Trübsal wirkt an und für sich Ungeduld, Unglauben und Empörung. Nur durch die heilige Alchimie der Gnade wirkt sie Geduld in uns. Wir dreschen nicht den Weizen, um den Staub zu löschen, und doch tut der Flegel der Trübsal dies auf Gottes Tenne. Wir werfen nicht einen Menschen umher, um ihm Ruhe zu geben, doch der Herr verfährt so mit seinen Kindern. Wahrlich, dies ist nicht die Art der Menschen, gereicht aber sehr zur Ehre unsres allein weisen Gottes.

O, dass ich Gnade hätte, mir meine Prüfungen zum Segen werden zu lassen! Warum sollte ich wünschen, ihre gnadenvolle Wirkung aufzuhalten? Herr, ich bitte Dich, mein Leiden hinwegzunehmen, aber ich bitte Dich zehnmal mehr, meine Ungeduld hinwegzunehmen. Teurer Herr Jesus, grabe mit Deinem Kreuz das Bild Deiner Geduld auf mein Herz ein.

Römer 6,6

Dass wir hinfort der Sünde nicht dienen.“

Christ, was hast du mit der Sünde zu schaffen? Hat sie dich nicht schon genug gekostet? Gebranntes Kind, warum willst du noch mit dem Feuer spielen? Wie, du bist schon einmal unter den Klauen des Löwen gewesen, und willst dich noch einmal in seine Höhle wagen? Hast du noch nicht genug bekommen von der alten Schlange? Hat sie nicht einst dein Blut schon ganz und gar vergiftet, und du willst abermals mit der Otter spielen, und dem Basilisken die Hand in den Rachen stecken? O, sei doch nicht so wahnsinnig, so töricht! Hat dir je die Sünde wahres Vergnügen gewährt? Hast du eine ganze Befriedigung in ihr gefunden? Wenn dem also ist, so gehe wieder hin in deine alte Sklaverei, und schleppe die Ketten wieder, wenn es dir gefällt. Aber die Sünde hat dir das nie gegeben, was sie dir versprach, sondern hat dich mit Vorspiegelungen betrogen; darum lass dich nicht ein zweites Mal von dem alten Lügner hintergehen - reiß dich los, und die Erinnerung an deine alten Ketten möge dich davor warnen, noch einmal ins Netz zu gehen! Es ist auch den Absichten der ewigen Liebe zu wider, die deine Reinigung und Heiligung im Auge hat; darum arbeite nicht dem Wilen deines Herrn entgegen. Ein anderer Gedanke sollte dich gleichfalls von der Sünde abhalten: Christen kommt die Sünde immer teuer zu stehen; sie zahlen einen schweren Preis für ihre Übertretung. Die Missetat zerstört den Frieden ihres Gemüts, verdunkelt die Gemeinschaft mit Jesu, verhindert das Gebet und umnachtet die Seele; darum sei nicht der Knecht und Leibeigene der Sünde. Es gibt auch noch einen gewichtigern Grund: so oft du „der Sünde dienst“, hast du dir selbst „wiederum den Sohn Gottes gekreuziget und haltest Ihn für Spott.“ Kannst du diesen Gedanken ertragen? O, wenn du heute in irgend eine besondere Sünde gefallen bist, so hat dir vielleicht eben deshalb mein Meister Heute Abend diese Ermahnung zukommen lassen, um dich von weiterm Abirren zurückzuhalten. Wende dich von neuem zu Jesu: Er hat Seine Liebe zu dir nicht vergessen; Seine Gnade ist noch die gleiche wie sonst. Komm mit Tränen der Reue zu Seinem Fußschemel, so wirst du abermals in Sein Herz aufgenommen, und Er macht seinen Gang gewiss. (Goldstrahlen Mai 30)

Römer 6,14

Denn die Sünde wird nicht herrschen können über euch; sintemal ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade.

Die Sünde wird herrschen, wenn sie kann: sie kann nicht zufriedengestellt werden mit irgend einem Platz unter dem Throne des Herzens. Wir fürchten zuweilen, dass sie uns überwinden wird, und dann rufen wir zum Herrn: „Lass kein Unrecht über mich herrschen.“ Dies ist seine tröstliche Antwort: „Die Sünde wird nicht herrschen können über euch.“ Sie mag euch angreifen und sogar verwunden; aber sie soll nie die Herrschaft über euch gewinnen.

Wären wir unter dem Gesetz, so würde unsre Sünde Kraft sammeln und uns unter ihre Macht halten; dann es ist die Strafe der Sünde, dass der Mensch unter die Macht der Sünde kommt. Da wir indes unter dem Gnadenbund sind, so sind wir gegen die Trennung von dem lebendigen Gott gesichert durch die gewisse Erklärung des Bundes. Gnade ist uns verheißen, durch die wir von unsren Irrwegen zurückgebracht, von unsren Unreinheiten gereinigt und befreit werden.

Wir möchten vielleicht in Verzweiflung uns niederlegen und es zufrieden sein, „den Ägyptern zu dienen.“ wenn wir immer noch als Sklaven arbeiteten, um das ewige Leben zu erwerben; aber da wir des Herrn Freie sind, so fassen wir Mut, mit unserer Verderbtheit und unsren Versuchungen zu kämpfen, versichert, dass die Sünde uns nie wieder unter ihre Gewalt bringen soll. Gott selbst gibt uns den Sieg durch unsren Herrn Jesum Christum, dem Ehre sei von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen

Römer 7,13

Die Sünde - überaus sündig.“

Hüte dich vor dem geringsten sündlichen Gedanken. Zur Zeit unserer Bekehrung ist das Gewissen so zart, dass wir vor der kleinsten Sünde mit Entsetzen zurückschaudern. Aber wie bald entschwindet der zarte Duft von diesen Erstlingsfrüchten des neuerwachten Lebens unter der rauen Hand der stürmischen Welt; die empfindliche Pflanze der jungen Gottesfurcht verwandelt sich später in eine wuchernde Weide, die überall nachgibt, sich überall biegt und beugt und sich allerlei Verletzung gefallen lässt. Es ist leider nur zu wahr, dass auch ein Christ nach und nach so abgestumpft werden kann, dass die Sünde, die ihm einst Angst und Entsetzen einjagte, ihn nicht mehr im mindesten in Unruhe versetzt. Mit der Zeit werden die Menschen mit der Sünde vertraut. Das Ohr, das vom Kanonendonner betäubt ist, nimmt die sanften Töne der Harfe nicht mehr gewahr. Erst setzt uns eine kleine Sünde in die bitterste Not; aber bald sagen wir: „Ach, ist es eigentlich nicht nur eine kleine?“ Dann kommt eine andre, größere, und dann wieder eine, bis es endlich soweit mit uns kommt, dass wir die Sünde überhaupt nur als ein kleines Unrecht ansehen; und dann kommt das unselige Vorurteil: „Wir sind doch nicht in offenbare Sünden gefallen.“ So schwächen wir den Blick für die Sünde ab, wir werfen einen Schleier darüber; wir geben ihr gelindere Namen. Christ, hüte dich, dass du es mit der Sünde nicht leicht nimmst! Ja, hüte dich, sonst bringt sie dich endlich zu Falle. Sie Sünde etwas Geringes? Ist sie denn nicht ein tödliches Gift? Was weißt du von ihrer Tödlichkeit? - Die Sünde etwas Geringes? Sind‘s nicht die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben? Baut nicht das unscheinbare Korallentierchen einen Fels auf aus der Meerestiefe, daran die Schiffe zerschellen? Fällen nicht kleine Streiche auch die größte Eiche? Wäscht nicht der beständig fallende Tropfen das härteste Gestein aus? Die Sünde etwas Geringes? Sie krönte des Heilandes Haupt mit Dornen und durchbohrte sein Herz! Sie bereitete Ihm Leiden und Todesangst, Bitterkeit und Schmerzen. Könntet ihr auch die kleinste Sünde wägen in den Waagschalen der Ewigkeit, so würdet ihr vor ihr fliehen, wie vor einer Schlange, und auch den geringsten Schein des Bösen meiden und verabscheuen. Betrachtet jede Sünde als eine solche, die den Heiland ans Kreuz genagelt hat, so werdet ihr erkennen, dass die „Sünde überaus sündig“ ist.

Römer 7,22-23

Denn ich habe Wohlgefallen an dem Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen; aber ich sehe ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetz meines Sinnes widerstreitet und mich in Gefangenschaft bringt unter das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.“

Da schied Gott das Licht von der Finsternis.“ 1. Mose 1,4

In einem Gläubigen sind zweierlei Kräfte in Tätigkeit. In seinem natürlichen Zustande war er nur der einen dieser Kräfte untertan, welches war die Finsternis; nun hat das Licht bei Ihm Eingang gefunden, und die beiden Mächte kämpfen nun um die Oberherrschaft. Beachtet die Worte des Apostels Paulus in diesem siebenten Kapitel des Römerbriefs: „So finde ich in mir nun ein Gesetz, der ich will das Gute tun, dass mir das Böse anhanget. Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen. Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das da widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt und nimmt mich gefangen in der Sünde Gesetz, welches ist in meinen Gliedern.“

Wie wird dieser Zustand der Dinge hervorgerufen? „Gott schied das Licht von der Finsternis.“ Die Finsternis ist an und für sich ruhig und bleibt ungestört; sobald aber der Herr Licht hineinsendet, so gibt es einen Kampf, denn eines stehet dem andern entgegen. Und dieser Kampf hört nimmer auf, bis der Gläubige völlig verklärt ist im Herrn. Findet nun eine Scheidung innerhalb des einzelnen Christen statt, so erfolgt auch äußerlich eine Scheidung. Sobald der Herr einem Menschen Licht schenkt, so strebt er, sich von der umgebenden Finsternis los zu machen; er will nichts mehr zu schaffen haben mit einer bloß weltlichen Frömmigkeit äußerlicher Formeln, denn ihm genügt von nun an nichts mehr, außer dem Evangelium von Christus, und er entzieht sich aller weltlichen Gesellschaft und allen leichtsinnigen Vergnügungen und sucht die Gemeinschaft der Heiligen, denn „wir wissen, dass wir aus dem Tode in das Leben gekommen sind; denn wir lieben die Brüder.“ Das Licht sammelt sich, und so auch die Finsternis.

Was Gott geschieden hat, wollen wir nicht zu vereinigen suchen, sondern gleichwie Christus hinausging außer dem Lager und seine Schmach trug, so wollen auch wir ausgehen von den Gottlosen und ein heiliges Volk sein. Er war heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern ausgesondert; und gleich wie Er, sollen auch wir uns nicht dieser Welt gleichstellen, sondern alle Sünde verabscheuen und uns von den übrigen Menschen dadurch auszeichnen, dass wir unserem Meister ähnlich werden; denn wir sind geheiligt durch den Namen unseres Herrn Jesu Christi.

Römer 8,1

So ist nun nichts Verdammliches an denen, die in Christo Jesu sind.“

Komm, liebe Seele, und denke hierüber nach. Glaubst du an den Herrn Jesum, so bist du wirklich und gründlich von aller Schuld erlöst, du bist aus deinem Gefängnis heraus. geführt. Du bist nicht mehr mit Ketten gebunden, wie ein Leibeigener; du bist schon jetzt frei geworden aus der Sklaverei des Gesetzes; du bist befreit von der Herrschaft der Sünde, und darfst frei umhergehen als ein Freier, deines Heilandes Blut hat dir deine vollkommene Freiheit erworben. Jetzt hast du ein Recht, zum Throne deines Vaters zu kommen; keine flammenden Schwerter der Zornesrache schrecken dich von hier zurück; keine drohende Cherubswache wehrt dir den Zugang; die Gerechtigkeit darf den Schuldlosen nicht schlagen. Alle deine Schwächen und Mängel sind nun beseitigt: sonst warst du nicht im Stande, deines Vaters Antlitz zu sehen; jetzt darfst du es mit Lust betrachten. Du konntest nicht mit Ihm reden; jetzt aber hast du freien Zugang zu Ihm. Einst lag Furcht der Hölle auf dir; jetzt aber weißt du nichts mehr von solcher Furcht, denn wie kann den Unschuldigen Strafe treffen? Wer da glaubt, der wird nicht verdammt, und kann nicht gestraft werden. Und mehr als dies Alles, alle die seligen Vorrechte, derer du dich hättest erfreuen dürfen, wenn du nie gesündiget hättest, sind jetzt dennoch dein, weil du gerecht gemacht bist. Alle die Segnungen, die dir zu Teil geworden wären, wenn du das Gesetz gehalten hättest, und noch weit mehr, sind nun dein, weil Christus das Gesetz für dich erfüllt hat. Auch die Liebe und Wonne, welche dir ein vollkommener Gehorsam bei Gott erworben hätte, gehören nun dir zu, weil Christus um deinetwillen vollkommen gehorsam war und all' Sein Verdienst dir zugerechnet hat, damit du überschwänglich reich würdest durch Den, der um deinetwillen unsäglich arm und elend geworden ist. O, wie groß ist doch die Liebesschuld und Dankespflicht, die du deinem Heiland schuldig bist!

„Ich bin gerecht durch meinen. Glauben,
Der mich dem Heiland einverleibt;
Wer kann mir dieses Kleinod rauben,
Das mir Sein Blut und Tod verschreibt?
Sein teures Wort bekräftigt dies;
Ich bins gewiss!“

(Goldstrahlen Februar 13)

Römer 8,12

So sind wir nun, liebe Brüder, Schuldner.“

Wir alle sind als Gottes Geschöpfe seine Schuldner; schuldig, Ihm zu dienen mit Leib, Seele und mit allen Kräften. Durch Übertretung seines Gesetzes, deren wir uns schuldig gemacht haben, sind wir Schuldner geworden seiner Gerechtigkeit und schulden Ihm eine große Summe, die wir nicht imstande sind zu bezahlen. Von dem Christen aber kann man sagen, dass er der Gerechtigkeit Gottes auch nicht das Geringste schuldig ist, denn Christus hat die Schuld für die Seinen bezahlt; aber umso mehr ist der gläubige Christ ein Schuldner der Liebe. Ich bin ein Schuldner der göttlichen Gnade und Vergebung; aber ich bin kein Schuldner mehr seiner Gerechtigkeit, denn Er rechnet mir keine Schuld mehr zu, die schon bezahlt ist. Christus hat gesagt: „Es ist vollbracht!“ und damit hat Er bezeugt, dass alles, was sein Volk schuldig war, auf immer aus dem Schuldbuch getilgt sei. Christus hat aufs völligste ein Genüge getan der göttlichen Gerechtigkeit; die Rechnung ist ausgeglichen, die Handschrift ist ans Kreuz geheftet, die Quittung ist unterschrieben, und wir sind nun keine Schuldner der göttlichen Gerechtigkeit mehr. Weil wir aber in diesem Sinne nicht mehr unsers Herrn Schuldner sind, so werden wir dadurch zehnfach größere Schuldner Gott gegenüber. Lieber Christ, erwäge das einen Augenblick. Wie viel hast du der unumschränkten Güte Gottes zu verdanken! Wie vieles schuldest du seiner selbstentäußernden Liebe, denn Er hat seinen eigenen Sohn für dich in den Tod dahingegeben. Bedenke, wie viel du seiner vergebenden Gnade verpflichtet bist, denn nachdem du Ihn zehntausendfach verschmäht hast, liebt Er dich doch immer noch mit so unendlicher Innigkeit als je. Betrachte, was du seiner Macht verdankst; wie Er dich auferweckt hat aus deinem Sündentod; wie Er dein geistliches Leben gehütet hat; wie Er dich bewahret hat vor dem Verderben, und wie Er dich mitten durch tausend tobende Feinde hindurch geleitet hat auf sicherem Pfade. Erfasse, was du seiner unwandelbaren Treue verdankst. Tausendmal bist du wankelmütig geworden, Er aber ist unverändert derselbe geblieben. Du bist jeder Eigenschaft Gottes gegenüber so tief verschuldet als nur immer möglich. Deinem Gott verdankst du dich selber, und alles, was du hast; so übergib dich Ihm ganz als ein lebendiges Opfer, das ist dein vernünftiger Gottesdienst.

Römer 8,17

Miterben Christi.“

Christo gehören die unendlichen Reiche im Weltall seines Vaters als Eigentum an durch rechtskräftige Einsetzung. Als „Erbe über alles“ ist Er der einzige Eigentümer der weiten Weltschöpfung Gottes, und Er hat uns gestattet, das alles als unser Eigentum anzusehen und in Anspruch zu nehmen, und hat uns dazu ermächtigt durch seine Einsetzung zu Miterben, welche der Herr bestätigt hat allen seinen Auserwählten. Die goldenen Gassen des Paradieses, die Perlentore, der Strom des Lebens, die überschwängliche Seligkeit und die unaussprechliche Herrlichkeit sind uns durch unsern hochgelobten Herrn übergeben zum ewigen Eigentum. Alles, was Er hat, teilt Er mit seinem Volk. Er hat seine Königskrone seiner Braut und auserwählten Gemeinde aufs Haupt gesetzt, und hat ihr ein Reich gestiftet und ihre Söhne ein königliches Priestertum genannt, ein auserwähltes Geschlecht, ein Volk von Priestern und Königen. Er hat sich selber seiner Krone entäußert, damit wir könnten gekrönt werden mit Herrlichkeit; Er wollte nicht sitzen auf seinem Stuhl, bis dass Er selbst Raum gemacht hätte für alle, die, die da überwinden durch sein Blut. Sieh, das ist der Lohn eines jeden gläubigen Überwinders! Christi Thron, Krone, Zepter, Palast, Schatz, Kleid, Erbteil, - alles ist euer. Weit erhaben über alle Eifersucht, Selbstsucht und Habsucht, die nicht leiden wollen, dass irgendein anderer ihres Besitzes teilhaftig werde, schätzt sich Christus nur umso glücklicher und herrlicher, wenn sein Volk an seiner Herrlichkeit teil hat. „Ich habe ihnen gegeben die Herrlichkeit, die Du mir gegeben hast.“ „Solches rede ich zu euch, auf dass meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“ Das Lächeln des Wohlgefallens seines Vaters ist Ihm umso lieblicher, weil auch die Seinen daran teilhaben. Die Majestät und die Würde seiner Herrschaft ist Ihm umso wertvoller, weil auch sein Volk mit Ihm im Glanz der Herrlichkeit strahlt. Seine Siege sind Ihm umso willkommener, weil auch seine Auserwählten dadurch überwinden lernen. Er schaut mit Wonne auf seinen Thron, weil Er auch Raum beut für sie. Er hat Wohlgefallen an seinem Kleid der Herrlichkeit, weil seines Gewandes Saum auch über sie gebreitet ist. Er ist umso seliger in seiner Freude, weil Er sie kann eingehen heißen zu seiner ewigen Freude und Wonne.

Römer 8,23

Sehnen uns auch bei uns selbst nach der Kindschaft.“

Schon in dieser Welt sind die Heiligen Gottes Kinder, aber die Menschen erkennen nicht, dass es so ist; sie ahnen es nur aus den sichtbaren Früchten der Gerechtigkeit. Die Kindschaft ist hienieden noch nicht offenbar, die Kinder sind noch nicht öffentlich anerkannt. Bei den Römern durfte Einer ein Kind an Kindesstatt annehmen und es längere Zeit geheim halten; es gab aber noch eine zweite, und zwar öffentliche Kindesannahme; wenn das Kind vor die gesetzlichen Behörden gebracht wurde, nahm man ihm seine früheren Kleider ab, und der Vater, der es an Kindesstatt annahm, gab ihm Kleidung, wie sie sich für seine neuen Standesverhältnisse schickte. „Meine Lieben, wir sind nun Gottes Kinder, und ist noch nicht erschienen, was wir sein werden.“ Wir sind noch nicht in den Schmuck gekleidet, welcher der königlichen Familie im Himmel zukommt; wir tragen in diesem Fleisch und Blut gerade das Gewand, das wir als Söhne Adams trugen: aber wir wissen, dass, „wenn Er erscheinen wird, welcher ist der Erstgeborene unter vielen Brüdern“, so „werden wir Ihm gleich sein, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist.“ Könnt ihr euch nicht denken, dass ein Kind aus den untersten Kreisen der Gesellschaft, das ein römischer Senator an Kindesstatt angenommen hatte, bei sich selbst denken mochte: „Ich sehne mich nach dem Tage, wo ich öffentlich als sein Kind anerkannt werde. Denn dann werde ich diese gemeinen Kleider ablegen und bekleidet werden, wie es in meinem vornehmen Stande sich ziemt?“ Wir harren, bis dass wir unsere reinen Kleider anziehen dürfen, und offenbar werden sollen als die Kinder Gottes. Wir sind junge Edelleute und haben unsern Degen noch nicht empfangen. Wir sind jugendliche Bräute, und der Hochzeitstag ist noch nicht gekommen, und durch die Liebe, die unser Bräutigam uns erweist, werden wir mit innigem Verlangen nach dem Hochzeitstage erfüllt, der uns mit Ihm vereinigen soll. Gerade unsere Seligkeit erweckt unsere Sehnsucht nach etwas Vollkommnerem; unsere Freude möchte wie ein eingeengter Quell gerne aufwallen als ein isländischer Geyser, sie möchte sich erheben bis zu den Wolken, und es seufzt und sehnt sich unser Geist in uns nach einem weitern, freiern Raum, damit er sich den Menschen offenbaren könne, (Goldstrahlen Juni 23)

Römer 8,23

„Wir selbst, die wir haben des Geistes Erstlinge.“

Gegenwärtiger Besitz ist uns verheißen. In eben diesem gegenwärtigen Augenblick haben wir des Geistes Erstlinge.

Wir haben die Reue, diesen Edelstein vom reinsten Wasser; den Glauben, diese unschätzbare Perle; die Hoffnung, diesen himmlischen Smaragd; und die Liebe, diesen köstlichen Rubin. Wir sind schon jetzt eine „neue Kreatur in Christo Jesu“ geworden durch die wirksame Gnade Gottes des Heiligen Geistes. Das wird eine Erstlingsfrucht genannt, weil es am ersten zum Vorschein kommt. Gleich wie die Opfergarbe der Erstling war von den Früchten der Ernte, so sind auch das geistliche Leben und alle Gnadengaben, die dieses Leben schmücken, die ersten Wirkungen des Geistes Gottes in unsern Herzen. Die Erstlingsfrüchte waren das Unterpfand der Ernte. Sobald der Israelite die erste Hand voll reifer Ähren gepflückt hatte, schaute er voll freudiger Erwartung hinaus auf die Zeit, wo der Wagen unter der goldenen Last der Garben ächzen würde. Und so, liebe Brüder, wenn uns Gott gibt, was keusch ist, was lieblich, was wohl lautet, als eine Wirkung des Heiligen Geistes, so ist uns das alles eine gute Vorbedeutung für die zukünftige Herrlichkeit. Die Erstlingsfrüchte waren stets dem Herrn heilig, und so ist unsere neue Natur samt ihren Kräften etwas Geheiligtes. Das neue Leben ist nicht in solcher Art unser Eigentum, dass wir seine Vortrefflichkeit unserm eigenen Verdienst zuschreiben dürften; es ist Christi Abbild und Werk, und ist um Seiner Verherrlichung willen vorhanden. Aber die Erstlinge waren nicht die Ernte, und die Werke, die der Heilige Geist jetzt in uns schafft, sind nicht die Vollendung; die Vollkommenheit erwarten wir erst. Wir dürfen nicht rühmen, dass wir es schon ergriffen hätten, und meinen, die Webegarbe sei der ganze Ertrag des Jahres; wir müssen hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, und uns nach dem Tage der völligen Erlösung sehnen. Liebe Seele, öffne heute Abend deinen Mund weit, so wird ihn Gott füllen. Lass die Güter, die du jetzt im Besitz hast, in dir eine heilige Begierde nach reichlicherer Gnade erregen. Seufze innerlich nach höheren Stufen der Heiligung, so wird sie dir der Herr gewähren, denn Er kann überschwänglich tun über Alles, das wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die da in uns wirket. (Goldstrahlen August 16)

Römer 8,23

„Wir sehnen uns auch bei uns selbst nach der Kindschaft, und warten auf unsers Leibes Erlösung.“

Dieses Sehnen ist allen Heiligen gemeinsam; wir empfinden es alle in größerem oder geringerem Maße. Es ist nicht das Seufzen des Murrens oder der Klage, es ist vielmehr der Ausdruck des Verlangens als des Verzagens. Wenn wir ernst geworden sind, sehnen wir uns nach dem ganzen Erbteil; wir seufzen danach, dass unser ganzes menschliches Wesen in seiner Dreieinheit von Geist, Seele und Leib möchte frei werden von den letzten Spuren des Sündenfalls; wir sehnen uns, abzulegen das Verderben, die Schwäche, die Schande der Sünde, und uns zu kleiden in das Unverwesliche, Unsterbliche, in die Herrlichkeit des geistlichen Leibes, den der Herr Jesus den Seinen verheißen hat. Uns verlangt nach der Offenbarung unserer Kindschaft, als Kinder Gottes. „Wir sehnen uns“, aber das geschieht „bei uns selbst“. Es ist nicht das Sehnen eines Heuchlers, der die Menschen glauben machen will, er sei ein Heiliger, weil er sich elend fühle. Unser Sehnen ist geheiligt, zu teuer für uns, als dass wir öffentlich davon reden könnten. Wir bewahren unsre Sehnsucht ganz allein für unsern Herrn. Dann spricht der Apostel: „wir warten“, was uns zeigt, dass wir nicht ungeduldig werden sollen, wie Jonas und Elias, da sie sprachen: „Nimm, Herr, meine Seele von mir;“ noch sollen wir das Ende unsres Lebens herbeiwünschen, weil wir der Arbeit müde sind und unsern zeitlichen Leiden entrinnen möchten, bis dass des Herrn Wille geschehe. Wir sehnen uns nach der Verherrlichung, aber wir müssen in Geduld darauf warten, dieweil wir wissen, dass, was der Herr für uns versieht, zu unsrem Besten dient. Warten setzt Bereitschaft voraus; wir sollen an der Tür stehen und warten, bis dass der Freund sie auftut und uns zu sich heimholt. Dies „Sehnen“ ist ein Zeugnis. Einen Menschen kann man nach dem beurteilen, was er erstrebt. Manche Menschen trachten nach Reichtum; sie dienen dem Mammon; etliche seufzen unaufhörlich unter den Trübsalen des Lebens; sie sind ungeduldig; aber der nach Gott seufzt und sich unglücklich fühlt, bis dass er Christo ähnlich geworden ist, der ist ein seliger Mann. Gott stehe uns bei, dass wir uns sehnen nach der Zukunft des Herrn und nach der Auferstehung, die Er uns verheißen hat.

Römer 8,28

„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen.“

Über etliche Stücke ist der Gläubige ganz im klaren. Er weiß z.B., dass Gott im Hinterteil des Schiffes sitzt, und das Steuer lenkt mitten im heftigen Sturm. Er glaubt, dass eine unsichtbare Hand das Fahrzeug der Weltgeschichte regiert, und dass Jehovah es leitet nach seinem Rat, wie wunderbar auch die Fluten der göttlichen Vorsehung wogen. Die sichere Erkenntnis beruhigt ihn über alles und bereitet ihn auf alles vor. Er schaut hinaus in die tobenden Wellen, und sieht die Gestalt Jesu einhergehen auf den Tiefen, und vernimmt seine Stimme, die ihm zuruft: „Sei getrost, ich bin es, fürchte dich nicht.“ Er weiß auch, dass Gott immer weise handelt, und weil er das weiß, ist er voll Zuversicht, dass ihm kein Unglück schaden und kein Missgeschick begegnen kann; dass nichts geschehen kann, was nicht kommen sollte. Er darf getrost sprechen: „Und sollte ich auch alles verlieren, was ich besitze, so ist es besser verlieren als behalten, wenn‘s Gottes Wille ist; das größte Unglück ist das Beste und Zuträglichste für mich, wenn‘s Gott so ordnet.“ „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“ Der Christ hält hieran fest, nicht wie wenn‘s eine bloße Einbildung wäre, sondern er weiß, dass es wirklich so ist. Alles hat bis jetzt zum Besten gedient; die giftigen Stoffe, im rechten Verhältnis gemischt, haben die Heilung bewirkt. Der scharfe, sichere Schnitt des Messers hat das brandige Fleisch der Wunde entfernt und die Heilung erleichtert. Jede Schickung hat bis jetzt die wohltätigste, göttliche Wirkung geübt; und so wird des Gläubigen Herz durch den Glauben an Gottes allwaltende Obhut, an seine weise Regierung, an seine Macht, das Böse zum Guten zu wenden, fest und gewiss gemacht, und tüchtig gemacht, jeder Trübsal ergeben und vertrauensvoll zu begegnen, wie Er sie sendet. Der Gläubige vermag durch den Geist des Gottvertrauens zu beten: „Sende mir, was Du willst, mein Gott, solange es von Dir kommt; nie wurde irgendeinem Deiner Kinder Böses zuteil.“

„Sei, Seele, ruhig, unverzagt,
Wenn irgend dich ein Kummer plagt;
Befiehl Gott deine Sachen!
In aller Pein vertrau‘ allein
Auf Ihn; Er wird‘s wohl machen.“

Römer 8,30

„Welche Er hat gerecht gemacht, die hat Er auch herrlich gemacht.“

Hier ist eine köstliche Wahrheit für dich, liebe gläubige Seele. Du bist vielleicht arm, oder elend, oder unbekannt; aber zu deiner Erquickung schaue hin auf deine „Berufung“ und die seligen Folgen, die daraus herfließen, und besonders auf die köstliche Wirkung, von welcher hier die Rede ist. So gewiss du heute Gottes Kind bist, so gewiss werden alle deine Trübsale bald ein Ende nehmen, und du wirst reich sein an allem, was dir zum Heil und zur Herrlichkeit dient. Warte noch ein wenig, und dies dein müdes Haupt wird eine Krone der Herrlichkeit tragen, und diese deine arbeitsschwere Hand wird Siegespalmen schwingen. Klage nicht über deine Leiden, sondern freue dich vielmehr darüber, dass du in einer Kürze dort sein wirst, wo „nicht Leid, noch Geschrei, noch Schmerzen wird mehr sein.“ Die feurigen Rosse und Wagen warten vor deiner Tür, und ein Augenblick ist genug, um dich hinüberzutragen zu den Verklärten. Ewiger Preis und Dank ist schon auf deinen Lippen. Die Pforten des Himmels stehen dir offen. Der Eingang zu deiner ewigen Ruhe ist dir unfehlbar gesichert. Wenn Er dich berufen hat, so kann dich nichts von seiner Liebe scheiden. Trübsal und Traurigkeit können das Band nicht lösen; das Feuer der Verfolgung kann die Fessel nicht versengen; der Hammer der Hölle kann die Kette nicht zersprengen. Du bist geborgen; jene Stimme, die dich zuerst gerufen hat, wird dich wieder rufen, und diesmal von der Erde zum Himmel, aus des Todes düsterm Dunkel zum unaussprechlichen Glanz der Herrlichkeit. O, halte nur daran fest, dass das Herz Dessen, der dich gerecht gemacht hat, mit unendlicher Liebe dir entgegenschlägt. Bald wirst du bei den Verklärten sein, dort wo dein Teil ist; hienieden wartest du nur eine kurze Weile, um zubereitet zu werden zum Erbteil der Heiligen im Licht, und dann tragen dich die Flügel der himmlischen Boten hinauf zum Berg des Friedens, der Freude und der Seligkeit, wo du singen wirst:

„Gottes Lamm, vor Deinem Thron
Werf‘ ich nieder meine Kron‘:
Ehre, Preis, Dank, Ruhm und Macht
Sei Dir, Opferlamm, gebracht! Halleluja!“

und ruhen wirst von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Römer 8,30

Welche er aber verordnet hat, die hat er auch berufen

Im zweiten Brief an Timoteus, im ersten Kapitel und neunten Verse stehen die Worte: „Der uns hat selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf.“ Seht, hier ist ein Probierstein, an dem wir unsere Berufung prüfen können. Es ist „ein heiliger Ruf, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem Vorsatz und seiner Gnade.“ Diese Berufung schließt alles Vertrauen auf unser eigenes Wirken aus und weist uns für unsere Seligkeit allein auf Christum hin, aber hernach reinigt sie uns von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen und wahrhaftigen Gott. Dieweil er, der euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein. So ihr aber in Sünden lebet, so seid ihr nicht berufen, sondern, wenn ihr wahrhaft Christi Jünger seid, müsst ihr sagen: „Nichts quält mich so sehr wie die Sünde; ach, dass ich doch von ihr los wäre! Herr Jesus, hilf mir zur Heiligung!“ Ist dies dein herzliches Verlangen? Ist dies das Ziel und er Zweck deines Lebens, und geht dein ganzes Streben auf den göttlichen Willen? Abermal steht in Phil. 3,14.14 geschrieben: „Die himmlische Berufung in Christo Jesu“ Ist denn deine Berufung eine himmlische Berufung? Hat sie dein Herz veredelt und ihm alles Himmlische verklärt? Hat sie deine Hoffnung erhöht, deinen Geschmack geläutert, deine Wünsche geheiligt? Hat sie das Hauptstreben deines Lebens emporgerichtet, so dass du es mit Gott und für Gott darlegst? Ein anderes Zeugnis finden wir in Heb. 3,1: „Die ihr mit berufen seid durch den himmlischen Beruf.“ Darunter ist hier die Berufung vom Himmel her verstanden. Wenn dich nur Menschen berufen, so bist du nicht berufen. Ist deine Berufung von Gott? Ist sie eine Berufung zum Himmel, wie vom Himmel? Wenn Du nicht hienieden ein Fremdling bist und deine Heimat droben hast, so bist du nicht berufen mit einem himmlischen Ruf; denn alle, die so berufen sind, bezeugen, dass sie warten auf eine Stadt, die einen Grund hat, welcher Baumeister und Schöpfer Gott ist, und dass sie Fremdlinge seien und Pilgrime auf Erden. Ist deine Berufung in diesem Sinne heilig, himmlisch von oben her? Dann, liebe Seele, bist du Gottes Berufener, denn das ist der Ruf, womit Gott die Seinen berufen hat.

Römer 8,32

Welcher auch seines eignen Sohnes nicht hat verschonet, sondern hat Ihn für uns alle dahin gegeben; wie sollte Er uns mit Ihm nicht alles schenken?

Wenn dies der Form nach keine Verheißung ist, so ist es in Wirklichkeit eine. In der Tat, es ist mehr als eine, es ist eine Menge von Verheißungen. Es ist eine Masse Rubinen, Smaragden und Diamanten, die in Gold gefasst sind. Es ist eine Frage, die niemals so beantwortet werden kann, die sie uns irgendwelche Angst des Herzens verursacht. Was kann der Herr versagen, nachdem Er uns Jesum gegeben hat? Wenn wir alle Dingen im Himmel und auf Erden nötig haben, so will Er sie uns gewähren: denn wenn es irgendwo eine Grenze gegeben hätte, so würde Er seinen eignen Sohn zurückbehalten haben.

Was habe ich heute nötig? Ich brauche nur darum zu bitten. Ich darf ernstlich suchen, aber nicht als wenn ich einen Druck auszuüben und etwas nicht willig Dargereichtes von des Herrn Hand zu erpressen hätte, denn Er will schenken. Aus freiem Willen gab Er uns seinen eignen Sohn. Sicherlich, niemand hätte Ihm eine solche Gabe vorgeschlagen, niemand würde gewagt haben, darum zu bitten. Es wäre zu vermessen gewesen. Er gab freiwillig seinen Eingeborenen; und , o meine Seele, kannst du nicht deinem himmlischen Vater vertrauen, dass Er dir etwas, dass Er dir alles geben wird? Dein armes Gebet würde keine Kraft bei der Allmacht haben, wenn Kraft nötig wäre; aber seine Liebe quillt wie ein Born von selber auf, fließt über und versorgt dich mit allem, dessen du bedarfst.

Römer 8,33

„Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen?“

O seliger Ausspruch! Wo ist hier eine Antwort zu finden? Alle Sünden aller Auserwählten sind auf den großen Helden unseres Heils gelegt, und durch Seine Versöhnung abgetan. Im Schuldbuch Gottes stehen keine Sünden mehr aufgezeichnet, die wider Sein Volk zeugen: Er sieht keine Sünde in Jakob, und keine Missetat in Israel; sie sind auf ewig gerechtfertigt in Christo. Da die Schuld der Sünde getilgt ward, wurde auch die Strafe der Sünde auf ewig hinweggenommen. Der Christ hat keine Schläge mehr zu fürchten von der Zorneshand Seines versöhnten Gottes, nein, auch nicht einmal einen einzigen Blick Seines strafenden Unmuts. Der Gläubige kann von Seinem Vater gezüchtigt werden, aber Gott der Richter hat nichts zu dem Christen zu sagen, außer: „Ich habe dir verziehen, du bist erlöst.“ Für den Christen ist der Tod keine Strafe mehr in dieser Welt, noch fürchtet er einen anderen Tod. Er ist aufs völligste von aller Strafe sowohl, als von aller Schuld der Sünde befreit, und auch die Macht der Sünde über ihn ist überwunden. Sie kann uns wohl in den Weg treten und uns mit ihren beständigen Anläufen beunruhigen; aber die Sünde ist ein überwundener Feind gegenüber jeder Seele, die mit Christo vereinigt ist. Es gibt keine Sünde, die der Christ nicht besiegen kann, wenn er sich nur auf Gott verlassen will, der es für ihn tut. Alle, die im Himmel das weiße Kleid der Gerechtigkeit tragen, haben überwunden durch des Lammes Blut, und das können auch wir. Keine Begierde ist zu mächtig, keine Lieblingssünde zu tief eingefleischt, wir können sie überwinden durch die Macht unsers Herrn Jesu Christi. Glaube es, lieber Christ, dass deine Sünde eine schon abgetane Sache ist. Sie mag wüten und sich wehren, wie sie will, sie ist und bleibt nun einmal zum Tode verurteilt. Gott hat sie auf ihrer Stirne mit dem Stempel der Verdammnis gebrandmarkt. Christus hat sie „aus dem Mittel getan, und an das Kreuz geheftet.“ Sehe. nun hin und ertöte sie, und der Herr stehe dir bei, dass du mögest Ihm zum Lobe leben, denn die Sünde ist samt aller ihrer Schuld, Schande und Strafe dahin.

„Dir sei Hallelujah, Preis, Dank und Ehre
Für Deine Wunden und für die Lehre
Von Deinem Kreuz!“.

(Goldstrahlen Juli 27) – Die Rechtfertigung, die von Gott selber kommt, muss über allen Zweifel hinaus sein. Wenn der Richter mich freispricht, wer kann mich verdammen? Wenn der höchste Gerichtshof in Weltall mich für gerecht erklärt, wer will mich beschuldigen? Rechtfertigung von Gott ist eine genügende Antwort für ein erwecktes Gewissen. Der Heilige Geist haucht dadurch Frieden über unsere ganze Natur und wir fürchten uns nicht mehr. Mit dieser Rechtfertigung können wir auf alles Brüllen und Höhnen des Satans und der Gottlosen antworten. Mit dieser werden wir imstande sein zu sterben, mit dieser werden wir kühn auferstehen und vor das letzte große Gericht treten. Freund, der HErr kann alle deine Sünden austilgen. Ich schieße nicht ins Blaue hinein, wenn ich dies sage. „Alle Sünde und Lästerung wird dem Menschen vergeben.“ Wenn du auch bis an den Hals in Verbrechen steckst, so kann Er mit einem Wort die Unreinheit wegnehmen und sprechen: „Ich will es tun, sei gereinigt!“ Der HErr vergibt großartig. „Ich glaube an die Vergebung der Sünden.“ Tust du das? Er kann und wird jetzt zu dieser Stunde das Wort aussprechen: „Deine Sünden sind dir vergeben, gehe hin im Frieden!“ „Nein, zu der Hölle Flammen, Kann Welt und Hölle nicht, kann niemand mich verdammen, Er geht nicht ins Gericht!“ Amen. (C. H. Spurgeon.)

Römer 8,34

„Welcher ist zur Rechten Gottes.“

Er der einst von den Menschen verachtet und verschmähet ward, thront nun im Himmel, umgeben von aller Herrlichkeit, als der geliebte Sohn, an welchem der Vater Wohlgefallen hat. Die Rechte Gottes ist der Thron der Majestät und Liebe. Unser Herr Jesus ist zugleich der Stellvertreter der Seinen. Als Er für sie in den Tod ging, wars um ihrer Ruhe willen; als Er für sie auferstand, erwarb Er ihnen die Freiheit; als Er sich zur Rechten Seines Vaters setzte, empfingen sie Gnade, Ehre, Würde. Die Auferstehung und Himmelfahrt Christi ist die Rechtfertigung, Erhöhung, Einsetzung, Verherrlichung all' der Seinen, denn Er ist ihr Haupt und Vertreter. Dies Sitzen zur Rechten Gottes ist also als die Annahme der Person des Bürgen zu betrachten, als der Empfang des Stellvertreters, und somit als die Rechtfertigung unserer Seelen. O, erlöste Seele, siehe hierin deine gewisse Befreiung von aller Verdammnis.

„Wer will verdammen?“ Wer darf die Auserwählten Gottes beschuldigen, die in Jesu zur Rechten Gottes sitzen? Die Rechte Gottes ist der Thron der Macht. Christus besitzt zur Rechten Gottes alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Wer will gegen das Volk der Wahl kämpfen, dem in seinem Fürsten solche Gewalt gegeben ist? O meine Seele, was kann dir noch schaden, wenn die Allmacht dein Helfer ist? Wenn der Schild des Allmächtigen dich deckt, welches Schwert kann dich noch schlagen?. Bleibe getrost. Wenn der Herr Jesus dein allvermögender König ist und deine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt hat; wenn Sünde, Tod und Hölle überwunden sind durch Ihn, und du in Ihm dargestellt wirst, so kannst du unmöglich verloren gehen.

„Lamm, das gelitten, und Löwe, der siegreich gerungen;
Blutendes Opfer, und Held, der die Hölle bezwungen;
Brechendes Herz,
Das sich aus irdischem Schmerz
Über die Himmel geschwungen:
Über des Todes umnachteten, graunvollen Klüften
Schwangst du die Palme des Sieges in himmlischen Lüften;
Wer an Dich glaubt,
Trägt nun, von Hoffnung umlaubt,
Ewiges Leben aus Grüften.“

(Goldstrahlen April 21)

Römer 8,37

„Aber in dem allen überwinden wir weit, um des willen, der uns geliebt hat.“

Wir suchen bei Christo Vergebung, und doch sehen unsre Augen noch manchmal nach dem Gesetz und erwarten darin Hilfe und Kraft zum Kampfe wider unsre Sünden. Der Apostel Paulus straft uns dafür mit den Worten: „O, ihr unverständigen Galater, wer hat euch bezaubert, dass ihr der Wahrheit nicht gehorcht? Das will ich allein von euch lernen: Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben? Seid ihr unverständig? Im Geist habt ihr angefangen, wollt ihr es denn nun im Fleisch vollenden?“ Bringt eure Sünden zum Kreuz Christi, denn der alte Mensch kann nur hier gekreuzigt werden: wir sind mit Christo gekreuzigt. Die einzige Waffe, mit der die Sünde überwunden werden kann, ist der Speer, der die Seite Jesu durchstach. Um ein Bild zu gebrauchen: du möchtest gern dein zorniges Gemüt überwinden - wie fängst du das an? Es ist gar wohl möglich, dass du noch nie den rechten Weg versucht und dich damit nicht geradezu an deinen Heiland gewendet hast. Wie habe ich Heil und Erlösung erlangt? Damit, dass ich gerade so zum Herrn Jesus kam, wie ich war und auf Ihn all mein Vertrauen setzte und glaubte, dass Er imstande sei, mich zu erretten. Und muss ich mein zorniges Gemüt gerade auch so abtöten? Ja, denn das ist der einzige Weg, wie ich es ertöten kann. Ich muss damit zum Kreuz gehen und zu Jesu sagen: „Herr, ich vertraue auf Dich, dass Du mich frei machen kannst.“ Bist du geizig? Fühlst du, dass dich die Welt gefangen nimmt? Du magst gegen dies Übel kämpfen, wie und solange du willst, wenn es aber deine Lieblingssünde ist, so wirst du sie nie anders los, als durch das Blut Jesu. Bringe deine Lieblingssünde zu Christo. Sage Ihm: „Herr, ich habe auf Dich vertraut, und Dein Name ist Jesus, denn Du machst Dein Volk selig von seinen Sünden; Herr, hier ist eine dieser Sünden; o, errette mich davon!“ Die Heilsmittel können ohne den Heiland den alten Menschen nicht ertöten. Dein Gebet, deine Reue, deine Tränen - das alles zusammen ist ohne Christum nichts wert. Nur Jesus allein kann hilflosen Sündern ein Retter sein; dein Retter. Wenn ihr wollt überwinden, so müsst ihr überwinden durch Den, der euch geliebt hat. Unsre Lorbeeren müssen unter den Ölbäumen des Gartens Gethsemane wachsen.

Römer 8,39

„Die Liebe Gottes.“

Gläubige Seele, schaue zurück auf alle deine Erfahrungen und überblicke den Weg, auf dem der Herr dich durch die Wüste geleitet, und denke daran, wie Er dich genährt und gekleidet hat Tag für Tag, wie Er alle deine Unarten ertragen, wie er dein Murren und Verlangen nach den Fleischtöpfen Ägyptens übersehen, wie Er den Fels geöffnet hat, dich zu tränken, und dich gespeist hat mit himmlischem Manna. Fass‘ es, wie seine Gnade in all deinen Trübsalen sich mächtig erwiesen hat, wie sein Blut dir eine Versöhnung geworden ist in aller deiner Sünde, wie sein Stecken und Stab dich getröstet hat. Wenn du deinen Blick also zurückgelenkt hast auf solche Liebe des Herrn, dann lass deinen Glauben auch künftig auf seine Liebe achten, denn wisse, dass Christi Bund und Blut noch mehr in sich fassen als nur das Vergangene. Er, der dich geliebt und versöhnt hat, hört nie auf mit Lieben und Vergeben. Er ist das Alpha und will auch das Omega sein. Er ist der Erste und will auch der Letzte sein. Darum sei ruhig; wenn du einst wandern sollst im finstern Tal, hast du kein Unglück zu fürchten, denn Er ist bei dir. Wenn du in den kalten Fluten des Jordans stehen musst, brauchst du dich nicht zu ängsten, denn der Tod vermag dich nicht zu scheiden von seiner Liebe; und wenn du eingehst in die unsichtbare Welt der Ewigkeit, darfst du nicht zittern. „Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentum, noch Gewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch keine andre Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem Herrn.“ Nun, liebe Seele, erfrischt das deine Liebe nicht? Macht dir das deinen Jesus nicht teuer? Muss nicht dieser Flug durch die endlosen Räume des Äthers der Liebe dein Herz entflammen und dich zwingen, dass du deine Lust habest an dem Herrn, deinem Gott? O gewiss, wenn wir an „die Liebe Gottes“ denken und davon reden, so muss unser Herz in uns brennen, und wir möchten Ihn noch mehr lieben.

„Liebe knüpft ein Band,
Stark wie Diamant,
Das nicht Tod noch Grab zerbrechen,
Das nicht Zeit noch Alter schwächen;
Ewig bind‘ es mich,
Gottes Herz, an Dich!“

Römer 9,15

„Denn Er spricht zu Mose: Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und welches ich mich erbarme, des erbarme ich mich.“

In diesen Worten macht der Herr in offenster Weise seinen Anspruch geltend auf das Recht, seine Gnade zu gewähren oder zurückzuhalten nach seinem unumschränkten Wohlgefallen. Wie das Recht über Leben und Tod dem Herrscher allein zusteht, so hat der Richter über den ganzen Erdkreis das Recht, des Schuldigen zu schonen, oder ihn zu verdammen, wie es Ihm gut dünkt. Die Menschen haben durch ihre Sünde allen Anspruch auf Gott verscherzt; es geschieht ihnen völlig recht, wenn sie um ihrer Sünde willen umkommen, und wenn es geschieht, so haben sie nicht die mindeste Ursache, sich zu beklagen. Wenn der Herr einschreitet, irgend jemanden zu erretten, so kann Er es tun, wenn die Gerechtigkeit dadurch nicht verletzt wird; wenn es Ihn aber recht deucht, den Sünder die verdiente Strafe erleiden zu lassen, so kann Ihn niemand darum verklagen. Töricht und anmaßend sind alle Reden darüber, dass allen Menschen gleiches Recht widerfahren müsse; unwissend und noch schlimmer sind alle Einwendungen gegen die erlösende Gnade, und nichts anderes, als empörerischer Widerstand der hochfahrenden menschlichen Natur gegen Krone und Zepter Jehovahs. Wenn wir einmal unser äußerstes Verderben und unsere arge Verirrung und die Gerechtigkeit des göttlichen Urteilsspruches gegen die Sünde einsehen lernen, dann werden wir nicht mehr die Wahrheit bestreiten, dass der Herr nicht verpflichtet ist, uns zu erretten; dann murren wir nicht mehr, wenn es Ihm gefällt, andre zu erlösen, als ob Er uns Unrecht täte, sondern dann fühlen wir, dass wenn Er uns ansehen will, es eine freie Tat seiner unverdienten Güte ist, um derentwillen wir seinen Namen ewig preisen müssen. Wie sollten alle, die die göttliche Gnade erwählt hat, die Treue ihres Gottes bewundernd anbeten! Sie haben keine Ursache zum Ruhm, denn die unumschränkte Allmacht schließt alles Rühmen aus. Dem Willen des Herrn allein gebührt Ruhm und Preis, auch der bloße Gedanke an ein menschliches Verdienst ist verbannt. Es gibt keine demütigendere Lehre in der Heiligen Schrift, als die Lehre von der Gnadenwahl, keine, die zu mehr Dank auffordert, keine von größerer Heiligungskraft.

Römer 10,9

Denn so du mit deinem Munde bekennst Jesum, dass Er der Herr sei, und glaubest in deinem Herzen, dass Ihn Gott von den Toten auferwecket hat, so sollst du errettet werden.

Es muss Bekenntnis mit dem Munde da sein. Habe ich dieses abgelegt? Habe ich offen meinen Glauben an Jesum als den Heiland, den Gott von den Toten auferwecket hat, bekannt, und habe ich es in Gottes Weise getan? Lasst uns diese Frage redlich beantworten.

Es muss auch Glaube mit dem Herzen da sein. Glaube ich aufrichtig an den auferstandenen Herrn Jesum? Vertraue ich auf Ihn als meine einzige Hoffnung der Seligkeit? Ist dies Vertrauen von Herzen? Lass mich darauf antworten wie vor Gott.

Wenn ich mit Wahrheit behaupten kann, dass ich Christum bekannt und an Ihn geglaubt habe, dann bin ich errettet. Der Spruch sagt nicht: „es mag so sein,“ sondern es ist deutlich wie der Schaft einer Pieke und klar wie die Sonne am Himmel: „Du sollst errettet werden.“ Als ein Gläubiger und ein Bekennender darf ich meine Hand auf diese Verheißung legen und sie vor Gott geltend machen in diesem Augenblick und das ganze Leben hindurch, in der Stunde des Todes und am Tage des Gerichts.

Ich muss von der Schuld der Sünde, der Macht der Sünde, der Strafe der Sünde und schließlich von dem ganzen Wesen der Sünde errettet werden. Gott hat es gesagt - „du sollst errettet werden.“ Ich glaube es. Ich soll errettet werden: Ich bin errettet. Ehre sei Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit!

Römer 11,26

„Und also das ganze Israel selig werde.“

Als einst Mose am Schilfmeer dem Herrn sang, da jubelte aus seinem Loblied die Freude hervor, dass ganz Israel war errettet worden. Nicht ein Tröpflein Schaum fiel von der schützenden Wassermauer, bis auch der Letzte vom Israel Gottes den Fuß jenseits der Flut aufs trockene Land gesetzt hatte. Und kaum war‘s geschehen, so stürzten die schwellenden Wogen wieder ins alte Bett; aber auch keinen Augenblick zu früh. „Du hast geleitet durch Deine Barmherzigkeit Dein Volk, das Du erlöst hast.“ Und am Ende der Zeiten, wo die Auserwählten singen werden das Lied Mosis, des Knechtes Gottes, uns das Lied des Lammes, wird der höchste Triumph Jesu sein: „Die Du mir gegeben hast, die habe ich bewahret, und ist keiner von ihnen verloren.“ Im Himmel gibt‘s keine leeren Throne.

„Die ganze auserwählte Schar
Steht jauchzend um den Thron,
Bringt Ehr‘ und Dank und Preis Ihm dar,
Lobt laut den Gnadenlohn.“

So viele ihrer Gott erwählt hat, so viele Christus versöhnt hat, so viele der Heilige Geist berufen hat, so viele an den Herrn Jesum gläubig geworden sind, so viele werden wohlbehalten über das Meer der Trübsal hinüber gelangen. Noch haben nicht alle den sicheren Strand erreicht:

„Manch liebes Herz ist drüben,
Noch manches auf der Fahrt.“

Des Heeres Vorhut hat schon das Ufer erklommen. Wir schreiten durch die Tiefen; wir folgen heute unserem Führer auf der Ferse in die Mitte des Meeres hinein. Aber seien wir getrost: bald wird auch schon die Nachhut anlangen, wo jetzt die Vorhut schon steht; bald wird auch der Letzte der Auserwählten die Tiefe durchschritten haben, und alsdann wird sich das weithin erschallende Triumphlied erheben, sobald alle geborgen sind. Aber wie, wenn einer fehlte! Wenn einer seiner Auserwählten verloren ginge! Es wäre ein ewiger Misston im Liede der Erlösten, die Saiten der Paradieses-Harfen müssten springen, dass sie nie wieder erklingen könnten!

„Weicht, ihr Berge, fallt, ihr Hügel,
Gottes Gnade weicht mir nicht,
Weil es mein Erbarmer spricht!“

Römer 11,36

„Ihm sei Ehre in Ewigkeit, Amen.“

Ihm sei Ehre in Ewigkeit. Dies sollte des Christen einziges Verlangen sein. Alle anderen Wünsche müssen demselben untergeordnet und zu Dienste sein. Der Christ darf sich für seinen Beruf Glück und Gedeihen wünschen, aber nur, sofern dies ihm dazu helfen kann, das große Verlangen zu erfüllen: „Ihm sei Ehre in Ewigkeit.“ Er darf danach trachten und darum bitten, dass er mehr Gaben und mehr Tugenden empfange; aber nur, damit umso eher das Hauptziel erreicht werde: „Ihm sei Ehre in Ewigkeit.“ Ihr handelt nicht, wie‘s eure Pflicht euch als Gotteskindern gebietet, wenn euch irgendein anderer Grund treibt als der einfältig gläubige Blick auf die Ehre des Herrn. Bist du ein Christ, so bist du „von Gott“ und „durch Gott;“ so lebe denn auch „für Gott.“ Nie soll dein Herz für irgendetwas so mächtig schlagen wie für Ihn; die Liebe zu Ihm sei Wellenschlag deines Lebensstromes. Dieser Ehrgeiz feuere deine Seele an; dies sei der Grundstein jedes Unternehmens, in das du dich einlässt, und dies deine Aufmunterung, wenn je dein Eifer erkalten will; mache Gott zu deinem alleinigen Ziel. Verlass dich darauf: wo das Ich anfängt, beginnen auch die Sorgen; ist aber Gott meine höchste Wonne und mein einziges Sehnen,

„So ist mir‘s einerlei, mag mich die Liebe leiten
Zum Leben oder Tod, zu Leiden oder Freuden.“

Unser Verlangen nach Gottes Verherrlichung und Ehre muss ein wachsendes Verlangen sein. Du hast Ihn in deiner Jugend gepriesen; es sei dir heute nicht mehr genug am gleichen Lob und Preis wie damals. Hat dich Gott in deinem Beruf gesegnet und dir in deinen Unternehmungen Glück und Gelingen geschenkt? Gib Ihm mehr, gleichwie Er dir reichlicher gegeben hat. Hat dir Gott innere Erfahrungen geschenkt? Ehre Ihn mit stärkerem Glauben, als du im Anfang geübt hast. Wächst du in der Erkenntnis? Dann singe lieblichere Lieder. Genießest du seligere Zeiten, als sie dir einst zuteil wurden? Bist du vom Krankenlager wie neugeboren wieder auferstanden und ist dir dein Leiden in Frieden und Freuden verwandelt worden? Dann lass deine Harfen lieblicher erklingen; schütte mehr glühende Kohlen und köstlichen Weihrauch in das Rauchfass deiner Dankgebete. Gib Ihm die Ehre durch deinen Wandel und beschließe deinen Lobgesang mit dem „Amen“ deines lebendigen Gottesdienstes.

Römer 12,2

„Und stellet euch nicht dieser Welt gleich.“

Wenn es möglich ist, dass ein Christ selig werden kann, obgleich er sich dieser Welt gleichstellt, so ist es jedenfalls so, dass er wie ein Brand aus dem Feuer gerettet wird. Eine solche nackte Errettung ist fast eher zu fürchten, als zu wünschen. Lieber Freund, möchtest du wohl wünschen, aus dieser Welt zu scheiden in der dunkeln Nacht eines verzweiflungsvollen Sterbebettes, um zum Himmel einzugehen als ein schiffbrüchiger Seefahrer, der sich über die Felsen der heimatlichen Küste hinaufrettet? Dann bleibe weltlich; halte dich zu den Mammonsdienern, und weigere dich, mit Christo außer dem Lager zu gehen und seine Schmach zu tragen. Aber du möchtest gern hienieden schon den Himmel haben, und den Himmel droben nicht missen; du möchtest mit allen Heiligen begreifen, welches da ist die Höhe und die Tiefe, die Länge und die Breite der Liebe Christi, die alle Erkenntnis übersteigt; du möchtest einen überschwänglichen Eingang erhalten zu deines Herrn Freude, - dann gehe aus von dieser Welt und sondere dich von ihr aus, und habe nichts gemein mit dem, was unheilig ist. Möchtest du gern völlige Versicherung deines Glaubens erlangen? Du gewinnst sie nicht, solange du der Sündenfreunde Freund bist. Möchtest du mit inbrünstiger Liebe brennen?

Deine Liebe wird von der Schwemme leichtsinniger Gesellschaft ertränkt. Du kannst vielleicht ein Säugling der Gnade sein, aber du kannst nicht zum vollkommenen Mannesalter Christi gelangen, wenn du dich den Sitten und Grundsätzen der Menschen dieser Welt anschmiegst. Es steht einem Erben des Himmels übel an, mit den Erben der Verdammnis auf vertrautem Fuße zu leben. Es geht nicht, dass ein königlicher Kammerherr mit den Feinden seines Fürsten innig befreundet sei. Selbst kleine Gefügigkeiten sind gefährlich. Kleine Dornen machen große Schmerzen, kleine Motten zerstören kostbare Gewänder, und kleine Leichtfertigkeiten und kleine Schelmereien rauben unsrem inwendigen Leben tausend Freuden. O Christ, der du dich von den Sünden zu wenig fern hältst, du weißt nicht, was du durch dein Benehmen verlierst. Es zerschneidet die Sehnen deiner Kraft, und du kannst nur kriechen, wo du solltest nachjagen. Wenn du also ein Christ bist, so beschwöre ich dich um deinetwillen, sei ein ganzer und entschiedener Christ.

Römer 15,13

„Durch die Kraft des Heiligen Geistes.“

Lasst uns stets bedenken, dass Christus am Kreuz für uns von keinem Segen ist, wenn nicht der Heilige Geist in uns wohnt und wirkt. Jenes Versöhnungsblut fließt umsonst, wenn nicht der Finger des Heiligen Geistes unsere Gewissen damit besprengt; umsonst wird jenes vollkommene Kleid der Gerechtigkeit gewirkt, wenn nicht der Heilige Geist uns darin kleidet und uns mit diesem kostbaren Gewand schmückt. Der Strom des lebendigen Wassers vermag unseren Durst nicht zu löschen, bis dass uns der Heilige Geist den Becher darreicht und ihn zu unserem Munde führt. Alle Schätze, die im Paradies Gottes sind, können uns nicht zum Segen gereichen, solange wir tote Seelen sind; und tot sind wir, bis dass der himmlische Odem kommt und uns anhaucht, auf dass wir das Leben empfangen. Es steht uns nicht an, es auszusprechen, dass wir Gott dem Heiligen Geist nicht weniger zu verdanken haben als Gott dem Sohn. Wahrlich, es wäre eine große Sünde und ein schweres Unrecht, wenn wir irgendeine der göttlichen Personen zurücksetzen wollten. Du, o Vater, bist die Quelle aller Gnade, aller Liebe und aller Barmherzigkeit gegen uns. Du, o Sohn, bist es, durch den uns Deines Vaters Barmherzigkeit zufließt, und ohne Dich könnte uns Deines Vaters Liebe nie zuteil werden. Und Du, o Heiliger Geist, machst uns tüchtig, jene göttliche Kraft und Gnade zum empfangen, die dem Urquell, dem Vater, entströmt, die durch Christus, den Mittler, uns zugeführt wird, und durch Deine Mitteilung sich in unsere Herzen ergießt, und darin wohnt, und herrliche Früchte bringt. Darum lasst uns den Geist Gottes lobpreisen. Nie ist je in uns ein himmlischer Gedanke, eine geheiligte Tat oder ein Segen bringendes Wort ausgegangen und durch unseren Herrn Jesus Christus vor Gott wohlgefällig gewesen, die nicht in uns gewirkt wurden durch Gott den Heiligen Geist.

Geist der Allmacht, herrsche in uns, richte
Dir den Tempel ein in unserer Brust!
Wohne in uns, Herr, mit Deinem Lichte!
Dir gehorchen, sei uns Wonn‘ und Lust!

Römer 16,20

Und der Gott des Friedens wird den Satan unter eure Füße treten in kurzem

Diese Verheißung folgt passend auf die gestrige. Wir sollen augenscheinlich unsrem Bundeshaupte gleich gemacht werden, nicht nur in dem Fersenstiche, sondern auch in dem Siege über den Bösen. Selbst unter unsre Füße soll der alte Drache getreten werden. Die Gläubigen in Rom trauerten über den Streit innerhalb der Kirche, aber ihr Gott war „der Gott des Friedens“ und gab ihnen Ruhe der Seele. Der Erzfeind überlistete die, welche nicht auf ihrer Hut waren und verführte die Herzen der Einfältigen; aber er sollte am schlimmsten dabei wegkommen und von denen niedergetreten werden, die er geplagt hatte. Dieser Sieg sollte den Kindern Gottes nicht durch ihre eigne Gewandtheit oder Kraft zu teil werden, sondern Gott selbst wollte den Satan zertreten. Obgleich unter ihre Füße, sollte doch das Zertreten von dem Herrn allein geschehen.

Lasst uns kühn auf den Versucher treten! Nicht nur Geister niederen Ranges, sondern der Fürst der Finsternis selbst muss vor uns daniederfallen. In zweifellosem Vertrauen auf Gott lasst uns auf baldigen Sieg hoffen. „In kurzem.“ Fröhliches Wort! In kurzem sollen wir unsren Fuß auf die alte Schlange setzen! Was für eine Freude, dass Böse zu zermalmen! Was für eine Schmach für den Satan, wenn sein Kopf von menschlichen Füßen zertreten wird! Lasst uns durch den Glauben an Jesum den Versucher niederwerfen.

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