Spurgeon, Charles Haddon - Jesus, der Überwinder der Welt.
Gehalten am Sonntag Morgen, den 3. Dezember 1876.
„Seit getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Johannes 16, 33
Als unser Heiland diese Worte sprach, war er in Begriff, seine Jünger zu verlassen und den Tod um ihretwillen zu erleiden. Seine große Sorge war, dass sie zu niedergeschlagen werden möchten durch die Trübsale, die über sie kommen würden. Er wünschte, ihre Herzen auf die schweren Leiden vorzubereiten, die ihrer warteten, während die Mächte der Finsternis und die Weltmenschen noch ihren Willen mit ihm taten. Nun bemerkt, Geliebte, dass unser Herr Jesus, in dem unendliche Weisheit wohnt, alle die geheimen Trostquellen kannte und jeden heiligen Born der Erquickung im Himmel und unter dem Himmel, und doch redete er, um seine Jünger zu trösten, nicht von himmlischen Mysterien oder von Geheimnissen, verborgen im Busen Gottes, sondern er redete von sich selber. Lehrt er uns damit nicht, dass es keinen Balsam des Herzens gibt, wie ihn selber, keinen Trost in Israel, der seiner Person und seinem Werk verglichen werden kann. Wenn sogar solch´ ein göttlicher Barnabas, solch´ ein erstgeborener Sohn des Trostes, wie der Herr selbst, auf das hinweisen muss, was er selber getan hat, weil er nur so seine Nachfolger getrost machen kann, wie weise muss es dann von Predigern sein, wenn sie viel von Jesu predigen, um des Herrn Leidende zu ermutigen und wie wohlgetan ist es für Trauernde, von ihm den Trost zu erwarten, dessen sie bedürfen. „Seid getrost,“ spricht er, „ich,“ - etwas von sich selber - „ich habe die Welt überwunden.“ So denn, Geliebte, eilt in allen Zeiten der Niedergeschlagenheit hinweg zu dem Herrn Jesu Christo; wenn die Sorgen dieses Lebens euch niederdrücken, und euer Weg hart für eure müden Füße scheint, flieht zu eurem Herrn. Es mag andere Trostquellen geben und es gibt solche, aber sie werden euch nicht zu allen Zeiten befriedigen; dagegen in Ihm wohnt solche Fülle des Trostes, dass, ob es Sommer oder Winter ist, die Trostesströme immer fließen. Auf der Höhe oder im Tal, oder von welcher Weite eure Leiden auch herkommen, ihr könnt sogleich zu ihm fliehen und werdet finden, dass er die sinkenden Hände ausrichtet und die schwachen Knie stärkt.
Eine weitere Bemerkung drängt sich auf, nämlich, dass der Herr mehr als ein Mensch sein müsse wegen des Tones, den er annimmt. Es gibt gewisse Leute, welche die Gottheit unsers Herrn leugnen und doch gut von Jesus als Mensch denken; sie haben ihm in der Tat hinsichtlich seines Charakters manche sehr große Komplimente gemacht; aber mich wundert, dass ihnen nicht auffällt, dass ein gut Teil Anmaßung, Dünkel, Stolz, Selbstsucht und derlei Starrheit in diesem Manne ist, wenn er nichts mehr als ein Mensch ist. Denn welcher gute Mann, den ihr nachzuahmen wünschen könntet, würde zu andern sprechen: „Seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Dies ist viel zu viel von einem Menschen gesagt. Der Herr Jesus Christus sprach oft von sich und dem, was er getan, und lobte sich vor seinen Jüngern wie Jemand, der nur ein Mensch war und von demütigem Geiste nimmer getan haben könnte. Der Herr war sicherlich sanftmütig und von Herzen demütig, aber kein Mensch, der das ist, würde Andern dies erzählt haben. Es ist hier ein Bilderspruch, den Niemand erklären kann, als die, welche ihn für den Sohn Gottes halten. Nehmt ihn als göttliche an, bringt ihn in seine rechte Stellung, wie er aus der Erhabenheit seiner Gottheit herab zu seinen Jüngern spricht, und dann könnt ihr begreifen, dass er so spricht, ja, es wird außerordentlich geziemend und schön. Leugnet seine Gottheit, und ich meinesteils bin ganz unfähig, zu verstehen, wie die vorliegenden Worte und andere ähnliche je von seinen Lippen fallen konnten, denn Niemand wird es wagen, ihn prahlerisch zu nennen. Gelobt seist du, o Menschensohn, du bist auch der Sohn Gottes und deshalb sprichst du zu uns nicht nur mit der teilnehmenden Zärtlichkeit eines menschlichen Bruders, sondern auch mit der majestätischen Gewalt des Eingeborenen vom Vater. Göttlich herablassend sind deine Worte: „Ich habe die Welt überwunden.“
Wenn ihr auf diesen Ausspruch Jesu ohne das Glaubensauge blickt, erscheint er dann nicht sehr sonderbar? Wie konnte der verratene Nazarener sagen: „Ich habe die Welt überwunden?“ Wir können uns vorstellen, dass Napoleon so gesprochen, als er die Völker unter die Füße getreten und die Karte Europas nach seinem Willen gestaltete. Wir können uns vorstellen, dass Alexander so gesprochen, als er die Paläste Persiens geplündert und ihre alten Herrscher gefangen geführt. Aber wer ist Der, welcher hier in dieser Weise spricht? Es ist kein Galiläer, der einen Bauernkittel trägt und mit den Armen und Gefallenen verkehrt! Er hat weder Reichtum, noch weltlichen Rang, noch Ehre unter den Menschen, und doch spricht er davon, dass er die Welt überwunden hat. Er ist im Begriff, von seinem eignen schändlichen Nachfolger verraten zu werden, in die Hände seiner Feinde, und wird dann vor´s Gericht und zum Tode geführt werden, und doch spricht er: „Ich habe die Welt überwunden.“ Er wirft einen Blick auf das Kreuz mit all´ seiner Schande und auf den Tod, den es verursachte, und doch spricht er: „Ich habe die Welt überwunden.“ Er hatte nicht, da er sein Haupt hinlegen konnte, er hatte keinen Jünger, der sich für ihn erhob, denn er hatte eben gesprochen: „Ihr werdet zerstreut werden, ein Jeglicher in das Seine und mich allein lassen;“ er sollte der Lästerung und Verführung angeklagt werden und vor den Richter gebracht und keinen finden, der von seiner Herkunft Zeugnis ablegte; er sollte rohen Kriegern übergeben werden, die ihn verspotteten, misshandelten und bespeiten; seine Hände und Füße sollten an ein Kreuz genagelt werden, damit er den Tod eines Missetäters stürbe, und doch sprach er: „Ich habe die Welt überwunden.“ Wie wunderbar, und doch wie wahr! Er sprach nicht nach Art des Fleisches, noch nach dem, was vor Augen war. Wir müssen des Glaubens Sehkraft hier brauchen und ins Allerheiligste schauen, dann sehen wir nicht nur die verachtete leibliche Person des Menschensohnes, sondern die inwohnende, edle, alles überwindende Seele, die Schande in Ehre verwandelte und Tod in Herrlichkeit. Möge Gott, der Heilige Geist, uns fähig machen, durch das Äußere ins Innere zu schauen, und zu sehen, wie wundervoll der schimpfliche Tod war, durch das raue Gewand hindurch, das den unvergleichlichen Sieg vor den kurzsichtigen Augen fleischlicher Menschen verbarg.
An den letzten zwei Sonntagmorgen habe ich von dem Herrn Jesus Christus gesprochen: zuerst als dem Ende des Gesetzes; und zweitens als dem Überwinder der alten Schlange; nun wollen wir von ihm sprechen als dem Überwinder der Welt. Indem er sich an seine Jünger wandte, sagte er: „Seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Nun, was ist diese Welt, von der er spricht? Und wie hat er sie überwunden? Und welcher Trost liegt hierin für uns?
Erstens: Was ist diese Welt, von der er spricht?
Ich weiß kaum ein Wort, das in so vielfachem Sinne gebraucht wird, als diese Wort „Welt.“ Wenn ihr in eure Bibel blickt, so findet ihr das Wort „Welt“ in sehr verschiedenen Bedeutungen gebraucht; es ist eine Welt, die Christus machte. „Es war in der Welt und die Welt ist durch dasselbige gemacht“ - das ist, die körperliche Welt. „Es ist eine Welt da, die Gott so liebte, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass Alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen.“ Es gibt verschiedene Formen dieser günstigen Bedeutung. Dann ist eine Welt da, die hier gemeinte Welt, die „im Argen liegt,“ eine Welt, die Christum nicht kennt, sondern ihm beständig sich widersetzt, eine Welt, von der er sagt, dass er nicht für sie bete, und eine Welt, von der er nicht will, dass wir sie lieben sollen - „Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist.“ Ohne auf diese verschiedenen Bedeutungen und ihre Schattierungen näher einzugehen, deren es sehr viele gibt, lasst uns nur sagen, dass wir kaum wissen, wie wir das hier Gemeinte in Worten bezeichnen sollen, obschon wir gut genug wissen, was gemeint ist. Die Schrift gibt uns keine Begriffsbestimmungen, sondern sie gebraucht volkstümliche Sprache, da sie zum gemeinen Volk redet. „Die Welt“ ist sehr gleichbedeutend mit dem „Schlangensamen,“ von dem wir am letzten Sonntag sprachen. Die Welt bedeutet hier die sichtbare Verkörperung jenes Geistes des Bösen, der in der Schlange war, und der jetzt sein Werk in den Kindern des Ungehorsams hat; es ist die menschliche Form derselben bösen Kraft, gegen welche unser Herr stritt, als er den Teufel überwand; es bedeutet die Macht des Bösen in der unwiedergeborenen Masse der Menschheit, die Kraft und Macht der Sünde, die in dem Teil der Welt wohnt, der im Tode bleibt und in dem Argen liegt. Der Teufel ist der Gott dieser Welt, und deshalb ist der, welcher der Freund dieser Welt ist, der Feind Gottes. Die Welt ist der Gegensatz von der Kirche. Es ist eine Gemeinde da, die Christus erlöst hat und aus der Welt ausgewählt und für sich ausgesondert aus den Menschen, und von dieser, wenn sie durch die Macht der göttlichen Gnade erneuert ist, sagt er: „Ihr seid nicht von der Welt, gleich wie ich auch nicht von der Welt bin;“ und wiederum: „Dieweil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich habe euch von der Welt erwählt, darum hasst euch die Welt.“ Nun, der Rest der Menschheit, der nicht mit unter die Erwählten, die Erlösten, die Berufenen, die Erretteten einbegriffen ist, wird die Welt genannt. Von diesen sagt unser Herr: „Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht;“ und Johannes sagt: „Darum kennt euch die Welt nicht, denn sie kennt ihn nicht.“ Dies ist die Macht, welche eine tödlicher Feindschaft wider Christum und seine Erwählten entfaltet; darum wird sie „diese gegenwärtige böse Welt“ genannt, während von dem Reich der Gnade als der „zukünftigen Welt“ geredet wird. Dies ist die Welt, von der es heißt: „Was von Gott geboren ist, überwindet die Welt.“
Ihr werdet sehen; dass „die Welt“ die Ungöttlichen selber einschließt, ebenso wohl wie die Macht des Bösen in ihnen, aber es bezeichnet sie, nicht als Geschöpfe, nicht einmal als Menschen, die da gesündigt haben, sondern als unwiedergeboren, fleischlich und aufrührerisch, und deshalb als die lebendigen Verkörperungen einer bösen Macht, die Gott entgegen wirkt; so lesen wir von einer „ungöttlichen Welt.“
Vielleicht sollte ich noch hinzufügen, dass aus dem Dasein unbekehrter Menschen und der Herrschaft der Sünde in ihnen gewisse Sitten, Moden, Grundsätze, Regeln, Gewohnheiten, Manieren, Wünsche, Lüste, Begierden und Mächte, die einen Teil des bösen Dinge ausmachen, das „die Welt“ genannt wird. Jesus spricht: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Jakobus spricht davon, dass wir uns „von der Welt unbefleckt“ erhalten sollen. Johannes sagt: „die Welt vergeht mit ihrer Lust;“ und Paulus sagt: „Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern verändert euch, durch Erneuerung eures Sinnes.“
Weiter könnte ich noch sagen, dass die gegenwärtige Verfassung und Anordnung aller Dinge in diesem gefallenen Zustande unter dem Wort „Welt“ verstanden werden kann, denn Alles ist der Eitelkeit unterworfen um der Sünde willen und die Dinge sind jetzt nicht nach dem ursprünglichen Plan des Höchsten, wie er für den Menschen in seiner Unschuld entworfen war. Sehr hier Leiden und Nöte, die aus unserem bloßen Dasein in diesem Leben entspringen, von dem gesagt ist: „in der Welt habt ihr Angst.“ Über manches Kind Gottes ist Hunger und Krankheit und Leiden verhängt und Unfreundlichkeit und verschiedene Formen der Übel, die nicht der zukünftigen Welt oder dem Reich, das Christus gestiftet hat, angehören, sondern die über sie kommen, weil sie in dieser jetzigen bösen Welt sind, die so geworden ist, dadurch, dass das Menschengeschlecht unter den Fluch und die Folgen der Sünde geraten ist.
Nun, die Welt ist all´ dieses zusammengenommen, diese große Anhäufung von Unheil unter den Menschen, das Übel, das hier und da und allenthalben wohnt, wo Menschen sich finden – das ist das Ding, was wir die Welt nennen. Jeder von uns weiß besser, was es ist, als wir irgend einem Andern es sagen können, und vielleicht mache ich es eher dunkler als klarer, indem ich es erkläre. Ihr wisst wohl, was die Welt ist für Einige für euch – es ist nicht mehr als eure eigene kleine Familie, der äußeren Form nach, aber weit mehr dem Einfluss nach. Eure wirkliche Welt mag auf euer eigenes Haus beschränkt sein, aber dieselben Grundsätze finden in den häuslichen Zirkel Eingang, die Königreiche und Staaten durchdringen. Für andere nimmt die Welt einen weiten Umfang an, da sie mit ungöttlichen Menschen im Geschäft zusammenkommen müssen, dies muss geschehen, wenn wir nicht ganz aus der Welt herausgehen wollen, und das ist nicht die Absicht unseres Herrn, denn er spricht: „Ich bitte nicht, dass du sie von der Welt nimmst.“ Für Einige, die auf die ganze Masse der Menschheit blicken und berufen sind, sie alle sorgfältig in Beachtung zu ziehen, weil sie Gottes Botschafter an sie sein sollen, für diese machen die Neigungen und Richtungen der Menschen in allen Völkern und Zeitaltern – alle diese zusammen „die Welt“ aus. Aber sei sie, was immer sie wolle, sie ist etwas, aus dem sicher Trübsal für uns kommen wird. Christus sagt uns das. Sie mag kommen in der Form von zeitlichen Leiden der einen oder anderen Art; sie mag kommen in der Form von Versuchung, in die wir von unseren Nebenmenschen geführt werden; sie mag kommen in der Form von Verfolgung in einem größeren oder geringeren Maße, je nach unserer Stellung; aber sie wird kommen. „In der Welt habt ihr Angst.“ Wir sind Fremdlinge in Feindesland, die Leute in dem Land, da wir weilen, sind nicht unsere Freunde, und wollen uns nicht weiterhelfen auf unserer Pilgerschaft zum Himmel. Alle geistlichen Menschen in der Welt sind unsere Freunde, sie, gleich uns, sind in der Welt, aber nicht von ihr. Von dem Reich dieser Welt, dessen Herr der Satan ist, müssen wir heftigen Widerstand erwarten und gegen diesen müssen wir streiten bis zum Sieg, wenn wir in die ewige Ruhe eingehen wollen.
Zweitens: Wie hat Christus die Welt überwunden?
Nun, dies bringt mich zu dem interessanten Gegenstand des zweiten Teils, wie hat Christus die Welt überwunden? Und wir antworten, zuerst, er tat dies in seinem Leben; dann in seinem Tod; und dann in seiner Auferstehung und seinem Herrschen.
Zuerst, Christus überwand die Welt in seinem Leben. Dies ist eine wundervolle Betrachtung, das überwinden der Welt in dem Leben Christi. Ich halte dafür, dass diese ersten dreißig Jahre, von denen wir so wenig wissen, eine wunderbare Vorbereitung für seine Kampf mit der Welt waren, und dass er in Wirklichkeit, obwohl nur in eines Zimmermanns Werkstatt, und dunkel und unbekannt für die große Außenwelt, doch sich nicht bloß für den Kampf vorbereitete, sondern schon begann zu überwinden. In der Geduld, womit er seine Zeit abwartete, sehen wir das Morgenrot des Sieges. Wenn wir danach verlangen, Gutes zu tun, und überall Unheil und Sünde triumphieren sehen, sehnen wir uns, zu beginnen; aber gesetzt, es wäre nicht des großen Vaters Wille, dass wir augenblicklich am Streit teilnehmen sollten, wie sehr würde die Welt uns dann versuchen, vor der Zeit aufzutreten. Eine Überschreitung der Disziplin kann durch übergroßen Eifer verursacht werden und dieser durchbricht ebenso sehr das Gesetz des Gehorsams, wie Schlaffheit oder Trägheit es tun würde. Jener römische Soldat ward schuldig befunden, der, als das Heer Befehl erhalten, dass Niemand in des Führers Abwesenheit einen Streich führen sollte, nichtsdestoweniger vorwärts schritt und einen Gallier erschlug; die Tat war eine tapfere, aber sie war gegen die militärische Disziplin, und hätte höchst beklagenswerte Folgen haben können, und deshalb ward sie verurteilt. So ist es zuweilen mit uns; ehe wir fertig sind, ehe wir unseren Auftrag erhalten haben, eilen wir hastig vorwärts, den Feind zu schlagen. Diese Versuchung muss an Christum herangetreten sein von Seiten der Welt; manches Mal, wenn er davon hörte, was unter der Herrschaft des Irrtums und der Heuchelei geschah, müssten seine menschenfreundlichen Regungen ihn angetrieben haben, aufzutreten und zu handeln, wäre er nicht unfähig gewesen, verkehrte Wünsche zu haben. Unzweifelhaft war er willig, die Kranken zu heilen. War nicht das Land voll Leidender? Er hätte gern Seelen errettet – gingen sie nicht zu Tausenden hinunter in den Abgrund? Er hätte freudig Irrtümer widerlegt, denn die Lüge tat ein tödliches Werk, aber seine Stunde war noch nicht gekommen. Und unser Herr und Meister hatte nicht zu sagen, bis sein Vater ihn sprechen hieß. Starkes Verlangen an sein Werk zu gehen, hatte er, das wissen wir, denn als er hinauf zum Tempel ging, sprach er: „Wisst ihr nicht, dass ich meines Vaters Werk tun muss?“ (Engl. Üb.) Diese Äußerung offenbarte das Feuer, das in seiner Seele brannte, und dennoch predigte, heilte, stritt er nicht, sondern blieb diese ganzen 30 Jahre in der Dunkelheit, weil Gott es so haben wollte. Wenn der Herr uns ruhig haben will, so tun wir seinen Willen am besten, indem wir ruhig sind, aber doch, still und gelassen so lange Zeit zu sein, war ein wundervolles Beispiel davon, wie seine ganze Umgebung ihn nicht beherrschen konnte, nicht einmal, wenn sie mit seiner Menschenliebe im Einklang schien; er blieb dennoch Gott gehorsam und erwies sich so als der Überwinder der Welt.
Als er auf den Schauplatz des öffentlichen Handelns tritt, da wisst ihr, wie er die Welt in vielerlei Weise überwand. Zuerst, indem er stets seinem Zeugnis treu blieb. Er schwächte es nie ab, nicht durch ein einziges Wort, um den Menschenkindern zu gefallen. Von dem ersten Tag, wo er zu predigen begann, bis zum letzten Wort, das er sprach, war alles Wahrheit und nichts als Wahrheit, Wahrheit, ungefärbt von den herrschenden Meinungen, unbefleckt von gangbaren Irrtümern. Er vermummte seine Lehre nicht nach Jesuitenweise so, dass die Menschen kaum anders meinen konnte, als dass es derselbe Irrtum sei, in dem sie erzogen worden waren, sondern er sprach gerade heraus und stellte sich all´ den Mächten, welche das Denken und Lehren der damaligen Zeit beherrschten, entgegen. Er war kein Hüter der Wahrheit. Er ließ die Wahrheit ihren eigenen Kampf in ihrer eignen Weise ausfechten, und ihr wisst, wie sie ihre Brust den Pfeilen des Gegners entblößt, um in ihrem eignen unveränderlichen, unsterblichen und unverwundbaren Leben ihren Schild und ihren Speer findet. Seine Sprache war zuversichtlich, denn er wusste, dass auf die Länge die Rücksicht auf das Zeitalter und dessen Vorteile. Ich glaube nicht, dass ihr dies von der Lehre irgend eines Andern sagen könnt, nicht einmal von den besten und tapfersten seiner Diener. Wir können sehen, wenn wir auf Luther blicken, den großen und herrlichen Luther, wie der Romanismus Allem, was er tat, mehr oder weniger einen Beigeschmack gab; und die Finsternis des Zeitalters warf selbst über den festen und klaren Geist Calvins einigen Schatten; von jedem der Reformatoren müssen wir dasselbe sagen; glänzende Sterne waren sie alle, doch blieben sie nicht ungetrübt durch die Sphäre, in welcher sie schienen. Auf jeden Menschen wirkt mehr oder weniger sein Zeitalter ein, und wir müssen, wenn wir die Geschichte lesen, beständig Rücksicht nehmen, denn wir geben alle zu, dass es nicht billig sein würde, die Menschen früherer Zeiten nach dem Maßstab des 19. Jahrhunderts zu richten. Aber ihr Menschen, ihr könnt Christum Jesum prüfen, wenn ihr wollt, bei dem Licht des 19. Jahrhunderts, wenn dies Licht ist; ihr könnt ihn nach jedem Jahrhundert beurteilen, ja, ihr könnt ihn bei dem hellen Licht des Thrones Gottes auf die Probe stellen; seine Lehre ist lauter Wahrheit ohne irgend welche Mischung, sie wird die Probe von Zeit und Ewigkeit bestehen. Auf seine Lehre wirkte weder die Tatsache ein, dass er als Jude geboren war, noch das Übergewicht der rabbinischen Überlieferung, noch die Zunahme der griechischen Philosophie, noch irgend einer der eigentümlichen Einflüsse, die damals sich geltend machten. Seine Lehre war in der Welt, aber sie war nicht von der Welt, noch irgend wie durch diese gefärbt. Es war die Wahrheit, wie er sie von dem Vater empfangen hatte, und die Welt konnte ihn nicht bewegen, etwas hinzuzufügen oder abzutun, oder sie im geringsten Grade zu ändern, und deshalb überwand er in diesem Punkt die Welt.
Beachtet ihn danach in der tiefen Ruhe, die seine Seele beherrschte zu den Zeiten, wo er den Beifall der Menschen erhielt. Unser Herr war zu gewissen Zeiten in hohem Grade populär. Wie drängte sich das Volk um ihn, wenn seine wohltätige Hand nach allen Seiten hin Heilung spendete. Wie viel Beifall gaben sie ihm, als er sie speiste; aber wie klar durchschaute er diesen selbstsüchtigen Beifall und sprach: „ihr sucht mich, weil ihr von dem Brot gegessen habt.“ Er verlor nie seine Haltung; ihr findet niemals, dass er sich überhebt, weil die Menge ihm folgt. Kein einziger Ausdruck, den er braucht, gibt dem Verdacht einer Selbstverherrlichung Raum. Unter ihren Hosiannas ruht seine Seele still in Gott. Er verlässt ihre Zurufe und Beifallsbezeugungen, um sich im Gebet zu erfrischen, auf den kalten Bergen, in der Mitternachtsluft. Er verkehrte mit Gott und war deshalb über das Lob der Menschen erhaben. Er wandelte unter ihnen, heilig, unschuldig, unbefleckt, und von den Sündern abgesondert, selbst, wenn sie ihn mit Gewalt zu ihrem König machen wollten. Einmal reitet er im Triumph, wie er es oft hätte tun können, wenn es ihm gefallen, aber es war in so demütiger Weise, dass sein Pomp ein ganz anderer als der der Könige war, ein Zeugnis für seine Demut eher, als eine Entfaltung seiner Majestät. Unter den freiwilligen Hosiannas kleiner Kinder, und derjenigen, denen er wohlgetan, reitet er entlang, aber ihr könnt sehen, er gibt sich keinen Gedanken eines weltlichen Eroberers hin, keinen stolzen Vorstellungen eines Kriegers, der blutbefleckt aus der Schlacht heimkehrt. Nein, er ist immer noch so demütig und sanft, und so freundlich, wie er stets war, und in seinem Triumph ist kein Körnchen Selbsterhebung. Er hat die Welt überwunden. Was konnte die Welt ihm geben, Brüder? Eine königliche Natur, wie die seine in welcher die Menschheit so nahe Gemeinschaft mit der Gottheit hatte, wie es nicht leicht sich vorzustellen ist, was gab es da hienieden, das ihn hätte stolz machen können? Wenn die Posaune des Ruhms ihren lautesten Ton geblasen hätte, was wäre das gewesen im Vergleich mit den Gesängen der Cherubim und Seraphim, an die sein Ohr alle Zeitalter hindurch gewöhnt gewesen war? Nein, verbunden mit der Gottheit, war seine Menschheit erhaben über alle Künste der Schmeichelei und alle Ehren, welche Menschen ihm erweisen konnten. Er überwand die Welt.
Er war derselbe, als die Welt es in anderer Weise mit ihm versuchte. Sie drohten ihm, aber er blieb ruhig. Er hatte kaum sein Predigen begonnen, als sie ihn von dem Gipfel des Berges hinabstürzen wollten. Erwartet ihr nicht, als sie ihn an den Abhang drängen, dass er sich umwendet und sie wenigstens mit feurigen Worten strafe, wie Elias es tat? Aber nein, er spricht kein zürnendes Wort; er geht mitten durch sie hinweg. In der Synagoge knirschten sie oft mit den Zähnen über ihn in ihrer Bosheit, aber wenn er je Unwillen fühlte, so war es nicht über etwas, das gegen ihn selber gerichtet war; er trug immer Alles und äußerte kaum je ein Wort der Erwiderung auf bloß persönliche Angriffe. Wenn Verleumdungen auf ihn gehäuft wurden, so fuhr er so ruhig fort, als wenn sie nicht geschmäht oder ihn zu morden gewünscht hätten. Als er vor seine Richter gebracht wird, welcher Unterschied ist da zwischen dem Meister und seinem Diener Paulus. Er wird geschlagen, aber er spricht nicht wie Paulus: „Gott wird dich schlagen, du getünchte Wand;“ nein, sondern wie ein Lamm vor seinen Scherern verstummt er und tut den Mund nicht auf. Wenn sie ihn hätten zornig machen können, so würden sie ihn überwunden haben; aber er blieb stets liebreich; er war sanft, ruhig, geduldig, wie sehr sie ihn auch reizten. Zeigt mir ein ungeduldiges Wort – es gibt nicht einmal eine Tradition von einem zornigen Blick, den er für irgend eine ihm selber erwiesene Beleidigung gehabt. Sie konnten ihn von seinen Liebesabsichten nicht abbringen, und konnten ihn nicht einmal veranlassen, etwas zu tun oder zu sagen, das vollkommener Liebe zuwiderliefe. Er ruft kein Feuer vom Himmel herab; keine Bären kommen aus dem Walde, um die zu zerreißen, welche ihn verspotten. Nein, er kann sagen: „ich habe die Welt überwunden,“ denn ob sie lächelte oder drohte, so ging der Mann der Schmerzen seinen siegreichen Weg in vollkommenem Frieden und Ruhe des Geistes in der köstlichen Stille der Gemeinschaft mit Gott.
Sein Sieg kann in anderer Gestalt gesehen werden. Er überwand die Welt in der Selbstlosigkeit seiner Zwecke. Die Menschen sagen in einer Welt wie dieser gewöhnlich: „Was ist unsere Ware? Was können wir daraus machen?“ Das ist es , wozu sie von Kindheit an erzogen werden. „Junge, du musst dir deinen Weg bahnen, sieh auf deinen Vorteil und bringe es zu etwas in der Welt.“ Das Buch, welches dem jungen Mann empfohlen wird, zeigt ihm, wie er alle Dinge am Besten für sich benutzen kann, er muss auf „Nummer Eins“ achten und die Beste Gelegenheit ergreifen. Dem Knaben wird von seinen klugen Lehrern gesagt: „Du musst für dich selbst sorgen, sonst wird Niemand für dich sorgen; und was du auch für Andere tust, gib doppelt Acht, deine eignen Interessen zu wahren.“ Das ist der Welt Klugheit, die Quintessenz aller ihrer Politik, die Grundlage ihrer Nationalökonomie, - jeder Mensch und jedes Volk muss für sich selbst sorgen; wenn ihr eine andere Politik oder Staatswirtschaft wünscht, so werdet ihr für törichte Theoretiker gehalten, mit denen es wahrscheinlich nicht ganz richtig im Kopf ist. „Selbst ist der Mann,“ der Welt Gesetz der Selbsterhaltung ist die herrschende Regel und Nichts kann richtig vorwärts gehen, wenn ihr euch dem Evangelium der Selbstsucht entgegen stellt; so versichern uns die politischen handelstreibenden Salomone. Nun blickt auf den Herrn Jesus, als er in der Welt war, und ihr werdet nichts von solchen Grundsätzen lernen, ausgenommen ihre Verdammung; die Welt konnte ihn nicht dadurch überwinden, dass sie ihn zu einer selbstsüchtigen Handlungsweise verleitete. Kam es ihm je in dem Sinn, auch nur für einen Augenblick, was er für sich selber tun könnte? Es gab Reichtümer, aber er hatte nicht da er sein Haupt hinlegen konnte. Den kleinen Vorrat, den er hatte, übergab er der Sorge des Judas, und so lange es Arme im Lande gab, hatten sie sicher ihren Anteil an dem, was in dem Beutel war. Er legte so wenig Wert auf Besitz, Vermögen und Kapitalien, dass in keiner der vier Lebensbeschreibungen von ihm dergleichen Dinge erwähnt werden. Er war ganz und gar über die Welt erhaben in dieser Hinsicht; denn wessen auch die boshaftesten Ungläubigen unseren Herrn beschuldigt haben, so viel ich weiß, haben sie ihn nie des Geizes, der Habsucht oder Selbstsucht in irgend welcher Form angeklagt. Er hatte die Welt überwunden.
Dann ferner, der Meister überwand die Welt darin, dass er sich nicht herabließ, ihre Macht zu gebrauchen. Er brauchte nicht jene Art der Gewalt, die der Welt zu nicht selbstsüchtigen Zwecken eigentümlich ist. Ich kann mir einen Mann vorstellen, der zu großem Reichtum emporsteigt und, auch ohne den Geist Gottes, nur die Förderung irgend eines großen Zweckes wünscht, von dem sein Herz eingenommen ist; aber ihr werdet gewöhnlich bemerken, dass solche Menschen bereit sind, Gutes durch Böses zu fördern oder wenigstens haben sie gemeint, dass große Zwecke verfolgt werden dürfen mit Waffengewalt, Bestechung oder Staatsklugheit. Mohamed hatte eine große Wahrheit ergriffen, als er sprach: „Es ist nur ein Gott!“ Die Einheit Gottes ist eine Wahrheit vom äußersten Wert; aber dann kommt das Mittel, das zur Verbreitung dieser großen Wahrheit gebraucht wird – der Säbel. „Hinunter mit den Köpfen der Ungläubigen! Wenn sie falsche Götter haben, oder nicht die Einheit Gottes anerkennen wollen, verdienen sie nicht zu leben.“ Vermögt ihr euch vorzustellen, dass der Herr Jesus Christus so etwas tun könnte? Dann hätte die Welt ihn überwunden. Aber er überwand die Welt darin, dass er nicht im geringsten Grad diese Form der Macht anwenden wollte. Er hätte eine Schar um sich sammeln können, und sein heldenmütiges Beispiel, verbunden mit seiner Wundermacht, würde schnell das römische Reich hinweggefegt haben und die Juden bekehrt; und dann hätten seine siegreichen Legionen durch Europa und Asien und Afrika ziehen können und alle Arten der Übel unter die Fürsten treten und mit dem Kreuz als Banner und dem Schwert als Waffe, da wären die Götzen gefallen und die ganze Welt hätte sich zu seinen Füßen beugen müssen. Aber nein, wenn Petrus das Schwert zieht, spricht er: „Stecke dein Schwert in die Scheide, denn wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen.“ Wohl mochte er sagen: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt, sonst würden meine Diener darob kämpfen.“
Und er hätte, wenn es ihm gefallen, seine Kirche mit dem Staate verbinden können, wie seine im Irrtum befindlichen Freunde in diesen entarteten Zeiten getan haben, es hätte Strafgesetze geben können gegen die, welche Dissidenten zu sein wagten, und gezwungene Beiträge zum Unterhalt seiner Kirche und derlei Dinge mehr. Ihr habt, glaube ich, von solchen Sachen gelesen, aber nicht in dem Evangelium, noch in der Apostelgeschichte. Diese Dinge werden von denen getan, die den Christ Gottes vergessen, denn er braucht kein Instrument, als die Liebe, kein Schwert als die Wahrheit, keine Macht als den ewigen Geist und gerade hierdurch, dass er alle weltliche Macht bei Seite setzte, überwand er die Welt.
So, Brüder, überwand er die Welt auch durch seine Furchtlosigkeit der Elite der Welt gegenüber, denn mancher Mann der dem Missfallen der Menge getrotzt hat, kann nicht die Kritik der Wenigen tragen, die glauben, dass sie im ausschließlichen Besitz aller Weisheit sind. Aber Christus trifft den Pharisäer an und erweist seinen breiten Säumen keine Ehre; er steht dem Sadduzäer gegenüber und nicht vor seiner kalten Philosophie und ebenso wenig verhehlt er die Schwierigkeiten des Glaubens, um seinem Hohnlächeln zu entgehen; und er widersteht auch mutig dem Herodianer, welcher der weltliche Politiker ist, und gibt ihm eine Antwort, auf die er Nichts entgegnen kann. Er ist derselbe vor ihnen allen, Meister in jeder Lage und überwindet die Weisheit und vermeintliche Bildung der Welt durch sein eigenes einfaches Zeugnis für die Wahrheit.
Und er überwand die Welt am besten von allen durch die Beständigkeit seiner Liebe. Er liebte die unliebenswürdigsten Menschen, er liebte die, welche ihn hasst, er liebte die, welche ihn verachteten. Ihr und ich, wir hören bald auf zu lieben, wenn wir undankbare Behandlung empfangen, und werden so von der Welt besiegt, aber er blieb seiner großen Absicht treu – „er rettete Andere, sich selber konnte er nicht retten;“ und starb mit dem Gebet auf seinen Lippen: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Nicht im Geringsten bitter, du teurer Heiland, bist du bis zuletzt eben so milde, wie zuerst. Wir haben zartfühlende Seelen gesehen, voller Großmut, die mit einem verkehrten und verderbten Geschlecht zu tun hatten, bis sie zuletzt hart und kalt geworden sind. Nero, der weint, als er das erste Todesurteil eines Verbrechers unterzeichnet, kommt zuletzt dahin, sich an dem Anblick des Blutes seiner Untertanen zu ergötzen. So schwinden liebliche Blumen in verderblicher Fäulnis dahin. Aber du, geliebter Heiland, duftest immer voll Liebe. Kein Flecken kommt auf deinen lieblichen Charakter, obgleich du einen schlammigen Weg durchwanderst. Du bist eben so freundlich gegen die Menschen bei deinem Scheiden, als bei deinem Kommen, denn du hast die Welt überwunden.
Ich kann über den nächsten Punkt nur sagen, dass Christus durch seinen Tod die Welt überwand, weil der Sohn Gottes durch eine staunenswerte Tat der Selbstaufopferung das Prinzip der Selbstsucht, das die Seele und das Lebensblut der Welt ist, ins Herz traf. Hierin auch, indem er den gefallenen Menschen erlöste, erhob er den Menschen über die Macht, welche die Welt über ihn ausübt, denn er lehrte Menschen, dass sie erlöst sind, dass sie nicht länger ihr eigen, sondern teuer erkauft sind, und so ward die Erlösung das Zeichen der Freiheit von der Knechtschaft der Selbstliebe, und der Hammer, welcher die Fesseln der Welt und ihrer Lust entzwei bricht.
Indem er die Menschen durch sein großes Sühnopfer mit Gott versühnte, hat er sie auch aus der Verzweiflung herausgeführt, welche sie sonst in der Sünde darnieder hielt und sie zu willigen Sklaven der Welt machte. Nun haben sie Vergebung, sind gerechtfertigt und zu Freunden Gottes gemacht, und als solche werden sie Feinde der Feinde Gottes, und sind von der Welt abgesondert, und so ist die Welt durch Christi Tod überwunden.
Aber überhaupt hat er überwunden durch seine Auferstehung und seine Herrschaft, denn als er auferstand, zertrat er der Schlange Kopf, und diese Schlange ist der Fürst dieser Welt und hat die Herrschaft über sie. Christus hat den Fürsten der Welt besiegt und ihn in Ketten geführt, und nun hat Christus die Herrschaft über alle Dinge hienieden übernommen. Gott hat alle Dinge unter seine Füße getan. An seinem Gürtel hängen die Schlüssel der Vorsehung; er regiert in der Menge des Volks und in dem Rat der Könige. Wie Joseph Ägypten regierte zum Besten Israels, so beherrscht Jehova Jesus alle Dinge zum Besten seines Volkes. Nun kann die Welt nicht weiter in der Verfolgung seines Volkes gehen, als er es erlaubt. Kein Märtyrer kann verbrannt, kein Bekenner eingekerkert werden, ohne die Erlaubnis Jesu Christi, welcher der Herr über Alles ist; denn die Herrschaft ist auf seiner Schulter und sein Reich ist über Alles. Brüder, dies ist eine große Freude für uns, an die Herrschergewalt Christi zu denken, wie er die Welt überwunden hat.
Da ist noch dieser andere Gedanke, dass er die Welt überwunden hat durch die Gabe des Heiligen Geistes. Diese Gabe war tatsächlich die Besiegung der Welt. Jesus hat nun ein anderes Reich errichtet, ein Reich der Liebe und Gerechtigkeit; schon fühlt die Welt seine Macht durch den Geist. Ich glaube nicht, dass es einen dunklen Platz im Innern Afrikas gibt, der nicht einigermaßen durch den Einfluss des Christentums besser geworden ist; selbst die Wüste ist fröhlich und freut sich seiner. (Jes. 35,1) Keine barbarische Macht wagt zu tun, was sie einst tat, oder wenn sie es tut, so wird ein solcher Widerspruch gegen ihre Grausamkeit erhoben, dass sie bald peccavi1) zu sagen und ihre Fehler zu bekennen hat. Zu dieser Zeit hat der Stein, ohne Hände vom Berg herab gerissen, angefangen, den alten Dagon zu zertrümmern, er bricht seinen Kopf und bricht seine Hände entzwei und selbst sein Rumpf soll noch zertrümmert werden. Es ist heutigen Tages keine Macht in dieser Welt so lebendig, so kräftig als dich Macht Christi. Ich sage nichts eben jetzt von himmlischen oder geistlichen Dingen; sondern ich rede nur von den irdischen und sittlichen Einflüssen – selbst in diesen steht das Kreuz voran. Der, von dem Voltaire sagte, er lebe in der Dämmerung seines Tages, geht von Kraft zu Kraft. Es war wahr, es war die Dämmerung, aber es war die Dämmerung des Morgens und der volle Mittag kommt. In jedem Jahr bringt der Name Jesus mehr Licht für diese arme Welt; jedes Jahr bringt die Zeit näher, wo das Kreuz, welches der Pharaos der Menschheit ist, der Leuchtturm der Welt inmitten des Sturmes, immer glänzender über die unruhigen Wasser scheinen soll, bis die große Stille kommt. Dies Wort soll immer allgemeiner zur Wahrheit werden: „Wenn ich erhöht werde von der Erde, will ich sie alle zu mir ziehen.“ So hat er die Welt überwunden.
Drittens: Nun zuletzt, welcher Trost ist hier für uns?
Nun, dies zuerst, dass, wenn der Mensch Jesus Christus die Welt, da sie am schlimmsten war, überwunden hat, wir, die wir in ihm sind, die Welt durch dieselbe Macht überwinden sollen, die in ihm wohnte. Er hat sein Leben in die Seinen ergossen, er hat seinen Geist gegeben, dass er ihnen wohne und sie werden weit überwinden. Er besiegte die Welt, als sie ihn in der ärgsten, nur möglichen Form, angriff, denn er war ärmer, als irgend Einer von euch, er war mehr voll Krankheit und Schmerzen, als irgend Einer von euch, und mehr verachtet und verfolgt, als Einer von euch, und er war gewisser göttlicher Tröstungen beraubt, die Gott verheißen hat, niemals von seinen Heiligen hinwegzunehmen, und doch trotz all´ dieser Nachteile überwand Christus die Welt; deshalb seid versichert, dass wir auch in seiner Kraft überwinden werden.
Außerdem, er überwand die Welt, als Niemand anders sie überwunden hatte. Sie war, so zu sagen, ein junger Löwe, der niemals in einem Kampf unterlegen; er brüllte ihn an aus dem Dickicht und sprang auf ihn in der Fülle seiner Kraft. Nun, wenn unser größerer Simson diesen jungen Löwen zerriss, als wäre er ein Böcklein und ihn wie ein überwundenes Ding niederwarf, so könnt ihr euch darauf verlassen, dass nun, da er ein alter Löwe ist, grau und bedeckt mit den Wunden, die ihm vor Alters versetzt sind, auch wir, die wir des Herrn Leben und Macht in uns haben, ihn überwinden werden. Gelobt sei sein Name! Welcher Trost liegt in seinem Sieg? Es ist so gut, als wenn er zu uns spräche: „Ich habe die Welt überwunden, und ihr, in denen ich wohne, die ihr mit meinem Geist bekleidet seid, müsst sie auch überwinden.“
Aber dann ferner, gedenkt daran, er überwand die Welt als unser Haupt und Stellvertreter und es kann mit Wahrheit gesagt werden, dass, wenn die Glieder nicht überwinden, das Haupt nicht vollkommen den Sieg erlangt hat. Wenn es möglich für die Glieder wäre, besiegt zu werden, wohl, dann könnte das Haupt selber keinen völligen Sieg behaupten, weil es Eins mit den Gliedern ist. So besiegte Jesus Christus, unser Bundeshaupt und Stellvertreter, in dessen Lenden all´ der geistliche Same lag, die Welt für uns und wir besiegten die Welt in ihm. Er ist unser Adam, und was durch ihn getan ward, ward tatsächlich für uns getan und der Wirkung nach durch uns. Habt also Mut, denn ihr müsst siegen; es muss euch gehen, wie eurem Haupt; wo das Haupt ist, da wollen die Glieder sein, und wie das Haupt ist, so müssen die Glieder sein, deshalb seid der Palme und der Krone sicher.
Und nun, Brüder, frage ich euch, ob ihr es nicht so gefunden habt? Ist es nicht in diesem Augenblick wahr, dass die Welt in euch überwunden ist? Regiert euch euer Ich? Arbeitet ihr, um Reichtum für eure eigene Erhebung zu erlangen? Lebt ihr, um Ehre und Ruhm unter den Menschen zu gewinnen? Fürchtet ihr der Menschen Missfallen? Seid ihr Sklaven der öffentlichen Meinung? Tut ihr Dinge, weil es Sitte ist, sie zu tun? Seid ihr Sklaven der Mode? Wenn ihr es seid, so wisst ihr nichts von diesem Sieg. Aber wenn ihr wahre Christen seid, so weiß ich, was ihr sagen könnt: „Herr, ich bin dein Knecht, du hast meine Bande gelöst; fortan hat die Welt keine Herrschaft über mich; und obgleich sie mich versucht und mich erschreckt und mir schmeichelt, doch erhebe ich mich darüber durch die Kraft deines Geistes, denn die Liebe Christi zwingt mich und ich lebe nicht in mir selber und den Dingen, die sichtbar sind, sondern Christo und den unsichtbaren Dingen.“ Wenn es so ist, wer hat dies für euch getan? Wer anders, als Christus, der Überwinder, der in euch die Hoffnung der Herrlichkeit ist; deshalb seid getrost, denn ihr habt die Welt überwunden vermöge seines Wohnens in euch.
So, Brüder, lasst uns zurück zur Welt und ihren Trübsalen gehen ohne Furcht. Ihre Leiden können uns nicht schaden. Sie werden uns gut tun, wie das Dreschen dem Weizen. Lasst uns vorwärts gehen, mit der Welt zu kämpfen, denn sie kann uns nicht überwinden. Es hat noch nie einen Menschen gegeben mit dem Leben Gottes in seiner Seele, den die Welt hätte unterwerfen können; nein, die ganze Welt und Hölle zusammen können nicht das kleinste Kindlein in dem Haushalt des Herrn Jesu Christo besiegen. Sehr, ihr seid geharnischt mit dem Heil, ihr seid gerüstet mit Allmacht, ihr seid gedeckt durch den Schild der Versöhnung, und Christus selbst, der Sohn Gottes, ist euer Anführer. Stimmt euren Schlachtruf mutig an und fürchtet nicht, denn er ist mehr, der für euch ist, denn alle, die gegen euch sind. Es wird von den verklärten Heiligen gesagt: „Sie haben überwunden durch das Blut des Lammes,“ und „Unser Glaube ist der Sieg, welcher die Welt überwindet,“ deshalb steht fest, bis zum Ende, denn ihr sollt weit überwinden durch den, der euch geliebt hat. Amen.