Magnus Friedrich Roos - Kreuzschule - Sechstes Kapitel.

Magnus Friedrich Roos - Kreuzschule - Sechstes Kapitel.

Von traurigen Todesfällen.

Ein großer Theil der Traurigkeit, welche die sterblichen Menschen überfällt, entsteht von den Todesfällen, durch welche der große GOtt Ehen trennt, Kinder von den Eltern, oder Eltern von den Kindern wegnimmt, Brüdern, Schwestern und Freunden ihre Brüder, Schwestern und Freunde entrückt, Zuhörern ihre Lehrer, Untertanen ihre Obrigkeit entzieht, und überhaupt große Veränderungen in der menschlichen Gesellschaft macht. Es kommen auch in der heiligen Schrift Beispiele von der Trauer vor, welche aus solchen Todesfällen entstanden ist. Als Sara gestorben war, so kam Abraham, ihr treuer Ehemann, daß er sie beklagte und beweinte, 1 Mos. 23, 2. Joseph fiel auf seines todten Vaters Angesicht, und weinete über ihm und küssete ihn, 1 Mos. 50,1. Die Kinder Israel beweinten Mose im Gefilde der Moabiter dreißig Tage, 5 Mos. 34, 8. Der Prophet Jeremia klagte den frommen König Josia, 2 Chr. 35, 25. Bei dem todten Leichnam der Tabea weinten die christlichen Wittwen, denen dieselbe bei Leibesleben Gutes gethan hatte, Apg. 9, 39., und Phil. 2, 25.26.27. wird erzählt: Der fromme Epaphroditus, der Gehülfe, Mitstreiter und Diener Pauli, sei todtkrank gewesen; GOtt habe sich aber über ihn erbarmet, nicht allein aber über ihn, sondern auch über Paulum, auf daß er nicht eine Traurigkeit über die andere hätte; folglich hätte Paulus getrauert, wenn Epaphroditus gestorben wäre. Es ist aber diese Traurigkeit gewöhnlich desto größer, wenn die Todesfälle mit besonderen klaglichen Umständen verbunden sind. Deßwegen faßte David seine Kleider, und zerriß sie, und alle Männer, die bei ihm waren, und trugen Leide und weineten, und fasteten bis an den Abend über Saul und Jonathan, seinen Sohn, und über das Volk des HErrn, und über das Haus Israel, daß sie durchs Schwert gefallen waren, 2 Sam. 4,12., und als David gehöret hatte, daß sein treuloser Sohn Absalom an einer Eiche hangend durchstochen worden sei, so trauerte er, und gieng hin auf den Saal im Thor zu Mahanaim, und weinete, und sprach im Gehen die kläglichen Worte: mein Sohn Absalom, mein Sohn, mein Sohn Absalom! Wollte GOtt, ich müßte für dich sterben! O Absalom, mein Sohn, mein Sohn! 2 Sam. 18, 33. Er bedachte hiebei ohne Zweifel, daß sein armer Sohn nicht nur in seiner blühenden Jugend auf eine schmerzliche und schmähliche Weise um's Leben gekommen, sondern daß er auch nach begangenen greulichen Sünden unter dem göttlichen Gericht dahingefahren, und keine Anzeige einer Buße von sich geben können, Luc. 7,12. Hingegen wird dieses als eine billige Ursache des Leides einer Mutter bei dem Leichenbegängniß ihres Sohnes angegeben, daß derselbe ihr einziger Sohn, und sie eine Wittwe gewesen sei.

Aus diesen Stellen erhellet, daß das Trauern bei den Todesfällen auch den Heiligen wohl anstehe, und an sich selbst GOtt nicht mißfällig sei; wie denn nirgends ein Verbot oder eine Bestrafung beigesetzt ist, und vielmehr die hartherzigen und unempfindlichen Leute durch das Wort des Propheten Jeremias bestraft werden, der Kap. 5,3. zu GOtt dem HErrn sagt: „Du schlagest sie, aber sie fühlen es nicht; du Plagest sie, aber sie bessern sich nicht. Sie haben ein härter Angesicht denn ein Stein, und wollen sich nicht bekehren.“ Doch muß man sich hüten, daß man nicht traure wie die Heiden, welche in Ansehung der Todten keine Hoffnung haben, 1 Thess. 4,13. Auch muß man sich so verhalten, daß das Wort Salomonen erfüllet werde, der Pred. Kap. 7,4. sagt: „Durch Trauern wird das Herz gebessert.“ Und nun diesen Zweck zu erreichen, muß man bedenken, daß der Tod der Menschen zwar eine Folge der Sünde sei, wie Paulus Röm. 5,12. schreibt: „Durch Einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen, und der Tod durch die Sünde, und ist also der Tod zu allen Menschen hindurch gedrungen, weil sie alle gesündiget haben.“ Daß aber doch das Sterben eines jeden Menschen unter der Regierung GOttes stehe, oder eine göttliche Verhängniß sei; wie denn Moses Ps. 90, 3. zu GOtt sagt: „Der du die Menschen lassest sterben, und sprichst: kommet wieder Menschenkinder“, und David Ps. 139,16.: „Deine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und waren alle Tage auf dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und derselben keiner da war.“ Wenn also jemand stirbt, den wir lieb gehabt haben: so sollen wir glauben, daß ihn GOtt habe sterben lassen, und daß seine Seele auf einen göttlichen Befehl von demjenigen, der ihn gegeben hat, habe wieder kommen müssen, Pred. Sal. 12,7. Wer will aber den Willen und Rathschluß GOttes tadeln? Heilig, heilig, heilig ist GOtt der HErr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll, Jes. 6, 3. Gesetzt auch, daß es das Ansehen hätte, als ob ein menschlicher Fehler oder gar eine menschliche Bosheit den Tod einer solchen Person befördert hatte: so wäre solches doch nicht ohne göttliche Zulassung geschehen, und diese Zulassung ist wie alles übrige, das GOtt thut, heilig und gerecht; ja es kann der gnädige Rathschluß GOttes und seine heilige und weise Zulassung mit der menschlichen Bosheit und Thorheit gar wohl zusammen treffen; wie bei dem Tod Christi und aller heiligen Märtyrer offenbar worden ist. Man bedenke ferner, daß, wenn die Person, über deren Tod wir trauern, entweder als ein Kind in der Taufgnade von hinnen geschieden, oder vor ihrem Ende Zeichen eines bußfertigen, gläubigen und frommen Christen an sich gehabt, ihrenthalben kein Klagen und kein Trauern nöthig sei. Einer solchen Person ist das Sterben ein Gewinn gewesen. Sie ist abgeschieden, um bei Christo zu seyn. Sie ist erlöset worden von allem Uebel, und GOtt hat ihr ausgeholfen zu seinem himmlischen Reich. Warum sollte man sie also beklagen? Ihre abgeschiedene Seele ist mit ihrem Schicksal sehr wohl zufrieden, und lobet und preiset GOtt darüber mit Freuden. Haben nun die Hinterbliebenen eine lebendige Erkenntniß der Wahrheit in sich, so sollen sie sich mit derselben Seele, ja mit allen seligen Geistern, in der Zufriedenheit und im Lob GOttes vereinigen, und nicht immer nur auf die traurigen Bilder des Krankenbetts, des todten Leichnams, der Bahre und des Grabes Hinsehen. Freilich hat dieses nicht statt, wenn jemand in der Unbußfertigkeit dahin gestorben ist; denn in einem solchen Falle ist nichts übrig, als daß man GOtt mit einer tiefen Unterwürfigkeit anbete, und von Herzen sagen lerne: „Du, HErr, bist gerecht, und deine Gerichte sind gerecht“, welches aber freilich, wenn die gestorbene Person einen nahe angeht, nicht ohne einen großen Kampf gelernt werden kann. Es befleißige sich aber ein jeder, der dieses liest, in der Ordnung der Buße und des Glaubens Gnade bei GOtt zu erlangen, und bei einem gottseligen Wandel diese Gnade bis ans Ende zu behaupten, damit er den Seinigen im Leben und Sterben ein tröstliches und erbauliches Beispiel werde, und sie Ursache finden, seinen Tod für einen seligen Hingang in die Ruhe GOttes, in das himmlische Vaterland, in die ewigen Hütten, in die Gesellschaft der Engel und verklärten Menschenseelen zu halten, und ihre Traurigkeit durch diese Vorstellungen zu mäßigen. Freilich ist es dabei empfindlich, wenn man diejenigen, die man lieb hat, auf dem Krankenbett leiden und mit dem Tode ringen sehen muß. Auch ist der Anblick eines Tobten und in die Verwesung eilenden Leichnams etwas trauriges. Hier muß aber der Glaube sich so zeigen, wie er Hebr. 11,1. beschrieben wird. Er muß sich nemlich zeigen als eine gewisse Zuversicht dessen, das man hoffet, und als eine gewisse Ueberzeugung von der Wirklichkeit der Dinge, die man nicht sicher. Glaubige Christen werden über allem Leiden, das sie ausgestanden haben, und so auch über ihrem letzten Todeskampf in der seligen Ewigkeit getröstet, wie von dem armen Lazarus Luc. 16, 25. gesagt wird. GOtt wischt alle Thränen von ihren Augen ab, Offenb. Joh. 7, 17. Das ist, GOtt begabet und erquicket sie so reichlich, daß sie keine Ursache mehr haben zu weinen. Sie werden keine Schmerzen mehr empfinden und fürchten, und das Andenken der ausgestandenen Schmerzen wird ihnen auch keine Thränen mehr auspressen. Sie werden immer mit sich selber Mitleiden haben, weil sie erfahren werden, daß die Leiden ihrer ganzen Lebenszeit der Herrlichkeit nicht werth seien, die nur an ihnen offenbar worden, und am jüngsten Tag noch völliger offenbar werden wird. Und was insonderheit den Zustand eines todten Leichnams und seiner Verwesung anbelangt, so stehet der Glaube hier auf die in dem Wort GOttes verheißene fröhliche Auferstehung, welche alles erstatten wird, hinaus. Wenn der Leichnam eines frommen Christen begraben wird, so wird er wie ein Saamenkorn auf den Gottesacker gesäet, und zwar als „verweslich; er wird aber auferstehen als unverweslich. Er wird gesäet in Unehre, und wird auferstehen in Herrlichkeit. Er wird gesäet in Schwachheit, und wird auferstehen in Kraft. Er wird gesäet als ein natürlicher Leib, und wird auferstehen als ein geistlicher Leib“, 1 Cor. 15,42.43.44. „Dieß Verwesliche wird“, wie Paulus weiter V. 53. 54. 55. sagt, „das Unverwesliche anziehen, und dieß Sterbliche wird anziehen die Unsterblichkeit. Wenn aber dieß Verwesliche wird anziehen das Unverwesliche, und dieß Sterbliche wird anziehen die Unsterblichkeit: dann wird erfüllet werden das Wort, das geschrieben stehet: der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Wer nun diese Wahrheiten durch die Wirkung des heiligen Geistes im Glauben recht gefaßt hat, wird die Leichname frommer und geliebter Christen mit Zufriedenheit können in die Gräber legen sehen: weil sie „da ruhen in der Hoffnung“, wie von dem heiligen Leib Jesu Apg. 2,26. gesagt wird. Doch ist freilich bei diesem allem eine billige Ursache der Traurigkeit übrig. Der Tod macht nämlich Kinder zu Waisen, Ehemänner zu Wittwern, Eheweiber zu Wittwen. Er nimmt den Eltern liebe Kinder weg, an denen sie sich ergözt hatten. Er entrückt den Gemeinen treue Lehrer und Vorsteher, und den Unterthanen weise und gutgesinnte Obrigkeiten. Er macht, daß ein Mensch Gönner und Freunde verliert, die er für Werkzeuge gehalten hatte, durch welche GOtt seine Wohlfarth befördern, oder wenigstens seine mühselige Wallfahrt erleichtern wolle. Hier darf man nun eine gemäßigte Traurigkeit nicht schelten. Die Hinterbliebenen betrauern sich selbst, und nicht den Todten, wenn sie nämlich von ihm wissen, daß er selig gestorben sei. So war das Leid Abrahams bei dem Tod der Sara, und die Klage des Jeremias bei dem Tod des Josias beschaffen, und Paulus wäre in diesem Sinn traurig gewesen, wenn Epaphroditus gestorben wäre. Doch muß und kann auch diese Traurigkeit durch GOttes Wort gemäßiget werden. Bist du ein Waise geworden, so bedenke, daß der HErr JEsus auch einmal ein Waise gewesen, und zwar ein armer Waise; denn nach seinem zwölften Jahr kommt Joseph, sein Pflegvater, nimmer in der Evangelischen Geschichte vor. Er erscheint auch nach dem dreißigsten Jahr Jesu nirgends, wo er doch hätte erscheinen müssen, wenn er gelebt hätte. So kann also der HErr JEsus Mitleiden haben mit den Waisen, und ist geneigt, ihnen zu helfen: weil er die Versuchungen dieses Standes auch erfahren hat, Hebr. 2, 18. Kap. 4,45. Und weil die Mutter des HErrn eine Wittwe worden ist, und vermuthlich auch die heiligen Weiber, deren Luc. 8,2.3. Meldung geschieht, so darf sich kein frommes Weib dieses Standes schämen und weigern. Und wer weiß nicht die theure und wahrhaftige Verheißung, die Ps. 68.6. steht, wo unter andern Lobsprüchen der Herrlichkeit GOttes auch dieser steht, daß er ein Vater der Waisen, und Richter der Wittwen sei? Und wie viele Wittwen und Waisen gibt es, welche große Proben der gnädigen Vorsorge GOttes erfahren und noch dazu bezeugt haben, daß die mit ihrem Stand verbundene Trübsal ihnen zum Besten gedient habe. Ist dir aber, mein lieber Christ, eine Ehegattin, deren Treue und Umgang dich vergnügt hatte, durch den Tod entzogen worden, oder ein Kind, das dich ergözt hatte, und von dem du dir große Hoffnung gemacht hattest: oder ein Gönner, Lehrer und Freund, auf den du dein Vertrauen gesetzt hattest, so bedenke eben, daß dieses die alte Weise GOttes sei, daß er nehme, damit er etwas besseres geben könne. Er nimmt einen Menschen, damit er den Glauben, die Liebe, die Hoffnung, ja sich selbst dir völliger geben könne. Er will selbst deines Herzens Trost und dein Theil sehn. Er will dich unterweisen, und dir den Weg zeigen, den du wandeln sollest, und dich mit seinen Augen leiten. Er will, daß du ihn anrufest, und alsdann will er dir Weisheit und alle gute Gaben geben, und für dich sorgen. Du hast vielleicht die gestorbene Person allzusehr geliebt, und dich zu viel auf sie verlassen. GOtt hat sie also weggenommen, damit bei dir desto völliger erfüllet werde, was Assaph Ps. 73,28. gesagt hat: „das ist meine Freude, daß ich mich zu GOtt halte, und meine Zuversicht setze auf den HErrn HErrn, daß ich verkündige all dein Thun.“ Endlich soll die Hinfahrt einer geliebten Person, von welcher du glauben kannst, daß sie in die Ruhe GOttes eingegangen sei, dein Herz auswärts ziehen und dich erwecken, mit himmlischen Dingen in deinem Gemüth nach der Regel des göttlichen Wortes fleißiger umzugehen, nach dem himmlischen Vaterland dich desto mehr zu sehnen, und der Heiligung, welche zur Erlangung derselben nöthig ist, desto eifriger nachzujagen. David sagte 2 Sam. 12, 23., als ihm ein Kind gestorben war: „ich werde wohl zu ihm fahren: es kommt aber nicht wieder zu mir.“ Dieser Ausspruch läßt sich von den Hinterbliebenen wiederholen, so oft ein frommer Christ stirbt. Der Verstorbene ist vorangegangen, und die Hinterbliebenen fahren und folgen ihm nach: ein jeglicher zu der Stunde, die GOtt dazu bestimmt hat. Im Himmel werden alsdann diejenigen, die der Tod getrennt hatte, auf eine höhere und vergnügtere Weise wieder vereinigt werden. Sie werden einander da antreffen, sehen und kennen. Hernach steht noch die große Versammlung aller Auserwählten bevor, welche am jüngsten Tag geschehen wird. Alsdann wird der Tod mit allen seinen Folgen, folglich auch mit aller Trennung bei ihnen aufgehoben seyn. Sie werden alsdann allewege bei dem HErrn, und in Eines vollendet seyn. So tröste sich dann mit diesen Wahrheiten, wer durch einen Todesfall betrübt worden ist, und lasse dabei den ganzen Zweck GOttes an sich erreicht werden.

Zugabe.

G. H. v. Bogatzky tägliches Hausbuch der Kinder GOttes. 2. Th. 294. Betrachtung S. 600 u. f.

Wenn man bei Krankheiten seiner Kinder oder Ehegatten klagt, schreit und ungeduldig ist, und GOtt sie nicht hingeben will, so thut man wie die Heiden, die feine Hoffnung haben. Man sieht nicht auf jenes Haus im Himmel, auf das Unsichtbare, sondern auf das Sichtbare, will nur, daß unser irdisches Haus für und für währe, und ist sehr irdisch und fleischlich gesinnet. Man hängt entweder noch in abgöttischer Liebe an ihnen, und liebt sie über GOtt, oder setzt sein Vertrauen auf sie, und denkt, man könne ohne sie nicht leben. - Wenn GOtt die Unsrigen zu sich nehmen will: so sollen wir gelassen seyn, und nicht mit Macht sie behalten wollen: denn wir könnten sonst auf vielerlei Weise großes Herzeleid an ihnen erleben. Sie könnten in große leibliche Noth und schmerzliche Krankheiten kommen, oder sie konnten in ein sündliches Leben gerathen, und an ihrer Seele verderben. Ein gewisser junger Mensch, mit dem das Pferd durchgieng, wurde ganz zerrissen und so übel zugerichtet, daß man in wenigen Stunden fein Ende vermuthete. Die Mutter schrie Tag und Nacht zu GOtt, er solle ihr Kind bei'm Leben erhalten, und wollte durch ihr Gebet es recht bei GOtt erzwingen. Was geschieht?' Der Sohn wurde über aller Menschen Vermuthen wieder glücklich geheilt: er gerieth aber in ein höchst sündliches Leben, und verfiel sodann in noch ärgere schändliche Dinge. Da sagte die Mutter: ach was habe ich gethan? O hätte ich ihn sterben lassen, da er als ein Kind in der Unschuld und selig gestorben wäre. - Das kann allen zur Warnung dienen.

J. C. Stotz, Predigten über die Sonn- und festtäglichen Episteln und feiertäglichen Evangelien. Predigt über die Epistel am 25. Sonntag nach Trinit. S. 525 u. f. 3. Aufl.

JEsus Christus ist der HErr über Lebendige und Todte: alle sind sein, die da leben, und die da schlafen. Und die sind sein Eigenthum in besonderem Verstand, die in Ihm leben, und in Ihm sterben. Es sind also alle Sterbende gläubige Todte Christi, aber eben deswegen nicht eigentlich meine Tobten. Sind sie denn nicht mein, sondern Christi, so muß ich mich auch nicht desjenigen Rechts über sie anmaßen, das ihrem Eigenthums-HErrn allein gebühret. Ich muß dem HErrn Christo nicht darein reden, wenn er sie haben will. Nicht klagen und sagen: ach wenn die armen Waisen ihren, Vater oder Mutter, oder beide zugleich nur noch etliche Jahre behalten hätten, daß sie besser erzogen worden wären. Aber da sie sein erst nöthig hätten, nimmt ihn GOtt weg. Oder wenn mir GOtt dieses Kind nur noch einige Jahre länger gelassen hätte, wollte ich's eher verschmerzen und dergleichen. Das sind nur Einfälle und Ausflüchte des anhängischen und unlautern Herzens. Besinne dich recht, was du sagst. Deinem argen und zärtlichen Herzen ist es eben allemal zur Unzeit. Denn nähme dir GOtt dein Kind später: so hieße es: ach wäre es lieber in der Kindheit gestorben! Aber da ich's mit vieler Mühe und Unkosten erzogen habe, und nun die Frucht meiner Arbeit zu essen vermeinte, ach so nimmt mir's GOtt vor den Augen weg. Oder bei übelgerathenen Kindern sprichst du: o wären sie doch in der Unschuld gestorben, so hätte ich dieses Herzeleid nicht gehabt. Und wenn der Vater die Kinder erzogen hat, so wollen ihn die Enkel nicht lassen, und so weiter. Das ist also ein göttlicher Trost: Es sind Todte Christi. Christus der HErr hat ihnen gerufen. Er weiß die rechte Zeit am besten, wenn es ihnen und den Ihrigen heilsam und gut ist. Sie sind sein Eigenthum. Er hat sie uns nur auf einige Zeit geliehen: nun fordert er sein Pfand wieder. So gib es ihm denn willig, freudig (obschon mit Thronen in den Augen, mit zappelndem Herzen und zitternden Händen, gib es ihm nur wieder willig, freudig) und mit Wucher. Denn das ist ein frommer Mann, der dem Schuldner sein Pfand wieder gibt, der soll das Leben haben, spricht der HErr HErr. Ezech. 18, 7. 9. Darum sprich zu ihm: lieber HErr Christe, da ist dein Pfand wieder mit Wucher. Ich habe es mit vielem Segen genützet. Ich habe deine Treue, Liebe, Weisheit, Wahrheit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und alle deine göttliche Eigenschaften daraus erkennen gelernt. Habe Dank für das Pfand, und für den Wucher. Hole mich eben auch bald nach.

Luthers Leichenpredigt, dem Churfürsten Johannes zu Sachsen gehalten, in der vollständigen Kirchenpost. Supplem. Halle ,737. S. 2,3 ff.

1 Thess. 4, 13- 15. Da wirft der heil. Paulus einen guten Zucker hinein und menget die Bitterkeit, so in solchem Fall ist, mit Süßigkeit und sagt: ihr seid traurig und bekümmert euch über den Verstorbenen. Es ist wahr, es thut wehe, wenn man einen guten Freund so verliert, ich strafe es nicht, sondern lobe es; denn es ist ein Zeichen, daß es gute Herzen sind, die sich der Verstorbenen annehmen. Aber machet gleichwohl einen Unterschied zwischen eurem Sterben und der Heiden Sterben, zwischen eurer Traurigkeit und der Heiden. Jene haben nach diesem Leben keine Hoffnung; ihr aber wisset, daß ihr nicht sterbet, sondern nur entschlafet. Denn so ihr glaubet, sagt er weiter, daß JEsus gestorben und auferstanden ist, so ist das auch gewiß, daß GOtt die Verstorbenen in Christo mit ihm führen wird, und kurzum nicht da lassen bleiben, da wir meinen, daß sie bleiben, sondern wird sie bringen dahin, da er ist. - Als wollte er sagen: seid nur gutes Muths; denn so JEsus gestorben und auferstanden ist, so hat's keine Noth um uns und die, so durch ihn entschlafen sind. Da liegt es nur an, daß wir diesen Artikel, daß er gestorben und auferstanden sei, recht fassen in der Noth, wenn Trauren und Klagen vorhanden ist, oder wir selbst sterben sollen. - So ist also der beste Trost, daß man mit dem heil. Paulo hier sage: Lieber! siehe den todten Leichnam hier nicht, du hast etwas höhers und bessers anzusehen, nämlich Jesu Christi Tod und Auferstehung. Wenn du in diesem Spiegel und Bilde fest bleibest in dem HErrn Christo, welcher todt war und wieder auferstanden ist, so wirst du sehen, wohin du fahren wirst, und wohin die fahren, die in Christo entschlafen, nämlich daß GOtt gedenke, dich und alle andere, so getauft und in Christo entschlafen sind, mit sich zu führen, darum daß er sie hat in Christi Tod gewickelt und in seine Auferstehung gefasset, und gedenket sie nicht unter der Erde zu lassen: ohne daß es vor der Vernunft und unsern fünf Sinnen so gehen und scheinen muß, daß der Glaube Raum finde, daß wir GOtt auch über das vertrauen, das wir nicht sehen. - Also führet er immer unser Herz (weil er die Augen nicht so kann führen) von dem, das die Augen sehen, in das, das GOtt redet und in Christum, daß wir keinen Zweifel daran sollen haben, er werde uns mit Christo führen. Wer nun das also glauben könnte, der hätte einen guten Trost in seinem eigenen Sterben und anderer Leute Sterben.

C. H. R. Ueber Jes. 42, l6. in einer gedruckten Leichenpredigt.

Ich will die Finsterniß vor ihnen her zum Licht machen, und das Höckerichte zur Ebene. Das geht auf Umstände, worunter es mit unserer Rath- und Hülflosigkeit auf's Aeußerste kommt. Wo einem etwas begegnet, das man sich nicht hätte vorstellen können, oder wovon man denkt: ich wollte alles andere annehmen, nur das nicht; wenn einem bei etwas so viel höckerichtes und anstößiges vorkommt, das man nicht nur mit seiner Vernunft nicht, sondern auch mit GOttes Verheißungen nicht reimen kann; wenn sonst gehorsamen Kindern verheißen ist, es soll ihnen wohl gehen und sie lang leben im Lande, und uns wird das Unsrige vor der Hälfte seiner Tage, in der aufgehenden Blüthe seiner Jahre oder seines Wohlstandes dahin genommen; bei schnellen, unvermutheten, frühzeitigen oder sonst besonders schmerzhaften Trennungen, die der Tod oft zwischen liebenden Ehegatten, Eltern, Kindern, Freunden machen kann: ist Finsterniß und Höckerichtes um und um.

Dagegen gilt's nun auf GOttes Zuspruch den Glaubensmuth fassen: GOtt wird's Licht machen; GOtt wird's ebnen. Und wenn ich auch, so lang ich lebe, nicht ganz fertig würde, mein Herz vollkommen darüber zu stillen: so soll mir doch in diesem finstern Ort das wie ein achtungswerthes Licht bleiben: GOtt wird's an's Licht bringen; ich werde es hernach erfahren, er wird's ebnen, Er wird nicht nur den Ruhm behalten, daß er mir nicht unrecht gethan: denn diesen gebe ich ihm ohnedem schon zum voraus: sondern was ich jetzt mit seinem sonstigen väterlichen Verschonen noch nicht genug zusammen reimen und vergleichen kann, das wird er auch so ausebnen, daß die Barmherzigkeit sich wird rühmen können über das Gericht, und daß ihm noch über den Wunderrath seiner Gedanken, die er an uns beweist, wird Ehre gegeben werden. Aber das Warten darf man sich nicht verdrießen lassen. Israel ist siebenzig Jahre an den Wassern zu Babel gesessen und hat geweint, wann es an Zion gedachte. Es hat seine Harfen an die Weiden hängen und schweigen müssen. Joseph saß lang im Finstern, bis GOttes Wort kam und die Rede des HErrn ihn durchläuterte. - Halt inne menschlicher Sinn! GOtt wird's machen!

Gebet.

GOtt, du bist unsere Zuflucht für und für. Ehe dann die Berge worden, und die Erde und die Welt gegründet worden, bist du GOtt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der du die Menschen lassest sterben, und sprichst: kommet wieder, Menschenkinder. Du hast dieses dem Recht auch in unserem Geschlecht ausgeübet, und eine Person sterben lassen, die wir gern langer bei uns behalten hatten. Wir beten nun an zu deinem Fußschemel, und sagen: Heilig, heilig, heilig bist du HErr GOtt Zebaoth; deine Werke sind unsträflich, und alles, was du thust, das ist recht. HErr Jesu, der du bei dem Tod deines Pflegvaters Josephs ohne Zweifel etwas von dem Leid, das solche Fälle verursachen, empfunden, und bei dem Grab des Lazarus geweinet hast, habe Geduld mit unserer Schwachheit, bei welcher wir nun auch Leid tragen und weinen. Freilich ist unser Leid nicht so unschuldig wie das deinige, unsere Thränen sind nicht so rein wie die deinigen, und deßwegen ergreifen wir dich als unsere Gerechtigkeit, glauben aber auch, daß du Mitleiden habest mit unserer Schwachheit, weil du allenthalben, doch ohne Sünde, versucht worden bist. Besänftige, stille und tröste unsere Herzen durch dein theures werthes Evangelium. Laß uns diejenigen Sprüche der heiligen Schrift, die vom Tod und Grab, von der Auferstehung und vom ewigen Leben handeln, klar und kräftig werden. Gib uns neue Glaubensblicke auf dich, und lehre uns durch die Erleuchtung des heiligen Geistes erkennen, wie du durch deinen Tod und durch deine Auferstehung dem Tod den Stachel oder was dabei schädlich und schrecklich war, genommen, das Sterben für die Glaubigen zu einem Gewinn gemacht, und für ihre Seelen und Leiber ein ewiges Leben und eine unverwelkliche Herrlichkeit bereitet habest. Ziehe unsere Seelen immer mehr zu dir, und laß von uns und den Unsrigen bei der großen Versammlung der Auserwählten in der Herrlichkeit niemand vermißt werden. Erstatte durch deine gnädige Vorsorge, was uns jetzt abgeht, und lasse uns erfahren, wie du die Deinigen nicht verlassest noch versäumest. Vergib uns alle unsere Sünden. Auch diejenigen Sünden vergib uns, die wir wider die gestorbene Person mit oder ohne Vorsatz begangen haben. Deine Gnade müsse unser Trost seyn, und dein Angesicht über uns leuchten, bis wir unsere Wallfahrt vollendet haben. Erfreue uns nun wieder, nachdem du uns so lange Plagest, nachdem wir so lange Unglück leiden. Zeige deinen Knechten deine Werke, und deine Ehre ihren Kindern. Und der HErr unser GOtt sei uns freundlich, und fördere das Werk unserer Hände bei uns; ja das Werk unserer Hände wolle er fördern. Amen.

1. O GOtt, was deine Hand verbunden,
Trennst du mit vollem Recht allein.
Du darfst uns schlagen und verwunden,
Die Unsrigen und wir sind dein;
Du gibst und nimmst als HErr der Welt
Was, wann und wie es dir gefällt.

2. Dich muß man auch mit Thronen ehren,
Dir weinen wir, dir opfern wir
Die von dir ausgepreßten Zähren,
Verwundet nahen wir zu dir.
Du hast, was ehmals uns erquickt,
Durch's Sterben von uns weggerückt.

3. Besänftige du selbst die Herzen;
Wir klagen HErr nicht über dich:
Wir klagen dir nur unsre Schmerzen,
Und jeder klagt auch über sich.
Wir arme Sünder sagen nun:
Du bist gerecht in deinem Thun.

4. Wir müssen etwas Liebes missen;
Darob entsetzt sich die Natur.
Du selber hast's uns weggerissen.
Was war's denn? Eine Kreatur.
Du aber bleibst doch unser Heil,
Und unsers Herzens Trost und Theil.

5. Woran wir einst zu viel geklebet,
Das schmerzt uns jetzo allzusehr;
Denn ob es wohl bei dir noch lebet,
So lebt es doch bei uns nicht mehr.
Ach nehm uns Ewiger allein
Mit deiner Liebe völlig ein.

6. Du hast uns deinen Sohn gegeben.
Wer in ihm stirbt, der stirbet nicht.
Ja deine Todten sollen leben (Jes. 26,19.),
Wie uns dein wahres Wort verspricht,
So lebe denn in voller Ruh,
Du weggerufne Seele du.

7. Ja liebe Seele schaue, preise
Des Heilands große Herrlichkeit.
Ihm diene nach des Himmels Weise,
Und prange in dem weißen Kleid
Im Licht, wogegen unser Tag
Ein Todes Schatten heißen mag.

8. Und ihr in's Grab versenkte Glieder
Geht nun in die Verwesung ein.
Doch werdet ihr als lebend wieder
Ein herrlich's Kleid der Seele seyn.
Und dann ist Jesu Herrlichkeit
Auch selber euer Ehrenkleid.

9. HErr Jesu ziehe unsre Seelen
In dich hinein und himmelwärts.
Wenn wir uns sorgend selber quälen:
So rede du uns Trost an's Herz.
Zu unsers Lebens Ritterschaft
Verleihe täglich Licht und Kraft.

10. Hilf täglich, hilf durch deine Gnade
Von einem Schritt zum andern fort.
Und bring uns auf dem Glaubenspfade
Dereinstens an den guten Ort,
Wo man, was hier der Tod getrennt,
In dir vereinigt wieder findt.

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