Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen – Der 16. Psalm.

Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen – Der 16. Psalm.

1. Ein goldenes Kleinod Davids. Bewahre mich, GOtt; denn ich traue auf dich. 2. Ich habe gesagt zu dem HErrn: Du bist ja der HErr, ich muss um deinetwillen leiden. 2. Für die Heiligen, so auf Erden sind, und für die Herrlichen, an denen habe ich alles mein Gefallen. 4. Aber Jene, die einem andern nacheilen, werden großes Herzeleid haben. Ich will ihres Trankopfers mit dem Blut nicht opfern, noch ihren Namen in meinem Mund führen. 5. Der HErr aber ist mein Gut und mein Teil; Du erhältst mein Erbteil. 6. Das Los ist mir gefallen aufs Liebliche, mir ist ein schön Erbteil geworden. 7. Ich lobe den HErrn, der mir geraten hat; auch züchtigen mich meine Nieren des Nachts. 8. Ich habe den HErrn allezeit vor Augen: denn er ist mir zur Rechten, darum werde ich wohl bleiben. 9. Darum freut sich mein Herz, und meine Ehre ist fröhlich, auch mein Fleisch wird sicher liegen. 10. Denn du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen, und nicht zugeben, dass dein Heiliger verwese. 11. Du tust mir kund den Weg zum Leben; vor dir ist Freude die Fülle, und liebliches Wesen zu deiner Rechten ewig.

1) Die hier zuerst vorkommende, und sich noch bei etlichen andern Psalmen befindende Überschrift: Ein goldenes Kleinod Davids. Wir mögen uns diese Überschrift billig erinnern lassen, auch diesen Teil des göttlichen Worts über Gold und über kein Gold hoch zu halten, da uns darin eine so wichtige Nachricht gegeben wird von dem Glauben, den der Sohn GOttes bei Seinem Hingang zum Vater so treulich gehalten hat. Bei Allem, was einem begegnet, ist das Merkwürdigste, wie man es ansieht, was man davon denkt, was man daraus macht, wie man sich darüber herauslässt. So geben uns diese Psalmen in das ganze Leidensgeschäft des HErrn JEsu das rechte Licht, da sie uns so nahe hinzuführen, dass wir die Unterhandlung des lieben Sohnes GOttes mit Seinem lieben himmlischen Vater über Sein Leiden und dessen Früchte hören können. Hier findet man den Glauben des lieben Sohnes GOttes in einer dreifachen ruhigen Aussicht, dabei er teils auf das Vergangene, und das durch den Rat Seines himmlischen Vaters auf immerhin Festgesetzte zurücksieht, teils das Gegenwärtige vor sich hat, und seine Übungen darinnen erzählt; teils getrost auf das Zukünftige hinaussieht, und unter Allem über Glauben, Liebe und Hoffnung hält. Der Geist Christi in David lässt sich also 2) über das, was in dem ewigen Rat GOttes von Seinem Leiden, und dessen Frucht beschlossen worden, gläubig heraus V. 1 6. 3) Beschreibt er mit Danken seine Fassung im Gegenwärtigen, V. 7. 8. 4) Er ist auch völlig in der Hoffnung auf alles Weitere, V. 9. 10. 11.

Mensch! denk hier an des Vaters Freuden,
Wie gegen uns Sein Herze brach,
So oft der Sohn von Seinen Leiden
Mit Ihm noch vor den Zeiten sprach,
Und wie daher Sein Mittleramt
Schon aus des Vaters Schoß herstammt.

Denke auch, welch große Dinge hernach auch in der heiligen Seele unsers liebsten Heilands während Seines Wandels auf Erden vorgegangen sind, in Absicht auf das Werk, das der Vater ihm zu tun gegeben hatte, und was es über Sein Leiden und Herrlichkeit für köstliche Abwechslungen gegeben hat, z. B. da Er das Osterfest im zwölften Jahr Seines Alters besucht, und in dem sein musste, was Seines Vaters war; da Er getauft war; da Er den Versucher in der Wüste überwand; da Er um des Vaters Haus geeifert; da Er sich über die den Unmündigen geschehene Offenbarung erfreute; da Er auf dem Berg verklärt worden; da Er Seinen Einzug zu Jerusalem gehalten; da Er gesprochen: jetzt ist meine Seele betrübt; da Er die letzte Osterlamms-Mahlzeit mit Seinen Jüngern gehalten; da Er Seine bedenkliche Worte am Kreuz ausgesprochen usw. Da ist dieser im Psalmen ausgedrückte Glaubenssinn auf unterschiedliche Weise geübt worden, und das Alles steht nun als ein ewiges Opfer vor GOtt, und ist noch frisch, gültig und kräftig, wie bei dem ersten Zugang zu GOtt. Noch jetzt wird unser schwacher Glaube gesegnet und gestärkt durch alle die Seufzer, die in dem Herzen JEsu bei Seinem Leiden aufgestiegen sind. Unser einfältiges Sehnen nimmt Er nun in Seine vollen Glaubensarme hinein, und führt uns durch, wohin Er nun Recht hat uns einzuführen. O! dass wir nur gläubiger hineinsähen, wo JEsus Sein ewig gültiges Opfer hingebracht hat, wo Seine Seufzer, Seine Leidens-Psalmen, samt Seinem Blut für uns Schwachgläubige reden, wo JEsus das Amt als mitleidiger Hoherpriester täglich unserthalben führt und fortsetzt, und nicht nachlassen wird, bis Er uns dahin gebracht hat, wo Freude die Fülle und liebliches Wesen zur Rechten GOttes ewig ist. Eja, wären wir da!

Wenn der HErr eine Seele, die aus der Hütte geht, in Seiner Hand hat und behält, so ist sie nicht der Hölle überlassen.

David sah die Verwesung, aber weil er die Hoffnung auf den Messias in sich hatte, der die Verwesung nicht sehen würde, so war der Anblick friedsam, und nicht peinlich; die Gebeine wurden bewahrt.

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