Praetorius, Abdias - Von der Rechtfertigung
Von der Rechtfertigung habe ich je und alwege geleret / wie mir meine vorige zuhörer gestehen werden / und lere noch / wie mir die itzigen gerne gezeugen werden / und wil mit Gottes hülffe bis an mein ende wider Teuffel und Teuffelsgenossen / one alle ansehen der personen hohes oder nidriges standes also leren: Wenn Adam nicht gefallen were / das er alsdenn durch seine gerechtigkeit oder gehorsam für Gott gerecht were gewesen. Nach dem er aber seinem Schöpffer trewlos geworden / hat er dadurch den zorn Gottes auff sich geladen und den Tod leiblich und geistlich verdienet. Und weil er in demselben wider die hohe Maiestet gehandelt / so hat er auch dadurch verlust aller seiner regalien und güter verwircket. Solche straff und peen gehöret auff alle seine des Adams erben und nachkommen. Daher wir denn auch dem zorn Gottes unterworffen / des todes schuldig / der gnaden Gottes entsatzt / der vorigen herrligkeit in den gütern des leibes und der seelen beraubet. Und ist uns inn dem ergangen / wie mit dem / der unter die mörder gefallen / welcher nackt ausgezogen / und uber das schwerlich verwundet worden. Welches die Alten also gedeutet haben / der gnade Gottes ist er entsetzt / an gütern des leibs und der seelen ist er schwerlich verwundet und verderbt worden. Weil es denn mit Adam dahin geraten / ist es mit seiner gerechtigkeit gar aus gewesen: Und weil es durch ihn dieselbe gelegenheit mit uns gewonnen / haben wir uns nichts bessers von unserntwegen zu trösten / angesehen / das wir da nackt und blos und bis inn den tod verwundet liggen. So dörffen wir uns auch nicht auff Priester und Leviten / das ist / auff andere / die einen schein der heiligkeit haben möchten / es sey dasselbe was es wolle / verlassen. Jedoch hat Gott der Allmechtige sich Adams und Evae und irer künfftigen erben erbarmet / und aus sonderlicher gnade einen mittel und weg / dadurch er widerumb zu gnaden könte kommen / gerecht für Gott und seelig werden / fürgeschlagen / also / das er im einen Samen zugesagt / auff den er sich getrewlich und getrost verlassen solt / Welchen Samen er denn auch inn die Welt zu seiner zeit gesand hat. Das ist nun der eingeborne Son Gottes / welcher unser fleisch an sich genomen / damit er für uns in unserm fleisch / als an dem / das gesündigt hatte und büssen muste / bezalet. Derselbe ist wol unsers fleisches / ist aber nicht nacket und verwundet / so ist er auch nicht ein Priester und Levit / sondern ein Samariter anderswo her in das Jüdische land / das ist / ein Frembdling vom Himmel herunter / inn unser fleisch kommen. Derselbe gehet zu uns arme / betrübte / verwundte und verlassene Menschen / verbindet uns / geust Wein und öl inn unsere wunden / hebt uns auff sein thier / füret uns in eine herberge / pfleget und lesset unser da pflegen / also / das wir etlicher massen widerumb zu unser gesundheit kommen: Wiewol die Wundzeichen nicht ganz und gar / weil wir in der herberge bleiben / abgethan werden. Stehet demnach unser Gerechtigkeit und seeligkeit in dieser verderbten natur nicht auff uns / sondern allein auff dem Herrn Christo: der ist der Weg / das Leben und die Warheit / der ist unser Erlösung / Gerechtigkeit und Heiligung / der ist unser Opffer / unser Bezalung / der ist der Held / dadurch wir widerumb von Gott geliebet werden. Jedoch ist allhie von unsernt wegen von nöten / das wir denselbigen Christum ergreiffen und halten / damit wir seiner und aller seiner güter teilhafftig werden. Dazu gehöret ein rechtschaffner und vester Glaub / dadurch der zugesagte Seeligmacher dermassen gefasset / wie man mit henden ein geschenck und mit Instrumenten ein Corpus nimpt / fasset / helt und sich teilhafftig machet. Solchs alles aber kan nicht geschehen / es sey denn / das man erstlich seine sünde erkenne / daran kein gefallen trage / sondern viel mehr sich selber straffe / rew und leid trage und sich für Gott demütige. Wenn denn nu auff solch erkendnus der sünden / auff solche rew und leid / auff solche demütigung für Gott / ein warhafftiger Glaub an Christum erfolgt / als denn ergreiffen wir den zugesagten und gegebnen Christum / als denn werden wir in demselben Christo / den wir also ergreiffen und noch halten / für Gott gerecht und seelig / Werden also / wie geschrieben stehet / gerecht durch sein Blud / versünet durch seinen Tod / und angenem durch ihn / dieweil er selbs der liebste Son ist. Mit dieser meiner einfalt bin ich / was diesen Articul belangt / zufrieden / auff diesen Fels baw ich / bey dem bleib ich / und bitte den Allmechtigen / das er mich dabey erhalte. Es sagen mir Jüden / Türcken und Heiden / Es sagen mir Manes und Pelagius / Es sagen mir Bapst / Osiander / Thammer oder dergleichen geschmeis / was sie wollen: So bleibe ich doch bey diesem fundament / Christus ist mein seeligkeit / allein durch den Glauben kan und mus ich Christum fassen. Dis alles halte ich so gewis / das ich getrost sagen darff / Die pforten der Hellen werden nicht dawider schaffen: Es kan keiner kein ander fundament legen / denn das Christus Jesus geleget hat: Wer ein ander Evangelium leret / der sey verflucht / wenn es auch ein Engel vom Himmel were.
Quelle: Prätorius, Abdias - Vonn der Rechtfertigung und guten Wercken