Passavant, Theophil - Naeman, oder Altes und Neues - 19. Ein anderes Heimweh.

Wo mein Gott, da mein Vaterland. Wo aber mein Gott nicht gekannt wird, wo Jesus, mein großer Freund und Erlöser, nicht geehret wird, wo man Sein Wort nicht achtet, Sein Kreuz nicht verstehet, oder es verachtet, und Seine Liebe verschmähet, da fühle ich mich als in fremdem Lande, einsam und verlassen. Wo ich Seinen Namen kaum nennen darf, oder nur mit halber Schaam und flüchtig, wo ich ein Lied von Ihm anstimme, und Niemand mit einstimmt, und ich finge allein - da werde ich von einem Heimweh ergriffen, tief und schwer; und wäre es auch in der Heimath selbst, und hätte sonst in derselben ein gutes Leben, und der Bekannten und der Verwandten Viele, ich würde mich nach einer anderen Heimath sehnen.

Aber auch in der schönsten Heimath, auch von seinen Glaubens-Brüdern- und Verwandten nicht getrennt, kann ein bewährter Christ ein heiliges Heimweh in ihm tragen; wird ihm doch diese alte Welt immer mehr eine Welt der Eitelkeit, ein wankender Boden, da Alles, und das Schönste blühet, und bald wieder verblühet, oft mit Schmerzen vergehet. Hienieden hat ein Kind Gottes immer noch seine Kämpfe, seine Leiden, oder seufzet und blutet sein Herz über fremden Leiden, über dem Elend, dem Unfrieden, dem Jammer, der Sünde der Erdenkinder. Ach, und die eigene Schwachheit und Eitelkeit, die eigene Sünde, die Anfechtung, die Versuchung, die tägliche Reue! Droben aber wird keine Sünde mehr sein, Nichts, das ihm die Klarheit seines HErrn und dessen Frieden in seinem Herzen trübt.

Ja, dorthin sehnet sich der Christ, dorthin, wo die Ruh vorhanden ist dem Volke Gottes, wo kein Wechsel mehr von Gutem und Bösem, von Freude und Schmerz, keine Hitze, kein Frost, keine Thräne, noch Reue, noch Angst mehr auf sie fallen wird, denn ihr Erbarmer wird sie führen, und wird sie leiten an die Wasserquellen, der große Freund, Den sie nicht sehen, und doch lieb haben, an Den sie glauben, wiewohl sie Ihn jetzt nicht schauen. Ebr. 4,9. Es. 49,10. Offenb. 7,16. f. 1. Petr. 1,8.

Junges Blut glaubet das nicht, und frische Wangen begreifen es nicht, und müssen doch oft so früh erblassen, und wie das Heu verdorren. Ach, wie manche Menschen-Gestalt stehet lange schon welk und alt, eine hangende Mauer da, mit der alten Inschrift: Die Welt vergehet! - aber die Welt mit ihrer Lust ist noch nicht in ihr vergangen; wir müssen das Vergängliche, das Zerfallende dieser Welt, manchen harten Tod wiederholt in uns selbst erfahren, eine neue, eine unaussprechliche Liebe muß uns aus dem Grab aller Liebe dieser Welt aufblühen, bis wir gelernet haben, heilig und wahr wie Paulus sagen: Ich habe Lust abzuscheiden, und bei Christus zu sein! Phil, 1,23.

Ich freue mich von Herzensgrund
Auf jene heilig ernste Stund',
Da ich soll schlafen gehen.
O wie wird es so lieblich thun,
Wenn dieser Leib darf endlich ruh'n
Im Grab ohn' alle Wehen!
Erden Werden
Ist kein Schade, Jesu Gnade
Wird erwecken,
Was sich hier im Grab muß strecken.

Bedenk', mein Herz, wie wird dir's sein,
Wenn du dein Pilger-Kleid voll Pein
Hast endlich ausgezogen,
Das Sünden-Kleid der Sterblichkeit,
Und nun der Geist aus dieser Zeit
Zur Ewigkeit geflogen!
Fröhlich, Selig
Wirst du preisen Gott, den Weisen,
Mit den Frommen,
Die zu ihrem Heiland kommen.

Bei Gott zu sein, verlangt mich sehr;
Die Sehnsucht steiget mehr und mehr,
Dich, Jesu, zu umfassen.
Soll's nicht bald sein, Friede-Fürst,
Daß ich, den innig nach Dir dürst't,
Werd' endlich frei gelassen?
Aus, aus! Führ' aus
Mich, den Müden! Bring' zum Frieden
Den, der thränet,
Und sich nur nach Jesu sehnet.

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