Passavant, Theophil - Praktische Auslegung des Briefs Pauli an die Kolosser - § 2.
Und Bruder Timotheus
Wir lesen in der Apostelgeschichte C. 16,1. f., dass Paulus mit diesem jungen Manne in Lystra bekannt worden war; und dessen Mutter, ein jüdisches Weib, war gläubig, aber sein Vater war ein Grieche; er hatte, scheints, seiner frommen Mutter und seiner Großmutter seine Kenntnis der heiligen Schriften und einen frühen Glauben an das Christentum zu verdanken. S. 2. Tim. 3,15. 1,4. f.
Timotheus hatte ein gutes Gerücht bei den Brüdern und unter den Leuten zu Lystra und zu Ikonien. Propheten in der Gemeine hatten ihn als einen künftigen Diener des Wortes bezeichnet; die Ältesten hatten ihn und Paulus durch Handauflegung dazu gemacht; darauf beziehen sich die Worte, welche Paulus in späterer Zeit an Timotheus schreibt: Lass nicht aus der Acht, erwecke die Gabe Gottes, die dir geworden ist durch Weissagung, mit Handauflegung der Ältesten, und meiner Hände. 1. Tim. 4,14. 2. Tim. 1,6. Von da an hatte der Apostel ihn mit sich auf seinen Reisen genommen, und ihm je und je seine Aufträge an die Christen übergeben; ihn auch bald als Lehrer, bald als Botschafter in Diensten des Evangeliums unter den Gemeinen in Asien und in Makedonien gebraucht. Paulus nennt ihn einen Diener Gottes und Knecht Jesu Christi, seinen Gehilfen und Mitarbeiter, seinen echten Sohn im Glauben; und wir sehen aus seinen zwei Briefen an diesen Jünger, welch ein wichtiges Amt er ihm in Ephesus der großen Weltstadt und umher anvertraute, ja, welchen Mühseligkeiten und Gefahren der junge Knecht Jesu Christi in seinen Wanderungen und wohl auch mitten in den Gemeinen ausgesetzt war. S. Phil. 1,1. Röm. 16,21. 1. Tim. 1,2. 1. Thess. 3,2.
Solche Mitarbeiter wie Timotheus, wie auch Lukas, Silas, Silvanus, Tychicus und Andere mehr, dienten dem großen Apostel zu Trost und Stärkung in seinen vielen und schweren Arbeiten, in seinen Trübsalen, Ängsten und Nöten, und Timotheus war zur Zeit, da dieser Brief an die Kolosser geschrieben wurde, bei dem gefangenen Knecht in Rom. Da gabs der gemeinschaftlichen Arbeiten und Sorgen, auch des gemeinschaftlichen Gebetes viel, wie wir anderswo von jener Gefangenschaft in Philippi (Apostelg. 16.) lesen: dass um Mitternacht Paulus und Silas beteten, und sie lobten Gott; und die Gefangenen hörten ihnen zu. Der Herr vergisst es nicht, seine Knechte zu trösten in ihren Trübsalen, sie zu bewahren und zu stärken, je nachdem ihre Herzen es bedürfen; und sie bedürfen es oft sehr; darum auch hat Er sie von Anfang je zwei und zwei in die große Wüste der Welt ausgesandt. Selig, wer solche Dienste tut, und die Leiden Christi und seinen Trost versteht. (S. Phil. 2,28. f.) Ein Jahr in Jesu Diensten kann mehr austragen, als in anderen Diensten tausend Jahre tun. Nur treu, nur treu!
Herz und Herz vereint zusammen
Sucht in Gottes Herzen Ruh;
Lasset eure Liebesflammen
Lodern auf den Heiland zu.
Er ists Haupt, wir sind die Glieder,
Er das Licht und wir der Schein,
Er der Meister und wir Brüder,
Er ist unser, wir sind Sein.
V. 2. Den heiligen und gläubigen Brüdern in Christus zu Kolosseä: Gnade sei mit euch, und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.
Heilige, so heißen im Neuen Bund die Christen Alle in allen Gemeinen, an die der Apostel schreibt; ein in den früheren Zeiten keinem Sterblichen bekannter Name; so unwissend noch, so unerfahren, so schwach, mangelhaft sie sein mögen - er fürchtete nicht, sie also zu nennen; er hat eine göttliche Vollmacht dazu von oben empfangen (Joh. 17,17. Tit. 3,5.). Sie sind geheiligt durch das Blut Jesu, durch die Gnade des Herrn, durch das Wort der Wahrheit, durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes. (Hebr. 9.10.13. 1. Petr. 1,2. Offenb. 1,6. usw.) Sie sind mit einem heiligen Beruf berufen worden (2. Tim. 1,9.); sie sind von Gott erwählt worden in Christus, ehe der Welt Grund gelegt war, dass sie sollen sein heilig und unsträflich vor Ihm in der Liebe (Eph. 1,4.); Gott aus der Welt abgesondert, heilig und wert. Sie stehen in ihrem anfänglichen jungen Glauben als Heilige vor Gott da; sie sind in diesem Glauben in das Reich Gottes eingegangen; sie haben durch die Gnade ihres Herrn, und unter dessen heiliger Zucht und Führung, die Heiligung des Geistes zum Leben empfangen, und Angeld und Siegel der Macht und Treue dessen, der sie berufen hat, in ihren versöhnten und geläuterten Herzen empfunden. Sie wissen, und dieses Wissen soll von nun an der Hebel und die Macht ihres neuen Lebens auf den Himmelswegen sein, sie wissen, dass so Einer für Alle gestorben ist, so sind sie Alle gestorben; dass Er für Alle gestorben ist, auf dass die, so da leben, hinfort nicht ihnen selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist (2. Kor. 5,14. f. Röm. 14,7. f.); - je inniger und heiliger dem Herrn ihres Lebens geweiht und hingegeben, um so heiliger ihre Namen unter den heiligen Engeln; je geringer und ärmer in ihrem eigenen Geist, um so reicher und größer das Himmelreich in ihnen, um so reicher und größer ihr Anteil an dem ewigen Erbteil der Heiligen im Licht. V. 12.
Diese Christen sind es, die der Apostel Petrus mit den teuren Worten anredet: 1. Pet. 2,9. und zu welchen Johannes jene überschwänglichen Worte: 1. Joh. 3,1. u. 2. spricht und gleich aber darauf: Und ein Jeglicher, der solche Hoffnung hat zu Ihm, der reinigt sich, gleichwie Er auch rein ist. V. 3. - S. Eph. 4,1. s. 2. Pet. 1,3. f. Röm. 6,8. 2. Kor. 4,17. f. 1. Joh. 2. usw.
Königskronen sind ja klein
Für die Gott gelobte Würde;
Eine Hürde
Wird zum himmlischen Palast,
Christen sind ein göttlich Volk
Von dem Geist des Herrn gezeuget,
Ihm gebeuget,
Und an seiner Flammen-Macht
Angefacht.
Vor des Heilands Augen schweben,
Das ist ihrer Seelen Leben,
Und sein Blut ist ihre Pracht.
Und die Last
Drunter sich die Helden plagen,
Wird den Kindern leicht zu tragen,
Die des Kreuzes Kraft gefasst.
Den heiligen und gläubigen Brüdern in Christus zu Kolosseä
Diese heiligen Brüder sind durch ihren Glauben an den Sohn Gottes, Jesus Christus, Gottes Kinder und Brüder unter sich geworden, so durch diesen Glauben Gottes Sohn wirklich und lebendig in ihren Herzen wohnt. Dann haben sie, an und in diesem heiligen Glauben das Element eines neuen Lebens, und so sie im Licht wandeln, wie Er im Licht ist, haben sie Gemeinschaft miteinander; und das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht sie rein von aller Sünde (1. Joh. 1,7.); sie empfangen die Kindschaft, Kinder-Rechte und Würde und kommen, so sie als Heilige treu bleiben, zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes heran. Als Gottes Kinder sind sie Kinder des Lichts (Eph. 5,8. Phil. 2,15.), und wandeln im Licht, heilige und in Jesus Christus gläubige Brüder.
Es heißt nicht: Gläubige an Christus, sondern in Christus; der Apostel sieht die Christen an, als durch den Glauben in Christus fest gegründet, in seinem himmlischen Wesen lebendig und tief gewurzelt, Glieder seines Leibes, Fleisch von seinem Fleisch, und Geist von seinem Geist, Leben aus seinem Leben; sie sind ja mit allerlei geistlichem Segen in Christus gesegnet; vor Grundlegung der Welt in Ihm erwählt; in Ihm in Gnaden angenehm gemacht; in Ihm teilhaftig der göttlichen Natur, in Ihm erlöst, rein, fest, stark, groß, Kämpfer, Überwinder; dies Alles aber in Jesus Christus allein, darum der Sohn Gottes sprach: Bleibt in Mir, und Ich in euch.- Bleibt in meiner Liebe. An demselbigen Tag werdet Ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin, und ihr in Mir, und Ich in euch. Eph. 1. 2. 3. 2. Pet. 1, 4. Joh. 14, 20. 15, 9. usw. S. Röm. 8, 9. f.