Murray, Andrew - Wachset in der Gnade - 9. Der Geist der Gnade.
Der Geist der Gnade.
Sach. 12,10; Hebr. 10,29.
Mit diesem Namen wird der Heilige Geist, unser gesegneter Tröster, von dem Gott aller Gnade bezeichnet. Unsere Erkenntnis der herrlichen, seligmachenden Gnade Gottes bleibt so lange völlig unzureichend, als wir den Heiligen Geist nicht als den Geist der Gnade kennen. Der Heilige Geist aber heißt so, weil Er selbst die köstlichste Gabe der Gnade ist. Die große Gnadenabsicht der ewigen Liebe Gottes war ja, den Menschen zur vollen Vereinigung mit dem Herrn, seinem Gott und zur Gemeinschaft Seines seligen Lebens zu bringen. Deswegen wurde das Wort Fleisch. Deswegen wohnte der Herr unser Heiland unter uns voller Gnade. Sobald Er Sein Werk auf Erden vollbracht, Sich auf dem Gnadenthron niedergelassen und die Herrschaft der Gnade auf dem Thron des Himmels durchgesetzt hatte, wurde deswegen sofort der Heilige Geist als die erste alles umfassende Gabe der neuen Gnadenausteilung gesandt; Er ist der Geist, der Mittelpunkt und die Lebenskraft aller Fülle himmlischer Gnade, welche in Jesu liegt.
Weiter führte Er den Namen des Geistes der Gnade, weil er es ist, der die Gnade in uns zu offenbaren, sie uns mitzuteilen und in uns stark zu machen hat. Dazu ist Er ganz besonders geschickt. Er ist der Geist des Vaters. Als solcher erforscht Er alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. Wir aber haben den Geist aus Gott empfangen, dass wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist. 1. Kor. 2,12. Er, der in Gott war, weiß alle Geheimnisse des ewigen Gnadenrates. Sobald er in uns Wohnung gemacht, teilt Er sie uns mit.
Er ist der Geist des Sohnes. Er war in demselben, als Dieser voller Gnaden auf Erden erschien. Er war in Ihm, als er am Kreuz hing. Hebr. 9, 14. Er war in Ihm am Tag der Auferstehung. Röm. 1,4. Darum kann Er uns in alle Geheimnisse dieses Lebens, dieser Leiden und dieses Sieges einführen. Auch war Er es, der von dem Vater in neuer Kraft ausging und dem erhöhten Menschensohn zur Ausgießung auf uns zuströmte. Apostelgesch. 2,33. So ist Er uns der göttliche Gewährsmann aus dem Himmel, welcher uns die Herrlichkeit des Herrn Jesu auf dem Thron des Reiches der Herrlichkeit bezeugt. Aus diesem Grunde sagte auch Jesus: Er wird mich verklären; aus dem Meinen wird er es nehmen und euch verkündigen.
So ist es denn dieser Geist der Gnade, durch welchen die seligmachende Gnade, welche in Christo erschienen ist, und die in dieser Gnade geoffenbarte Liebe Gottes in uns lebendig und unser Eigentum werden. Der ganze Reichtum des göttlichen Gnadenschatzes würde nur aus leeren, nichtigen Worten bestehen, wenn ihn der Heilige Geist nicht zur Kraft und Wahrheit erhöhe. Bei allen Segnungen gibt Er uns das Wesentlichste: dass wir dieselben überhaupt anzunehmen vermögen. Die Berufung (Röm. 8,30) sowohl, wie die Rechtfertigung (1. Kor. 6,11), die Heiligung (Röm. 1,4) sowohl wie die Verklärung (2. Kor. 3,18), die mehr gewöhnlichen Geistesgaben (Gal. 5,22) ebensowohl, wie die mehr besonderen (1. Kor. 12,4-11), sie sind alle ohne Ausnahme Wirkungen desselben Geistes, welcher einem Jeglichen so viel mitteilt, wie Er will.
Ebenso ist Er es, der in jedes der Gnadenmittel die wesentliche Gnadenkraft legt. In dem Worte der Gnade werden uns die Gnadenschätze angeboten, der Geist der Gnade aber ist es, der dieses Wort eingegeben hat und in diesem Wort wohnt, der, wenn Er in uns Wohnung gemacht, uns dasselbe innerlich zueignet. Infolgedessen wirkt es in uns als ein lebendiges Wort. Und wenn ich vor dem Thron der Gnade die Hochlandsluft der Ewigkeit betend einatmen kann, so liegt dies daran, dass der Heilige Geist der Geist der Gnade und der Geist der Gebete ist. Der Geist ist der Atem Gottes. Wie der Mensch nicht nur ein-, sondern auch ausatmet, also auch Gott. Atmet Gott Seinen Geist über Seine Kinder aus, so kommt derselbe zu ihnen aus der Herrlichkeit der Gnade Gottes, und zwar mit dieser Herrlichkeit beladen. Und atmet der Herr wieder ein, so schwingt sich der Geist mit allen Wünschen, ja selbst mit allen unaussprechlichen Seufzern, welche in dem Herzen der Gläubigen waren, wieder zu Gott empor, Ihm diese Wünsche und Seufzer an das Herz zu legen. Tritt aber der Gläubige betend in diese Gemeinschaft des Geistes mit Gott und atmet er diesen Geist von Gott ein, dann bringt der lebendige Geist der Gnade ihm die Gnade hernieder als eine lebendige Wirklichkeit. Was Gott aus Seiner ewigen Gnade über den Christen ausatmet, atmet dieser ein. Jeder Atemzug ist Gnade. Ja, der Heilige Geist ist die Gnade Gottes und des Herrn Jesus.
O, wenn es etwas gibt, um das wir, während wir über die Gnade nachdenken und reden, mit feurigem Verlangen beten müssen, so ist es dies, dass der Heilige Geist uns die Augen öffnen möge, den Reichtum an Gnade zu sehen, und uns so stark im Glauben mache, ihre Fülle zu empfangen. Gerade für die Gläubigen, an welche Paulus über die Herrlichkeit, den Reichtum, die Überschwänglichkeit, die außerordentliche und unermessliche Fülle der Gnade schreibt (Epheser 1,6.7.8; 2,7.3.8), gerade für diese Gläubigen betet er (1,17; 3,16.), dass Gott ihnen den Geist der Weisheit und der Offenbarung zur Erkenntnis des Herrn Jesu gebe, damit sie begreifen möchten, wie groß der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen ist, nämlich der Reichtum an Gnadenherrlichkeit, welche jedem Gotteskinde als sein Erbteil zukommt. Und weiterhin betet er für sie, dass sie doch durch den Geist gestärkt werden möchten an dem inwendigen Menschen zu dem Glauben, in welchem Christus, in dem ja alle Gnadenschätze liegen, für immer in ihre Herzen seinen Einzug halten will.
Welch eine Gnade! In dem Herrn Jesus, dem eingeborenen Sohn ist der ganze Reichtum der Gnade Gottes uns nicht nur angeboten, sondern auch der Geist Gottes dazu geschenkt, um als Geist dieser Gnade in uns zu wohnen, sie uns mitzuteilen und zu bewahren. O wer kann sich nun noch fürchten, ob er wohl in der Gnade wachsen und zunehmen werde? Mit jeder Gnadenverheißung, mit jedem Verlangen oder Sehnen nach einer Gnadenmitteilung kommt der Geist zu uns, in Verbindung mit dem Herrn Jesus, in welchem alle Gnade liegt, diese strömen und in Tätigkeit treten zu lassen.
O Herr, unser Gott! Mach' uns dieses Geistes voll? Dann werden wir auch reich an Gnade und erfüllt mit aller Gottesfülle.
Gott kann machen, dass allerlei Gnade unter euch reichlich sei, dass ihr in allen Dingen volle Genüge habt und reich seid zu allerlei guten Werken.