Mühe, Ernst - Andachten
Matthäusevangelium
Dann wird das Himmelreich gleich sein zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen aus dem Bräutigam entgegen. Aber fünf unter ihnen waren töricht und fünf waren klug. Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen nicht Öl mit sich. Die klugen aber nahmen Öl in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen.
(Matth. 25, 1-4.).
Die Christenheit In dieser letzten Zeit
Ist gleich zehn Jungfrau'n wunderschön,
Die, fein geschmückt und allesamt bereit,
Dem Bräutigam entgegengehn.
Der Abend sinkt;
Die Lampen strahlen allzumal,
Die Stunde winkt;
Nun geht's zum selgen Hochzeitsmahl!
Beinahe aber noch nicht!
Beinah am Ziele
aber noch nicht!
Beinah' am Ziele, geht man noch verloren!
Der Christenglaube, der in Herzen flammt,
Ist Himmelsweisheit, die die Welt nicht kennt.
Sie hasst die klugen Jungfrau'n, gottentstammt;
Ihr selges Hoffen gern sie Torheit nennt.
Der böse Feind schon lacht in gift'gem Siegeshohn;
Verloren scheint der klugen Jungfrau'n Ehrenkron.
Beinahe aber doch
Beinahe töricht aber doch nicht!
Beinahe töricht, aber doch recht klüglich!
Ihr Gläubigen, ihr Jungfrau'n Gottes hört,
Was euer Seelenbräutgam Jesus spricht:
Nur fünf sind klug, ihr anderen seid betört,
Das heilge Öl durchdrang eu'r Herze nicht.
Die Lampe brennt;
Ihr glaubt und hofft auf Gottes Sohn;
Sein Wort ihr kennt; - Doch weh,
Sein Geist ist euch entflohn!
Beinahe aber doch nicht!
Beinahe klüglich - aber doch nicht!
Beinahe klüglich, aber doch recht töricht! Amen. (E. Mühe.)
Da nun der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und entschliefen. Zur Mitternacht aber ward ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt; geht aus, Ihm entgegen! Da standen diese Jungfrauen alle auf und schmückten ihre Lampen. Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsere Lampen verlöschen! Da antworteten die klugen: Gehet hin zu den Krämern und kauft für euch selbst! Und da sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und welche bereit waren, gingen mit Ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür ward verschlossen.
(Matth. 25, 5-10.)
O, JEsu Christ, wie lange zögerst Du!
Soll unser Harren denn verloren sein?
Die Lampen sinken hin, die Augen zu.
Die frommen Jungfrau'n alle schlafen ein.
Zur Mitternacht - horch - Wächterruf:
Der HErr ist da! Frisch aufgewacht!
Die Lampen hoch! Halleluja!
Beinahe aber doch nicht!
Beinah verloren aber doch nicht!
Beinah' verloren, aber doch noch selig!
Die Hälfte nur der Frommen ist bereit,
Sie führt der HErr zur selgen Wonne ein.
Die anderen stehn bestürzt in großem Leid;
Er kennt euch nicht. Ihr waret niemals Sein!
Ihr eilt und fleht; - Doch ach, die Gnadenzeit ist aus.
Ihr weint zu spät; Verschlossen ist das Hochzeitshaus.
Beinahe - aber doch nicht!
Beinahe selig aber doch nicht!
Beinahe selig, aber doch verloren!
Ihr Gläubigen in dieser letzten Zeit,
Ihr seid die Jungfrau'n Gottes keusch und rein.
Das Welten-Sodom schläft in Sicherheit;
Der letzte blut'ge Kampf bricht bald herein.
Der HErr ist nah! Nun Schwert und Fackel frisch zur Hand! \
Viktoria! Dann zieh'n wir heim ins Vaterland.
Beinahe - aber doch nicht!
Beinah am Ziele aber noch nicht!
Nun gilt es: Selig oder doch verloren! Amen. (E. Mühe.)