Luther, Martin - Predigt am 4. Sonntag des Advents
Johannes 1,19-28
Und dies ist das Zeugnis Johannes, da die Juden sandten von Jerusalem Priester und Leviten, daß sie ihn fragten: Wer bist du? Und er bekannte, und leugnete nicht; und bekannte: Ich bin nicht Christus. Und sie fragten ihn: Was bist du denn? Bist du Elias? Er sprach: Ich bin's nicht. Bist du ein Prophet? Und er antwortete: nein. Da sprachen sie zu ihm: Was bist du denn? Daß wir Antwort geben denen, die uns gesandt haben. Was sagst du von dir selbst? Er sprach: Ich bin eine Stimme eines Prediger in der Wüste: Richtet den Weg des Herrn, wie der Prophet Jesaja gesagt hat. Und die gesandt waren, die waren von den Pharisäern, und fragten ihn und sprachen zu ihm: Warum taufst du denn, so du nicht Christus bist, noch Elias, noch ein Prophet? Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich Taufe mit Wasser; aber er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennet. Der ist's, der nach mir kommen wird, welcher vor mir gewesen ist, des ich nicht wert bin, daß ich seine Schuhriemen auflöse. Dieses geschah zu Bethabara, jenseits des Jordans, da Johannes taufte.
Dies ist auch der schönen, herrlichen Evangelium eins von dem höchsten Artikel unseres Glaubens, da man nicht lehrt von zehn Geboten, oder was wir tun sollen; sondern von einer höheren Sache, nämlich, was Christus sei und was er getan habe. Denn Johannes rühmt ihn so hoch, daß ob er gleich ein sehr heiliges Leben geführt, dennoch frei bekennt und sagt: «Ich bin nicht wert, daß sich ihm seine Schuhriemen auflöse.» Es ist deswegen fast das gleiche Evangelium als vor acht Tagen, ohne das hier andere Worte und Personen sind.
Denn vor acht Tagen haben wir gehört, wie die ganze Macht daran liegt, daß man dieser Person, Christus Jesus, nicht fehle, sondern ihn annehme, nicht vorüber gehe noch auf andere gaffe. Denn der ihn trifft, der findet Erlösung von Sünden, Tod und Hölle. Denn also hat es Gott beschlossen, daß in Christus alle Fülle wohnen und er alles gar sein soll. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Durch ihn allein sind alle Patriarchen, Propheten, Apostel und Heilige selig geworden, von Anfang der Welt her. Solches weiß Johannes, schickt deswegen seine Jünger zu ihm, daß sie solchen Schatz nicht versäumen.
Nun aber, daß wir uns danach nicht richten, ist der Mangel, daß wir uns nach Gottes Wort nicht halten, sondern es außer Acht lassen, und uns andere Weise und Wege vornehmen, in den Himmel zukommen. Einer läuft in ein Kloster, wie im Papsttum zu sehen, wird ein Mönch, der andere fastet, der Dritte sucht dieses oder jenes Heiligen Fürbitte; das also jedermann eine besondere Weise sucht und einen eigenen Weg in den Himmel zukommen. Solchem Unrat und schädlichen Vornehmen zu wehren, hat Gott ernstlich seinem Volk sein Wort gegeben, und vertröstet, er wolle ihnen helfen durch des Weibes Samen, das ist, durch seinen Sohn Jesu Christum. Wer diesen nicht hat, der hat die Seligkeit nicht, ob er sich gleich zu Tode gefastet, und zum Narren gebetet hätte. Wiederum, wer ihn mit Glauben angenommen und sich auf ihn verlassen, der hat Vergebung der Sünde und ewige Seligkeit gefunden, und hat ihn weder Sünde noch Teufel daran hindern können.
Diesem Weg haben alle Heiligen Patriarchen und Propheten gefolgt, und sind durch den Glauben an Christum selig geworden. Denn so jemand durch ein heiliges Leben sollte in den Himmel gekommen sein, sollten es doch wohl nur die Heiligen Propheten gewesen sein, so um Gottes Willen in der bösen, argen Welt über die Maßen viel getan und erlitten haben. Aber sie verzagen alle an ihrer Heiligkeit, und hängen sich mit festem Vertrauen an den verheißenen gebenedeiten Samen, der der Schlangen Kopf zertreten solle.
Die meisten Juden aber zu Christi Zeiten wollten diesen Weg nicht folgen, dachten: Was sollte dieser Zimmerknecht können? Wir müssen uns nach dem Gesetz halten, fasten, opfern, Almosen geben; das wird der beste und nächste Weg in den Himmel sein; dieser Bettler aber kann nicht helfen. Denn Christus ist ganz und gar armselig und elend gewesen, daß wer an die Wunderzeichen und seine Predigt sich nicht gehalten, der hat sonst nichts an ihm gefunden, daß ein Ansehen hätte.
Auf das nun die Juden ihn nicht ließen vorüber gehen und sein nicht gewahr würden, ordnet es Gott, der barmherzige Vater, also, daß der liebe Johannes, wie ein Trompeter vor dem Fürsten, vor dem Herrn Christus herziehen und die Posaune sein sollte. Wenn sie nun die hörten, daß sie alsdann die Augen auftäten, und sehen den, der nun bald auf dem Fuße ihm folgen sollte, der würde der rechte Mann sein.
Darum, daß die Juden nun Leute zu ihm schicken, und fragen ihn: Ob er Christus, Elias, oder ein Prophet sei? Antwortet er: «Ich bin's nicht». Als sie aber weiter fragen: «Was bist du denn? Was sagst du von dir selbst?.» Da antwortete er: Ich will es euch sagen: «ich bin eine rufende Stimme in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn,» das ist, ich bin ein Trompeter vor dem Fürsten. Darum höret fleißig meine Predigt; denn er wird bald nach mir kommen, der vor mir war, und euch mit dem Heiligen Geist taufen, da ich als ein Diener nur mit Wasser taufen kann. Er ist mitten und euch getreten; aber ihr kennet ihn nicht.
Darum ist dies mein Amt, dazu ich gekommen bin, daß ich ein rufende Stimme oder ein Prediger in der Wüste sein soll, auf das, wenn ihr den Schall meiner Posaune hört, daß ihr wisset, er sei da. Denn ich bin die rufende Stimme und der Prediger, darauf ihr hören sollt. Der Nächste nun, der nach mir kommt, der ist's, wie Jesaja auch weissagt am 40. Kapitel, 3: «Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg, macht auf dem Gefilde eine ebene Bahn unserm Herrn.» Dieser, sagt Johannes, bin ich, der euch solches sagen soll. Darum sehet darauf, er ist bereits unter euch, aber ihr kennet ihn nicht; ich aber soll es euch lehren, daß ihr ihn kennt und annehmt. Denn der nächste Prediger, der nach mir kommen wird, der ist's gewißlich; ich bin nur der Vorbote. Solches Amt führe ich jetzt und predige. Er predigt noch nicht; aber bald nach mir wird er sich hören lassen: so schauet nun, daß ihr sein nicht fehlet und ja wohl Achtung auf ihn habt.
Wie Johannes gepredigt hat, so ist es ergangen. Denn kurz nach seiner Taufe hat Christus sich mit Wunderzeichen in Galiläa sehen lassen, hat 12 Apostel und sonst 72 Jünger ausgesandt, und gesagt sie sollen predigen: Das Himmelreich sei herbei gekommen, das ist, Christus sei vorhanden, und sei eben der, von dem er zeuge; an denselben hängt euch, und nehmet ihn an, so könnt ihr nicht fehlen. Nach mir wird er kommen, aber er war vor mir. Denn Johannes ist ein halbes Jahr älter gewesen denn Christus der Herr, dennoch sagt er: Er war vor mir. Solches war denn Juden ein lästerliches Wort gewesen, wenn sie es aber damals verstanden hätten; wie man in Johannes 8,58., da er spricht: «Ehe denn Abraham war, bin ich.» Denn es ist so viel gesagt, daß dieser Mensch, ehe er auf Erden geboren, in Ewigkeit wahrer Gottes Sohn gewesen sei. Solches haben die Juden dazumal nicht verstanden. Aber Johannes hat's gewißlich mit diesen Worten also gemeint, und die göttliche Herrlichkeit der Person rühren wollen; wie er auch damit genug zu verstehen gibt, da er spricht: «Ich bin nicht wert, daß ich seine Schuhriemen auflöse»
Da sollten die Juden fein zugefallen und gedacht haben: Was wird doch das für ein Mann sein, was für eine Person, vor der sich Johannes so tief demütigt, und sagt: Er sei nicht wert, daß er ihm im geringsten dienen soll? Lieber Johannes, sollst du es nicht wert sein? Ja, ich, ich, spricht er, bin's nicht wert; ich sei wer ich will, so bin ich doch gegen diesen Mann nichts. Wirft also alle seine Heiligkeit von sich, und sagt: Er wollte sich an den genügen lassen, wenn er dieses Mannes nur so von fern genießen könnte, daß er ihm die Schuhe wischen sollte.
Auf das nun die Juden nicht dächten, er demütige sich gar zuviel, besonders weil er die Taufe angerichtet und ein sonderlicher Prediger war, unterrichtete er sie fein wegen der Taufe, und spricht: Ich habe eben die Zeichen bei mir, wie die anderen Propheten. Jeremia trug ein hölzernes Joch; Jesaja ging barfuß und nackend, als er den Ägyptern und Mohren weissagt, wie sie von ihren Feinden geplündert und ausgezogen werden, Jesaja 20. Also, spricht Johannes, führe ich auch eine neue Predigt und ein neues Zeichen, ich predige: Ihr sollt dem Herrn den Weg bereiten. Solches dürfte ich nicht predigen, wenn der Weg zuvor bereitet wäre. Danach wasche und taufe ich euch, zum Zeichen, daß ihr unrein und unflätig seid. Solches Baden hebe ich an, aber er wird euch ein anderes und besseres Bad zu richten, und euch mit dem Heiligen Geist taufen.
So ist es nun alles dahin gerichtet, daß sie diesen Mann nicht sollen vorübergehen, sondern an Johannes Predigt denken. Siehe, Johannes hat es uns gesagt von einem, der nach ihm auftreten wird; der wird es gewißlich sein, der mit Predigen und Zeichen sich so gewaltig sehen läßt.
Aber was geschah? Johannes hörten sie wohl; aber glaubten seinem Zeugnis nicht, ja, richteten sie beide hin, Christus und seinen Vorläufer, schlugen Johannes den Kopf ab, und kreuzigten Christus, von den Johannes so treu gepredigt und jedermann vermahnt hatte ihn anzunehmen. Aber solche Frommen sind je und je gewesen, die nicht allein die Predigten der Propheten verachtet, sie verfolgt und darüber totgeschlagen, sondern danach auch Christum den Herrn selbst, den sie verkündigten, gekreuzigt haben.
Heute geht es noch genau so; denn Christus muß doch gekreuzigt werden, nicht allein in eigener Person, sondern auch in seinen Gliedern. Wir wollten gern jedermann auf den rechten Weg der Seligkeit mit Johannes weisen, sagen: Es sei außerhalb Christus keine Vergebung der Sünde, noch ewiges Leben. Aber was geschieht? Je stärker wir die Leute von eigenen Werken, auf den rechten Felsen Christum weisen, je heftiger unser Gegenteil uns dafür verdammt. Denn solches stimmt mit ihrer Lehre nicht überein. Sie weisen in die Klöster, lesen Messe, halten Seelmessen, stiften Gottesdienst, laufen Wallfahrten, kaufen Ablaß. Das heißt aber nicht auf Christum gewiesen, sondern neben Christus andere Wege, in den Himmel zukommen. Dagegen reden wir, und vermahnen die Leute, sich an Johannes Zeugnis zu halten, der auf Christum weiset. Das ist dem Papst und seinem Haufen ärgerlich, verdammen uns darüber als Ketzer, und wo sie könnten, würden sie freilich an ihrem Willen nicht mangeln lassen, uns eben so lohnen und danken, wie die Juden dem Heiligen Johannes.
Warum aber sind sie uns so feind und können uns so gar nicht leiden? Um keiner anderen Ursache willen, denn daß wir mit Johannes predigen, sie sollen sich demütigen vor Christus, und sich mit all ihrem Gottesdienst und guten Werken nicht wert achten, daß sie ihm die Schuhe auswischen. Denn das müssen sie ja selbst bekennen, Johannes sei viel heiliger gewesen denn sie; dennoch spricht er: Ich will solche Heiligkeit nicht ansehen, könnte ich nur zu der Gnade kommen, daß ich ihm seine Schuhe sollte abziehen oder wischen, daß würden mir genügen. Solche Demut wollten wir gern durch das Evangelium bei jedermann anrichten, ermahnen deswegen, unserem Amt nach, jedermann, er soll sich vor Sünden hüten und fromm sein, doch auf solche Frömmigkeit keinen Trost vor Gott setzen; sondern soll, wie Johannes, seine guten Werke und ehrbares Leben als einen Schuhlumpen achten gegen die hohe reine, vollkommene und große Gerechtigkeit, die unser lieber Herr Christus durch sein Leiden und Sterben uns verdient hat.
Darum soll sich niemand daran ärgern, daß die Katholiken zu unserer Zeit des Evangelium verachten und verfolgen. Es ist Johannes, Christus und den Aposteln zu ihrer Zeit selbst so gegangen, daß ihre Lehre nicht allein verachtet worden ist, sondern sie dazu verfolgt und jämmerlich hingerichtet sind. Nun, die Juden haben ihre Strafe empfangen, unsere Verächter und Lästerer werden ihrer Strafe auch nicht entgehen.
Dagegen laßt uns Gott danken für seine Gnade, daß wir das reine Wort wieder haben; und auf das erste vornehmlich auf Johannes Wort acht haben, da er spricht: «Bereitet den Weg dem Herrn»; also: «er ist mitten unter euch getreten»; und bald danach: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.» Da sagt er nichts von unseren Werken, Verdiensten, sondern zeigt allein auf Christum, in dem wir alles finden und haben.
Danach sollen wir auch das Beispiel seiner Demut mit Fleiß merken, daß der heilige Mann, welcher, wie Christus zeugt, seinesgleichen unter allen, so von Weiber geboren sind, nicht hat (so werden in freilich alle Mönche und Pfaffen, die je unter dem Papst gewesen, mit aller ihrer Heiligkeit das Wasser nicht reichen können), sich so tief herunter läßt und demütigt, daß er sagt: Er sei mit aller seiner Heiligkeit und guten Werken nicht wert, daß er sich vor dem Herrn Christum bücke und seine Schuhriemen auflöse. Das soll uns ein Beispiel der Demut von Johannes sein, daß wir uns davor in acht nehmen, und Johannes nachfolgen sollten.
Gute Werke sollen wir tun und derselben uns auf das höchste befleißigen, denn Gott hat es befohlen in den zehn Geboten; die hat er nicht vergebens vom Himmel herab gegeben. Es ist sein Wort, darum will er es gehalten haben. Deswegen befleißige sich nur jedermann nach dem besten, daß er danach lebe, und sich so gehorsam und dankbar gegen Gott erzeige, der uns seinen lieben Sohn geschenkt hat, welcher sich um unseretwillen erniedrigt hat, und gehorsam geworden ist bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz, daran er für uns und aller Welt Sünde genug getan hat. Auf dieses Mannes Gehorsam und Werk verlasse dich und baue fest darauf, und wirf ihm alles, was du je Gutes getan hast, vor seine Füße, und bekenne nur frei von Herzen mit Johannes, es sei nicht wert, daß du dem Herrn Christus damit die Schuhe auswischest.
Vor den Menschen ist es wohl fein, sauber, ein schönes Tuch, Kleinod und Tugend, daß du kein Ehebrecher, kein Dieb, kein Mörder bist; das mag und soll man in der Welt bei den Menschen rühmen, und für Samt, seidene und goldene Stücke halten. Aber wenn es vor unsern Herrn Gott und sein Gericht kommt, so sprich: Vor dir, Herr, ist mein bester Samt und goldene Stücke ärger denn ein Bettlerlumpen. Darum richte mich nicht nach meinen Werken, will sie gerne einen alten Lumpen sein lassen, und wollte, daß ich es nur möchte wert sein, ich wollte mich gern daran genügen lassen.
Also tut der heilige Paulus auch, Philipper 3, 5-7.: «ich,» spricht er, «bin ein Israeliter, nach dem Gesetz ein Pharisäer, und nach der Gerechtigkeit im Gesetz unsträflich,» daß mich kein Mensch strafen kann. Das lasse etwas besonderes sein, wenn sich vor den Leuten jemand so rühmen kann. «Dennoch achte ich,» spricht er, «alle diese Heiligkeit nun, um Christus willen, für Schaden und Dreck,» und ist meine höchste Freude und bester Trost, daß ich erfunden werden soll, nicht in meiner Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz ist; sondern aus der Gerechtigkeit, die durch den Glauben an Christum kommt, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. Daß ich nun solcher Gerechtigkeit meines Herrn genießen kann, achte ich meine Gerechtigkeit für Dreck. Hier macht es Paulus noch gröber denn Johannes; der beschneidet es doch, heißt seine guten Werke einen Schuhlumpen; Paulus aber heißt es Kot und Dreck. Das ist ja unflätig genug von unserem heiligen Leben geredet.
Wir sollen aber solche Beispiele uns besonders annehmen, wohl merken und ernstlich danach leben, daß wir vor der Welt in aller Zucht und Ehrbarkeit leben, daß die Leute nichts über uns zu klagen haben. Solches gehört in dies Leben, hier auf Erden, und hört auch hier auf, wie man sieht: einen Frommen Mann beerdigt man ebenso als einen Narren, eine fromme Frau ebenso als eine Hure. Wenn es aber zum ewigen Leben kommen soll, so lerne sprechen: Ich halte mich an meinen Herrn Christum und an seine Heiligkeit, die er in der Taufe, im Wort und Sakrament mir verheißt und schenkt; dabei will ich mich finden lassen, als ein armer und kleiner Wurm. Auf das wir also einen Unterschied machen zwischen unseren zeitlichen Leben und Heiligkeit, und den ewigen Leben der Heiligkeit, die vor Gott gilt.
Die Heiden haben auch sich in feiner Zucht und Ehrbarkeit gehalten, und viel um des Vaterlandes willen getan und gelitten; darum sie auch zu rühmen sind. Aber hier, wenn der Tod kommt, da scheidet es sich; da bleibt allen unser Tun und Leiden zurück, denn dadurch erlangen wir nicht Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit. Wo sollen wir aber dann die Gerechtigkeit und Heiligkeit nehmen, die vor Gott und in dem ewigen Leben gilt? Da heißt es also, daß wir mit Johannes uns Demütigen und sagen: Herr, hier kommt ein armer Lumpen, alt und zerrissen, oder wie Paulus sagt, ein stinkender Dreck. Vor der Welt mag es wohl Samt und goldene Stücke sein; aber vor dir, Herr, lasse mich einen alten Lumpen sein, da ich deinem Sohn die Schuhe mit wische, und Schenke mir seine Gerechtigkeit, der Samt seiner Gerechtigkeit mein edelster und teuerster Schatz ist. Denn ich weiß, daß ich durch ihn und seine Gerechtigkeit ins Himmelreich komme; daß ich durch meiner Heiligkeit müßte in den Abgrund der Hölle fahren.
Daraus folgt, daß wir frei müssen schließen, daß Mönche, Pfaffen, Klöster, und was dergleichen noch genannt ist, alles zum Teufel und in die Hölle gehöre. Denn sie sehen mit ihren guten Werken nicht dahin, daß sie Gott den schuldigen Gehorsam leisten, und niemand ärgerlich seien; sondern daß sie damit denken selig zu werden. Darum verkaufen sie auch ihre guten Werke anderen Leuten. Das heißt aber Christum verleugnen, ja, sein spotten und ihn so verachten, wie die Juden sein spotteten und ihn verachteten. Vor solchem Greuel sollen wir uns hüten, und hier lernen, wie wir solchen Verführern begegnen mögen, daß wir zu ihnen sagen: Du armer Mensch, willst mich mit deinen dreckigen Werken und Heiligkeit selig machen? Hat es doch Johannes, Paulus, Petrus und andere Heilige nicht tun können; sonst würden sie selbst nicht so gering von ihrer Heiligkeit gehalten und gepredigt haben. Wenn man die Klöster noch brauchte als Zuchthäuser, daß man junge Knaben darin aufziehe und in der Schrift studieren ließe, so wäre es ein sehr feiner, köstlicher und nützlicher Brauch. Aber dazu will sie der Papst und sein gottloser Haufen nicht brauchen; sondern sie weisen jedermann mit solchem Klosterleben in den Himmel. Sie werden aber gewiß einen solchen Himmel damit finden, wo die Flamme und das Feuer zum Fenster hinaus schlägt. Darum wäre es viel besser, daß man solche Klöstern abreiße, weil die Leute so von Christus abgewiesen und an Seele und Leib beschädigt werden.
So lerne nun in der Summe aus dem heutigen Evangelium, daß wir unter und bei den Leuten züchtig leben, in guten Werken fleißig und emsig sein sollen, und niemand ärgerlich. Solchen Gehorsam fordert Gott durch sein Gesetz und will ihn von uns haben; und wo wir ihn nicht leisten, will er mit dem Henker, mit dem Schwert, und zuletzt auch mit dem höllischen Feuer dazwischen schlagen. Solches zu tun, sage ich, sind wir schuldig aus Gottes Befehl gegen die Leute. Aber wenn du vor Gott kommst, so sprich: Herr, meiner Heiligkeit und Werke wegen bin ich verloren. Ich begehre deswegen, daß ich möchte ein alter Lumpen sein, zu den Füßen meines Herrn Jesus Christus. Wegen meines Lebens wegen bin ich anderes nicht wert, denn daß er mich in die Hölle werfe. Aber ich begehre seiner Heiligkeit, daß er mich heiligen wollen mit einer anderen, besseren und ewigen Heiligkeit; so komme ich gewiß in das ewige Leben.
Solches wollen weder Papst noch Bischöfe hören; denn sie sehen wohl, was daraus folgen würde, nämlich, das Stifte und Klöster, Messe und all ihr falscher Gottesdienst nicht lange stehen würden; darum halten sie so steif und fest darüber: mehr um des Bauches willen, der andere und geringere Teil darum, weil sie dadurch hoffen selig zu werden. Solches tut Johannes nicht, Paulus auch nicht, die wollen ihre Gerechtigkeit und Heiligkeit nicht behalten. Also sollen auch alle Christen tun, mit Paulus sagen: Meiner Heiligkeit ist ein stinkender Unflat und Dreck; und mit Johannes: Meine Heiligkeit ist ein Lumpen, wenn ich sie gegen die Heiligkeit und die Werke Christi rechnen will. Aber die Katholiken wollen weder Kot noch Lumpen in ihren Messen, Gelübden, Fasten, Beten sein, schlagen uns darüber tot, daß wir es nicht mit ihnen halten und die Leute auf einen anderen und besseren Weg weisen. Nun, es ist ein Otterngezücht, da nimmermehr etwas Gutes aus wachsen kann, sie werden es finden, was sie suchen. Last aber uns ja sehen auf den Mund und Finger Johannes, da er uns mit zeuget und weiset, auf das wir unseren Herrn und Seligmacher, Jesum Christum, nicht übersehen und nicht seiner fehlen sollen, da er so fleißig und treulich und zu ihm leitet und weiset, daß wir selig werden.
Dies ist die vornehmste Lehre aus dem heutigen Evangelium, da Johannes so fleißig von sich zu dem Herrn Christum weiset, sich also hoch demütigt, und Christum so empor hebt und rühmt. Das andere Stück, daß die Pharisäer und Hohenpriester zu Johannes schicken, und ihm das Taufen und Predigen verbieten wollen, weil er selbst sagt: Er sei weder Christus, noch Elias, noch ein Prophet; also, daß er einen Unterschied macht zwischen seiner Taufe, damit er tauft, als ein Knecht, und der Taufe Christi, der selbst der Herr ist und den Geist allein geben kann: solche zwei Stücke sind für den gemeinen Mann etwas zu hoch; ohne daß man dennoch dies daraus lernen und merken soll, wie die Welt, und besonders, was in der Welt weise und hoch ist, Gottes Werken feind ist, und wollten sie gern dämpfen und unterdrücken, wie die Pharisäer und Hohenpriester hier tun. Aber Johannes hat einen rechten Eliasgeist und -kraft, das ist, ein unerschrocken Herz, läßt sich weder Predigen noch Taufen verbieten, bis ihn Herodes bei dem Kopf nimmt, in den Turm wirft, und endlich den Kopf abhauen läßt. Das leidet er um Gottes willen gern und geduldig, der Hoffnung, daß er durch seinen Herrn und Erlöser Christum einen gnädigen Gott und das ewige Leben haben werde. Das verleihe uns unser lieber Herr Gott und Vater durch seinen Sohn Jesu Christum, Amen.